Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. , S. 71 |
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Miscellen.
Miscellen.
Amerikanische Wagenräder aus Papierstoff.
Bei diesen, neuerdings in Amerika in Gebrauch gekommenen Wagenrädern ist der Reifen
aus Stahl, und wird zum Aufziehen auf der Innenseite etwas conisch gedreht, so daß
der innere Durchmesser an der Flantsche 1/3 Zoll kleiner ist als der andere. Den
Körper des Rades bildet ein Papierblock, gebildet aus Strohpappe, welche in Scheiben
von 30 Zoll Durchmesser geschnitten wird, die dann mit gewöhnlichem Leim
zusammengeleimt und unter einem hydraulischen Drucke von 300 Tonnen zu einem Ganzen
vereinigt werden. Nachdem der so erhaltene Block nahezu zwei Wochen lang in einem
Trockenhause getrocknet worden ist, wird er auf einer gewöhnlichen Drehbank
abgedreht und zugerichtet. Der dabei verwendete Drehstahl gleicht einem für Eisen
benutzten, aber die Umlaufsgeschwindigkeit ist etwa dieselbe wie beim Abdrehen von
Messing. Der so abgedrehte Block ist natürlich etwas größer als die Bohrung des
Reifens, in welchen er passen soll, damit man sicher ist, daß er vollkommen fest
darin sitzt. Darauf wird ein hydraulischer Druck von etwa 400 Tonnen angewendet, um
den Block in seinen Platz hinein zu zwängen; dabei wird noch der Reifen nahezu bis
zur Temperatur des kochenden Wassers erwärmt, damit man nach dem Abkühlen sicher auf
einen vollkommenen Schluß rechnen kann. (Engineering,
Mai 1872, S. 320; polytechnisches Centralblatt, 1872 S. 748.)
Saladin's mikrometrische
Zeigerwaagen.
Dieselben sind zunächst zur Ermittelung der Nummer von Gespinnsten bestimmt, eignen
sich aber vermöge ihrer äußerst feinen Ausführung und großen Empfindlichkeit zur
Bestimmung sehr kleiner Gewichtsmengen. Beim Abnehmen der Proben zur Ermittelung der
Garnnummer pflegt man gewöhnlich eine dem Numerotirungssystem entsprechende größere
Länge Garn abzumessen und auf eine Zeigerwaage zu bringen, welche unmittelbar die
Garnnummer anzeigt. Es entsteht aber hierbei ein gewisser Verlust, da diese
Probezahlen meist in den Abfall wandern oder doch nicht so gut zu verwerthen sind,
und Saladin hatte es sich daher zur Aufgabe gestellt,
eine sehr empfindliche Zeigerwaage herzustellen, vermöge welcher sich schon für eine
sehr geringe Fadenlänge das genaue Gewicht und auch die entsprechende Garnnummer
feststellen läßt. Wenn es auch bezweifelt werden muß, daß eine solche Waage für
Spinnereien von besonderem praktischen Werthe sey, da aus einem kurzen Fadenstück
wegen etwa möglicher
Fehler (Andreher, Spitzen etc.) nicht mit Sicherheit die Durchschnittsnummer einer
größeren Quantität zu ermitteln ist, so können solche Instrumente doch nach anderer
Seite hin sehr willkommene Dienste leisten. Handelt es sich z.B. darum, aus einer
kleineren Probe eines gewebten Stoffes zu ermitteln, welche Garnnummern hierzu
verwendet wurden, so genügt es, eine gewisse Maaßeinheit des Stoffes abzuschneiden,
eine Anzahl Ketten- oder Schußfäden einzeln heraus zu ziehen und diese, da
deren Länge sich leicht genügend genau (auch unter der Berücksichtigung ihrer
Verkürzung durch das Einweben) ermitteln läßt, auf die mikrometrische Waage zu
bringen, um sofort die gesuchte Garnnummer aufzufinden. Andererseits sind diese
Waagen dazu zu benutzen, das Gewicht eines ganzen Stückes Waare und dessen
Materialkostenpreis festzustellen, da es hier genügen wird, ein kleines
quadratisches Stück einer Probe auszuschneiden, dessen Gewicht auf der Waage
abzulesen, und durch einfache Rechnung das Gewicht eines ganzen Stückes Stoff daraus
zu bestimmen. (Bulletin de la Société
industrielle de Mulhouse; deutsche Industriezeitung, 1872, Nr. 20)
Hentschel's Wassermischhahn.
Indem in den Wannenbadeanstalten sich gewöhnlich oberhalb der Wanne zwei Hähne
befinden, von denen der eine den Zufluß des warmen, der andere den des kalten
Wassers vermittelt, ist der Badende genöthigt, erst vielfach mit beiden Hähnen zu
experimentiren und dabei, ohne einen Genuß davon zu haben, eine ziemliche Menge
Wasser zu verschwenden, ehe sein Badewasser gerade den Wärmegrad erhält, welchen er
wünscht und der ihm angenehm ist. Diesem Uebelstande sucht Hr. Hentschel, ein Wiener Industrieller, dadurch abzuhelfen, daß er beide
Zuleitungsrohre in einem einzigen Wasserhahne vereinigt, in welchem das warme und
kalte Wasser sich so mischt, daß das zur Wanne fließende sofort den erwünschten
Wärmegrad hat und das Dampfen dabei ganz beseitigt ist. Nebenbei ergibt die
Anbringung eines solchen Hahnes auch eine Ersparniß an Herstellungskosten.
Das wesentlich Neue an Hentschel's Wasserhahn ist die
Bohrung des Schlüssels, dessen Oeffnungen mit den Zuleitungsrohren der Art
correspondiren, daß das eine Rohr immer völlig geöffnet ist, wenn das andere
vollständig geschlossen wird, und je mehr man nun das letztere öffnet, schließt man
zugleich das erstere. Zu dieser Regulirung dient die außen angebrachte Scala und die
Bezeichnungen „Warm“ oder „Kalt.“ Bei
mittlerem Schlüsselstande („Lau“) fließen aus dem Hahne gleiche
Mengen heißen und kalten Wassers, während er in der entgegengesetzten Stellung jeden
Zufluß absperrt.
Zweckmäßigkeit und Billigkeit empfehlen also die Einführung des Wasserhahnes in
Badeanstalten Derselbe wiegt ca. 5 bis 6 Pfd., kostet
loco Wien ohne Thermometer 18 Gulden ö. W., mit
Thermometer 20 Gulden ö. W. und ist durch die Redaction der Wiener
Weltausstellungs-Zeitung (Wien, Stadt, Postgasse 1) zu beziehen. (Dresdner
Gewerbevereins-Zeitung, März 1872, S. 107.)
Neues Verfahren zum Oeffnen der Cylinder bei der
Tafelglasfabrication; von Boëtius.
Ein Gehülfe hat die besondere Aufgabe, genau an der Spitze oder am Mittelpunkte des
halbkugeligen Endes des Cylinders (der Walze) ein haselnußgroßes Stück heißen Glases
anzuheften. Er übt dabei einen schwachen Druck gegen den Mittelpunkt aus, während
gleichzeitig der Bläser, nachdem er seine Pfeife auf einen zu diesem Zwecke
bestimmten Haken aufgelegt hat, dem Cylinder eine rasche Drehbewegung ertheilt. In
Folge davon wird die Haube in ihrer Mitte dünner im Glase, indem zugleich die
Widerstandsfähigkeit des Cylinders an dieser Stelle durch den angehefteten Glasknopf
vermindert wurde, da derselbe an der gedachten Stelle der Haube das Glas flüssiger
machte. Der Bläser hält hierauf seinen Cylinder wieder in den Oefen und bläst von
Neuem Luft in denselben, worauf die Haube sofort zerplatzt.
Die durch dieses Verfahren gewonnene Zeitersparniß ist so bedeutend, daß die
Arbeitszeit der Bläser für dasselbe Productionsquantum um ungefähr den vierten Theil
vermindert wird. Daraus ergibt sich nicht nur eine stärkere Production, sondern auch
ein beträchtlich größerer Ausfall an Tafelglas von besserer Qualität; überdieß ist
durch den Umstand, daß das Arbeitsloch von demselben Bläser kürzere Zeit in Anspruch
genommen wird, die Möglichkeit gegeben, die Arbeit so zu organisiren, daß an
derselben Arbeitsöffnung zwei Bläser beschäftigt werden können. (Revue hebdomadaire de Chimie.)
Ueber das Vorkommen von Selen in der Schwefelsäure aus
französischen Fabriken; von J. Personne, Lamy und A. Scheurer-Kestner.
Personne hat in der Schwefelsäure aus einer Fabrik des
Seine-Departements Selen gefunden. Diese Schwefelsäure hat das specifische
Gewicht 1,820 und unterscheidet sich durch Nichts von der gewöhnlichen Säure. Sie
ist gleichwohl nicht zu allen Zwecken geeignet. Bei der Destillation behufs der
Gewinnung reiner Säure liefert sie ein Product, welches auf Zusatz von
Eisenvitriol-Krystallen roth wird, was zu der Meinung Veranlassung gegeben
hat, daß es unmöglich sey, diese Säure von salpetriger Säure zu befreien. Der
Eisenvitriol färbt sich jedoch nicht violettroth, wie es der Fall ist, wenn
salpetrige Verbindungen vorhanden sind, sondern er wird vielmehr ganz weiß, sinkt zu
Boden und ist dann mit einer ziegelrothen Flüssigkeit bedeckt. Die mittelst der
selenhaltigen Schwefelsäure aus Kochsalz dargestellte Salzsäure färbt sich nach und
nach orangegelb und darauf dunkelroth, und setzt endlich ein rothes Pulver ab. In
diesem Absatze erkannte Personne das Selen.
Das Selen ist leicht aus dieser Schwefelsäure abzuscheiden. Man verdünnt dieselbe zu
diesem Zwecke mit ungefähr dem vierfachen Volumen Wasser und fügt der Flüssigkeit,
nachdem sie erkaltet und behufs der Absonderung des schwefelsauren Bleioxydes
filtrirt ist, eine Lösung von schwefliger Säure hinzu. Dabei entsteht sogleich eine
orangegelbe Farbe, welche immer dunkler und dann roth wird, worauf rothe Flocken von
Selen sich absetzen. Man schüttelt die Mischung darauf mit reinem
Schwefelkohlenstoff, welcher das Selen auflöst, und läßt denselben nachher
verdunsten, wobei das Selen zurückbleibt. Auf diese Weise erhielt Personne aus 3 Liter Schwefelsäure 0,20 Grm. Selen.
Was den Ursprung dieses Selens anbetrifft, so stammt dasselbe wahrscheinlich aus den
französischen kupferhaltigen Kiesen, welche in der oben erwähnten Fabrik zur
Erzeugung der Schwefelsäure verwendet werden, her. Personne gedenkt dieß noch weiter zu erörtern und auch den Schlamm aus den
Bleikammern dieser Fabrik auf Selen zu untersuchen. Eine aus Kiesen belgischen
Ursprunges fabricirte Schwefelsäure fand er ganz frei von Selen.
Lamy bemerkt zu der vorstehenden Mittheilung, daß man
schon vor zehn Jahren in Schwefelsäure französischen Ursprunges Selen gefunden habe.
Das Selen stamme, eben so wie Arsenik, Thallium und andere Elemente, welche in der
Schwefelsäure vorkommen, aus dem zur Fabrication derselben verwendeten Schwefelkies
her. Gewisse Kiese, wie die von Theux und Oneux in Belgien, enthalten
verhältnißmäßig sehr große Mengen von Selen und besonders von Thallium, während
andere, wie die nicht kupferhaltigen Kiese von Saint-Bel bei Lyon, nur kaum
nachweisbare Spuren davon enthalten. Wenn man die erste Kammer von den übrigen
Kammern in der Art absondere, daß die Circulation der entstandenen Schwefelsäure
sich nicht auf dieselbe erstrecke, so sammle der größte Theil der erwähnten Elemente
sich in dem Absatz dieser Kammer an, und die producirte Säure enthalte dann nur
äußerst wenig davon. Dieß Alles habe Kuhlmann bereits in
den Comptes rendus vom 26. Januar 1863 angegeben.
Scheurer-Kestner weist darauf hin, daß er im Jahre
1868 die Gegenwart von Selen in der aus den Kiesen von Saint-Bel fabricirten
Schwefelsäure angegeben habe (Bulletin de la
Société chimique de Paris, 1868, 1. sem., p. 43). Im Jahre 1870 habe er auch
nachgewiesen, daß die aus Glaubersalz, welches mittelst selenhaltiger Schwefelsäure
dargestellt wurde, fabricirte Rohsoda Selen enthalte. (Bulletin de la Société chimique, August 1870, S. 121). Der
Schlamm der Bleikammern sey, wenn Kiese von Chessy und Saint-Bel verwendet würden, sehr häufig
blaßroth, und es sey dann leicht, das Selen daraus abzuscheiden; es sey aber dazu
nöthig, daß die in den Kammern stehende Säure schweflige Säure enthalte, also von
oxydirend wirkenden Stickstoffverbindungen frei sey. Das Selen verschwinde, wenn man
die Schwefelsäure in Platingefäßen concentrire, um sie auf 66° Baumé
zu bringen; aber die Säure von 52°, wie man sie aus den Kammern abziehe, sey
sehr häufig roth gefärbt. (Comptes rendus, t. LXXIV p. 1499, 1285, 1286.)
Ueber die Fabrication der rauchenden Schwefelsäure in Böhmen;
von E. V. Jahn in Pardubitz.
Mehrere Schriftsteller im Fache der chemischen Fabrikindustrie betrachten den bei der
Fabrication der rauchenden Schwefelsäure abfallenden Vitriolstein als entwässerten
Eisenvitriol und folgern daraus, daß das Verfahren der böhmischen Mineralwerke kein
rationelles sey, da die Hälfte der im Eisenvitriol enthaltenen Schwefelsäure
zersetzt werde und verloren gehe. Diese Bemerkung wäre vollkommen richtig, wenn der
Vitriolstein wirklich die angegebene Zusammensetzung hätte. Derselbe ist aber, im
Großen genommen, jedenfalls als wasserfreies schwefelsaures Eisenoxyd (Ferrisulfat)
zu betrachten, da das schwefelsaure Eisenoxydul beim Abdampfen der Lösung und beim
Calciniren des Rückstandes Gelegenheit genug hatte, sich höher zu oxydiren. Daher
besitzt die Lösung des calcinirten Vitriolsteines auch eine rothgelbe Farbe und eine
stark saure Reaction. Je nachdem jedoch die Manipulation mehr oder weniger
vollkommen war, sind in dem Vitriolsteine immer noch Antheile von schwefelsaurem
Eisenoxydul enthalten, welche die Ursache sind, daß zu Anfang der Destillation
schweflige Säure auftritt. Die Manipulation muß also dahin gerichtet seyn, daß der
geröstete Vitriolstein möglichst wenig Eisenoxydul enthalte. Durch diesen
Sachverhalt erklärt sich auch die in der Praxis vorkommende Ausbeute an rauchender
Schwefelsäure, welche sehr variabel ist, immer aber größer, als sie bei wasserfreiem
Ferrosulfate seyn könnte. Dieselbe beträgt nämlich 34 bis 50 Proc. In den v. Starcú'schen Mineralwerken in
Davidsthal
liefern
5788 Ctr.
Vitriolstein
3163 Ctr.
Vitriolöl
Bikov
„
1428 „
„
5615 „
„
Kasnau
„
1543 „
„
768 „
„
Bras
„
41700 „
„
20860 „
„
Branovic
„
9270 „
„
3850 „
„
Schon diese Zahlen beweisen entscheidend, daß der verarbeitete Vitriolstein zumeist
Ferrisulfat war und nur in Folge von Manipulationsfehlern noch mehr oder weniger
Ferrosulfat enthielt. In der Industrie-Statistik der österreichischen
Monarchie für das Jahr 1858 finden sich zahlreiche Daten über die v. Starcú'schen Mineralwerke; immer jedoch wird der
Vitriolstein als wasserfreies schwefelsaures Eisenoxyd bezeichnet. Die höhere
Ausbeute an Schwefelsäure ist auch nicht durch das Beschicken der Vorlage mit
englischer Schwefelsäure zu erklären, da dieses nur in einzelnen Werken und in
beschränktem Maaße stattfindet. Nach den hier mitgetheilten Daten wird aber das
Ferrosulfat beim Abdampfen der Lösung und dem nachherigen Calciniren des rohen
Vitriolsteines nicht bloß entwässert, sondern auch in Ferrisulfat verwandelt,
welches bei der Destillation dann in seine Bestandtheile zerfällt. Jeder Rückhalt an
Ferrosulfat zieht Verluste nach sich. In einigen Mineralwerken (z.B. in Littmitz)
wird daher aus der Lösung zuerst Eisenvitriol in Krystallen gewonnen, und die
Mutterlauge auf Vitriolstein, welcher dann oxydreicher ist, verarbeitet. (Wagner's Jahresbericht über die Leistungen der chemischen
Technologie für 1871, S. 227.)
Abscheidung von Schwefel aus Schwefelwasserstoff, nach W. Weldon.
Man läßt den Schwefelwasserstoff auf in Wasser suspendirtes Eisen- und
Manganoxyd einwirken und führt in das erhaltene Product Luft ein. Es entsteht nun
eine Mischung von Oxyd und freiem Schwefel. Die Mischung wird abermals mit
Schwefelwasserstoff, nachher mit Luft behandelt, und diese abwechselnde Behandlung so lange
fortgesetzt, bis man eine an Schwefel reiche Mischung hat, aus welcher der Schwefel
dann abgesondert werden kann. Die Quelle des Schwefelwasserstoffes sind die
Rückstände der Potasche- oder Sodafabrication, oder Schwefelkalium oder
Schwefelnatrium; diese werden durch Kohlensäure zersetzt, wodurch Potasche oder Soda
und andererseits Schwefelwasserstoff entsteht. (Englisches Patent vom 31 Juli 1871.
– Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1873, Nr. 6.)
Ueber die Gewinnung des Chilesalpeters und die Jodgewinnung in
Tarapaca; von Prof. Dr. Rudolph Wagner.
Durch die Güte des Hrn. Dr. G. Langbein (Oficina San Pedro, Canton Cocina, Peru) gingen mir folgende
Notizen über die Salpeter- und Jodgewinnung an der Westküste von Südamerika
zu: „Als die Hauptlager des sogen. Chilesalpeters galten seit dem Beginn
dieser Industrie in den peruanischen Salpeterdistricten die in den Cantonen
„La Noria“, „Jungay“,
„Cocina“ und „Argentina“
befindlichen Terrains, welche ihren Ruf der Güte und Mächtigkeit des Caliche
(des salpeterhaltigen Minerales) verdanken. In Folge dessen finden sich auf
weniger denn einer Quadratmeile Bodenfläche folgende Etablissements, die sich
zur Raffination des Salpeters sämmtlich der Versiedung durch Dampf, theils in
offenen Kochkesseln, theils in geschlossenen Apparaten unter Dampfdruck
bedienen, ihrer täglichen Production nach geordnet:
Oficina „La Argentina“
1200
Ctr.
Salpeter
per
Tag
„ „La
Noria“
900
„
„
„
„
„ „San
Pedro“
800
„
„
„
„
„Máquina italiana“
800
„
„
„
„
Oficina „San Antonio“
450
„
„
„
„
„ „La
Peruana“
400
„
„
„
„
„
„San Carlos“
400
„
„
„
„
„ „Sacraments“
400
„
„
„
„
„ „Granadinos“
300
„
„
„
„
„ „Santa
Isabel“
300
„
„
„
„
„ „La
China“
200
„
„
„
„
Außer diesen sind noch ca. 12 kleine Officinen in
Betrieb, in denen die Gewinnung des Salpeters durch Versieden des Rohmateriales
über freiem Feuer bewerkstelligt wird. Zur Lage dieses Complexes füge ich hinzu,
daß die Distanz der, dem Hafen Iquique am nächsten gelegenen Oficina
„La Noria“ 30 engl. Meilen (ca. 11 spanische Leguas), die Höhe des fast im Herzen dieses Complexes
belegenen Etablissements „San Pedro“ 3054,1 engl. Fuß =
931,12 Met. über dem Meeresspiegel beträgt. Sechs Leguas weiter nördlich der
Noria treffen wir die unter dem Namen „Las Oficinas de la
Pena“ bekannten Salpetersiedereien, in deren Terrenos sich zwar
das Mineral in ziemlich großer Menge, jedoch weniger rein, als in „La
Noria“ vorfindet und auf 24 Leguas nördlicher Entfernung von
letztgenannten Platze einen anderen Officinen-Complex „Las
Oficinas del Norte“, wo sich der Caliche mit wenigen Ausnahmen
durch besondere Güte auszeichnet, aber sich nur spärlich vorfindet. In Ihrem
Jahresberichte der chemischen Technologie (pro 1869)
wird die bei „La Noria“ vorkommende Salpetermasse auf 1300
Mill. Ctr. geschätzt. Ueber die Richtigkeit dieser Angabe muß ich mir einige
gelinde Zweifel erlauben, da es in diesen wasserlosen Pampas, von denen die eine
der anderen fast gänzlich gleicht, ganz unmöglich ist, eine nur annähernd
richtige Berechnung oder Taxation des im Schooße der Erde verborgenen Materiales
aufzustellen, einmal, wegen der Ungleichartigkeit des Terrenos (hier –
ein Stück Land mit einer 12 Fuß dicken Schicht des salpeterhaltigen Minerales
und dort – auf wenige Schritte Entfernung vom ersten, gänzliches Aufhören
desselben), andererseits wegen der Schwierigkeit, das ausgearbeitete Terrain zu
übersehen und zu berechnen. – Ich wende mich jetzt zu den ca. 4 Leguas weiter südlich gelegenen
Salpeter-Districten, die unter dem Namen „Nueva
Soledad“ zusammengefaßt und erst vor wenigen Jahren entdeckt
worden sind. Obgleich bis jetzt nur eine einzige unbedeutende Oficina die
Salpeterfabrication betreibt, so möchte ich doch diesen Districten eine größere
Zukunft prognosticiren, als denen der Noria, Cocina etc., da die Quantitäten des
sich in diesen vorfindenden Materiales in keinem Vergleich zu denen der Nueva
Soledad stehen. Die sich über eine kolossale Bodenfläche erstreckenden
Salpeterterrains enthalten fast durchgängig eine sehr dicke Schicht des
salpeterhaltigen Minerales und zwar von meistens vorzüglicher Güte, wie die
vielen, an den verschiedensten Stellen ausgegrabenen, mir zur Prüfung
vorliegenden Muster beweisen. – Einschalten will ich noch, daß am 28.
Juli 1871 die von den Gebrüdern Montero vom Hafen
Iquique nach den Salpeter-Etablissements der Cantone Noria, Cocina und
Argentina zu erbauende Eisenbahn vorläufig bis zur ersten Oficina „La
Noria“ dem Betrieb übergeben worden ist. Die Transportkosten für
den Centner Salpeter stellen sich jedoch per Bahn
nicht billiger als per Maulthier.
Ich schließe meine heutigen kurzen Mittheilungen mit einigen Analysen des
salpeterhaltigen Minerales, in denen nur auf die Gehalte an Natronnitrat und
Chlornatrium als die beiden für die Salpeterindustrie hauptsächlichsten Factoren
Rücksicht genommen ist, sowie mit einigen Resultaten über den Jodgehalt der
Mutterlaugen. Der in allen Salpeterdistricten sich vorfindende Caliche läßt sich
seinen physikalischen Eigenschaften nach in folgende sechs Classen ordnen, von
denen charakteristische Stücke folgende Zahlen für NaO, NO⁵ und NaCl
ergaben:
NaO, NO⁵
NaCl
Proc.
Proc.
I.
Reiner gelber Caliche (hart und kleinkrystallinisch)
77,90
12,90
II.
Reiner gelber Caliche (weich und porös, großkrystallinisch)
65,70
28,12
III.
Gelber Caliche mit braunen Adern durchzogen (hart)
64,73
32,02
IV.
Weißer Caliche (hart und kleinkrystallinisch)
60,50
14,30
V.
Weißer Caliche (porös und großkrystallinisch)
68,03
28,12
VI.
Brauner Caliche (schmutzig, porös und großkrystallinisch)
36,80
20,70
In 1 Liter Mutterlauge wurde gefunden:
Mutterlauge der Oficina „La
Noria“
4,80 Gramme Jod
„
„ „ „San
Pedro“
2,75
„ „
„
„ „ „San
Antonio“
2,30
„ „
„
„ „ „Argentina“
3,90
„ „
„
„ „ „Peruana“
4,55
„ „
Die Jodfabrication in „La Noria“, wo dieselbe nur allein
betrieben wurde, hat jetzt gänzlich aufgehört und wird nur durch den Verfasser
in den Officinen des Hauses J. Gildemeister und Comp. nach anderer Methode (mit Untersalpetersäure?
R. W.) als der von Thiercelin vorgeschlagenen (auf
der Anwendung der schwefligen Säure beruhend) ausgeführt, da diese das
Jodnatrium, dessen Menge oftmals die des jodsauren Natrons in den Mutterlaugen
übersteigt, unberücksichtigt läßt.“ (Deutsche Industriezeitung, 1872,
Nr. 17.)
Darstellung von reinen zinnsauren Alkalien.
E. P. H. Vaughan in London erhielt am 29. August 1871 für
C. Lennig in Philadelphia ein Patent für Großbritannien
und Irland auf folgendes Verfahren:
Man behandelt Zinnabfälle unter beständigem Umrühren mit Aetzkalilösung oder
Aetznatronlösung von 1,2 spec. Gewicht, läßt dann die Flüssigkeit ablaufen, pumpt
atmosphärische Luft durch die das Zinn enthaltenden Gefäße, bringt die abgelassene
alkalische Lösung wieder auf das Metall, und wiederholt diese Operationen, bis der
größte Theil der
alkalischen Flüssigkeit in eine Lösung von zinnsaurem Alkali übergeführt ist. Man
befördert die Reactionen, wenn man die Flüssigkeit gelinde erwärmt und erhitzte Luft
über das Metall führt. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin,
1872, Nr. 8.)
Darstellung von chlorsaurem Kali, nach W. Hunt in Normanton.
Man läßt verdünntes Chlorgas in einem Schachte aufwärts steigen, in welchem über auf
einander gethürmte Ziegel Kalkmilch oder eine Mischung von Kalkmilch und
Chlorkaliumlösung herab tröpfelt. Wird bloß Kalkmilch in Verwendung genommen, so
erhält man chlorsauren Kalk, und dieser liefert nachher beim Kochen mit Chlorkalium
chlorsaures Kali; ist die Kalkmilch mit Chlorkalium vermengt, so gewinnt man
unmittelbar chlorsaures Kali, welches durch Auskrystallisiren abgeschieden wird.
– Englisches Patent vom 21 Juli 1871. – (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1872, Nr. 5.)
Ueber die Verwendung des schwefligsauren Kalkes in der
Brauerei; von Victor Grießmayer.
Zu den Störungen welche in der Brauerei trotz des rationellsten Betriebes leicht
eintreten können, gehört das Sauerwerden des Bieres. Es kann nicht jeder Brauer
ausgezeichnete Lagerkeller besitzen; man ist in dieser Hinsicht nicht nur vom Gelde,
sondern auch vom Terrain abhängig. Uebrigens sind die stark glutinhaltigen
Gerstensorten vielfach schuld, daß man die Trübungen weder aus den Würzen noch aus
dem Biere heraus bringt. Solche Biere vertragen kein langes Lagern, auch in guten
Kellern nicht.
Es ist nun eine wichtige Sache, daß der Brauer für solche Zwischenfälle, in welchen
ein schlimmer Ausgang zu befürchten ist, ein Mittel an der Hand hat, um dem
künftigen Unheil bei Zeiten zu steuern. Ein solches Mittel ist der saure schwefligsaure Kalk. Derselbe wird vom Apotheker
Deißböck in München (Au, Entenbachstraße 59/1b) unter dem Namen „schwefligsaurer
Kalk“ in den Handel gebracht. Auch in England wird dieses Präparat
bereits fabrikmäßig dargestellt bei Alment und Johnson in London. Man verkauft ihn dort unter der
richtigeren Bezeichnung „doppelt-schwefligsaurer Kalk.“
Das Product stellt eine stark saure, nach schwefliger Säure riechende Flüssigkeit
von 1,06 spec. Gewicht dar. Man gewinnt es durch Einleiten von schwefliger Säure in
kohlensauren Kalk (Kreide, gepulverten Marmor) bis zur völligen Lösung, und bis eine
klare, wasserhelle Flüssigkeit entstanden ist.
Die Anwendung dieses Mittels geschieht wie folgt: wenn ein Lagerfaß bis ungefähr zur
Häfte eingeschlaucht ist, schüttet man die Flüssigkeit hinein, berechnet das Quantum
aber nach dem vollen Faß im Verhältniß von 1 zu 1000.
Der saure schwefligsaure Kalk, welcher sich immer mehr Terrain erwirbt, kann nicht
nur als Präservativmittel, sondern auch in dem Falle angewendet werden, wenn eine
Würze eben sauer zu werden beginnt. Er kann zwar die schon gebildete Säure nicht
mehr wegschaffen, aber er kann verhindern daß die Säurebildung weiter fortschreitet.
Ist dieser Proceß schon in der Blüthe, dann hilft freilich keine schweflige Säure
mehr. (Der bayerische Bierbrauer, 1872, Nr. 3.)
Kreide zum Zeichnen auf Tuch u. dergl.; von Prof. Dr. Marx in Stuttgart.
Es kommt gegenwärtig eine Kreide für Schneider zum Zeichnen auf Tuch und dergleichen
in den Handel, welche sich fettig anfühlt, leicht auf Tuch abfärbt, ohne von
demselben abzustäuben, die aber doch leicht von ihm sich wieder wegbürsten läßt.
Besonders zeichnet sich die Kreide von A. Moisson in
Paris durch gefällige Form der verschieden gefärbten Stücke aus, welche die Gestalt von flachen, scharf
zugekanteten dreieckigen Scheiben mit abgerundeten Ecken haben, 6 Millimet. dick und
von gegen 60 Millimet. Seite des Dreieckes sind. In der Mitte dient das vertieft
angebrachte Fabrikzeichen zum bequemeren Halten der Stücke.
Solche Erde wird erhalten, wenn man gewöhnliche Pfeifenerde (Pfeifenthon) mit Wasser
aufweicht, und Ultramarin für Blau, fein geriebenen Ocker für Gelb, gebrannten Ocker
für Roth u.s.w. in dieselbe einarbeitet, bis die Masse recht gleich, mäßig gemischt
ist. Aus derselben werden Lappen von entsprechender Dicke geformt, welche passend
zusammengeschnitten in die geölten Holz- oder Metallformen gepreßt werden.
Nach dem Formen läßt man die Stücke langsam an der Luft oder in schwach geheizten
Räumen trocknen, worauf sie zum Gebrauch fertig sind. (Württembergisches
Gewerbeblatt, 1872, Nr. 25.)
Ueber ein neues Zersetzungsproduct aus käuflichem Anilin; von
R. Braun und Ph.
Greiff.
Wir hatten schon einigemal bemerkt, daß bei Destillation größerer Mengen Anilins mit
etwas Kalk die zuletzt übergehenden Antheile sich nicht klar in Salzsäure lösten.
Die Natur des durch Salzsäure sich ausscheidenden Körpers war aber so verschieden
von den bisher bekannten Zersetzungsproducten, daß wir dasselbe einer näheren
Untersuchung unterzogen, als deren Resultat ein sehr schöner, in weißen Blättchen
sublimirender Körper erhalten wurde, den wir für einen Kohlenwasserstoff und zwar
für Anthracen hielten.
Eine Bestimmung des Schmelzpunktes, der bei 235° C. ist, ließ jedoch diese
Annahme nicht zu, und wir waren überzeugt einen Kohlenwasserstoff unter den Händen
zu haben, da der Körper vollkommen die Eigenschaften eines solchen zeigte. In
englischer Schwefelsäure mit grüner Farbe löslich bildet er beim Erwärmen
Sulfosäure; Essigsäure und Chromsäure gaben ein braunes Oxydationsproduct, aus dem
jedoch nichts Bestimmtes erhalten werden konnte. Alkalien, selbst in der Hitze,
verändern den Körper nicht.
Erst als uns die interessante Entdeckung des Carbazols von Graebe und Glaser zu Gesicht kam, führte
Aehnlichkeit der Eigenschaften beider Körper zu der Vermuthung, daß wir auch
Carbazol in Händen hatten.
Der Nachweis von Stickstoff, der mit Kali allein nicht gelingen wollte, erfolgte
sofort beim Glühen mit Kalikalk.
Die Eigenschaften unseres Körpers stimmen so genau mit den von Graebe und Glaser für das Carbazol angegebenen,
daß wir nicht umhin können, denselben dafür anzusehen.
Da dieser Körper einerseits im rohen Theeröl fertig gebildet vorkommt, andererseits
aber die Möglichkeit ausgeschlossen ist, daß er sich in unserem Rohmaterial schon
befunden und die Nitrirung und Amidirung mitgemacht habe, so gibt diese von uns
beobachtete Bildungsweise vielleicht Gelegenheit, über die Constitution dieses
Körpers in's Klare zu kommen.
Unsere Beobachtungen lassen vermuthen, daß sich der Körper erst bei hoher Temperatur
bildet, wenn das schon trocken werdende Gemisch von Anilin und Kalk die heißen
Kesselwände berührt. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin,
1872, Nr. 6)
Zur Beschaffung von Albumin für Druckfabriken.
Schwalbe fand, daß Kuhmilch, welcher man auf je 20 Gramme
einen Tropfen Senföl zusetzt, bei längerem Stehen nicht
gerinnt, sondern das Casein in ihr in Albumin übergeht.
Bestätigt sich diese Beobachtung, so ist sie für die Druckfabrication von ungeheurem
Werth; denn es wird dadurch die Schwierigkeit der Beschaffung von Albumin gehoben
und der Preis dieses so theuren Materiales beträchtlich sinken. (Reimann's Färberzeitung, 1872, Nr. 17.)
Ueber den Benzoesäuregehalt des Gaswassers; von H. Reinsch.
Bei der Behandlung von Gaswasser mit Gyps bei einer Temperatur von 50° C. wird
das kohlensaure Ammoniak des Gaswassers vollständig unter
Kohlensäure-Entwickelung zersetzt, und man erhält eine gelblich gefärbte,
stark nach Theer riechende Lösung von schwefelsaurem Ammoniak. Die theerigen
Bestandtheile dieser Lösung lassen sich von dem Ammoniaksalze kaum trennen; trocknet
man aber die Lösung bei mäßiger Temperatur ein, bis sich keine Wasserdämpfe mehr
entwickeln, und erhitzt sie hierauf in einer Porzellanschale mit aufgelegter
Glimmerplatte,Die Glimmerplatten eignen sich vorzüglich zum Sublimiren, während die
Glasplatten leicht springen. Der Verf. bedeckt die Glimmerplatte mit einer
fünffachen Schicht von Fließpapier, wodurch die Dämpfe leicht an der Platte
condensirt werden. so färbt die Masse sich zuerst rosenroth, dann purpurroth, und die
Glimmerplatte bedeckt sich mit einer feinen Schicht glänzender Nadeln, welche nichts
Anderes als Benzoesäure sind; über der Salzkruste
befindet sich ein zartes, wolliges Sublimat, welches aus Salmiak und schwefelsaurem
Ammoniak besteht. Löst man hierauf den Rückstand in Wasser und filtrirt, so erhält
man eine farblose Lösung von schwefelsaurem Ammoniak, und auf dem Filter bleibt ein
braunrother Anilinfarbstoff zurück. Vielleicht können Fabriken welche Theerwasser
verarbeiten, aus dieser Beobachtung einigen Nutzen ziehen. (Neues Jahrbuch für
Pharmacie, Bd. XXXVII S. 85; chemisches Centralblatt, 1872, Nr. 15.)
Ueber die Wirkung des Sonnenlichtes auf Olivenöl; von Luigi
Moschini.
Auf Veranlassung und unter der Leitung Sestini's hat der
Verf. Versuche über den chemischen Einfluß des Sonnenlichtes auf das Olivenöl
angestellt und gelangte zu den folgenden Ergebnissen: 1) Ein Monat genügte, um das
Oel unter dem Einfluß des Sonnenlichtes ganz zu entfärben. Veränderungen des
specifischen Gewichtes wurden dabei nicht wahrgenommen. Wird das so entfärbte Oel
mit Schwefelsäure (Dichte 1,63) behandelt, so färbt es sich nicht grünlich, sondern
rothgelb; mit Salpetersäure oder caustischer Soda behandelt, nimmt es statt der
gewöhnlichen grünen, resp. hellgelben Färbung eine weißliche an. 2) Wird das Oel in
einem offenen Gefäße dem Sonnenlichte ausgesetzt, so behält es auch noch nach
Verlauf eines Monates die Fähigkeit, sich unter dem Einfluß von salpetrigen Dämpfen
zu verdichten; dauert die Einwirkung 2 oder 3 Monate, so bleibt das entfärbte Oel
flüssig, auch bei der Einwirkung einer mit salpetrigen Dämpfen geschwängerten Lösung
von salpetersaurem Quecksilber. 3) Das durch das Sonnenlicht entfärbte Oel reagirt
stark sauer, hat einen schwach ranzigen Geruch und Geschmack, und löst das
Anilinroth leicht auf, wobei es sich intensiv färbt.
Daraus geht hervor, daß das Olivenöl mittelst der Salpetersäure, Schwefelsäure und
(auftischen Soda nur, wenn es sich im Normalzustande befindet, von anderen Oelsorten
unterschieden werden kann, und daß die von Jacobson zur
Ermittelung des Vorhandenseyns freier Fettsäuren in gefälschtem Oele empfohlene
Anwendung des Anilinroths dazu führen könnte, ein Oel für verfälscht zu halten,
welches einige Zeit dem Sonnenlichte ausgesetzt war und etwas ranzig geworden ist.
Das Olivenöl in seinem Normalzustande enthält in Lösung einen gelblichen Stoff,
welchen die Säuren grün färben, und welchen das Sonnenlicht so zersetzt, daß er
weder gegen die Säuren, noch gegen die caustische Soda seine charakteristischen
Reactionen noch äußert. Außerdem bilden sich unter dem vereinigten Einflüsse des
Sonnenlichtes und des Sauerstoffes freie Säuren, und das Olein nimmt eine der
Grundeigenschaften des Elaidins an. (Chemisches Centralblatt, 1872, Nr. 17.)
Ueber Apomorphin als Brechmittel.
Das Apomorphin, ein Zersetzungsproduct des Morphins, wurde im Jahr 1869 von Matthiesen und Wright entdeckt
und benannt; dieselben hatten gleich anfänglich die Wahrnehmung gemacht, daß dieser neue chemische Stoff
eine starke brechenerregende Wirkung besitze. Nach den von ihnen angestellten
Versuchen hat sowohl an Hunden und Katzen die Einverleibung des Apomorphins unter
die äußere Haut stets ein positives Resultat gegeben, als auch ist in jedem der
therapeutischen Versuche an Menschen die brechenerregende Wirkung desselben in sehr
präciser Weise zur Beobachtung gekommen. Was vorerst die beim Menschen angewandte
Dosis betrifft, so schwankte dieselbe zwischen 0,003 und 0,011 Grm. In größeren
Dosen gereicht, blieb der Erfolg ein gleicher ohne alle weitere bedenkliche
Nebenwirkungen, was dem Brechweinstein, der Ipecacuanha u.s.w. nicht zukommt. Als weitere Vorzüge des
Apomorphins dürften noch gelten die Anwendungsweise desselben in der Form der
subcutanen Injection und die Kleinheit der wirksamen Dosis dieses Mittels. Auch
haben die Verfasser niemals eine örtliche Reizung oder irgend welche spätere
unangenehme Erscheinung an der Injectionsstelle beobachtet. Injectionen wurden an
sehr verschiedenen Hautstellen vorgenommen und von allen Stellen aus stets der
gewünschte Effect erzielt.
Der Vortheil der Application eines Brechmittels unter die äußere Haut dürfte gewiß in
der Kinderpraxis, wie nicht selten auch bei Erwachsenen, zumal bei Vergiftungen und
Zuständen von Betäubung und Bewußtlosigkeit u.s.w. sich geltend machen, und
entfaltet das Apomorphin in relativ kurzer Zeit nach der Einverleibung und nach kurz
dauernden und zuweilen selbst ganz fehlenden Prodomalerscheinungen seine specifische
Wirkung, meist schon nach 4 Minuten, am spätesten nach 16 Minuten. Nach ein-
oder mehrmaligem Erbrechen tritt sofort vollständiges Wohlbefinden wieder ein. Was
den Darmcanal betrifft, der oft unangenehmer Weise durch andere Brechmittel in
Mitleidenheit gezogen wird, so bleibt er, abgesehen von dem eigentlichen Acte des
Brechens, vollständig intact, und haben nie Magenschmerzen, gastrische Beschwerden,
Diarrhöen oder ähnliche Erscheinungen dabei stattgefunden. Aus Allem diesem glaubt
man mit vollem Rechte das Apomorphin als das sicherste, zuverlässigste und am
raschesten wirkende Brechmittel allen anderen bisher gekannten Emeticis voranstellen
zu dürfen, obwohl zur Zeit allerdings noch seine Darstebung mit beträchtlichen
Schwierigkeiten verknüpft ist; indeß steht zu erwarten, daß in Kürze eine
verbesserte Darstellungsmethode dasselbe leicht Jedermann zugänglich machen wird.
Das englische Präparat ist bis jetzt noch das beste und sicher wirkendste, es stammt
aus der chemischen Fabrik von J. F. Macfarlan in
Edinburgh und ist unter der Benennung „Hydrochlorate of Apomorphia“ zu beziehen. (Hager's pharmaceutische Centralhalle, 1872 S. 93.)
Neue Einbalsamirungsmethode.
Bufaline hat die Entdeckung gemacht, daß eine Verbindung
von Campher und Phenylsäure ein ausgezeichnetes Conservirungsmittel für anatomische
Präparate abgibt. Durch den Contact der Phenylsäurekrystalle mit Campher bildet sich
eine ölige und dichte Substanz, welche man in einer hinreichenden Menge von mit
Zinnober gefärbtem Petroleum löst. Verfasser empfiehlt folgende Lösungsverhältnisse:
Phenylsäure und Campher circa 70 Gramme und Petroleum
200 Gramme, oder Phenylsäure und Campher circa 130
Gramme. Diese Flüssigkeit injicirt man in die Cadaver, oder man taucht in dieselbe
die Theile, welche man conserviren will. Die bereits lange conservirten Präparate
werden wieder weich und biegsam, wenn man sie in laues Wasser bringt. Bei dieser
Methode existiren keine Intoxicationsgefahren und die Instrumente werden nicht
angegriffen. (Oesterreichische Zeitschrift für praktische Heilkunde, 1872.)