Titel: | Anfertigung des sogenannten Pariser Lackes zum Ueberziehen von Holzstechereien etc.; von Dr. R. Gräger. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. XCII., S. 382 |
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XCII.
Anfertigung des sogenannten Pariser Lackes zum
Ueberziehen von Holzstechereien etc.; von Dr. R. Gräger.
Aus Böttger's
polytechnischem Notizblatt, 1872, Nr. 15.
Gräger, über Anfertigung des sogen. Pariser Lackes.
Schon seit einer Reihe von Jahren kommt unter dem obigen Namen ein Lack in den
Handel, welcher hauptsächlich zum Ueberziehen von Holzstechereien gebraucht wird, um
ihnen ein glänzendes Ansehen zu geben, was wegen der vielfach gekrümmten Flächen
dieser Arbeiten durch Poliren nicht geschehen kann. Wegen seiner besonderen
Brauchbarkeit für den gedachten Zweck findet daher dieser Lack auch eine sehr
ausgedehnte Anwendung.
Der Pariser Lack bildet eine vollkommen klare, durchsichtige Flüssigkeit von
kastanienbrauner Farbe; auf Holz aufgetragen trocknet er sehr schnell, ohne sich
dabei zu trüben, und ohne streifige Fältchen zu bilden, zu einem völlig ebenen,
glänzenden und glatten Ueberzuge. Die Untersuchung ergab, daß er aus 34 Procent Harz
und 67 Procent Weingeist bestehe, so wie daß das Harz von Schellack herrühre.
Dieser Lack wird vielfach nachgeahmt, aber alle Nachbildungen welche mir zu Gesicht
gekommen, zeigten nicht ganz die Eigenschaften wie ich sie oben bei dem Pariser Lack
angegeben habe, namentlich trübten sich die Anstriche beim Trocknen, und gaben auch
keine vollkommen glatten Flächen; letzterer Umstand ist es hauptsächlich, weßhalb
die Kunsttischlerei diese Nachbildungen verwirft.
Obgleich es nun leicht scheint (da man weiß, der Pariser Lack ist wesentlich nichts
anderes wie eine spirituose Schellacklösung) allen Anforderungen, die man an einen
solchen Lack stellt, zu genügen, so ist dem doch nicht ganz so, und eine
Hauptschwierigkeit besteht darin, einen Lack mit dem nöthigen Harz- und
Weingeistgehalt herzustellen, denn der Weingeist darf allerhöchstens nur 4 Procent
Wasser enthalten. Es ist überflüssig zu sagen, daß eine Lösung welche auf 2 Theile
Weingeist mehr wie 1 Theil Schellack enthält, sich nicht von selbst klärt und auch
nicht filtrirt werden kann; sie muß daher, um filtrirt werden zu können, schon von
vornherein viel verdünnter gemacht werden, was eine Destillation der klaren Lösung
voraussetzt, und hiermit ist nothwendigerweise eine Verdünnung des Weingeistes
verbunden, in Folge welcher der Lack nach dem Anstrich nicht klar bleibt, und beim
Trocknen runzlich und uneben wird. Vielleicht verfahren diejenigen, die den Pariser Lack nachbilden, auf
die eben angegebene Weise und erhalten auch darum den schlechteren Lack. Aber auch
schon wegen der nothwendigen Filtration, welche nur mit der größten Langsamkeit und
unmöglich ohne Alkoholverlust von statten geht, ist dieser Weg zur Darstellung
großer Mengen Lack unpraktisch, wo nicht unbrauchbar.
Ich habe nun, um auf eine leichte Weise und in kurzer Zeit größere Mengen eines dem
ächten Pariser Lack gleichen Lackes darzustellen, folgendes Verfahren
angewendet.
Man löst 1 Theil guten Schellack in 3 bis 4 Theilen Alkohol von 92 (Volum-)
Procent in einer großen Flasche auf dem Wasserbade auf, und versetzt diese Lösung
nach und nach mit so viel destillirtem Wasser, bis sich eine käseartige Masse
abscheidet und die darüber stehende Flüssigkeit vollkommen klar erscheint;
gewöhnlich gebraucht man bis diese Scheidung eintritt auf 3 Theile 92procentigen
Alkohols 1 Theil Wasser. Man colirt das Ganze durch Leinwand, preßt den Kuchen aus
und filtrirt die vereinigten Flüssigkeiten durch Papier, eine Operation welche
äußerst schnell von statten geht; den Preßrückstand kann man noch einmal mit
67procentigem Weingeist anrühren und dann auspressen, die Flüssigkeit filtriren, und
mit der zuerst erhaltenen vereinigen.
Hierauf nimmt man die klare Lösung in eine kleine Destillirblase, destillirt allen
Weingeist ab, nimmt das Harz heraus und trocknet es auf dem Wasserbade, bis es nicht
mehr an Gewicht abnimmt. Das völlig getrocknete Harz wird in dem Doppelten seines
Gewichtes absoluten Alkohols, oder wenigstens von 96 bis 98 Procent aufgelöst, und
diese Lösung mit etwas feinem Lavendelöl parfümirt.
Nach der gewöhnlichen Angabe ist der aus dem Schellack sich abscheidende Stoff von
wachsartiger Natur; dieß ist aber irrig, vielmehr hat man es mit einer
eigenthümlichen Fettsäure zu thun; diese ist in der Wärme in Aether, Alkohol,
Petroleumäther auflöslich, und scheidet sich beim Erkalten wieder aus, mit den
kohlensauren Alkalien gibt sie seifenartige Verbindungen, und würde sie sich, wo man
viel davon erhält, mit anderen Fetten vermischt, recht gut in den Seifensiedereien
verwenden lassen.