Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXII., S. 458 |
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CXII.
Mittheilungen aus dem chemisch-technischen
Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig.
Studien zur wissenschaftlichen Begründung der
Gerberei; von A. Reimer.
(Schluß von S. 381 des vorhergehenden
Heftes.)
Reimer, Studien zur wissenschaftlichen Begründung der
Gerberei.
Antheil der einzelnen Hautbestandtheile
an der Kochsalz- und Alaungerbung.
A. Antheil des Coriins.
Wie schon bei dem Coriin selbst erwähnt wurde, ist anzunehmen, daß sich dieses durch
die vorhergehenden Operationen der Enthaarung und Entfernung des Kalkes, beim
Einbringen der Häute in die Gerbbrühe in unvollständig gelöstem Zustande befindet.
Die sowohl unvollständige wie vollständige Lösung von Coriin wird von Chlornatrium,
ebenso von Alaun und Chlornatrium gefällt und zwar, wenn die Lösung neutral oder
etwas alkalisch ist, unter Aufnahme eines basischen, wenn sie sauer ist, unter
Aufnahme des neutralen Thonerdesalzes im letzteren Falle. Zur genauen Feststellung
sowohl der Art als Menge der vom Coriin fixirten Verbindung wurden unter
Berücksichtigung aller in der Praxis in Frage kommenden Verhältnisse quantitative
Versuche sowohl mit reinem Chlornatrium als auch mit Alaun und Kochsalz angestellt.
Das auf die früher angegebene Weise gereinigte Coriin wurde, ohne vorhergegangenes
Trocknen, durch Schütteln mit Wasser in eine gleichmäßig schleimige Flüssigkeit
umgewandelt. Zur möglichst vollständigen Lösung wurde dem Schleim etwas Kalilauge zugesetzt,
später Essigsäure bis zur stark sauren Reaction. Man erhielt so eine schleimige
Flüssigkeit, die das Coriin in unvollständig gelöstem Zustande, jedenfalls in sehr
feiner, gleichmäßiger Vertheilung enthielt. Die Lösung wurde mit den in Frage
kommenden Salzlösungen stets in diesem Zustande gemischt, um den natürlichen
Verhältnissen analog, nach dem Herausnehmen der Häute aus der Kleienbeize zu
verfahren. Zum Ansäuern wurde nur Essigsäure verwandt; die übrigen in Frage
kommenden organischen Säuren verhalten sich gleich.
Zur Bestimmung der Coriinmenge, die in einem bestimmten Volumen Flüssigkeit enthalten
war, wurden 100 K. C. in der Platinschale verdampft, der Rückstand bei + 110°
C. getrocknet, gewogen und geglüht. Der Glühverlust gab die Coriinmenge, in der
Schale blieb die geringe Menge zugesetztes Alkali als Asche zurück.
100 K. C. der Lösung gaben bei + 110° C. getrocknet:
0,311 Grm. Gesammtrückstand; dieser enthielt
0,036 Grm. Asche, bleibt für 100 K. C. 0,275 Grm. Coriin.
Das Gewicht der Asche nach dem Abdampfen mit HCl und gelindem
Glühen betrug 0,041 Grm.
Um zunächst die Verhältnisse bei der Kochsalzgerbung aufzuklären, wurde ein
bestimmtes Volumen der sauren Coriinflüssigkeit mit gleichem Volumen
Chlornatriumlösung vermischt, nach 1/2tägigem Stehen vom ausgeschiedenen Coriin
abfiltrirt und der Gehalt der Lösung wieder bestimmt. Sowohl vor als nach der
Fällung wurde auch die Säuremenge durch Barytwasser bestimmt.
Die Kochsalzlösung war dieselbe welche schon früher zur Verwendung
kam und enthielt in 100 K. C. 14,960 Grm. Chlornatrium.
20 K. C. der Coriinlösung brauchten 1,2 K. C. Barytwasser zur
Neutralisation.
Angewandte Coriinlösung: 100 K. C.,
zugesetzte Kochsalzlösung: 100 K. C.
Nach Fällung wurden 20 K. C. des Filtrates abgedampft, der
Rückstand gelinde geglüht.
Die Menge des Rückstandes betrug: 1,474 Grm.;
nach Zusatz von Salzsäure und abermaligem gelinden Glühen: 1,471
Grm.
Rückstand in 200 K. C.
14,710 Grm.
nach Abzug der Asche von
0,041 „
–––––––––––
14,669 Grm.
Deßgleichen wurden 20 K. C. mit Silberlösung gefällt und gaben
=
3,599 Grm. AgCl = 1,4671 Grm. NaCl; in 200 K. C. = 14,671 Grm.
Daraus ergibt sich eine Aufnahme von 0,289 Grm. NaCl.
In Proc. vom Gewichte des Coriins: 104,1.
40 K. C. der Lösung brauchten 1,1 K. C. Barytwasser zur
Neutralisation.
Der Säuregehalt der Flüssigkeit ist also unverändert geblieben, es ist keine davon aufgenommen; das
Kochsalz ist als solches fixirt, wie sich aus den gleichen Resultaten bei der
directen Bestimmung durch Eindampfen und bei der Bestimmung durch Fällung ergibt.
Die Menge des aufgenommenen Kochsalzes ist bedeutend, sie beträgt etwas mehr als
Coriin vorhanden ist.
Wie schon bei der Darstellung des Coriins erwähnt wurde, läßt sich dieses absorbirte
Kochsalz durch Behandlung mit Wasser vollständig wieder entfernen; es tritt Lösung
ein bei mäßiger Verdünnung mit Wasser, bei großer Verdünnung bleibt das Coriin in
zarten Flocken ausgeschieden und hat damit die Eigenschaft, beim Trocknen eine
spröde, brüchige, leimartig zusammenhängende Masse zu bilden, welche die Dehnbarkeit
der Bindegewebsfaser der Haut entweder ganz aufhebt oder wesentlich beeinträchtigt,
verloren.
Coriin mit Alaun und
Chlornatrium.
Zur Verwendung kam die früher benutzte Lösung von Ammoniakalaun und Kochsalz, welche
in 100 K. C. enthielt:
SO³
3,935 Grm.
Al²O³
1,280 „
NaCl
11,628 „
In derselben Weise wie beim vorigen Versuch wurden gleiche Volumina der
Coriin- und Alaunlösung gemischt, umgeschüttelt und nach eintägiger Berührung
von dem ausgeschiedenen Coriin abfiltrirt.
Zur Verwendung kamen:
200 K. C. Coriinlösung;
200 K. C. Alaunlösung mit Chlornatrium.
Coriinmenge in 200 K. C. = 0,550 Grm.
Nach Filtriren vom ausgeschiedenen Coriin gaben:
20 K. C. = 1,119 Grm. BaSO⁴ = 0,3842 Grm. SO³; in
400 K. C. = 7,684 Grm.
20 K. C. = 0,124 Grm. Al²O³; in 400 K. C. = 2,480
Grm.
20 K. C. = 2,688 Grm. AgCl = 1,0954 Grm. NaCl; in 400 K. C. =
21,908 Grm.
Daraus ergibt sich eine Aufnahme von:
SO³
Al²O³
in Grammen:
0,186
in Grammen:
0,080
in Proc. des Coriins:
33,82
in Proc. des Coriins:
14,55
NaCl
in Grammen:
1,348
in Proc. des Coriins:
245,1
Die absorbirte Al²O³ und SO³ stehen im Verhältniß von 100 zu
232; die fixirte Verbindung hat demnach die Zusammensetzung der schwefelsauren Thonerde. Durch
Auswaschen mit Wasser läßt sich auch hier die Thonerdeverbindung sowohl wie auch das
Chlornatrium wieder entfernen. Ist die Coriinlösung neutral oder etwas alkalisch, so
wird bei der Ausscheidung eine schwefelsäureärmere Verbindung aufgenommen, welche
durch Auswaschen mit Wasser nicht vollständig entfernt wird.
Die Aufnahmen an Al²O³ und SO³ sind sehr bedeutend; die größere
Menge der absorbirten Verbindung ist der großen Oberfläche des ausgeschiedenen
Coriins zuzuschreiben; dasselbe scheidet sich im Zustande der feinsten Vertheilung
aus, die einzelnen Theilchen sind nicht zusammenhängend, lassen sich durch Schütteln
gleichmäßig in der ganzen Flüssigkeit vertheilen und auch nach dem Absetzen an der
Oberfläche der Lösung findet kein inniger Zusammenhang statt. Jedes Theilchen bietet
somit der in der Flüssigkeit gelösten Thonerdeverbindung wie auch dem Chlornatrium
Gelegenheit, sich auf seiner ganzen Oberfläche abzulagern. Im Inneren der Haut ist
die Ausdehnung bei der Fällung eine durchaus beschränktere. Die geschlossene Form
der Haut gestattet keine freiwillige Ausdehnung und die Aufnahme der Verbindung ist
der Menge nach geringer. Man könnte hier einwenden, die Quellung durch die
vorhandene freie Säure brächte bei dem Abmessen der Coriinlösung einen Fehler
hervor, indem in Wirklichkeit eine geringere Menge Flüssigkeit zugesetzt würde, als
das Volumen angibt und die bedeutende Absorption sey zum Theil diesem Modus
zuzuschreiben. Jedoch die Quellung ist nur entstanden durch ein gleichmäßiges
Eindringen von Flüssigkeit in alle unvollständig gelösten Coriintheile. Das Volumen
des Coriins hat sich nur scheinbar vermehrt und der Fehler, welcher dadurch
entstehen könnte, ist so unbedeutend, daß er zu der Mehraufnahme in gar keinem
Verhältniß steht. In der Praxis wird bei Behandlung der Häute in der Kleienbeize
auch eine gewisse Schwellung durch das gleichmäßige Eindringen einer größeren Menge
Flüssigkeit hervorgebracht. Die Form der Haut setzt dieser Schwellung jedoch
Schranken und man ist gleichzeitig bemüht, um für die späteren Operationen keine
Nachtheile zu haben, sie auf ein sehr geringes Maaß zu beschränken. Wird zum
Garmachen, neben Alaun und Kochsalz, gleichzeitig Mehl mit verwandt, so werden von
der Haut aus dem Mehl, wie Fr. Knapp bewiesen hat, nur
die Bestandtheile des Klebers aufgenommen. Diese befinden sich in der Brühe durch
die gleichzeitige Anwesenheit von Stärke im Zustande der feinsten Vertheilung. Nach
der eben bewiesenen bedeutenden Aufnahme von Thonerdeverbindung durch gequelltes
Coriin ist es augenscheinlich, daß die Kleberbestandtheile des Mehles diese
Verbindung in ähnlicher Weise auf sich niederschlagen und beim Kneten die Verbindung
des Thonerdesalzes mit dem Kleber der Haut überwiesen wird. Die vorherige Behandlung der Haut mit Alaun
und Salz hat nur den Zweck, sie für die spätere Aufnahme des Klebers in Verbindung
mit dem Thonerdesalz vorzubereiten, das Coriin zu fällen und die Haut porös, offen
zu machen. Die schwefelsaure Thonerde wird durch den Kleber der Haut in bei weitem
größter Menge zugeführt, die Haut erhält dadurch die satte Gare. Das Thonerdesalz,
welches die Proteinkörper des Mehles aufnehmen, ist etwas basischer Natur, da nicht
absichtlich organische Säure, außer der etwa noch von der Haut zurückgehaltenen, der
Nahrung zugesetzt wird und in diesem Falle, wie die früheren Versuche beweisen,
stets ein basisches Salz gefällt wird.
B. Antheil der
Bindegewebsfaser.
Zur Unterstützung und weiteren Bekräftigung der oben, veranlaßt durch das Resultat
des Versuches ausgesprochenen Ansicht daß der Grad der Vertheilung der
Hautbestandtheile bei Aufnahme der Gerbsubstanzen wesentlich von Einfluß sey und daß
die Menge der Aufnahmen mit dem Grade der Vertheilung zunimmt, wurden zunächst die
quantitativen Versuche in Anwendung auf das Bindegewebe, auch mit einer Lösung
desselben vorgenommen. Wie schon früher ausdrücklich hervorgehoben wurde, verhält
sich diese Lösung der Coriinlösung ähnlich; das Bindegewebe wird ausgeschieden durch
Chlornatrium, ebenso durch Alaun und Chlornatrium, und zwar gleichfalls im Zustande
der feinsten Vertheilung.
Die Lösung wurde erhalten, indem gereinigtes, vom Coriin durch die angegebene
Behandlungsweise befreites Hautfibroin mit verdünnter Essigsäure unter öfterem
Umschütteln digerirt wurde; man erhält so eine dickschleimige wasserhelle
Flüssigkeit. Die Bestimmung der Menge des gelösten Bindegewebes konnte nicht durch
einfaches Abdampfen der Lösung vorgenommen werden, da das Fibroin durch Behandlung
mit heißem Wasser in Leim umgewandelt wird; sie geschah, wie folgt:
Das Hautfibroin aus einer gemessenen Menge Lösung wurde durch Chlornatrium gefällt,
auf gewogenem Filter gesammelt, anfangs mit Wasser bis zum Verschwinden der
Chlorreaction, später mit Alkohol und Aether gewaschen und bei + 110° C.
getrocknet. Nach dem Wägen wurde die Substanz eingeäschert, die rückständige Asche
gewogen und nach Abzug der Filterasche, die dem Coriin zugehörige Asche erhalten;
nach Abzug der Gesammtasche von der Menge des Niederschlages ergab sich die Menge
der aschenfreien Substanz.
200 K. C. der Lösung gaben 0,651 Grm. Substanz, welche 0,021 Grm.
Asche enthielt; mithin betrug die Menge des Hautfibroins in 200 K. C. = 0,630
Grm.
Zunächst wurden, ganz in derselben Weise wie beim Coriin, gleiche Volumina der
Bindegewebs- und Kochsalzlösung gemischt und nach eintägigem Stehen vom
ausgeschiedenen Bindegewebe abfiltrirt.
Die Chlornatriumlösung war dieselbe wie in A.
100 K. C. Bindegewebslösung;
100 K. C. Kochsalzlösung.
20 K. C. der Bindegewebslösung brauchten 6,4 K. C. Barytwasser zur
Neutralisation.
20 K. C. des Filtrates nach der Fällung gaben durch directes
Eindampfen und Glühen 1,468 Grm. Rückstand; also 200 K. C. = 14,680 Grm., nach Abzug
der Asche von 0,011 Grm. in 100 K. C. = 14,669 Grm.
Durch Fällung mit Silberlösung wurden in 20 K. C.
erhalten:
3,598 Grm. AgCl = 1,4668 Grm. NaCl; in 200 K. C. = 14,668 Grm.
Daraus ergibt sich eine Aufnahme von 0,292 Grm., oder, da 0,315 Grm. Bindegewebe in
Lösung war, von 92,7 Proc.
40 K. C. brauchten 12,6 K. C. Barytwasser zur Neutralisation; der Säuregehalt war
also unverändert geblieben und nur reines Kochsalz fixirt, die Aufnahme ist etwas
geringer als beim Coriin.
Bei der gleichen Behandlung mit Alaunlösung und Kochsalz wurde die in A erwähnte Lösung verwandt, wovon 200 K. C.
enthielten:
SO³
7,870 Grm.
Al²O³
2,560 „
NaCl
23,256 „
Es wurden abgemessen:
200 K. C. Lösung von Hautfibroin;
200 K. C. Lösung von Alaun und Chlornatrium.
Die vom Niederschlage abfiltrirte Lösung ergab bei der Analyse:
20 K. C. = 1,119 Grm. BaSO⁴ = 0,3842 Grm. SO³; in
400 K. C. = 7,684 Grm.
20 K. C. = 0,124 Grm. Al²O³; in 400 K. C. = 2,480
Grm.
20 K. C. = 2,683 Grm. AgCl = 1,0938 Grm. NaCl; in 400 K. C. =
21,876 Grm.
Folglich waren fixirt:
SO³
Al²O³
in Grammen:
0,186
in Grammen:
0,080
in Proc. des Hautfibroins:
29,52
in Proc. des Hautfibroins:
12,70
NaCl
in Grammen
1,380
in Proc. des Hautfibroins:
207,6
Die fixirte Thonerdeverbindung hat die Zusammensetzung der schwefelsauren Thonerde.
Die absorbirten Mengen von Al²O³ und SO³ sind ein wenig
geringer als bei Coriin, jedoch im Vergleich zu den früheren Aufnahmen bei Anwendung von
Haut, welche ja der Hauptmenge nach aus Bindegewebe besteht, ungefähr 4mal
beträchtlicher, so daß dadurch unzweifelhaft bewiesen wird, daß die
Aufnahmefähigkeit der Faser mit dem Grade der Vertheilung gesteigert wird.
Um den Beweis auch für die am wenigsten vertheilte Faser zu bringen, wurde eine nicht
zu geringe Menge Bindegewebe durch Neutralisation aus der Lösung ausgefällt, anfangs
mit säurehaltigem, zuletzt mit reinem Wasser, darauf mit Alkohol gewaschen und an
der Luft getrocknet.
Das so erhaltene Bindegewebe bildet compacte zusammenhängende Stücke ohne faserige
Structur, hat nach dem Trocknen und Wiederaufweichen in Wasser das Aussehen von
gequollener Hausenblase und kann als Bindegewebe im Zustande seiner grüßten Dichte
oder geringsten Vertheilung angesehen werden. Die Haut selbst wird gewissermaßen in
der Mitte zwischen diesem und dem unmittelbar aus einer Lösung ausgefällten,
hinsichtlich der Vertheilung stehen.
Das erwähnte Product wurde ebenfalls nach dem Aufweichen in Wasser dessen Menge
bekannt war, mit kochsalzhaltiger Alaunlösung 5 Tage lang digerirt, wobei die Form
der Stücke blieb und nur das Aussehen etwas weißer wurde. Die Bestimmung der
Trockensubstanz wurde in einem aliquoten Theile, welcher nicht weiter zur Verwendung
kam, vorgenommen.
Angewandtes Hautfibroin: 2,930 Grm.
Wasser in demselben und zum Aufweichen zugesetzt: 13,22 K. C.
zugesetzte Lösung: 100 K. C. (Derselbe Gehalt wie in vorigem
Versuch).
Nach 5tägiger Berührung wurde die Lösung abfiltrirt und in einem
Theile der Gehalt bestimmt.
10 K. C. = 1,0175 Grm. BaSO⁴ = 0,3494 Grm. SO³; in
der gesammten Lösung 3,9559 Grm.
10 K. C. = 0,1105 Grm. Al²O³; in der gesammten
Lösung 1,251 Grm.
5 K. C. = 1,200 Grm. AgCl = 0,4982 Grm. NaCl; in gesammter Lösung
11,0775 Grm.
100 K. C. der angewandten Lösung enthielten an:
SO³
=
3,935 Grm.
Al²O³
=
1,280 „
NaCl
=
11,628 „
Mithin ist absorbirt:
0,029 Grm. Al²O³ oder 0,99 Proc. des Hautfibroins; 0,551 Grm. NaCl;
dagegen findet sich ein Ueberschuß von 0,0209 Grm. SO³ in Lösung.
Unter Verweisung auf die früheren Versuche mit reiner Haut und derselben Lösung
erklärt sich dieses Verhältniß aus dem Umstande, daß bei Zusammengehen des gefällten
Hautfibroins zu zusammenhängenden Massen auch die Eigenschaften der Haut wieder zu
Tage treten und somit im Inneren der Massen andere Verhältnisse entstehen, als in
der äußeren Flüssigkeit. Es ist also sowohl das schwefelsaure Alkali vom zersetzten
Alaunantheile, wie auch die freie Säure, die hier jedenfalls durch Fixiren einer
basischen Verbindung sich bildete, nur in der äußeren Flüssigkeit vorhanden und
erklärt sich daher, da die Berechnung auf die ganze Flüssigkeit ausgedehnt wird, der
Ueberschuß an Schwefelsäure.
Die Aufnahme an Thonerde ist geringer, als in allen früheren Fällen bei Versuchen mit
Haut. Die Aufnahme der Haut ging nur bei einem Versuche bis 1,4 Proc. vom Gewichte
derselben herab, in allen übrigen Fällen betrug sie mehr.
Dadurch wird bewiesen, daß die Structur und Vertheilung des Bindegewebes bei der
Aufnahme der Gerbsubstanzen von großem Einfluß ist und daß die Aufnahme am größten
im Zustande der feinsten Vertheilung und am geringsten im Zustande der größten
Dichte ist. Die Aufnahme an Chlornatrium im letzteren Falle ist wohl nur dem
Bestreben desselben zuzuschreiben, hinsichtlich des spec. Gewichtes der Lösung
Gleichmäßigkeit herzustellen, denn aus den früheren Versuchen mit neutraler Haut und
Kochsalzlösung, wo auch Coriin nicht gefällt wird, geht hervor, daß die normale
Bindegewebsfaser kein Chlornatrium aufnimmt. Nur die gelöste oder gequellte Faser
nimmt bei der Fällung mit Chlornatrium auch eine gewisse Menge desselben auf.
Diese Versuche liefern also den Beweis, daß sowohl Coriin als auch die
Bindegewebsfaser bei der Gerbung Substanz aufnehmen und so zur Gare beitragen. Die
geringe Aufnahme an Chlornatrium ist wohl lediglich dem Coriin zuzuschreiben,
welches bei der Fällung Kochsalz bindet; die Bindegewebsfaser ist in der Haut in
normalem Zustande vorhanden, wenigstens wird, wenn durch die organische Säure eine
geringe Schwellung hervorgebracht worden ist, der Zustand durch die adstringirende
Wirkung des Alaunes gehoben.
Bei Anwendung von essigsaurer Thonerde, welche stets freie Säure enthält, wird durch
die freie Essigsäure erstlich eine größere Quellung des Coriins hervorgebracht und
die Neigung der Essigsäure, auch auf die Faser einzuwirken, wird nur durch die
Gegenwirkung des Chlornatriums aufgehoben; die Aufnahme von Chlornatrium ist
daselbst auch größer, als in allen anderen Fällen.
Die der Gerbung vorhergehende Behandlung der Haut mit Kleienbeize übt, da in
derselben hauptsächlich Milchsäure thätig ist, eine sehr gelinde Wirkung auf die
Faser aus, welche durch die entgegengesetzte des Alaunes und Kochsalzes annullirt wird. Daß die
Bindegewebsfaser im normalen Zustande Thonerdesalz absorbirt, beweisen die Versuche
mit Alaun für sich, ohne Zusatz von Chlornatrium. In diesem Falle bleibt das Coriin
in Lösung, es nimmt keine Substanz auf; die Absorption geschieht nur von Seite des
Bindegewebes.
Folgerungen aus den ganzen
Versuchsreihen.
Zunächst ist hervorzuheben, daß die Beschaffenheit des Leders in allen Fällen, sowohl
bei Anwendung von Alaun, wie schwefelsaurer und essigsaurer Thonerde und
gleichzeitigem Zusatz von Kochsalz, von gleicher Güte war; die Haut zeigte stets
vollständige Gare, und erhielt durch Stollen Weichheit und Geschmeidigkeit, wodurch
sie sich wesentlich von dem durch Behandlung mit reinem Alaun erhaltenen Producte
unterschied.
Recht augenscheinlich läßt sich der Unterschied der Producte und die Einwirkung des
Kochsalzes darlegen, wenn man ein größeres Hautstück zunächst einen Tag in reiner
Alaunlösung liegen läßt und dann in zwei Hälften theilt, von denen man die eine nach
dem Abtropfen der Flüssigkeit und unvollständigem Trocknen sofort zu stollen sucht,
während man die andere Hälfte nur wenige Minuten in eine concentrirte Kochsalzlösung
bringt, darin knetet und hierauf die Flüssigkeit durch Abpressen entfernt. Während
das erste Hautstück im feuchten Zustande durchscheinend, nach dem Trocknen steif und
hornartig bleibt, nimmt das mit Kochsalz behandelte eine weißere Farbe an, läßt sich
leicht stollen und zeigt vollständige Gare und Geschmeidigkeit.
Der Einfluß des Kochsalzes und die verändernde Einwirkung auf das Coriin der Haut
läßt sich dadurch vollständig beweisen. Während es im ersten Falle in Lösung bleibt
und die Sprödigkeit veranlaßt, wird es durch das Kochsalz bei gleichzeitiger
Gegenwart der Alaunlösung in der ganzen Haut gleichmäßig gefällt und die
Eigenschaften der freien Bindegewebsfaser treten zu Tage. Der Alaun erhält die zur
Fällung nothwendige saure Reaction der Haut aufrecht.
Außer dem Chlornatrium haben noch einige andere Salze der Alkalien dieselbe Wirkung
und liefern ein Leder, welches in Aussehen und Eigenschaften gleich ist.
Chlorammonium und Chlorkalium stehen dem Chlornatrium am nächsten, außerdem
Natron- und Kalisalpeter, während schwefelsaure Alkalien sich nicht als
anwendbar erweisen.
Die gemeinschaftliche Einwirkung von Alaun und Chlornatrium verwandelt also die Haut
in brauchbares Leder.
Die Wirkung des Alaunes ist eine mehrfache; er wirkt im
chemischen Sinne als Säure und erhält die saure Reactionim
Inneren der Haut aufrecht; er wirkt ferner als Gerbstoff und schlägt eine
Thonerdeverbindung auf die Haut nieder; er wirkt endlich durch seine
adstringirenden und fäulnißwidrigen Eigenschaften.
Die Wirkung als Säure ist nur im chemischen Sinne zu
verstehen, die sichtbare Einwirkung unterbleibt durch die vorwiegend
adstringirenden Eigenschaften.
Die fixirte Thonerdeverbindung ist unter verschiedenen
Verhältnissen verschiedener Natur; es wird neutrale schwefelsaure Thonerde
absorbirt bei vollständiger Abwesenheit von Kalk, Gegenwart von organischer
Säure und mäßigem Ueberschuß an Chlornatrium. Die Verbindung ist
schwachbasischer Natur bei denselben Bedingungen und größerem Ueberschuß von
Chlornatrium, ferner bei möglichst vollständiger Entfernung des Kalkes, saurer
Reaction der Haut und bei Gegenwart von einer der Alaunmenge äquivalenten Menge
Kochsalz.
Die Verbindung ist um so basischer, je größer der Rückhalt an
Kalk und je mehr Ueberschuß an Chlornatrium vorhanden ist.
Mit der Zunahme der Basicität der fixirten Verbindung vermehrt
sich die Menge der freien Schwefelsäure in der Gerbbrühe.
Das Kochsalz wirkt als die Endosmose lebhaft befördernde
Substanz; es entfernt die an dem Gerbproceß nicht theilnehmenden Verbindungen,
schwefelsaures Kali und frei werdende Schwefelsäure, ebenso den gelösten
schwefelsauren Kalk rasch aus dem Inneren der Haut und verhindert so deren
nachtheilige Einwirkung. Es wirkt als Gerbmittel durch Fällung des Coriins, wird
von diesem fixirt und versetzt die durch Säure geschwellte Faser in ihren
natürlichen Zustand. Es hebt jeden Einfluß der vorhandenen und der sich
bildenden freien Säure auf die Faser auf.
Aus den Versuchen geht hervor, daß die Entfernung des Kalkes durch die organischen
Säuren in der kurzen Zeit der Einwirkung, auch bei sorgfältiger Behandlung keine
vollständige ist. Die in Betracht kommenden organischen Säuren bilden zum Theil,
z.B. Milchsäure, in Wasser schwerlösliche Kalksalze und das Kalksalz wird bei dem
späteren Auswaschen nicht absolut entfernt. Ein geringer Rückhalt an Kalk ist jedoch
unschädlich und die spätere Behandlung der Häute verhindert die nachtheilige Einwirkung welche
durch seine Ausscheidung in krystallinischer Verbindung hervorgebracht würde. Es ist
jedoch nothwendig, daß sich der Kalk lösen kann; er wird dann theils durch Kochsalz
dem Hautinneren entführt und der äußeren Gerbbrühe überwiesen, und die
zurückbleibenden Spuren finden durch die in der Nahrung enthaltenen phosphorsauren
Alkalien Gelegenheit, sich in amorphen phosphorsauren Kalk umzuwandeln. In der
ungarischen Weißgerberei geschieht die Enthaarung auf andere Weise und der Kalk
bleibt außer Betracht.
Nur wenn erhebliche Mengen Kalk in der Haut zurückbleiben, äußert sich die schädliche
Einwirkung. Der Kalk setzt sich dann im Inneren der Haut krystallinisch als
schwefelsaurer Kalk ab, die Haut wird mürbe, die saure Reaction des Alaunes wird
ebenfalls dadurch verringert und es erfolgt dann die Ausscheidung einer
schwefelsäureärmeren Verbindung und Vermehrung der Säure in der Brühe.
Wenngleich die freie Schwefelsäure auch aus dem Inneren der Haut entfernt wird, so
wird die Entfernung von der Oberfläche doch keine vollständige seyn und die
schädliche Einwirkung wird sich durch Zerstörung des Narbens und geringere
Haltbarkeit des Fabricates überhaupt kundgeben, sobald die Säure beim Trocknen durch
Verdunstung des Wassers concentrirter und ihre Einwirkung energischer wird.
Es ist eine bekannte Erfahrung in der Praxis, daß sich die Brühen nach öfterer
Benutzung, auch wenn man für Erneuerung von Alaun und Kochsalz sorgt, verschlechtern
und bei weiterem Gebrauch mangelhafte Fabricate liefern. Dieß ist lediglich der sich
durch öftere Benutzung vermehrenden freien Schwefelsäure zuzuschreiben.
Es ist nicht anzunehmen, daß bei der großen Verdünnung der freien Säure und bei der
gewöhnlichen Temperatur eine Einwirkung auf das Kochsalz stattfindet und Salzsäure
an Stelle der Schwefelsäure frei gemacht wird; der Umstand, daß bei den
vorhergegangenen Versuchen durch längere Behandlung der Haut mit Alkohol bei der
Analyse die gesammte Menge Chlor wieder gefunden werden konnte, spricht auch
dagegen.
Die Analogie der Processe bei der Gerbung mit organischen Säuren und Kochsalz und bei
Anwendung von Alaun und Kochsalz, ergibt sich aus den erhaltenen Resultaten
vollkommen. In beiden Fällen muß zur Fällung des Coriins mittelst Kochsalz saure
Reaction vorhanden seyn; bei der Kochsalzgerbung wird dieselbe hervorgerufen durch
gährendes Gerstenschrot, bei der Weißgerberei durch Zusatz von Alaun. Wird in
letzterem Falle der Alaun zum Theil abgestumpft, so wird die saure Reaction wieder
hervorgebracht durch Aufnahme eines basischen Salzes und Bildung freier
Schwefelsäure. Bei der Weißgerberei wird jedoch außer Kochsalz noch Thonerdesalz
fixirt.
Die Resultate der Versuche liefern den Beweis, daß die Ansicht von Lietzmann
„es werden in der Weißgerberei nur die Eiweißkörper der Haut chemisch
umgewandelt“ nicht zutreffend ist. Die Versuche mit Alaun für sich
beweisen, daß die Bindegewebsfaser zum Gerbproceß beiträgt, indem sie Thonerdesalz
fixirt, das Coriin wirkt dabei gar nicht mit. Die Umwandlung des Coriins durch
Kochsalz ist ferner keine chemische Veränderung, sondern einfach eine Ausscheidung
durch das Kochsalz und in Verbindung mit diesem; der frühere Zustand desselben kann
jeden Augenblick wieder hergestellt werden durch Entfernung des Chlornatriums
mittelst Wasser. Das Abfallen der Gare beim Auswaschen mit Wasser ist weiter nichts
als ein Uebergang des Coriins in den früheren, unvollständig gelösten Zustand. Lietzmann stellte seine Reactionen mit einer Lösung von
Hühnereiweiß an und ging von der Voraussetzung aus, daß sich dieses mit den
„Eiweißkörpern“ der Haut identisch verhalte. Die
Darstellung des Coriins und die Feststellung seiner Eigenschaften haben jedoch
ergeben, daß es sich wesentlich anders verhält.
Ebenso wenig verbindet sich die Schwefelsäure des Alaunes mit dem Natrium des
Kochsalzes und es wird daher keine Salzsäure frei gemacht. Die Versuche mit
Coriinlösung und Kochsalz bei Gegenwart organischer Säure beweisen vielmehr, daß der
Säuregehalt unverändert bleibt und das Kochsalz als solches aufgenommen wird; ebenso
die Versuche mit Alaun und Kochsalz, daß Thonerde mit Schwefelsäure verbunden und
gleichzeitig Kochsalz aufgenommen wird.
Die Versuche beweisen ferner, daß das Kochsalz die Endosmose befördert, wie Fr. Knapp annimmt, daß diese Wirkung jedoch nicht die einzige
ist und die Erklärung weiter ausgedehnt werden muß.
Auch geht daraus hervor, daß der Alaun nicht als solcher, sondern nur die
Thonerdeverbindung desselben wirkt. Im Uebrigen finden die Beobachtungen Fr. Knapp's dadurch weitere Bestätigung.
Für die Praxis mögen noch folgende Vorschläge ihren Platz finden:
Auf Entfernung des Kalkes durch die Kleienbeize ist möglichste Sorg falt zu
verwenden. Nach dem Herausnehmen aus der Beize und Auswaschen ist es vortheilhaft,
die Häute vor dem Einbringen in die Gerbbrühe nochmals durch Sauerwasser zu ziehen,
um organische Säure in genügender Menge zu haben und dadurch die Bildung freier
Schwefelsäure möglichst zu beschränken. Eine zu große Kochsalzmenge welche größer
ist als die angewandte Alaunmenge, ist zu vermeiden, sie vermehrt die Bildung freier Schwefelsäure
in der Brühe, namentlich bei Gegenwart von Kalkresten.
Es empfiehlt sich die Anwendung der essigsauren Thonerde in der Praxis. Jede
Einwirkung einer Mineralsäure unterbleibt dabei, die überschüssige Essigsäure ist
vermöge ihrer leichten Flüchtigkeit durch geeignete Verrichtungen, vielleicht
Aufhängen der Häute in luftigen Räumen, leicht zu entfernen. Die Darstellung der
essigsauren Thonerde kann geschehen durch Auflösen von Thonerdehydrat, wie es aus
Kryolith in großer Menge gewonnen wird, in gewöhnlicher roher Essigsäure des
Handels.
Gerbversuche mit Eisen- und
Chromalaun.
Im Anschluß an die Versuche mit Kali- und Ammoniakalaun wurde noch das
Verhalten der Haut gegen Eisen- und Chromalaun einer Prüfung unterzogen. Es
ergab sich, daß daß Verhalten dieser Verbindungen, für sich allein angewandt,
dasselbe war, wie das der gewöhnlichen Alaune. Es wurde von der Haut schwefelsaures
Chromoxyd resp. Eisenoxyd aufgenommen und bei Gegenwart von noch überschüssigem Kalk
eine der Kalkmenge äquivalente Menge der Oxyde gefällt. Durch erneuerten Zusatz von
Haut konnte der Lösung sämmtliches Chrom- oder Eisenoxydsalz entzogen werden,
während das schwefelsaure Kali nicht mit fixirt wurde. Das resultirende Leder zeigte
dieselben Mängel, war spröde und brüchig, aus den bereits bei Kalialaun angeführten
Gründen, bei Anwendung von Chromalaun grün, von Eisenalaun röthlich gefärbt, die
abgegossene Lösung enthielt keine freie Säure. Quantitative Versuche wurden nur
unter Zusatz von Chlornatrium vorgenommen. Die dabei zur Verwendung kommende Haut
war wie früher im Kalkäscher enthaart und mit organischer Säure sehr sorgfältig
behandelt, enthielt nur noch sehr geringe Mengen Kalk. Das Verfahren bei der Analyse
nach Einwirkung war die früher erörterte Verdrängungsmethode.
a. Chromalaun und gleiche Menge Chlornatrium.
Hautmenge: 12,353 Grm.
zugesetzte Lösung: 100 K. C.; Dauer der Einwirkung: 8
Tage.
Gehalt der Lösung vor Einwirkung:
10 K. C. = 0,9575 Grm. BaSO⁴ = 0,3287 Grm. SO³;
in 100 K. C. = 3,287 Grm.
10 K. C. = 0,1685 Grm. Cr²O³; in 100 K. C. =
1,685 Grm.
5 K. C. = 1,354 Grm. AgCl = 0,552 Grm. NaCl; in 100 K. C. =
11,040 Grm.
Lösung nach Einwirkung:
Die Flüssigkeit wurde auf 500 K. C. verdünnt.
50 K. C. = 0,833 Grm. BaSO⁴ = 0,286 Grm. SO³; in
500 K. C. = 2,860 Grm.
50 K. C. = 0,1355 Grm. Cr²O³; in 500 K. C. =
1,355 Grm.
25 K. C. = 1,3350 Grm. AgCl = 0,5442 Grm. NaCl; in 500 K. C. =
10,884 Grm.
Somit waren fixirt:
SO³
Cr²O³
0,427
Grm.
0,330
Grm.
3,46
Procente der Haut.
2,67
Procente der Haut.
NaCl
0,156
Grm.
1,26
Procente der Haut.
Das erhaltene Leder von blaugrüner Farbe war vollständig gar und erlangte durch
Stollen vollständige Geschmeidigkeit und Weichheit. Das fixirte Salz ist
basischer Natur; das Chromoxyd verhält sich zur SO³ wie 100 : 129. Die
Verhältnisse im neutralen schwefelsauren Chromoxyd sind 100 : 155.
b. Eisenalaun und gleiche Menge Chlornatrium.
Gehalt der Lösung:
10 K. C. = 1,0901 Grm. BaSO⁴ – 0,3743 Grm.
SO³.
10 K. C. = 0,1870 Grm. Fe²O³
5 K. C. = 1,2145 Grm. AgCl = 0,4951 Grm. NaCl.
Diese Losung wurde zu zwei Versuchen verwendet, von achttägiger Dauer; nach
Einwirkung wurde die in Haut befindliche Lösung in bekannter Weise
verdrängt.
Nr. 1.
Nr. 2.
Hautmenge: 20,40
Grm.
Hautmenge: 16,79 Grm.
zugesetzte Lösung: 100
K. C.
zugesetzte Lösung: 80 K.
C.
Gehalt der zugesetzten
Lösung:
80 K. C. derselben enthielten:
SO³ =
3,743 Grm.
SO³ = 2,994 Grm.
Fe²O³ =
1,870 „
Fe²O³ =
1,496 „
NaCl =
9,902 „
NaCl =
7,922 „
Gehalt der Lösungen nach Einwirkung:
Nr. 1. (Auf 500 K. C. verdünnt.)
50 K. C. = 0,8480 Grm. BaSO⁴ = 0,2911 Grm. SO³;
in 500 K. C. = 2,911 Grm. SO³.
50 K. C. = 0,1140 Grm. Fe²O³; in 500 K. C. =
1,140 Grm.
25 K. C. = 1,299 Grm. AgCl = 0,489 Grm. NaCl; in 500 K. C. =
9,780 Grm.
Nr. 2. (Auf 500 K. C. verdünnt.)
100 K. C. – 1,274 Grm. BaSO⁴ = 0,4375 Grm.
SO³; in 500 K. C. = 2,187 Grm.
100 K. C. = 0,1620 Grm. Fe²O³; in 500 K. C. =
0,810 Grm.
50 K. C. = 1,905 Grm. AgCl = 0,7766 Grm. NaCl; in 500 K. C. =
7,766 Grm.
Daraus ergeben sich folgende Aufnahmen an Substanz:
Nr.
Absorbirte MengeSchwefelsäure
in
Absorbirte MengeEisenoxyd in
AbsorbirteMenge
Verhältniß desabsorbirten
Grammen
Procentender Haut
Grammen
Procentender Haut
Chlornatriumin Grammen
Eisenoxydes zurSchwefelsäure
1
0,832
4,08
0,730
3,58
0,122
100 : 114
2
0,807
4,81
0,686
4,08
0,150
100 : 118
Das erhaltene Leder war von schön gelbrother Farbe, weich und geschmeidig, im
Aussehen dem lohgaren Leder ähnlich.
Auch in diesem Falle ist ein basisches Salz fixirt, denn im neutralen
schwefelsauren Eisenoxyd stehen Fe²O³. und SO³ im
Verhältniß wie 100 : 150.
Es verhalten sich somit die Alaune gleich gegen Haut; sie geben für sich
angewandt mürbe und brüchige Leder, bei Zusatz von Kochsalz sämmtlich Fabricate,
welche bei weitem geschmeidiger sind und den Bedürfnissen genügen. Eisen-
und Chromalaun mit der Nahrung gar gemacht, gibt gleich schönes geschmeidiges
Leder, nur von entsprechend anderer Farbe. Was die Theorie der Einwirkung
anbelangt, so hat das früher Erwähnte auch hier seine Geltung.
Haut und Eisensalze.
Die meisten Verbindungen des Eisenoxydes werden von der Haut gern, ebenso wie die
Thonerdeverbindungen, aufgenommen. Oxydulsalze haben ein sehr schwaches Bestreben
sich auf die Faser niederzuschlagen. Die Menge der Aufnahmen ist abhängig von der
Concentration der Lösung und der Natur der Verbindungen. Man kann im Allgemeinen
sagen, daß neutrale Verbindungen weniger als basische Salze aufgenommen werden. Das
Leder ist in den meisten Fällen hart und spröde, und umsomehr, je saurer die
Verbindung und je weniger dadurch Coriin niedergeschlagen wird. Kochsalz verbessert
zwar das Leder etwas und wirkt in derselben Weise wie bei Alaunen, nämlich fällend
auf Coriin, indem die Eisensalze welche durchgängig sauer reagiren, die Rolle der
Säure dabei spielen, aber die Gerbung ist nicht widerstandsfähig gegen Wasser. Am
haltbarsten, gewissermaßen ächt gemacht, wird die Gerbung durch Fixirung des Eisensalzes
unmittelbar auf der Faser im unlöslichen Zustande, nach dem Vorschlage von Fr. Knapp, als Eisenseife. Diese Gerbung ist nicht
auszuwaschen, muß jedoch durch mechanische Hülfsmittel, Kneten und Stampfen,
unterstützt werden. Meine Versuche erstreckten sich auf Eisenchlorid und
basisch-schwefelsaures Eisenoxyd; neutrales schwefelsaures Eisenoxyd, welches
ich ebenfalls mit in Betracht ziehen wollte, gab ein schlechtes Resultat und hatte
fast gar kein Salz abgegeben, die Haut war im Gegentheil etwas geschwellt von noch
vorhandener freier Säure, von welcher das Salz sehr schlecht frei erhalten wird.
Eisenchlorid besitzt bekanntlich die Fähigkeit, frisch gefälltes Eisenoxyd in
ziemlicher Menge aufzulösen; die entstehende sehr concentrirte Lösung hoffte ich mit
Vortheil fixiren zu können, aber ohne günstigen Erfolg, indem ein großer Theil des
Eisenoxydes nach Zusatz der Haut flockig ausgeschieden wird und sich auch durch
Kneten sehr leicht zusammenballt, in welchem Zustande die Haut nur wenig und langsam
aufnimmt.
Eisenchlorid und Haut.
A. Verdünntere Lösung.
Die Lösung wurde vor und nach Berührung mit Haut einfach auf ihren Gehalt geprüft und
aus der Differenz die Aufnahme berechnet. Verdrängen der Lösung ist nicht thunlich,
da sich Eisenchlorid leicht in Weingeist und Aether auflöst. Das Salz war
krystallinisch und säurefrei.
Gehalt der Lösung:
10 K. C. = 0,431 Grm. Fe²O³.
10 K. C. = 0,2307 Grm. AgCl = 0,571 Grm. Cl.
Das Eisenoxyd verlangt theoretisch 0,571 Grm. Cl.
Zu jedem Versuch wurden 50 K. C. Lösung angewandt.
Nr. 1.
Hautmenge: 6,906 Grm.aufgesogenes Wasser: 14,5 K.
C.
Dauer: 8 Tage.
Nr. 2.
Hautmenge: 7,473 Grm.
aufgesogenes Wasser: 14 K. C.
Gehalt der Lösungen nach Aufnahme:
Nr. 1.
10 K. C. = 0,316 Grm. Fe²O³; gesammte Lösung 2,038
Grm., entsprechend 4,139 Grm. Fe²Cl⁶.
10 K. C. =
1,707 Grm, AgCl = 0,422 Grm. Cl.;
0,316 Fe²O³. brauchen 0,4207 Grm.
Cl.
Es hat somit eine Aufnahme von 0,236 Grm. oder 3,42 Proc. der Haut stattgefunden.
Nr. 2.
10 K. C. = 0,315 Grm. Fe²O³; gesammte Lösung = 2,016
Grm., entspricht 4,095 Grm. Fe²Cl⁶.
10 K. C. = 1,692 Grm. AgCl = 0,419 Grm. Cl.
0,315 Grm. entspricht theoretisch 0,4193 Grm. Cl.
Daraus ergibt sich eine Aufnahme von 0,280 Grm. oder 3,747 Proc. der Haut.
B. Concentrirtere Lösung.
Gehalt derselben:
10 K. C. = 0,760 Grm. Fe²O³; also 50 K. C. = 3,800
Grm., entspricht 7,719 Grm. Fe²Cl⁶.
10 K. C. = 4,063 Grm. AgCl = 1,005 Grm. Cl.
0,760 Grm. Fe²O³ erfordern 1,010 Grm.
Hautmenge: 6,609 Grm.
aufgesogenes Wasser: 13 K. C.
Lösung: 50 K. C.; Dauer der Einwirkung: 8 Tage.
Lösung nach Einwirkung:
10 K. C. = 0,569 Grm. Fe²O³; in der ganzen Lösung
3,5847 Grm., entspricht 7,236 Grm. Fe²Cl⁶.
10 K. C. = 3,095 Grm. AgCl = 0,7657 Grm. Cl.
0,569 Grm. brauchen 0,7574 Grm. Cl.
Somit sind aufgenommen: 0,483 Grm. oder 7,31 Proc. der Haut Fe²Cl⁶.
Das Eisenchlorid wird somit unverändert und mit der Concentration der Lösung steigend
aufgenommen. Das Leder ist steif und hart; bei langer Einwirkung treten die sauren
Eigenschaften hervor, die Haut wird dann angegriffen. Eisenchlorid wirkt ähnlich wie
Alaun für sich; Coriin bleibt gelöst, geht sogar etwas in die Lösung außerhalb der
Haut über, und die Absorption ist nur auf Rechnung des Bindegewebes zu setzen.
Basisch-schwefelsaures Eisenoxyd
und Haut.
Die Lösung wurde dargestellt durch Oxydation einer Lösung von Eisenvitriol mittelst
Salpetersäure in der Hitze ohne Gegenwart freier Schwefelsäure. Es wird so lange
Salpetersäure zugesetzt als noch Reaction auf Eisenoxydul eintritt.
Die Lösung setzt namentlich beim Erwärmen, ebenso beim Verdünnen ein gelbes basisches
Salz von der Zusammensetzung Fe²O³, SO³ ab.
Nach langem Stehen eines Theiles dieser Flüssigkeit hatte sich der größte Theil der
Lösung in eine gleichmäßige krystallinische Salzmasse verwandelt (die bei Erwärmen in
Salzsäure löslich war), von welcher die noch vorhandene geringe Menge Flüssigkeit
abgegossen und deren Zusammensetzung nach Abgießen der Lösung und Auswaschen mit
Alkohol gefunden wurde:0,304 Grm. Substanz gaben:0,116 Grm. Fe²O³ und 0,117 Grm. SO³.0,460 Grm. Substanz gaben 0,107 Grm H²O.
38,15838,48723,355
Proc. „ „
Fe²O³SO³H²O
deren Zusammensetzung somit durch die
FormelFe²O³, 2 SO³, 5 H²O ausgedrückt
wird.
Gehalt der Lösung zu nachstehenden
Versuchen:
5 K. C. = 0,669 Grm. Fe²O³.
5 K. C. = 2,247 Grm. BaSO⁴ = 0,7715 Grm. SO³.
Nr. 1.
Hautmenge: 7,309 Grm.aufgesogenes Wasser: 14,0 K. C.zugesetzte
Lösung: 50 K. C.
Dauer: 20 Tage.
Nr. 2.
Hautmenge: 8,666 Grm.aufgesogenes Wasser: 16,0 K. C.zugesetzte
Lösung: 50 K. C.
Dauer: 20 Tage.
Nr. 3.
Hautmenge: 25,240 Grm.aufgesogenes Wasser: 62,9 K. C.zugesetzte
Lösung: 150 K. C.
Dauer: 5 Tage.
Gehalt der Lösungen nach Einwirkung:
Nr. 1.
10 K. C. = 3,3625 Grm. BaSO⁴ = 1,1545 Grm. SO³; in
64 K. C. = 7,388 Grm.
10 K. C. = 0,9531 Grm. Fe²O³; in 64 K. C. = 6,099
Grm.
Nr. 2.
10 K. C. = 3,2503 Grm. BaSO⁴ = 1,116 Grm. SO³; in 66
K. C. = 7,365 Grm.
10 K. C. = 0,9167 Grm. Fe²O³; in 66 K. C. = 6,030
Grm.
Nr. 3.
5 K. C. = 1,523 Grm. BaSO⁴ = 0,5229 Grm. SO³; in
Gesammtflüssigkeit 22,265 Grm.
5 K. C. = 0,4375 Grm. Fe²O³; in Gesammtfl. 18,628
Grm.
Daraus ergeben sich somit folgende Aufnahmen:
Nr.
Absorbirte Mengen
Verhältniß desEisenoxydeszur
SO³
Eisenoxyd in
Schwefelsäure in
Grammen
Procentender Haut
Grammen
Procentender Haut
1
0,590
8,07
0,327
4,47
100 zu 55
2
0,640
7,38
0,350
4,04
100 zu 55
3
1,379
5,46
0,880
3,48
100 zu 64
Das aufgenommene Salz nähert sich somit in seiner Zusammensetzung dem 1/3
schwefelsauren Eisenoxyd, ist jedoch etwas weniger basisch als dieses. Die
angewandte Lösung ist jedenfalls am geeignetsten Eisenoxydsalz zu fixiren, die Haut
nimmt aus ihr die größte Menge Salz auf und das resultirende Leder ist auch weit
weniger spröde wie bei Anwendung neutraler Salze, z.B. Eisenchlorid. Die Gerbung
scheint auch ächter zu seyn, denn Wasser nimmt verhältnißmäßig wenig davon auf.
Versuche mit
Eichengerbsäure.
Die Aufnahme des Gerbstoffes seiner Zusammensetzung und Menge nach bei Herstellung
lohgarer Leder läßt sich nicht in der einfachen Weise durch Versuche ermitteln, wie
dieß in der Weißgerberei möglich ist. Die Herstellung lohgarer Leder erfordert eine
beträchtlich längere Zeit und es werden während der langen Einwirkung sowohl geringe
Mengen der Haut wie auch des Gerbstoffes selbst durch chemische Umsetzung verändert.
Der Lohauszug enthält neben Gerbstoff noch andere wenig bekannte Körper. Die
Eichengerbsäure selbst ist ihrer chemischen Zusammensetzung nach noch sehr
unvollkommen bekannt, namentlich sind ihre Zersetzungsproducte bei den in Frage
kommenden Verhältnissen nur unvollkommen untersucht. Versuche in dieser Richtung
haben voraussichtlich erst dann Erfolg, wenn eine genauere Kenntniß des
Eichengerbstoffes es ermöglicht, mit reiner Substanz zu operiren und wenn dann die
Veränderung der Gerbsäurelösung in jedem einzelnen Stadium der Gerbung chemisch, die
Veränderung der Haut chemisch und mikroskopisch festgestellt werden können.
Es können deßhalb auch die im Eingange erwähnten Versuche von Müntz, aus deren Resultaten derselbe die Zusammensetzung der aufgenommenen
Gerbsubstanz zu berechnen sucht, nicht maaßgebend seyn und die Schlüsse nur mit Vorsicht
aufgenommen werden. Müntz verwandte gewöhnlichen
Lohauszug, woraus die Haut jedenfalls nicht reine Gerbsäure, sondern auch noch
andere Körper aufnimmt.
Wahrscheinlich üben diese Körper sogar einen wesentlichen Einfluß bei der Befestigung
des Gerbstoffes auf die Faser aus, und sind die Ursache des innigeren Anhaftens.
Außerdem hatte sich die Haut in den Müntz'schen Versuchen
auch während der Gerbung bezüglich der Zusammensetzung geändert und der
Stickstoffgehalt war geringer geworden; da aber die einzelnen Hautbestandtheile
verschieden zusammengesetzt sind, so konnte ein einfaches Abziehen einer bestimmten
aus der Stickstoffmenge hervorgehenden Hautmenge, wie dieß Müntz vornimmt, nicht gerechtfertigt erscheinen.
Die Zersetzung der Gerbsäure in den Gruben leitet er von Tannin her, welches von der
Eichengerbsäure hinsichtlich der Eigenschaften und Zersetzungsproducte wesentlich
abweicht, und da in den Gruben Eichengerbsäure vorhanden ist, nicht zu Grunde gelegt
werden kann.
Ich beschränke mich darauf, zu constatiren ob die bei den früheren Versuchen
festgestellte Thatsache, daß mit dem Grade der Vertheilung des Bindegewebes die
Aufnahmefähigkeit desselben zunimmt, auch für die Gerbsäure anwendbar ist.
Die Gerbsäure wurde nach dem von Klasiwetz angegebenen
Verfahren durch fractionirte Fällung von Lohauszug mit Bleizucker und Zersetzen des
im Wasser vertheilten Bleiniederschlages mittelst Schwefelwasserstoff erhalten. Nur
der zuletzt durch Bleizucker entstehende Niederschlag von heller Farbe wurde in
Wasser suspendirt und mit Schwefelwasserstoff zersetzt, dann nach vollständigem
Ausfällen des Bleies die Flüssigkeit durch Kochen von überschüssigem
Schwefelwasserstoff befreit. Das Abdampfen der Lösung wurde vermieden, indem dadurch
stets ein Theil des Gerbstoffes zersetzt wird. Der auf diese Weise erhaltene Auszug
ist reiner als gewöhnlicher Lohauszug und die Gerbsäurebestimmung genauer
ausführbar.
Die Bestimmung des Gehaltes der Lösung wurde nach der von Wolf modificirten Fleck'schen Methode
ausgeführt, nachdem vorher durch einige Bestimmungen in einer Tanninlösung von
bekanntem Gehalt Uebereinstimmung mit Wolf's Resultaten
erhalten worden war. Die Methode gründet sich darauf, daß Gerbsäure durch
essigsaures Kupferoxyd gefällt wird; der Niederschlag von gerbsaurem Kupferoxyd wird
nach dem Auswaschen getrocknet und unter Luftzutritt geglüht. Das durch die
Verkohlung der Gerbsäure reducirte Kupfer wird durch Zusatz einiger Tropfen
Salpetersäure und abermaliges gelindes Glühen in Kupferoxyd übergeführt und als
solches gewogen. Die Menge desselben, mit der Zahl 1,304 multiplicirt, ergibt die
Menge der vorhandenen Gerbsäure.
Zunächst wurde festgestellt, wie groß die Aufnahme des Bindegewebes für Gerbsäure ist
im Zustande seiner feinsten Vertheilung, wie es aus seiner Lösung durch Ausfällen
erhalten wird. Zu diesem Zwecke wurde dieselbe Lösung von Bindegewebe, welche zu den
gleichlaufenden früheren Versuchen mit Kochsalz, sowie mit Alaun und Kochsalz
gedient hatte, benutzt. Die Manipulationen waren dieselben, wie damals angegeben; es
wurden bestimmte Volumina der Bindegewebs- und Gerbsäurelösung gemischt, die
Flüssigkeit noch einen Tag mit dem ausgeschiedenen Bindegewebe in Berührung gelassen
und darauf deren Gehalt an Gerbsäure wieder bestimmt. Das Fehlende war vom
Bindegewebe fixirt.
100 K. C. der Bindegewebslösung enthielten, wie schon früher
erwähnt, 0,315 Grm. reines Bindegewebe.
50 K. C. der Gerbsäurelösung gaben 0,237 Grm. CuO;
0,237 Grm. × 1,304 = 0,309 Grm. Gerbsäure in 50 K. C.
Es wurden gemischt:
200 K. C. Lösung von Bindegewebe,
200 K. C. Lösung von Gerbsäure.
Gehalt nach Ausscheidung:
100 K. C. = 0,114 Grm. CuO; folglich 400 K. C. = 0,456 Grm.
CuO.
Entspricht 0,456 Grm. × 1,304 = 0,5946 Grm. Gerbsäure.
Folglich sind absorbirt: 1,236 Grm. minus 0,594 Grm. =
0,642 Grm. Gerbsäure = 101,9 Proc. des Bindegewebes.
Ein zweiter Versuch wurde mit der Abänderung ausgeführt, daß der Bindegewebslösung
noch organische Säure zugesetzt und hierauf die Fällung mit Gerbsäure vorgenommen
wurde. Das organische Säuregemisch enthielt, auf Essigsäure berechnet, 10 Proc.
Säurehydrat und bestand aus Butter- , Milch- und Essigsäure. Nach der
Einwirkung vor Bestimmung der Gerbsäure in der Lösung, wurde durch Zusatz einer der
zugesetzten Säuremenge äquivalenten Menge Normalnatron die Säure neutralisirt und
dadurch einer Lösung des gerbsauren Kupferoxydes vorgebeugt.
Menge der Lösungen:
150 K. C. Bindegewebslösung (enthaltend 0,4725 Grm.
Bindegewebe),
50 K. C. 10procentige Säure,
200 K. C. Gerbsäurelösung.
Gehalt der Lösung nach Einwirkung:
100 K. C. = 0,125 Grm. CuO; also 400 K. C. = 0,500 Grm. CuO,
entsprechend 0,500 Grm. × 1,304 = 0,652 Grm. Gerbsäure.
Somit waren fixirt:
1,236 Grm. minus 0,652 Grm. = 0,584 Grm. Gerbsäure oder
123,6 Proc. des Bindegewebes.
Es hat also eine Mehraufnahme von circa 21 Proc. an
Gerbsäure stattgefunden bei Gegenwart einer größeren Menge Säure in der
Bindegewebslösung.
Der erhaltene Niederschlag ist bräunlich, nach dem Trocknen spröde und brüchig, und
gibt beim Auswaschen mit kaltem Wasser nur geringe Mengen Gerbsäure an dieses ab.
Dieser Niederschlag ist sowohl beim Aufbewahren in nur feuchtem Zustande, wie auch
unter Wasser, äußerst haltbar und widersteht der Zersetzung und Fäulniß in hohem
Grade. Er ist in dieser Beziehung mit lohgarem Leder zu vergleichen; die Gerbsäure
bildet die schützende Hülle, sie bewirkte die Ausscheidung und war im Stande, sich
bei der Fällung sofort auf alle Theile des Bindegewebes niederzuschlagen, da
dieselben vollständig frei in der Flüssigkeit vertheilt waren. Bei der Lederbildung
muß die Gerbsäure in das Innere der Haut, deren frühere Beschaffenheit und Form
erhalten bleiben soll, eindringen; bei der geringen Diffusionsfähigkeit der
Gerbsäure dauert die Sättigung, je nach der Stärke der Haut, lange Zeit. In
vorliegendem Falle war nach Fällung des Bindegewebes noch Gerbsäure in Lösung und
das Bindegewebe hatte die größte Menge, welche es aufzunehmen fähig war, absorbirt.
Es genügen aber auch weit geringere Mengen Gerbsäure, als in diesem Falle
aufgenommen sind, um eine vollständige Ausscheidung des Bindegewebes zu bewirken; es
nimmt dann die in der Flüssigkeit vorhandene Gerbsäure bis auf Spuren auf, und der
Niederschlag ist je nach der Menge der Aufnahme schwächer gefärbt. Da ein
Anhaltepunkt für die Maximalaufnahme des Bindegewebes durch vorstehende Versuche
gegeben und der Gehalt der Gerbsäurelösung bekannt war, so stellte ich mir
verschiedene Fällungen mit verschiedenen zur Sättigung unzureichenden Mengen
Gerbsäure dar und fand, daß mit der Menge der fixirten Gerbsäure auch die
Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit des Niederschlages an der feuchten Luft wie
auch gegen die Einwirkung schwachsaurer und alkalischer Flüssigkeiten wächst und daß
dieselbe am größten bei der Sättigung des Niederschlages ist.
Bei der Prüfung des Säuregehaltes der Bindegewebslösung auf acidimetrischem Wege
wurde beobachtet, daß die Lackmuslösung ebenfalls im Stande ist, sämmtliches
Bindegewebe zu fällen und daß der Niederschlag entweder den Farbstoff vollständig
oder unvollständig aufnahm, je nach der Menge der zugesetzten Lackmuslösung. Man
kann sich auf diese Weise durch Zusatz verschiedener Mengen Lackmustinctur und
Umschütteln verschieden
gefärbte Ausscheidungen darstellen vom schönsten Hellroth bis gesättigtem
Dunkelroth, und bei unzureichenden Farbstoffmengen ist die Flüssigkeit in kurzer
Zeit vollständig entfärbt, bis auf einen röthlichen Schein.
Auch hier hält die Ausscheidung den Farbstoff hartnäckig zurück und durch Auswaschen
mit kaltem Wasser läßt sich nur wenig entfernen. Ich zog der Vollständigkeit halber
noch einige andere Farbstoffe, Indigolösung und Carminlösung hinzu und fand dieselbe
Erscheinung, der gelöste Farbstoff schied das Bindegewebe aus und schlug sich auf
dasselbe nieder. Diese Niederschläge besitzen jedoch gegen äußere Einflüsse nicht
die Widerstandsfähigkeit, wie die Fällung des Bindegewebes durch Gerbsäure; die
gefärbte Substanz hat ihre Fäulnißfähigkeit und leichte Zersetzbarkeit behalten,
ebenso wie durch Neutralisation der Säure ausgeschiedenes Bindegewebe, welches
später im feuchten Zustande der Luft ausgesetzt wird.
In gleicher Weise wurden Hautstücke, die mit den Farbstofflösungen zusammengebracht
wurden, nach und nach bis in's Innere gefärbt und der Lösung Farbstoff entzogen; die
Aufnahmefähigkeit war aber geringer, als bei Fällung gelösten Bindegewebes; die
gefärbten Hautstücke hatten ebensowenig Haltbarkeit erlangt.
Es ist nicht zu verkennen, daß hier eine gewisse Gleichmäßigkeit der Erscheinungen,
sowohl bei Aufnahme von Gerbstoff wie Farbstoff vorhanden ist, und daß in beiden
Fällen die Aufnahme nach denselben Gesetzen vor sich geht.
Fr. Knapp machte ebenfalls die Beobachtung, daß sich Haut
in einer Indigküpe blau, in Nußschalendecoct braun färbt, daß diese Farbstoffe
jedoch nach dem Trocknen der Haut ein von gewöhnlicher Haut nicht verschiedenes
Product, nur gefärbt und von derselben Steifheit gaben.
Beim Kochen des Gerbsäureniederschlages, der die größte Menge Gerbsäure enthält, mit
Wasser, geht ohne daß die Verbindung aufgehoben wird, eine Umwandlung in in Wasser
unlösliches Leimtannat vor sich. Der Niederschlag ist vollständig derselbe, den man
auf Zusatz von überschüssiger Gerbsäure zu kochender Leimlösung erhält.
Beim Kochen der Niederschläge mit unzureichenden Mengen Gerbsäure, mit Wasser,
entstehen nach dem Erkalten gelatinirende braungefärbte Lösungen. Die Gerbsäure hat
sich nur mit einem Theile des entstandenen Leimes verbunden und diese Verbindung ist
in überschüssiger Leimlösung gelöst geblieben. Die Farbstoffniederschläge bilden
nach dem Kochen mit Wasser und Erkalten, mehr oder weniger gefärbte durchsichtige
Gallerten; die Farbstoffe gehen mit dem Leim keine unlösliche Verbindung ein, sie
ertheilen demselben nur eine gleichmäßige Färbung.
Das sowohl durch Farb- wie Gerbstoff ausgeschiedene Bindegewebe war also in
den Niederschlägen noch als solches vorhanden und erst beim Kochen ging die
Umwandlung in Leim vor sich. Die verschiedenen Eigenschaften der Niederschläge waren
nur auf Rechnung der divergirenden Natur der Fällungsmittel zu setzen.
O. Maschke
Journal für praktische Chemie, Bd. LXXVI S. 37. veröffentlichte eine Reihe von Versuchen, durch welche er die
Aufnahmefähigkeit verschiedener Proteinkörper für Farbstofflösungen (Carmin und
Indigo) nachwies. Thier- und Pflanzencasein, FibrinFibroin, Horn- und Leimsubstanz, ebenso Haut nahmen alle beträchtliche
Mengen Farbstoff auf, während Gummi und ähnliche Substanzen, ebenso Alkaloide nichts
absorbirten.
Die erstgenannten Körper besitzen ebenso die Fähigkeit, einer Gerbstofflösung die
Gerbsäure zu entziehen und auf sich niederzuschlagen, und erhält die Ansicht, daß
die Aufnahme der Gerbsäure und Farbstoffe sowohl auf Haut wie Proteinkörper nach
denselben Gesetzen vor sich gehe, dadurch einen weiteren Stützpunkt.
Es blieb nun noch übrig, die Aufnahmefähigkeit des Coriins für Gerbsäure in zwei
Lösungen von verschiedenem Gehalt an organischer Säure festzustellen. Die
Coriinlösung war dieselbe, welche zu den früheren Versuchen diente und enthielt in
100 K. C. 0,275 Grm. Coriin.
Es wurden gemischt ohne weiteren Säurezusatz zur Coriinlösung:
150 K. C. Coriinlösung,
150 K. C. Gerbsäurelösung (von gleichem Gehalt wie bei den vorigen
Versuchen).
Gehalt der Lösung nach Fällung:
100 K. C. = 0,1235 Grm. CuO = 0,1235 Grm. × 1,304 = 0,1610
Grm. Gerbsäure; in 300 K. C. = 0,483 Grm.
Folglich sind aufgenommen:
0,927 Grm. minus 0,483 Grm. = 0,444 Grm. Gerbsäure oder
107,6 Proc. des Coriins.
Der zweite Versuch wurde unter Zusatz derselben Säuremenge wie bei der
Bindegewebslösung und mit allen dabei erwähnten Abänderungen vorgenommen.
150 K. C. Coriinlösung,
50 K. C. 10procentige Säure,
200 K. C. Gerbsäurelösung.
Gehalt nach Einwirkung:
100 K. C. = 0,147 Grm. CuO, entsprechend 0,147 Grm. × 1,304
Grm. = 0,1916 Grm. Gerbsäure; in 400 K. C. = 0,766 Grm.
Folglich sind fixirt:
1,236 Grm. minus 0,766 Grm. = 0,470 Grm. Gerbsäure oder
113,9 Proc. des Coriins.
Die Aufnahme ist somit bei größerem Säuregehalt etwas gestiegen, jedoch nicht so
bedeutend wie bei dem Bindegewebe. In gleicher Weise wie das Bindegewebe, war das
Coriin befähigt, durch Farbstofflösungen ausgeschieden zu werden und dieselben auf
sich niederzuschlagen.
Beide Hauptrepräsentanten der Haut nehmen somit Gerbsäure auf, und ist die Aufnahme
im Zustande der feinsten Vertheilung größer, als bei lohgarem Leder. Nach den
Angaben von Lietzmann nimmt bei der Herstellung der
Sohlleder die Haut durchschnittlich 60 Proc. Gerbstoff, bei der Darstellung von
Oberleder 50 Proc. auf. Müntz fand bei der vollendeten
Gerbung nach dem Durchlaufen der Brühen und Aufenthalt in den Gruben sogar eine
Zunahme von 82,9 Proc.
Der Erfahrungssatz, daß mit dem Grade der Vertheilung der Hautbestandtheile die
Aufnahmefähigkeit für gerbende Substanzen zunimmt, findet sich also auch hier
bestätigt. Ich habe weitere Absorptionsversuche nicht gemacht und wenn ich die
Vorgänge in der Lohgerberei mit kurzen Worten zu erklären versuche, so stütze ich
mich dabei auf qualitative Versuche und die Beobachtungen, welche ich bei Behandlung
von Haut mit Säuren für sich und in Gemeinschaft mit Gerbsäure gemacht habe und die
theilweise schon daselbst ausführlich wiedergegeben sind.
Im Oberleder ist die Structur der frischen Haut nach der vollendeten Gerbung durchaus
erhalten und für die Beobachtung am zugänglichsten; die Enthaarung durch Kalk
entfernte das Coriin zum großen Theil, die spätere Behandlung sättigte sowohl das
noch vorhandene Coriin wie das Bindegewebe vollständig mit Gerbstoff. Die Gerbsäure
lagerte sich gleichmäßig auf allen freiliegenden Fasern ab, ohne deren
Geschmeidigkeit und Verschiebbarkeit zu beeinträchtigen.
Bei der Fabrication der Sohlleder wird durch die combinirte Einwirkung der Säure und
des Gerbstoffes zunächst möglichst feine Zertheilung der Fasern und Quellung sowohl
des Coriins wie auch des Bindegewebes bewirkt. Das Eindringen größerer Wassermengen
in alle Theile der geschwellten und aufgegangenen Haut gestattet auch der in Lösung
befindlichen Gerbsäure gleichmäßig in alle Theile der Haut nach und nach
vorzudringen und sich daselbst abzulagern. Eine zusammenziehende Wirkung kann nicht
stattfinden, da die Menge der Gerbsäure im Verhältniß zur organischen Säure zu
gering ist. In den einzelneu Farben steigt sowohl der Gerbstoff- wie auch der
Säuregehalt; die Ablagerung der Gerbsäure sowohl wie auch die Aufrechterhaltung der
Schwellung wird dadurch
begünstigt. Die Wirkung der Gerbsäure und organischen Säure ist eine vollständig
ineinandergreifende. Während die organische Säure durch den Gerbstoffgehalt der
Flüssigkeit gehindert wird, ihre lösende Wirkung auf Bindegewebe zu weit
auszudehnen, findet im anderen Falle Negation der adstringirenden Gerbsäurewirkung
statt. Beim Durchlaufen der einzelnen Farben verliert ein Theil des Bindegewebes
seine Structur und die Gerbsäure fixirt dasselbe in diesem Zustande im Inneren der
Haut. Der größere Theil des Bindegewebes widersteht jedoch, und die fortgesetzte
Aufnahme von Gerbstoff ist ein immer wachsendes Schutzmittel gegen die Einwirkung
der organischen Säure. Im anderen Falle ist die Gerbsäure wieder nicht im Stande die
Schwellung aufzuheben, da auch die Menge der organischen Säure wächst und ihr die
Waage hält. Gerbsäure und organische Säure kämpfen somit gewissermaßen stets um die
Oberhand. Nach dem Durchlaufen der einzelnen Farben genügt die abgelagerte Schicht
von Gerbstoff, eine schützende Hülle zu bilden und bei Berührung mit der
überschüssigen Gerbsäure in den Gruben ein sofortiges starkes Zusammenschrumpfen zu
verhüten. Die Poren bleiben vielmehr geöffnet, gestatten das weitere Eindringen von
Gerbstoff und damit die Sättigung der ganzen Haut. Daß durch die organische Säure
die glatte Oberfläche der einzelnen Fasern, welche nicht die Structur verloren
haben, verloren geht und dadurch ein innigeres Anhaften des Gerbstoffes erzielt
wird, ist ebenfalls anzunehmen. Die Starrheit des Productes wird hervorgebracht
durch die größere Menge des Coriins in Verbindung mit Gerbsäure und durchduch Fixiren eines Theiles des Bindegewebes im structurlosen Zustande. Größere
Dichte wird später mechanisch durch Klopfen hergestellt.
Man hat aus dem Umstande, daß sich aus dem Oberleder nach der Methode von Stenhouse durch Kochen mit Wasser unter Druck und Zusatz
von Kalk, Leim gewinnen läßt, aus Sohlleder dagegen nicht, auf eine Verschiedenheit
der Verbindung der Gerbsäure in beiden Lederarten überhaupt geschlossen. Es dürfte
jedoch diese Verschiedenheit des Verhaltens vielmehr daran liegen, daß erstlich
durch das innigere Anhaften des Gerbstoffes im Sohlleder überhaupt ein größerer
Widerstand hervorgebracht wird, der die Leimbildung erschwert; wenn dieselbe jedoch
eintritt, daß dann die Menge des Gerbstoffes hinreicht um mit dem Leim die in Wasser
unlösliche Verbindung zu bilden. Da nun das Kalkhydrat auch ein beschränktes
Lösungsvermögen besitzt, das Leimtannat aber in Wasser unlöslich ist, so wird eine
Umsetzung und Leimbildung nicht stattfinden. Gibt man jedoch dem Leimtannat durch
Zusatz einer zur Lösung hinreichenden Menge fertigen Leimes Gelegenheit, sich
aufzulösen, so dürfte
bei hinreichendem Druck das Verhalten des Sohlleders von dem des Oberleders nicht
verschieden seyn. Im Oberleder wird überschüssiger Leim durch Kochen mit Wasser
gebildet, worin sich das Tannat auflösen kann, die Umsetzung wird dadurch
erleichtert.
Die Verbindung der Haut mit Gerbsäure in beiden Ledersorten ist gleicher Art; die
Verschiedenheit der physikalischen Beschaffenheit ist dadurch bedingt, daß der
Zustand des Bindegewebes und die Coriinmenge in beiden Leder arten verschieden
ist.
Schlußfolgerungen.
Es bleibt nun noch die Frage zu erörtern übrig, ob die Verbindung der Haut mit den
Gerbstoffen chemischer Natur sey?
Nach meinen Beobachtungen war die Aufnahmefähigkeit der Hautbestandtheile für
Gerbsubstanzen verschieden je nach dem Grade der Vertheilung derselben und ging
nicht nach bestimmten unabänderlichen Verhältnissen vor sich. Eine gleiche Menge
Gerbsäure konnte sehr verschiedene Mengen Bindegewebe aus einer Lösung ausscheiden
und die Aufnahme an Gerbsäure richtete sich nach der Menge die in Lösung war.
Das Bindegewebe besitzt auch nach der Vereinigung mit Gerbstoffen noch die Fähigkeit,
sich in derselben Weise umzuwandeln, wie in unverbundenem Zustande und das
Umwandlungsproduct, der Leim, geht je nach der Natur des Gerbmittels mit diesem eine
Verbindung ein oder nicht.
Die Haut theilt die Fähigkeit, Gerbstoffe und Farbstoffe aufzunehmen, mit anderen
Körpern, z.B. Proteinsubstanzen, Kohle, thierischen Fasern; die Natur der Wirkung
ist dieselbe, der Grad bei den einzelnen Körpern verschieden.
Es muß deßhalb die Annahme einer chemischen Verbindung zwischen Haut und
Gerbsubstanzen verneint werden.
Dagegen ist die Haut befähigt, aus Lösungen nur bestimmte Verbindungen aufzunehmen;
sie vermag zu diesem Zwecke Doppelsalze zu zersetzen und aus Neutralsalzen basische
Verbindungen abzuscheiden. Dasselbe Vermögen besitzen andere thierische Fasern,
Seide und Wolle, ebenso Kohle, alles Körper, welche den betreffenden Lösungen
vermöge ihrer faserigen oder porösen Structur eine große Oberfläche darbieten und
deren mechanische Kraft auf die Lösung so weit geht, daß sie im Stande ist die
Affinitäten der Verbindungen zu überwinden und einzelne Glieder derselben. Die
Einwirkung ist theils auf chemische, theils auf physikalische Gesetze zurückzuführen
und gehört in die Kategorie der sogenannten Contactwirkungen.
Die Producte der Weiß- und Lohgerberei sind verschiedener Art und die Eigenschaften derselben
abweichend. Man hat daraus auf verschiedene Verbindungen in beiden Fällen
geschlossen. Meine Beobachtungen führen mich zu der Ansicht, daß der Unterschied
einzig und allein in der sehr verschiedenen Natur der Gerbsubstanzen beruhe, daß
dagegen die Aufnahme der Substanzen nach denselben Gesetzen vor sich geht.
Verschieden ist jedoch die Verwandtschaft der Haut zu den einzelnen Gerbsubstanzen
und die Kraft mit welcher dieselben von der Haut festgehalten werden.
Sowohl Alaun, wie auch Gerbsäure sind im freien Zustande im Wasser löslich. Nach
Aufnahme von der Haut gelingt es nicht, die Gerbsäure durch Behandlung mit Wasser zu
entfernen; Alaun dagegen läßt sich mit Leichtigkeit wieder auswaschen.
Diese Verschiedenheit der Kraft, womit die Gerbsubstanzen von der Haut zurückgehalten
werden, bedingt auch deren größere oder geringere Widerstandsfähigkeit und
Haltbarkeit. Die Gerbsäure bildet im lohgaren Leder einen Schutz für die Faser;
dieser Widerstand muß beim Kochen mit Wasser erst überwunden werden und die
Leimbildung geht deßhalb schwieriger vor sich. Gleichzeitig ist der Uebergang in
Leim mit einem Unlöslichwerden desselben verknüpft, da die Gerbsäure nicht
freigegeben wird, sondern gebunden bleibt. Nur überschüssiger Leim vermag diese
Verbindung zu lösen.
Das Thonerdesalz hat keine Neigung mit Leim eine unlösliche Verbindung einzugehen;
kaltes Wasser schon löst es von der Haut auf, beim Kochen geschieht die Auflösung
noch leichter und der Uebergang des Bindegewebes in Leim hat keine
Schwierigkeit.
Durch manche Manipulationen, z.B. durch Niederschlagen als Thonerdeseife mittelst
eines späteren Seifenbades, kann die Alaungerbung gewissermaßen ächter und
widerstandsfähiger gemacht werden. Dieses Verfahren ist analog manchen Processen in
der Färberei, welche zum Zweck haben, Beizen und Farbstoffe inniger auf die Faser zu
befestigen.
Ueberhaupt sind die Erscheinungen beim Gerben der thierischen Haut mit denen beim
Färben der stickstoffhaltigen animalischen Faser so übereinstimmend, daß man beide
Processe denselben Gesetzen zuschreiben muß. Nur der Zweck der Gerberei und Färberei
ist wesentlich verschieden, wie auch die physikalische und chemische Beschaffenheit
der daraus hervorgehenden Producte. Diese Beschaffenheit ist abhängig von den weit
auseinandergehenden Eigenschaften der Fasern selbst wie der zu beiden Operationen
anzuwendenden Verbindungen.
Das Verhalten der Haut gegen Gerbsubstanzen, das der
thierischen Fasern gegen Farbstoffe, endlich das Verhaltender Kohle gegen beide Körperclassen gehören in die Classe von Erscheinungen,
welche man im Allgemeinen als Flächenanziehung bezeichnet.