Titel: Ueber eine schwebende Eisenbahn für Zwecke des Hausbedarfes; von Prof. Rühlmann.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. XXVII., S. 88
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XXVII. Ueber eine schwebende Eisenbahn für Zwecke des Hausbedarfes; von Prof. Rühlmann. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereines, 1872 S. 112. Mit Abbildungen auf Tab. III. Rühlmann, über eine schwebende Eisenbahn für Hausbedarfs-Zwecke. Beim Besuche mehrerer italienischer Städte im Sommer vorigen Jahres fand ich, namentlich in Rom und Bologna, von derjenigen Gattung schwebender Eisenbahnen eine ebenso nützliche wie eigenthümliche Anwendung, für den Hausbedarf gemacht, welche man neuerdings als eine Erfindung des Baron v. Dücker bezeichnet oder das ältere Hodgson'sche Bahnsystem mit festem Drahtseile nennt. Man benutzt nämlich in den genannten Städten die schwebende Eisenbahn dazu, auf möglichst bequeme Weise reines Quellwasser mittelst Eimern aus in den Höfen befindlichen Brunnen in die verschiedenen Etagen der betreffenden Wohnhäuser etc. zu schaffen. Die hierzu getroffenen Anordnungen und gemachten Ausführungen erhellen hinlänglich aus den beigegebenen Abbildungen (Fig. 1825). A, A₁ (Fig. 18 und 19) sind die aus Rundeisen von etwa 20 Millimeter Dicke gebildeten unbeweglichen Bahnen, welche am oberen Ende in gußeisernen Wandlagern B, B₁ (Fig. 20 in größerem Maaßstabe gezeichnet), am unteren Ende an der Einfassung des Brunnens D entsprechend befestigt sind und wozu wohl kaum bemerkt zu werden braucht, daß die zu verschiedenen Etagen gehörenden Bahnen A, A₁ etc., stets in anderen Verticalebenen liegen. Auf jede solche Bahn ist ein eisernes Gehäuse E aufgebracht, welches unter Anbringung einer Rolle F zur leichten fortschreitenden Bewegung angeordnet ist. Eine zweite Rolle G (Fig. 22) in demselben Gehäuse dient zur Leitung einer Kette K, an welcher der Wassereimer W, unter Einschaltung eines Hakens U (Fig. 23) mit Deck- oder Schlußfeder (eines sogenannten Karabinerhakens), aufgehangen wird. Eine dritte Leitrolle L (Fig. 24) für die Aufzugskette K ist unterhalb am Wandlager B in der Weise aufgehangen, wie aus Fig. 20 und 24 erhellt, d.h. diese feste Rolle ist (bei m) gelenkartig angeordnet und so hoch über dem Kopfe der im Inneren der betreffenden Etage hinter dem offenen Fenster stehenden, den Aufzug bewirkenden Person, angebracht, daß alle Manipulationen leicht und bequem geschehen können. Obwohl sich nach vorstehender Beschreibung der Gebrauch der ganzen Anordnung von selbst verstehen dürfte, so ist doch noch auf zwei nicht unwichtige Dinge aufmerksam zu machen. Erstens auf einen Stift oder Bolzen α, β (in Fig. 21 punktirt gezeichnet), den man nahe der Verticallinie E₂, N Fig. 18 in der Brunnenmitte, auf dem Rundeisen A befestigt hat und der dazu dient, den Weg des herabgehenden Gehänges E, E zu begrenzen, wenn letzteres unmittelbar vor der Verticalen E₂, N angelangt ist. Zweitens auf einen in der Zugkette K eingeschalteten Steg M (Fig. 25 besonders gezeichnet), welcher sich gegen das Gehäuse des Gehänges E, E legt, um das Mitaufziehen desselben (zugleich mit dem Wassereimer W) bewirken zu können. Die Handhabung des Ganzen ist demgemäß einfach folgende. Beim Nichtgebrauche nehmen Eimer W, die Zugkette K₁ und das Gehänge E₁ die Lage ein, welche in der mit II Fig. 18 bezeichneten Etage skizzirt ist. Zum Wasserholen hängt die im Inneren von II befindliche Person die Zugkette K aus einer Hakenverbindung, d.h. macht diese Kette zum Ablaufen frei, dabei das eine Ende durch die Hand laufen lassend. Das Gewicht des Gehänges E mit den Rollen G und F, und endlich noch die Vermehrung dieser Eigengewichte durch eine unten besonders angehängte Kugel H, alles dieß reicht in Summa hin, um die Wirkung der betreffenden relativen Schwerkraft hinlänglich zu machen, daß Gehänge, Kette und Eimer von selbst gemeinsam auf der Eisenbahn A herablaufen, und zwar so weit, bis sie in die Lage EFig. 18 gelangt sind, woselbst der bereits bemerkte, an der Bahn A daselbst befestigte Stift α, β, dem Weiterlauf ein Ziel setzt. Von hier ab reicht das Gewicht des Eimers W hin, die Kette K, – diese immer noch durch die Hand der im Inneren der Etage I befindlichen (zum Fenster hinausgelehnten) Person gehend gedacht, – zum ferneren Niedergange zu veranlassen, bis der Eimer eingetaucht und mit Wasser gefüllt ist. Beim nunmehrigen Aufziehen des letzteren trifft der Steg M (Fig. 25) gar bald das in der Richtung E₂, N ruhende Gehänge, so daß letzteres mit dem Wassereimer zugleich auf die gewünschte Höhe gefördert wird, bis schließlich die sämmtlichen Theile wieder die Lage angenommen haben, welche in II Fig. 18 dargestellt ist. Nach gehöriger Befestigung des freien Endes der Kette K, im Inneren der betreffenden Etage, ist das Ablösen und Wegnehmen des Wassereimers ohne Weiteres leicht auszuführen. In Italien habe ich diese Anordnung überall und bei unbedeckten (offenen) Brunnen gefunden, allein man wird leicht begreifen, daß sich auch das Zudecken der oberen Brunnenöffnung leicht anordnen und selbstthätig mit den betreffenden Mechanismen ausführen läßt. Empfehlenswerth dürfte die ganze Anordnung auch für solche Häuser Magazine etc. seyn, hinter denen in Bächen, Mühlgräben, Fabrikcanälen etc. frei fließendes Wasser abgeführt wird.

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