Titel: | Ueber eine rasch ausführbare Bestimmung der Phosphorsäure, der Magnesia und des Kalkes; von G. Ville. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXXXI., S. 547 |
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CXXXI.
Ueber eine rasch ausführbare Bestimmung der
Phosphorsäure, der Magnesia und des Kalkes; von G. Ville.
Aus den Comptes rendus,
t. LXXV p. 344; August 1872.
Ville, über rasche Bestimmung der Phosphorsäure, der Magnesia und
des Kalkes.
Während die Großindustrie im Laufe der letzten fünfzig Jahre die meisten ihrer
Arbeitsmethoden umgewandelt und dadurch rascher zum Ziele führend und gleichzeitig
ökonomischer gemacht hat, haben die Chemiker die Apparate und Instrumente, welche
ihnen von der großen französischen Schule des vorigen Jahrhunderts überkommen sind,
im Ganzen nur wenig abgeändert. Recapituliren wir in Gedanken die Operationen, in
welche sich die Laboratoriumsarbeiten schließlich auflösen, so finden wir, daß sich
dieselben auf sieben bis acht zurückführen lassen; nämlich auf das Wägen, das
Zertheilen und Pulverisiren, das Erwärmen, das Glühen (Schmelzen), das Auflösen,
Fällen und Filtriren. Der Gedanke, diese verschiedenen Operationen vermittelst
geeigneter Apparate einfacher zu gestalten, besonders aber rascher ausführbar zu
machen, war für mich stets eine Lieblingsidee.
Zunächst will ich mich hier mit den Mitteln zur raschen Trennung eines Niederschlages
von der Flüssigkeit, worin er sich gebildet hat, befassen.
Mit Hülfe der im Nachstehenden beschriebenen Apparate, welche ich den Chemikern zur
Annahme empfehle, läßt sich eine ziemlich große Anzahl von Körpern – z.B.
Kalk, Magnesia, Phosphorsäure, wahrscheinlich auch Kali – quantitativ mit der
äußersten Schärfe bestimmen und mit einer Schnelligkeit wie man sie mit den älteren Methoden
nicht zu erreichen im Stande ist.
In der gegenwärtigen Mittheilung werde ich die Bestimmung der Phosphorsäure behandeln.Die erste Beschreibung dieser Methode, wie der Apparate und Reactionen, gab
ich in der Specification des mir am 29. August 1871 unter Nr. 84300 für
Frankreich ertheilten Patentes. Die hier mitgetheilte Beschreibung ist
dieser Patentspecification wörtlich entnommen.
Diese Bestimmung gehörte, bei gleichzeitigem Vorhandenseyn von Eisen und besonders
von Thonerde, lange zu den schwierigsten und mühsamsten Operationen der
Mineralanalyse. Seitdem jedoch durch Warington,
namentlich aber durch Brassier auf die Eigenschaft des
citronsauren Ammoniaks aufmerksam gemacht worden, das Eisenoxyd und die Thonerde
sehr leicht aufzulösen, war der Chemiker im Stande, die Phosphorsäure als
phosphorsaure Ammoniak-Magnesia zu isoliren. Zu diesem Behufe versetzt man
die durch Behandlung des zu untersuchenden Phosphates mit verdünnter Salzsäure
erhaltene Flüssigkeit zunächst mit Citronsäure, dann mit überschüssigem Ammoniak,
und zuletzt mit Chlormagnesium. In den französischen Laboratorien fand diese Methode
erst dann Eingang, nachdem Boussingault gezeigt hatte,
daß durch die Gegenwart von Kalk die Richtigkeit der Resultate nicht beeinträchtigt
wird. Dieses sehr genaue Verfahren hat den Uebelstand, ziemlich langwierig zu seyn;
die Filtrate beanspruchen viel Zeit.
Leconte empfahl eine Bestimmung der Phosphorsäure auf
volumetrischem Wege, mittelst Uransalzen. Die Genauigkeit dieses Verfahrens läßt
Nichts zu wünschen übrig. Dasselbe ist jedoch bei Gegenwart von Eisen und Thonerde
nicht anwendbar.
Als ich im vorigen Jahre eine große Anzahl Analysen von Phosphaten auszuführen hatte,
versuchte ich diese beiden Methoden mit einander zu verschmelzen, da jede derselben
ihre Vorzüge hat, nämlich das Verfahren von Warington und
Brassier die sichere Abscheidung des Eisens und der
Thonerde, während demjenigen von Leconte die
Zuverlässigkeit der quantitativen Bestimmungen und die Entbehrlichkeit der Wägungen
eigenthümlich ist. Die von mir erfundenen Apparate zum raschen Decantiren tragen zur
schnellen Ausführbarkeit dieser combinirten Methode viel bei.
Ich behandle 2 Gramme des zu untersuchenden Phosphates bei gewöhnlicher Temperatur
mit 50 Kub. Cent. verdünnter Salzsäure oder Salpetersäure, filtrire die erhaltene
Lösung und versetze dieselbe zunächst mit Citronsäure, hernach mit überschüssigem
Ammoniak, und schlage dann aus der ammoniakalischen Flüssigkeit die Phosphorsäure mit
einer Lösung von Chlormagnesium nieder.
Die Phosphorsäure fällt als phosphorsaure Ammoniak-Magnesia nieder. Ich trenne
den Niederschlag von der überstehenden Flüssigkeit mit Hülfe des Aspirationsfilters,
wasche denselben unter Anwendung des Aspirirens mit ammoniakhaltigem Wasser aus,
bringe ihn dann mittelst einiger Tropfen Salpetersäure in Lösung und bestimme
schließlich die Phosphorsäure auf volumetrischem Wege mit essigsaurem Uranoxyd nach
dem von mir modificirten Verfahren von Leconte.
Durch die Anwendung meiner neuen Apparate wird eine vollständige Verschmelzung der
beiden Methoden ermöglicht und dadurch das Verfahren so rasch ausführbar, daß man in
weniger als zwei Stunden mindestens zehn Bestimmungen ausführen kann.
Bei der Untersuchung der im Handel vorkommenden Superphosphate hat man sowohl die
Menge der in löslichem, als auch der in unlöslichem Zustande vorhandenen
Phosphorsäure zu bestimmen. Man muß deßhalb gleichzeitig zwei Proben der zu
prüfenden Substanz in Angriff nehmen und die eine derselben mit destillirtem Wasser,
die andere mit verdünnter Salpetersäure behandeln. Das weitere Verfahren bleibt
dasselbe; man behandelt also jede der beiden Lösungen für sich nach der vorhin
angegebenen Methode für die natürlichen Phosphate.
Ich habe jetzt die Apparate zu besprechen, welche eine so rasche Ausführbarkeit der
Operationen gestatten.
Fig. 1., Bd. 205, S. 548
Fig. 2., Bd. 205, S. 549
Mittelst einer kleinen Handluftpumpe stellt man im Kolben D,
Fig. 1, ein Vacuum von einigen Centimetern
Quecksilbersäule her. Die Basis des (nebst seiner Röhre aus Platin oder Glas
bestehenden) Conus A ist mit einer oder zwei Scheiben
Filtrirpapier belegt, welches durch einen über seine Wände geschobenen Ring
festgehalten wird (Fig. 2); dieser Theil des
Apparates bildet daher ein Filter, welches unter Druck functionirt. Eine analoge
Anordnung benutzte schon früher Peligot zur Trennung des
dreibasisch-zuckersauren Kalkes von der Mutterlauge, und neuerlich wendet Berjot das Vacuum zur raschen Bestimmung des Oelgehaltes
der Samen mittelst Schwefelkohlenstoff an.
Von diesem Apparate habe ich zwei Modelle construirt; der eine derselben besteht aus
Platin, der andere aus Glas (Fig. 3). Das Zerbrechen
des letzteren wird durch den Arm M verhindert, welcher
das Aspirationsrohr genügend fest hält.
Fig. 3., Bd. 205, S. 549
Die Leichtigkeit, womit man nach dieser Methode binnen kurzer Zeit eine große Anzahl
von Bestimmungen machen kann, veranlaßte mich zu einer näheren Untersuchung aller
Bedingungen, welche auf die Fällung der phosphorsauren Ammoniak-Magnesia von
Einfluß seyn können.
Ich fand dabei ein Mittel, diese Fällung fast augenblicklich hervorzubringen. Dieß
wird durch Anwendung einer mäßigen Quantität von Phosphat und eines Ueberschusses
von Chlormagnesium bewirkt. Setzt man zu der Phosphatlösung nur wenig
Chlormagnesium, so geht die Fällung langsam vor sich, durch stärkeren Zusatz wird
sie beschleunigt; bei Anwendung von überschüssigem Chlormagnesium erfolgt die
Bildung des Niederschlages sofort, und nach Verlauf einer Viertelstunde kann man zur
quantitativen Bestimmung der Phosphorsäure schreiten; nur erfordert das Filtriren
etwas mehr Zeit. Nach einer Stunde ist die ganze Analyse vollendet.
Wie bereits Boussingault bemerkt hat, hält ein Ueberschuß
von citronsaurem Ammoniak sehr bestimmbare Mengen von phosphorsaurer
Ammoniak-Magnesia in Lösung zurück; der dadurch verursachte Verlust ist
jedoch ziemlich gering.
Bei Anwendung von 0,050 Grm. Phosphorsäure waren nach achtzehnstündigem Stehenlassen
nicht weniger als 6,852 Grm. Citronsäure erforderlich, um in der Flüssigkeit 0,002
Grm. Phosphorsäure zurückzuhalten. Wenn die Menge der angewendeten Citronsäure nicht
mehr als das Achtzig- bis Hundertfache der Phosphorsäure beträgt, so findet
kein Verlust statt, wie sich aus den nachstehenden Beispielen ergibt, bei denen das
Verhältniß der Magnesia zu 0,060 Grm. festgestellt war.
Textabbildung Bd. 205, S. 550
Menge der Phosphorsäure, welche
wiedergefunden wurde in Gegenwart von; Citronsäure; Menge der angewendeten
Phosphorsäure
Dagegen werden die Resultate durch die Gegenwart von Kalk vollständig verändert.
Citronsaurer Kalk vermag nämlich fast dreimal so viel phosphorsaure
Ammoniak-Magnesia in Lösung überzuführen, als citronsaures Ammoniak; das
Vorhandenseyn von 0,059 Grm. Kalk war hinreichend, um den 0,002 Grm. betragenden
Verlust an Phosphorsäure auf 0,006 Grm. zu erhöhen. Ich habe aber gefunden, daß ein
Ueberschuß von
Chlormagnesium, durch welchen man die Fällung der phosphorsauren
Ammoniak-Magnesia in so beträchtlichem Grade beschleunigen kann, das
Auflösungsvermögen des citronsauren Kalkes und des citronsauren Ammoniaks für
Phosphorsäure vollständig neutralisirt, so daß die Resultate wieder genau und
übereinstimmend ausfallen.
Nun studirte ich die Fällung der Phosphorsäure in Gegenwart von Eisenoxyd und
Thonerde, zunächst für sich allein, dann bei gleichzeitigem Vorhandenseyn von Kalk.
Dabei kam ich zu dem Schlusse, daß wenn die Menge der Citronsäure, des
Chlormagnesiums und des Ammoniaks, sowie das Gesammtvolum der Flüssigkeit gewisse
Grenzen nicht überschreitet, die Zuverlässigkeit der erhaltenen Resultate durchaus
nicht beeinträchtigt wird.
Die Richtigkeit dieser Behauptung ergibt sich aus den nachstehenden Beispielen, bei
denen ich die Verhältnisse zum Extrem steigerte. Ich versetzte nämlich 0,050 Grm.
Phosphorsäure mit 0,112 Grm. Kalk, 0,088 Grm. Thonerde und 0,120 Grm. Eisenoxyd, so
daß also die Gewichtsmenge der Basen das Sechsfache von derjenigen der Phosphorsäure
betrug.
Textabbildung Bd. 205, S. 551
An Phosphorsäure wurde
wiedergefunden; nach achtzehnstündigem; nach einhalbstündigem; nach
einviertelstündigem Stehenlassen; Menge der angewendeten Phosphorsäure
Mag man demnach natürliche Phosphate oder aus dem Handel bezogene Superphosphate zu
untersuchen haben, mag die Substanz Schwefelsäure enthalten oder nicht, mag daß
Verhältniß der Thonerde, des Eisenoxydes und des Kalkes stark oder schwach seyn, so
wird man stets mittelst dieses Verfahrens genaue und übereinstimmende Resultate
erhalten.