Titel: | Ueber das Feinen des spröden Goldes in der Münze zu London; von E. Dumas, Probirer am Bureau de la garantie zu Paris. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXXVIII., S. 536 |
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CXXVIII.
Ueber das Feinen des spröden Goldes in der Münze
zu London; von E. Dumas, Probirer am Bureau de la garantie zu Paris.
Aus dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, August 1872, S. 443.
Mit einer Abbildung.
Dumas, über das Feinen des spröden Goldes.
Es ist eine seit langer Zeit bekannte Thatsache, daß das Gold schon durch einen sehr
geringen Gehalt an gewissen anderen Metallen hart, spröde und zum Vermünzen
untauglich gemacht wird. So lange derartige unreine Barren nur selten vorkamen,
begnügte man sich, sie beim Einschmelzen in kleinen Mengen auf die Tiegel zu
vertheilen, welche die aus reinen Metallen zusammengesetzten Legirungen enthalten,
wodurch die Geschmeidigkeit des Münzgutes nicht merkbar beeinträchtigt wurde.
Diese Verunreinigungen des Goldes, deren Gegenwart sich auf den ersten Blick
unmöglich erkennen läßt und deren nachtheiliger Einfluß sich erst nach Vollendung
des Prägens bemerklich macht, waren jedoch von den Münzdirectoren stets sehr
gefürchtet. Derartiges Gold legirt sich nämlich mit Kupfer so gut wie das
gewöhnliche Gold, hält das Auswalzen und das wiederholte Ausglühen ohne
Schwierigkeit ab, und gibt so schöne und so glatte Münzplatten, als man nur wünschen
kann; aber diese letzteren erleiden beim Ausprägen eine solche Veränderung, daß die
aus der Prägmaschine hervorgegangenen Goldstücke leicht zwischen den Fingern
zerbrochen und somit nicht in Umlauf gesetzt werden können.
Da aus den australischen Bergwerken eine ziemlich bedeutende Menge von solchem Golde
nach Europa kommt, so sah man sich zu Untersuchungen über die Ursachen dieser
Veränderung und über die Mittel zur Abhülfe genöthigt.
Namentlich gelangt eine bedeutende Menge dieses Goldes nach England; dort mußte die königl. Münze im
Laufe eines einzigen Jahres von 73000 Kilogrm. Goldbarren, welche ihr die Bank von
England zum Ausprägen übersandte, 23000 Kilogrm. aus dem obigen Grunde zurückweisen.
Man hatte also in England Anlaß genug, sich mit dieser Frage gründlich zu
beschäftigen.
Bereits i. J. 1803 hatte der englische Chemiker Hatchett
nachgewiesen, daß diese unerwünschte Eigenschaft des Goldes von der Gegenwart fast
unwägbarer Mengen (0,0005) Blei, Arsen oder Antimon bedingt werde.
Seit mehreren Jahren sind zahlreiche Versuche angestellt worden, solches Gold zu
reinigen (zu „feinen“) und ihm dadurch seine volle
Geschmeidigkeit wieder zu ertheilen. Zu diesem Zwecke genügt zwar ein wiederholtes,
mit größerer Sorgfalt als das erste, ausgeführtes Feinen; aber dieses Verfahren ist
zu kostspielig, um bei großen Metallmengen angewendet werden zu können.
Es wurde ferner vorgeschlagen, das Gold beim Einschmelzen mit Quecksilberchlorid oder
Kupferoxyd zu versetzen; aber auch diese beiden Methoden waren mit bedeutenden
Uebelständen verknüpft.
Bei Anwendung von Quecksilberchlorid (Sublimat) werden zwar die beigemischten
schädlichen Metalle in flüchtige Chlorverbindungen umgewandelt, welche durch die
Hitze entfernt werden; aber der hohe Preis dieses Präparates und die
gesundheitsgefährlichen Wirkungen seiner Dämpfe haben stets von seiner Benutzung
abgehalten. Ueberdieß wurde durch das Quecksilberchlorid stets ein bedeutender
Verlust an Edelmetall herbeigeführt (0,0008 anstatt 0,00017, dem gewöhnlichen
Abgange beim Ein- oder Umschmelzen), indem ein nicht unbedeutender Antheil
des Goldes in Folge der lebhaften Reaction aus dem Tiegel geschleudert wurde; man
mußte daher auf dieses Verfahren sofort verzichten.
Durch den Zusatz von Kupferoxyd wurde die Schmelzung sehr verzögert; das Gold mußte
im geschmolzenen Zustande zwei Stunden lang mit dem Oxyde in Berührung bleiben; auch
wurden die Schmelztiegel durch dieses Reagens bald durchgefressen und der Feingehalt
der Legirung wurde durch das aus dem Oxyde reducirte Kupfer in so unregelmäßiger
Weise verändert, daß das Metall in Zain- oder Barrenformen vergossen und
nochmals umgeschmolzen werden mußte.
Spätere, von Chandler-Roberts, dem Oberwardein der
Londoner Münze, abgeführte Versuche gaben Resultate, welche sowohl in Bezug auf
rasche Ausführbarkeit als auch auf Zuverlässigkeit und geringe Kostspieligkeit des
Verfahrens sehr befriedigend ausfielen.
Diese, von F. B. Miller, Probirer der Münze zu Sidney in
Australien,
erfundene MethodeMiller's detaillirte Beschreibung seines
Verfahrens wurde im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVII S 43
mitgetheilt. hat eine große Aehnlichkeit mit Bessemer's
Verfahren zum Frischen des Roheisens, mit dem Unterschiede daß die bei letzterem in
das geschmolzene Metall gepreßte atmosphärische Luft hier durch Chlorgas ersetzt
wird.
Der zur Ausführung dieses Verfahrens erforderliche Apparat ist sehr einfach; die
nachstehende Skizze macht eine specielle Beschreibung desselben entbehrlich.
Textabbildung Bd. 205, S. 537
Der Chlorentwickelungsapparat von ungefähr 120 Litern Fassungsraum communicirt
mittelst eines aus feuerfestem Thon angefertigten Rohres mit dem das zu feinende
Gold enthaltenden Schmelztiegel; der erforderliche Druck wird durch ein 2,50 Meter
langes, mit dem Salzsäurebehälter in Verbindung stehendes Glasrohr erzielt. Ein 3
bis 5 Minuten dauerndes Durchströmen von Chlor ist zum Feinen von 35 bis 45 Kilogrm.
Gold und zur vollständigen Beseitigung der in demselben enthaltenen schädlichen
Metalle ausreichend; Chlorblei, Chlorantimon und Chlorarsen verflüchtigen sich; das
schmelzbare Chlorsilber tritt an die Oberfläche des Metallbades und bildet unter dem
das letztere bedeckenden Borax eine besondere Schicht. Dieser Apparat ist in der
Londoner Münze allmonatlich etwa drei Tage lang im Betriebe; mittelst desselben sind
bereits 75000 Kilogrm. sprödes Gold gefeint und zum Vermünzen tauglich gemacht
worden. Die durch diese Operation verursachten Ausgaben sind unbedeutend; die
Anschaffungskosten des vollständigen Apparates betragen nicht ganz 500 Francs und
die Darstellung der zur Reinigung von 5000 Kilogrm. Gold nöthigen Chlormenge kostet
nicht mehr als 4–5 Francs. Der durch dieses Verfahren verursachte geringe
Mehr Verlust an Gold ist im Vergleiche zu den Vortheilen welche dasselbe darbietet,
als ganz unbedeutend anzusehen, besonders wenn man berücksichtigt daß der größte
Theil des Goldes sich in der Asche des Ofens wiederfindet.
Wir theilen schließlich die über mehrere Operationen geführten Protokolle mit, aus
denen ersichtlich ist, wie sehr dieses Verfahren in jeder Hinsicht allen
Anforderungen entspricht.
GoldbarreA.
Eine spröde, als zum Vermünzen untauglich zurückgewiesene Goldbarre, von orangerother
Farbe, welche unter dem Hammer leicht zerbrach und auf dem Bruche krystallinische
Textur zeigte, im Gewicht von 241,2 Unzen oder 7,57 Kilogrm., welche nach der Probe
221,059 Unzen oder 6,85 Kilogrm. Feingold enthielt, wurde in einem Tiegel aus
feuerfestem Thon eingeschmolzen und drei Minuten lang mit einem Chlorstrom
behandelt. Die Barre wog nach der Operation 0,00527 Kilogrm. weniger, als vor
derselben; dieser Gewichtsverlust repräsentirt die abgeschiedenen schädlichen
Metalle, das in Chlorid umgewandelte und verflüchtigte Kupfer und die geringe Menge
des mit den verflüchtigten Metallen mechanisch fortgeführten Goldes. Diese Quantität
Gold mußte ganz unbedeutend gewesen seyn; denn nachdem die Barre mit einer dem
Verluste entsprechenden Gewichtsmenge Kupfer umgeschmolzen worden war, ergab sich bei der Probe
der Feingehalt etwas höher; es hatte also in Wirklichkeit kein Goldverlust
stattgefunden.
GoldbarreB.
Eine andere, ihrer Sprödigkeit wegen von der Münze zurückgewiesene Goldbarre von
632,4 Unzen oder 19,506 Kilogrm. Gewicht und gesetzlichem Feingehalte (916,6) wurde
zur Erleichterung der Arbeit in zwei Stücke zerschroten, eingeschmolzen und drei
Minuten lang dem Chlorstrom unterzogen. Der Gesammtverlust belief sich auf 0,7 Unzen
= 0,021 Kilogrm.; als die Barre, den Ergebnissen der Probe entsprechend, mit 0,72
Unzen oder 0,0213 Kilogrm. Kupfer legirt wurde, erhielt man eine sehr streckbare
Barre. Der Gesammtverlust an Gold hatte 0,03 Unzen = 0,009 Kilogrm. betragen.
Zur Bestätigung dieser Resultate wurden Proben mit besonders zu diesem Zwecke
zusammengesetzten Legirungen, mit großem Gehalte an Antimon und Arsen (0,05 von
jedem der beiden Metalle), gemacht. Nach 3 1/2 bis 4 Minuten dauernder Behandlung
mit Chlorgas war dieses Gold vollkommen geschmeidig geworden.
Endlich wurde eine Legirung in folgenden Verhältnissen dargestellt:
Gold
–
Kupfer
–
Antimon
0,3
Blei
0,2
Zink
0,2
Eisen
0,2
Zinn
0,2
Arsen
0,3
Wismuth
0,1
–––––––––
1,5 Procent.
Diese Legirung ließ sich durchaus nicht bearbeiten, zeigte keine Goldfarbe mehr,
konnte zwischen den Fingern zerbrochen werden und sah aus wie Cassonadezucker. Nach
dem Einschmelzen in einem Tiegel aus feuerfestem Thon und einer 8 Minuten dauernden
Behandlung mit Chlorgas zu einer Barre vergossen, erwies sich dieselbe noch etwas
spröde; als sie aber nochmals eingeschmolzen und dann 10 Minuten lang (was zu lange
war, denn 3 Minuten wären hinlänglich gewesen) mit Chlorgas behandelt wurde, erhielt
man ein vollkommen geschmeidiges Metall, welches zum Vermünzen von ausgezeichneter
Qualität war.
Der Verlust betrug bei dieser Barre 8,10 Unzen oder 0,243 Kilogrm. Da ihr Gehalt an
schädlichen Metallen ursprünglich = 4,51 Unzen oder 0,136 Kilogrm. gewesen war, so hatte sie also
nur 3,39 Unzen oder 0,099 Kilogrm. Kupfer nebst einigen Spuren von Gold
verloren.
Mit einer dem Gesammtverluste gleichen Gewichtsmenge Kupfer umgeschmolzen, gab das
Metall eine Barre, bei deren Probiren sich der Gesammtverlust an Gold zu 3
Pennyweights = 0,0045 Kilogrm. herausstellte.
Berücksichtigt man die ganz eigenthümliche Natur dieses Metallgemisches und die kurze
Zeit, in welcher das Feinen desselben ausgeführt wurde, so muß man mit dem Resultate
ganz zufrieden seyn.