Titel: | Westinghouse's atmosphärische Eisenbahnbremse. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. LI., S. 180 |
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LI.
Westinghouse's
atmosphärische Eisenbahnbremse.
Nach dem Engineer, Mai
1872, S. 359 und 360 u. Engineering, Mai 1872, S.
344.
Mit einer Abbildung.
Westinghouse's atmosphärische Eisenbahnbremse.
Unter den in letzter Zeit bekannt gewordenen Bremsvorrichtungen für Eisenbahnzüge
verdient die continuirliche Bremse des Amerikaners Westinghouse eine um so größere Beachtung, als dieselbe auf vielen Linien
der Vereinigten StaatenWestinghouse's continuirliche Bremse ist auf 85
verschiedenen amerikanischen Eisenbahnen im Gebrauch; es sind bereits 1200
Locomotiven und 4000 Waggons für dieses System eingerichtet. bereits durch mehrere Jahre in andauernder Verwendung steht und kürzlich mit
vollkommen befriedigendem Erfolge auch auf mehreren englischen Eisenbahnen (u.a. auf
der Caledonian Railway in Schottland) eingeführt wurde.
Aus der Berechnung der in den citirten Quellen veröffentlichten Versuchsresultate
ergibt sich, daß die neue Bremse fast momentan einsetzt und die Räder zum Stillstand
bringt; ebenso bürgt die wohldurchdachte Construction für die Dauerhaftigkeit und für die
stete Dienstbereitschaft aller Theile der Bremsvorrichtung.
Die ganze Bremse, deren Kraftreservoir – ein Windkessel – an der
Locomotive angebracht ist, kann vom Führer mittelst eines Hahnes in Thätigkeit
gesetzt werden. Eine kleine, gleichfalls von Westinghouse
eigens hierzu construirte Dampfpumpe preßt Luft in den Windkessel, welcher unterhalb
des Führerstandes hinter der Feuerbüchse liegt; dieselbe ist in ihrer Steuerung so
angeordnet, daß sowohl die rasche Füllung des Windkessels mit hochgespannter Luft,
als auch deren continuirliche Instandhaltung auf der bestimmten Pressung von 4 bis 5
Atmosphären besorgt wird.
Von dem Windkessel gehen zwei Rohrleitungen zwischen dem Zughaken und den Hülfsketten
auf jeder Seite des Waggons durch den ganzen Zug zu dem Druckcylinder unterhalb
eines jeden Bremswagens, so daß, sobald durch den Hahn vom Locomotivführer gepreßte
Luft in die Rohrleitung eingelassen wird, die in den Druckcylindern befindlichen
Kolben vorwärtsgehen und die Bremsklötze an die Räder anpressen. Dabei reicht ein
Druck von circa 1 1/2 bis 2 Atmosphären in den
Druckcylindern hin, um die Räder festzubremsen; bei einem Fassungsraum des
Windkessels von 12 engl. Kubikfuß ist demnach stets mehr als genügender Druck
vorhanden.
Die Rohrleitung läßt sich wegen der Zughaken nicht nach der Mitte der Waggons
verlegen, weßhalb mit Rücksicht auf den praktischen Betrieb, damit nämlich auf
beiden Seiten der Wagen die Kuppelung stets vorgenommen werden kann, die Rohrleitung
doppelt angebracht ist. Dieselbe ist dann noch so eingerichtet, daß im Falle eines
Leckwerdens, die betreffende Leitung durch selbstthätige Ventile sofort
abgeschlossen und jeder Druckverlust verhütet wird.
Soll die Bremse wieder nachgelassen werden, so setzt der Locomotivführer mittelst
eines zweiten Hahnes die Rohrleitung mit der atmosphärischen Luft in Verbindung,
worauf die Bremsklötze sowie die Preßkolben durch Spiralfedern auf den Anfangsstand
zurückgestellt werden.
In Bezug auf die näheren Details des ganzen Bremsapparates, sowie auf die diesem
Systeme eigenthümliche atmosphärische Signalvorrichtung muß Referent wegen der allzu
viel Raum beanspruchenden Zeichnungen auf die angeführten Quellen verweisen. Nur die
recht sinnreiche und einfache Art, in welcher die Leitungsröhren der einzelnen
Waggons mit einander verbunden werden, mag hier noch mit Hülfe der nachstehenden
Figur beschrieben werden.
Textabbildung Bd. 205, S. 182
Die an der unteren Seite des Wagengestelles befestigten 3/4zölligen eisernen Röhren
tragen an den vorderen und hinteren Enden einen Kautschukschlauch, an welchem die
eine Hälfte K der Kuppelung sich befindet. An dem
gegenüberliegenden Ende des nächsten Waggons ist die zweite Hälfte K' der Kuppelung angebracht, beide aus Bronze und genau
in einander passend ausgebohrt. Der Kautschukring n
vermittelt einen vollkommen dichten Verschluß und die federnden Klinken l, welche beim Drehen der beiden Kuppelungsstücke K, K' um 45 Grad in Schlitze einfallen, hindern das
Auseinandergehen der Kuppelung, welche (wie man sieht) durch zwei einfache
Handgriffe verbunden oder gelöst werden kann.
Um für den Fall des Abkuppelns eines Wagens die Druckleitung des Zuges sofort
abzuschließen, ist in jeder Kuppelungshälfte noch ein Ventil vorhanden, welches beim
Herabfallen des Kopfstückes auf seinem Sitz schließt, während beim Zusammenschieben
der Kuppelungstheile die Ventilspindeln zusammenstoßen und die Ventile dadurch offen
gehalten werden.