Titel: | L. Schwendler's Methode, die Isolatoren an Telegraphenstangen zu prüfen. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. XLI., S. 111 |
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XLI.
L. Schwendler's
Methode, die Isolatoren an Telegraphenstangen zu prüfen.
Nach Engineering, Mai
1872, S. 332.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Schwendler's Methode, die Isolatoren an Telegraphenstangen zu
prüfen.
Zur Entdeckung mangelhafter Isolatoren, ohne sie von den Telegraphenstangen abnehmen
zu müssen, bedient sich Louis Schwendler (vom indischen
Telegraphen-Departement) folgender Methode. Das Princip derselben besteht
darin, daß man eine Reihe magnet elektrischer Ströme durch den schadhaften Isolator
leitet, und die Stärke dieser Ströme nach der Wirkung bemißt, die sie auf den Körper
der mit der Prüfung betrauten Person hervorbringen.
Die beigegebene schematische Abbildung Fig. 12 mag zur
Erläuterung der Anordnung der Drähte und der einzelnen Theile des Prüfungsapparates
dienen. M ist eine kleine magnet-elektrische
Maschine, deren einer Pol durch den Draht 1 mit dem zu untersuchenden Isolator a, der andere Pol mit dem oberen Theile des kleinen
Schlüssels K und zugleich mit dem Platinstift f in C verbunden ist. Der
untere Theil des Schlüssels steht durch den Draht 2 mit dem Bolzen und Träger des
Isolators in Verbindung. Durch Niederdrücken des Platinstiftes f¹ wird der Contact bei b unterbrochen. Beide Drähte 1 und 2 müssen gut isolirt seyn. Vor seiner
Verbindung mit dem Apparate muß der Isolator sorgfältig gereinigt und mit dem
Telegraphendraht temporär außer Verbindung gesetzt werden.
Wenn nun durch Umdrehung der Kurbel der magnet-elektrischen Maschine Ströme
erzeugt werden, und der Isolator seinen Zweck nicht vollständig erfüllt, so nehmen
die Ströme ihren Weg durch die Drähte 1 und 2, die Berührungsstelle b und den Schlüssel K zur
Maschine zurück. Der leiseste Druck auf den Knopf f¹ hat jedoch die Unterbrechung des Stromes zur Folge. Drückt man aber
diesen Knopf mit dem einen Finger nieder, während man den Knopf f mit dem anderen Finger derselben Hand berührt, so ist
die Kette durch die Hand wieder geschlossen. Ist nun die Isolirung bei a mangelhaft, so werden die diesem Umstande
zuzuschreibenden schwachen positiven oder negativen Ströme als mehr oder minder
starke Erschütterungen empfunden. Demnach beruht die ganze Prüfung auf dem
Fingergefühl des Experimentators, welcher, während er in der einen Hand die
Erschütterungen empfindet, mit der anderen Hand die Umdrehungen der Maschine nach
Bedürfniß mäßigt.
Sollte der Experimentator keine Erschütterungen in den Fingern fühlen, so ist aus
diesem Umstande noch nicht auf die Vollkommenheit des Isolators zu schließen. Es
gibt noch eine empfindlichere Probe, von welcher er Gebrauch machen kann, wenn die
Fingerprobe nicht ausreichen sollte. In diesem Falle berührt er f mit dem Finger und f¹ mit der Zunge. Wenn er auch dann keine Erschütterungen fühlt, so
kann der Isolator, da die Zunge in hohem Grade elektrosensitiv ist, als vollkommen
gelten.
Zur näheren Beurtheilung des Werthes der Finger- und Zungenprobe stellte Hr.
Schwendler einige Versuche mit mehreren Isolatoren
an, deren Widerstand vorher genau gemessen worden war, wobei er sich zur Erzeugung
der Ströme eines Siemens'schen Apparates bediente.
NummerdesIsolators.
Widerstand inSiemens'schenEinheiten.
Stärke der von dem Isolator durchgelassenen
magnet-elektrischenStröme, durch den menschlichen
Körpergemessen.
1
110
Starke Erschütterung in den Fingern
2
130
„ „ „ „ „
3
145
„ „ „ „ „
4
190
„ „ „ „ „
5
750
Schwache
„ „ „ „
6
2300
Erschütterungen, welche nicht mehr in den Fingern,
aber
stark mit der Zunge gefühlt werden.
7
5700
Die Zunge empfindet keine Erschütterungen mehr,
aber
einen stark säuerlichen Geschmack.
8
7100
Schwach säuerlicher Geschmack
9
8200
„ „ „
10
82000
Die Zunge empfindet nichts mehr.
Aus vorstehender Versuchstabelle ist ersichtlich, daß man bis zu einem Widerstand von
1000 Siemens'schen Einheiten Erschütterungen mittelst der
Finger empfindet, und daß darüber hinaus bis zu 8000 Einheiten ein Stromverlust
durch den Isolator noch mit der Zunge entdeckt werden kann, einem Instrumente
welches Hr. Schwendler zur Auffindung von Fehlern in der
Isolation für das beste hält, weil es hinreichend empfindlich sowie das billigste
ist, und nie in Unordnung gerathen kann.