Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. , S. 169 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Kolossaler Dampfer.
Gegenwärtig liegen verschiedenen Schiffbauern am Clyde (Schottland) Pläne für einen
neuen Dampfer der Nautical Steamship Company vor. Dieses
Schiff soll zwischen Liverpool und New-York laufen, und gigantische
Verhältnisse erhalten, welche nur von denen des Great
Eastern übertroffen werden. Die Maaße sind folgende: ganze Länge 576 Fuß
(175,6 Met.), Breite 50 Fuß (15,24 Met), Tiefe 35 Fuß (10,67 Met.). Man hofft, daß
dieser große Dampfer die Reise von New-York nach Liverpool in sieben Tagen
machen wird. (Engineering, Mai 1872, S. 336.)
Das Bessemern auf der Königin-Marienhütte bei
Zwickau.
Man schmilzt das zu einer Charge erforderliche graue Roheisen (4800 bis 5000 Kil.) in
einem mit Ventilator gespeisten Krigar'schen Kupolofen
mit großem Sammelherd während 2 Stunden ein, leitet dasselbe sehr hitzig in die
geneigte Bessemerbirne, deren Boden 7 Formen mit je 7 cylindrischen Windröhren von 1
Centimeter Durchmesser hat, und bläst mit steigender Pressung bis zu 1 Met.
Quecksilberdruck während 12 Minuten direct nach schwedischer
Manier auf Stahl, ohne rückzukohlen. Bei der energischen Oxydation verläuft
die Periode des Feinens, der Schlackenbildung durch
Verbrennen des Siliciums und Mangans unter gleichzeitigem Uebergang des Graphites in
chemisch gebundenen Kohlenstoff, sehr unmerklich in die Kochperiode, indem sich Silicium, Mangan und Kohlenstoff, welche dem Eisen
an Oxydabilität vorangehen, unter sich aber wenig differiren, rasch oxydiren.
Hauptsächlich durch spectroskopische Beobachtungen wird
der Verlauf des Processes beurtheilt. Die von vornherein ziemlich leuchtende Flamme
nimmt gegen Ende einen sonnenartigen, dem Auge fast unerträglichen Glanz an, und
während der Höhe des Kochens zeigt sie einen dicken braunen Manganrauch. Während der
ganzen Chargendauer ist im Spectroskop die leuchtend gelbe Natriumlinie wahrnehmbar,
nach einiger Zeit treten im Rothen und Violetten die Linien des Lithiums und Kaliums
aus; etwa 2 Min. nach Beginn des Blasens erscheinen auf der Grenze des Gelben und Grünen bestimmt
begrenzte gelbe Manganlinien, und kurze Zeit darauf im Grünen eine zweite ähnliche
Liniengruppe, und endlich auf der Grenze des Grünen und Blauen eine dritte Gruppe,
von demselben Metall herrührend. Gleichzeitig mit der zweiten Gruppe im Gelbgrünen
zeigt sich die einzelne Manganlinie im Violetten und mit der dritten einzelne Linien
im Blauen. Die einzelnen Erscheinungen verschwinden in umgekehrter Ordnung und das
Verblassen der ersten gelben Gruppe bezeichnet die eingetretene Gare. Durch Kippen
der Birne wird der Wind abgestellt und durch Eintauchen einer kalten Eisenstange in
das Metall werden Spießproben genommen, aus Schlacke und
einzelnen Stahlkügelchen bestehend. Nach dem Ablöschen in Wässer bietet die Schlacke
einen porösglasigen Ueberzug, oberflächlich lederbraun, inwendig schmutzig
zeisiggrau; die anhaftenden Stahlkörner haben eine vollständig kugelige Gestalt,
silberweiße Farbe, und sind beim Aushämmern sehr ductil und ohne Kantenrisse bis zum
5–6fachen Durchmesser auszuplatten. Die manganreiche Schlacke ist einer
Eisenhohofenschlacke sehr ähnlich. Da dieselbe nur wenig Eisenoxydul, gar nicht aber
Eisenoxyduloxyd enthält, so muß beim Frischen entgegen der gewöhnlichen Annahme, die
Oxydation des Siliciums, Mangans und Kohlenstoffes ausschließlich durch die
Gebläseluft stattfinden, nicht durch Eisenoxyduloxyd. Zur Abkühlung des Metallbades,
welches bei dem raschen Verlauf des Processes eine sehr hohe Temperatur angenommen
hat, fügt man vor dem Gießen 150–200 Kil. kalter Stahlabgänge von der eigenen
Arbeit in die Birne. Man hat 9 Proc. Abbrand. Die Güsse werden unter einem
Dampfhammer von 15000 Kil. gedichtet.
Außer Bessemerstahl erzeugt man aus Weißeisen durch Puddeln sehniges Stabeisen und
erhält durch Packetirung von Bessemerstahl, Feinkorneisen und sehnigem Eisen,
Rohschienen. (Berggeist, 1872, Nr. 2.)
Angebliche Zersetzungserscheinungen des Manganchlorürs; von
Dr. J. Bayer in
Brünn.
Herr F. W. Krecke hat Versuche über die
Zersetzungserscheinungen des Manganchlorürs mitgetheilt (polytechn. Journal Bd. CCIV
S. 337, zweites Maiheft 1872). – Ich habe die Versuche mit völlig reinem Salze wiederholt, konnte aber bei aller
Vorsicht keine Farbenveränderungen wahrnehmen, selbst dann nicht, wenn ich die im
Wasserbade concentrirte Lösung zur Trockne brachte, oder sie im Probirröhrchen so
lange einkochte, bis sich festes Salz auszuscheiden begann; weder von einer gelben
noch rothen, noch grünen Farbe war etwas zu bemerken. Weiter unten erlaube ich mir
gleichzeitig, eine einfache Darstellung reiner
Manganpräparate zu geben.
Die von Hrn. Krecke beobachteten Farbenveränderungen
konnten aber leicht hervorgerufen werden, wenn ich der Lösung des Manganchlorürs
etwas Eisenchloridlösung (roth und gelb) oder etwas Kobaltchlorürlösung (blau und
grün) hinzufügte. Schon sehr kleine Mengen des Kobaltchlorürs genügten, um die grüne
Farbe hervorzurufen, welche besonders dann sehr schön hervortrat, wenn gleichzeitig
etwas Eisen vorhanden war.
Diese Färbung ist so charakteristisch, daß sie sehr gut zur Erkennung kleiner Mengen
von Kobalt in concentrirten Manganchlorürlösungen dienen kann.
Die Schlüsse, welche Hr. Krecke aus jenen
Farbenveränderungen zieht, sind also sämmtlich unrichtig und deuten nichts weiter
als Verunreinigungen des Manganchlorürs durch Eisenchlorid und
Kobaltchlorür an. Das wasserfreie Manganchlorür ist nicht grün, sondern ein
leicht schmelzbarer rother Körper, welcher beim Erkalten zu einer schön
krystallinischen Masse mit ähnlichem Glanze wie das Manganchlorür erstarrt; derselbe
kann leicht durch bloßes Erhitzen des krystallisirten wasserhaltigen Salzes erhalten
werden, wenn man den Zutritt der Luft möglichst verhindert.
Was nun die Darstellung reiner Manganpräparate betrifft,
so verfährt man dabei am besten folgendermaßen:
Die rohen Manganlaugen werden zur Vertreibung des Chlors und der überschüssigen
Salzsäure stark concentrirt, sodann stark verdünnt und durch fractionirte Fällung
mit kohlensaurer Natronlösung das Eisenoxyd, die Thonerde etc. entfernt. Dabei ist zu beachten, daß auf
diese Weise nicht alles Eisen herauszuschaffen ist, und daß ein nicht unbedeutender
Theil davon, wie ich schon öfter bemerkte, trotz der Chlorentwickelung als Oxydul
sich in der Lösung befindet. Um nun dieses Eisen, das Kobalt und Nickel aus der
Lösung zu schaffen, braucht man nur die vom kohlensauren Natronniederschlage
abfiltrirte Flüssigkeit mit so viel Schwefelammonium zu versetzen, bis ein Theil
Schwefelmangan mit heraus fällt, und zu digeriren. Alles Eisen, Kobalt und Nickel
geht nun in den Niederschlag, indem derselbe mehr und mehr schwarz wird, und aus der
abfiltrirten Flüssigkeit erhält man nun durch weiteren Zusatz von Schwefelammonium
reines fleischfarbenes Schwefelmangan, welches in irgend einer Säure gelöst völlig
reine Manganpräparate liefert.Ein völlig eisenfreies Manganchlorür gewinnt man
bekanntlich leicht dadurch, daß man die durch Behandlung von Braunstein mit
Salzsäure, also bei der Chlorbereitung erhaltene, klar filtrirte Lösung zur
Trockne eindampft und den Salzrückstand in einem hessischen Tiegel im
Kohlenofen glüht. Die geglühte Masse, mit Wasser ausgelaugt, gibt eine von
Eisen absolut freie Lösung reinen Manganchlorürs. H. Kolbe.
Schließlich sey noch bemerkt, daß ich aus einer Lösung des reinen Manganchlorürs in
Wasser durch allmähliches Verdunstenlassen bei gewöhnlicher Temperatur große
monokline Krystalle von der Formel NaCl² + 5 aq
erhielt, welche nur in sehr feuchter Luft zerflossen. (Journal für praktische
Chemie, 1872, Bd. V S. 443.)
Ueber die als Desinfectionsmittel im Handel vorkommende
salzsaure Thonerde; von Dr. Alexander Müller.
Seit einigen Monaten wird in England und von da aus durch die ganze civilisirte Welt
für ein neues Desinfectionsmittel, welches wesentlich aus Aluminiumchlorid besteht,
starke Reclame gemacht und dasselbe hauptsächlich in flüssiger Form: „Chloralum“ schlechtweg und in Pulverform
als „Chloralumpowder“, nebenbei
aber auch als „Chloralumwolle“ und
„Chloralumwatte“ ausgeboten.
Durch die Güte des Hrn. Commerzienrath E. Schering in
Berlin bin ich in den Besitz authentischer Proben, sowohl der Lösung als des Pulvers
gekommen; ich habe dieselben analysirt und theile nun die Ergebnisse mit.
A. Chloralum
zeigte sich als eine dünne Flüssigkeit von hell ölgelber
Farbe, von schwachem, an rohe Salzsäure erinnernden Geruch und von mäßig starker
Acidität; als Zusammensetzung ergab sich:
16,0
Proc.
Chloraluminium,
1,7
„
Chlorcalcium (bez.-Magnesium),
0,1
„
schwefelsaure Alkalien,
1,2
„
Salzsäure,
–––––––––––––
19,1
Proc. gelöste Bestandtheile wasserfrei,
80,9
„ Wasser
––––––––––––––––––
100,0
Proc. Summa.
Das vorhandene Chloraluminium (16 Proc. der Lösung) entspricht einem Gemenge von
21 Proc. Chlornatrium mit
17 1/2 Proc. wasserfreier schwefelsaurer Thonerde,
oder
40
„ krystallisirter „
„
oder
57
„ Kalialaun.
B. Chloralumpowder
zeigte sich als eine weiße, lockere, chlorkalkähnliche,
aber geruchlose Masse.
Nach der Analyse berechnet sich folgende Zusammensetzung:
20,9 Proc.
Wasser,
40,7 „
löslich in Wasser, nämlich:
13,4 Proc. Chloraluminium,
4,1 „ schwefelsaure
Thonerde,
9,1 „ schwefelsaurer
Kalk,
14,1 „ schwefelsaures
Natron,
15,5 „
in Salzsäure lösliche Thonerde,
22,9 „
unlöslich in Salzsäure, nämlich:
13,5 Proc. Kaolin, wasserfrei,
9,4
„ freie Kieselsäure,
–––––––––––––––––
100,0 Proc.
Summa.
Fluor und Phosphorsäure fand sich nicht vor.
Zweifelsohne stehen das flüssige und das feste Chloraluminiumpräparat in einem
engen genetischen Zusammenhang und ebenso sicher dürften beide als technische
Nebenproducte anzusprechen seyn. Nach den accessorischen Bestandtheilen zu
urtheilen, möchte ich dieselben nicht für Nebenproducte der Thonerdeindustrie
als vielmehr der Sodaindustrie halten, und zwar erzeugt zur Verwerthung der
Salzsäure.
Ihre Herstellung könnte in folgender Weise geschehen. Rohe, aber ziemlich
eisenfreie Salzsäure läßt man unmittelbar auf schwach gerösteten Porzellanthon
einwirken. Die resultirende concentrirte Lösung ist das flüssige Chloraluminium.
Das Ungelöste wird unter Zusatz von etwas Chlornatrium und Schwefelsäure oder
dem Rectificationsrückstand der rohen Salzsäure bei gelinder Hitze getrocknet
und ist das Chloraluminiumpulver.Wir verweisen auf den Aufsatz von Prof. Fleck
„über Chloralum und Chloralum-Präparate als
Desinfectionsmittel“, im polytechn. Journal Bd. CCIII S.
223, erstes Februarheft 1872. Anm. d. Red. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1872, Nr.
11.)
Die neue Anilinfarbe „Rosa“; von Prof.
Dr. Bronner in
Calw.
Seit einiger Zeit kommt eine hübsche rothe Farbe im Handel vor, welche durch
verschiedene empfehlende Eigenschaften sich Eingang verschafft hat oder noch
verschaffen wird, die aber auch verdient, daß eine ihrer minder empfehlenswerthen
Seiten aufgedeckt wird.
Die Farbe mit dem Handelsnamen „Rosa“ ist eine Anilinfarbe, tief
carmoisinroth, von angenehmem und ziemlich lebhaftem Ton, sehr ausgiebig, mager
anzufühlen, stark abfärbend. Preis 2 fl. per Pfund.
Da die Farbe noch neu ist, so dürfte eine kurze chemische Charakteristik derselben
nicht überflüssig seyn.
a) Verhalten gegen Säuren.
1) Von reiner concentrirter Salzsäure wird der Farbkörper mit tief gelber Farbe
leicht gelöst. Die Lösung gibt beim Verdünnen mit viel Wasser, sowie beim
annähernden Neutralisiren mit Ammoniak eine tief carminrothe Lösung; beim
Uebersättigen mit dem Alkali entfärbt sie sich, indem ein fast ganz weißer
flockiger Körper, im Ansehen dem Thonerdehydrat ähnlich, ausgeschieden
wird.Wie weiter unten gezeigt werden wird, besteht dieser Niederschlag aus arsensaurem Kalk nebst etwas phosphorsaurem
Kalk.
2) Concentrirte Schwefelsäure wandelt die rothe Farbe ebenfalls in ein tiefes
Gelb um, aber es entsteht nur eine theilweise Lösung, denn es hinterbleibt ein
krystallinischer farbloser Rückstand, der sich in viel Wasser völlig löst, aber
durch Alkoholzusatz wieder abgeschieden wird: schwefelsaurer Kalk.
3) Reine Salpetersäure (von 1,28 spec. Gewicht) löst den Farbkörper leicht zu
orangegelber Flüssigkeit, die beim Erhitzen dunkelroth und undurchsichtig wird;
bei Zusatz von Wasser entsteht nun eine carminrothe Lösung. Diese gibt bei
Zusatz von salpetersaurem Silberoxyd keine Trübung. – Bei längerer
Einwirkung der Salpetersäure in der Wärme entweichen Dämpfe von Untersalpetersäure
und die rothe Farbe verschwindet. Auf Zusatz von Schwefelsäure zu der nur noch
gelb gefärbten Lösung scheidet sich Gyps ab, wie bei 2. Wird die Ausscheidung
desselben durch Vermischen der Lösung mit ihrem mehrfachen Volumen starken
Alkohols vervollständigt und nach mehrstündigem Stehen die Flüssigkeit
abfiltrirt, so entsteht bei Zusatz von salpetersaurem Silberoxyd zu derselben
und Neutralisation mit Ammoniak ein rothbrauner Niederschlag: arsensaures Silberoxyd.
4) Essigsäure sowohl, als Milchsäure lösen den Farbkörper beim Erwärmen zu
carminrothen Flüssigkeiten auf.
b) Verhalten gegen Alkalien.
Kalilauge zerstört die rothe Farbe in kurzer Zeit schon bei gewöhnlicher
Temperatur, sogleich beim Erwärmen. Ebenso verhält sich Kalkmilch.
c) Verhalten beim Erhitzen.
In höherer Temperatur wird die rothe Farbe zerstört, sie geht in Schwarz über und
es macht sich ein deutlicher Knoblauchgeruch
bemerkbar. Wird das Erhitzen in einer Probirröhre und mit wenig Substanz
vorgenommen, so tritt ein weißes krystallinisches Sublimat auf, das sich leicht
von Stelle zu Stelle treiben läßt und unter der Loupe deutlich glänzende Flächen
von regulären Octaedern zeigt: arsenige Säure. Nimmt
man das Erhitzen in einem sehr engen Probirröhrchen und mit verhältnißmäßig viel
Substanz vor, so entsteht nur wenig des weißen Sublimats, dagegen desto mehr
eines dunkelgrauen glänzenden Metallspiegels: Arsen.
– Beim Einäschern des Farbkörpers in einem offenen Porzellantiegel
hinterbleibt endlich ein grauweißer Rückstand. Wird ein Theil desselben mit
Kobaltnitrat befeuchtet und dann stark geglüht, so entsteht keine Blaufärbung:
also Abwesenheit von Thonerde. Löst man einen Theil der Asche in Salzsäure und
behandelt die Lösung mit Schwefelwasserstoffgas, so entsteht nach längerer Zeit
ein starker, hell citronengelber Niederschlag: Schwefelarsen, also Anwesenheit von Arsensäure in der Asche. Wird ein
Theil der Asche in Salpetersäure gelöst, mit molybdänsaurem Ammoniak vermischt
und erhitzt, so färbt sich die wasserhelle Lösung schwach gelb und es setzt sich
eine kleine Menge eines gelben sandigen Niederschlages ab, der die Gegenwart von
Phosphorsäure in der Asche beweist. Da aber die
Menge des Niederschlages nur gering ist, so scheint die Phosphorsäure oder
vielmehr der phosphorsaure Kalk (Knochenasche) nur zufällig vorhanden zu
seyn.
Im Apparat von Marsh erhält man mit der Farbe oder
ihren sauren Lösungen leicht reichliche Arsenspiegel.
Das ganze bisher beschriebene Verhalten des Farbkörpers beweist die Anwesenheit
von Anilinroth, von Kalk und einem Oxyd des Arsens. Ob das Arsen als arsenige
Säure oder als Arsensäure vorhanden sey, war zwar im Hinblick auf die
gewöhnliche Fabricationsweise des Fuchsins (bei welcher arsensaurer Kalk ein
Nebenproduct bildet, das dem Fabrikanten sehr lästig ist) nicht zweifelhaft,
aber es wurde durch die angegebenen Reactionen doch nicht entschieden.Es war denkbar, daß arsenigsaurer Kalk sowohl durch die Einwirkung der
Salpetersäure (a. 3.), als durch das
anhaltende Erhitzen unter Luftzutritt beim Einäschern (c.) in arsensauren Kalk übergegangen
sey. Behandelt man aber den Farbkörper mit concentrirter Schwefelsäure in der
Wärme, vermischt die breiige Masse nach dem Erkalten mit Alkohol und filtrirt,
so gibt die Lösung bei Zusatz von salpetersaurem Silberoxyd und Neutralisation
mit Ammoniak den schon oben unter a. 3. erwähnten
braunen Niederschlag. Hierdurch ist bewiesen, daß das Arsen als Arsensäure in
dem Farbkörper enthalten ist.
Ob das Fuchsin als salzsaures oder als arsensaures Rosanilin vorhanden sey,
konnte keinem Zweifel unterliegen, weil die Lösung des Farbkörpers in
Salpetersäure durch salpetersaures Silberoxyd nicht getrübt wurde.
Es besteht also der Farbkörper wesentlich aus Fuchsin und zwar arsensaurem Rosanilin, gebunden an arsensauren
Kalk.
Am Licht hält diese Farbe nicht. Auf Kalk ist sie nach dem Obigen (b.) ebenfalls nicht zu gebrauchen. Dagegen ist sie
in der Steindruckerei für ephemere Producte (Placate und Aehnliches)
sehr anwendbar und sie wird sich wohl auch zum Coloriren von Holzwaaren
(Kinderspielsachen u.s.w.) Eingang verschaffen.
Da nun der Farbkörper, wie unter a. 4. erwähnt wurde,
auch in organischen Säuren, wie Milchsäure, löslich ist, so ist er es auch im
Magensaft und ist somit in hohem Grad giftig.
Zweck der gegenwärtigen Zeilen ist es, die Consumenten dieses neuen Fabricats zur
größten Vorsicht bei Anwendung desselben
(besonders beim Feinreiben) zu ermahnen.
(Württembergisches Gewerbeblatt, 1872, Nr. 27.)
Grenade, ein neuer Farbstoff; von Dr. M. Reimann.
Seit längerer Zeit verwendet man an Stelle der Orseille in
der Wollenfärberei die Farbstoffe welche in der Fabrication des Fuchsins als
Nebenproducte gewonnen werden, und unter dem Namen Cerise, Anilin-Orseille etc. in den Handel kommen. Während im Anfange
die Rückstände von der Fuchsinfabrication häufig genug ohne jede weitere Reinigung
als Cerise vorkamen, hat man sich in neuerer Zeit bemüht, dieses durch unlösliche
Stoffe bedeutend verunreinigte Farbmaterial durch Reinigung zu verbessern und so
einen reinen Farbstoff zu liefern, welcher mit Vortheil
auch für feinere Farben Anwendung finden kann. Unter
allen Farbenfabriken ist es die Fabrik von Rudolph Knosp
in Stuttgart – unseres Wissens diejenige, welche
auch das Cerise zuerst darstellte – die unter dem
Namen Grenade einen Farbstoff liefert, welcher seinem
Namen entsprechend ein reines Granatbraun darstellt. Der
Farbstoff zeigt nicht den schmutzig bläulichrothen Ton der unter dem Namen Cerise u.s.w. im Handel vorkommenden und als Ersatz der
Orseille benutzten Farbstoffe; er gibt vielmehr für sich gefärbt, ein wirkliches
Granatbraun, das durch Verbindung mit Indigocarmin,
Pikrinsäure, Curcuma und ähnlichen Farbstoffen leicht zu jeder Nüance des
Braun verwendet werden kann und den Farben eine Lebhaftigkeit verleiht, welche man
bei den mit wirklicher Orseille hergestellten vergebens sucht.
Der Farbstoff ist in Wasser vollkommen löslich und besitzt eine der des Fuchsins
annähernd gleiche Ausgiebigkeit. Er unterscheidet sich
schon dadurch wesentlich von dem Cerise, welches immer
einen erheblichen Lösungsrückstand zeigte. Daher dürfte es auch bei dem geringen
Preise des Productes – 2 1/2 Thlr. per Pfund
– abgesehen von allen sonstigen Vorzügen, schon pecuniär vortheilhafter seyn,
mit diesem reinen und ausgiebigen Farbstoff zu färben als mit Cerise und ähnlichen
Producten, welche sehr viel Rückstand lassen und dadurch den Vortheil des billigeren
Preises rein illusorisch machen. Dabei ist der Farbstoff mit Leichtigkeit auf Wolle, wie Baumwolle und Seide, auf Leder, Holz u.s.w.
zu fixiren. Für Wolle genügt die Anwendung von Weinsteinpräparat, Baumwolle macht nur eine Schmackirung oder Vorbereitung mit Stärke
nöthig, während man bei Seide gar keines Beizmittels oder Zusatzes bedarf.
Nach Allem diesem zweifeln wir nicht, daß das neue Product der Knosp'schen Fabrik sich ebenso schnell und dauernd Eingang in die Färberei
verschaffen wird, als die vielen früher von derselben Firma zuerst in den Handel
gebrachten wichtigen Farbstoffe, unter denen wir nur das Cerise, Vesuvin, Indulin hervorheben wollen. (Reimann's Färberzeitung, 1872, Nr. 27.)
Ueber den Giftgehalt der Anilinfarben; von Ferd. Springmühl.
Um die etwaige Schädlichkeit des Arsenfuchsins mit Bezug auf die mit diesem
Farbstoffe gefärbte Faser festzustellen, ermittelte der Verfasser wie viel von einer
Fuchsinprobe, welche eine bekannte Menge Arsen enthielt, beim regelrechten Färben
aus die Faser überging. In 14 Proben von Fuchsin wurde die Menge des Arsens nach den
in der analytischen Chemie üblichen Methoden bestimmt. Es enthielt:
1.
6,5
Proc.
8.
2,05 Proc.
2.
5,9 „
9.
2,0 „
3.
5,9 „
10.
1,7 „
4.
5,1 „
11.
0,9 „
5.
4,3 „
12.
0,9 „
6.
4,0 „
13.
0,6 „
7.
3,3 „
14.
0,25 „
Eine Reihe anderer Fuchsinproben enthielt noch weniger Arsen als 14. und wurden
dieselben daher bei den Versuchen vernachlässigt. Man sieht, daß das Arsen oft in
gar nicht unbedeutender Menge im käuflichen Fuchsin vorkommt und die Hygieniker mit
Recht auf diesen Umstand aufmerksam machen. Die geringe Menge Fuchsin, welche
hinreicht, um eine große Menge Wolle oder Seide zu färben, läßt aber schon mit
Sicherheit erwarten, daß selbst bei einem Arsengehalt des Fuchsins von 6 bis 10
Proc. eine gefärbte Stoffprobe nur wenig des Giftes enthalten kann, und die Versuche
bestätigen diese Erwartung vollkommen. In einem Becherglas wurde 0,1 Proc. Fuchsin
in heißem Wasser gelöst und zwar Fuchsin von der Probe 1 mit 6,5 Proc. Arsengehalt.
Das Farbebad enthielt also 0,0065 Grm. Arsen. In diesem Bade wurde 1 Quadratfuß
reiner Wolle bei einer Temperatur von 70° C. ausgefärbt, alsdann in ein
zweites Becherglas mit reinem Wasser gebracht, gut abgespült und in einem dritten
Becherglas nochmals gewaschen, dann abgerungen und aufgehangen. Es mußten also nach
diesen Operationen das Farbebad plus den beiden
Waschbädern plus der gefärbten Faser das Arsen und zwar
6,5 Milligrm. enthalten. Um zu erfahren, wie viel der Quadratfuß gefärbter Wolle
enthielt, war also nur zu constatiren, wie viel das Farbebad und die Waschbäder
zurückbehalten hatten. Die Analyse war wegen des äußerst geringen Arsengehaltes
schwierig und mußte bei mehreren Bestimmungen, wie dieß auch der Fall war, um einige
Zehntel-Milligramme schwanken. Es enthielt
1)
das Farbebad
5,1 Milligrm.
2)
das erste Waschwasser
1,0 „
3)
das zweite Waschwasser eine nicht mehr bestimmbareMenge Arsen. Das
zweite Waschwasser plus dergefärbten Faser
enthielt also
0,0004 Grm. Arsen.
Mit dieser sowohl wie mit dem ersteren wurde die Marsh'sche Probe angestellt und ein Arsengehalt in beiden constatirt; der
Arsenspiegel der Stoffprobe war jedoch geringer als der des Waschwassers, so daß man
annehmen kann, daß 1 Quadratfuß Wolle etwa 0,0001 Grm. Arsen enthält. Mit den
übrigen Fuchsinproben, welche weniger Arsen enthielten, wurden die gleichen Versuche
angestellt und ergaben dieselben auf der Faser stets geringere Mengen Arsen. Auch
bei einer größeren Menge arseniger Säure, welche dem Farbebade zugesetzt wurde,
stellte sich dasselbe Resultat heraus. Niemand wird behaupten, daß 0,0001 Grm.
Arsen, auf eine Hautfläche von 1 Quadratfuß gebracht, irgend welchen Schaden
hervorbringe und wenn auch der Arsengehalt verzehnfacht oder selbst 100 Mal so groß
angenommen wird, so würde nach des Verfassers Ansicht eine Vergiftung durch die Haut
nicht denkbar seyn.
Was nun das Fuchsin in seiner Anwendung zum Färben von Getränken angeht, so ist auch
hier eine Uebertreibung der Gefahr zu vermeiden und man hat nicht nöthig, alle mit
Arsen dargestellten Präparate zu verwerfen. 1 Liter Alkohol läßt sich mit 0,02 Grm.
Fuchsin roth färben. Hätte man nun z.B. das Fuchsin 8. mit 2,05 Proc. Arsen
angewendet, so würde der mit 0,02 Grm. gefärbte Liqueur im Liter 0,0004 Grm. Arsen
enthalten oder in 10 Kubikcentimeter den viermillionsten Theil eines Grammes. Da nun
außerdem zumal gefärbte Liqueure vom Publicum meist nicht literweise, sondern in
kleinen Quantitäten getrunken werden, so kann ein Arsengehalt wie der erwähnte
getrost vernachlässigt werden, und selbst wenn der 10fache Arsengehalt vorhanden
wäre, würden keine Vergiftungserscheinungen wahrgenommen werden. Daß es Fälle geben
kann, in denen das Arsen des Fuchsins nicht in gleicher Weise vernachlässigt werden
darf, liegt auf der Hand, und überall da, wo der Farbstoff in concentrirterer Form
angewendet wird, besonders bei Pastellfarben etc., ist auf die Beimischung der
arsenigen Säure zu fahnden. (Musterzeitung, Zeitschrift für Färberei etc., 1872, Nr.
23.)
Anfertigung von Knöpfen, Perlen, Dominosteinen etc. aus
Speckstein-Abfällen, von J. v. Schwarz in
Nürnberg.
Das bei der Speckstein-Gasbrenner-Fabrication abfallende
Speckstein-Pulver wird mit Natron- oder Kali-Wasserglas (dessen
Gradstärke sich nach der Festigkeit der darzustellenden Gegenstände richtet) in
Bottichen angerührt, tüchtig durchgemengt und einige Stunden lang stehen gelassen,
dann auf Platten getrocknet und zwischen Steinen auf's Feinste gemahlen. Aus dem so
präparirten Pulver werden die Knöpfe und Perlen mittelst einer eigens dazu
construirten Excenterpresse, welche in unserer Quelle beschrieben ist, hergestellt.
Die Größe der Knöpfe und Perlen, die Façon sowohl, als auch die Anzahl der
Löcher bei ersteren, hat durchaus keinen beschränkenden Einfluß bei der
Anfertigung.
Nachdem die Knöpfe und Perlen durch die Pressung eine ziemliche Festigkeit erlangt
haben, werden sie in feuerfesten, luftdicht verschlossenen Tiegeln gebrannt, nach
diesem ersten Brennen in Kali- oder Natron-Wasserglas gelegt, bis sie
sich vollkommen voll gesaugt haben, sodann getrocknet und wiederum in gut
verschlossenen Tiegeln geglüht. Diese Manipulation wird so lange wiederholt, bis die
Gegenstände die gewünschte Härte besitzen und sich schleifen lassen. Das Schleifen
der Knöpfe und Perlen wird mit Wasser in einem rotirenden Fasse vorgenommen.
Besitzen dieselben den gewünschten Schliff, so werden sie getrocknet und in ein
zweites Faß mit Speckstein-Pulver gebracht, welches ebenfalls eine rotirende
Bewegung erhält, wodurch die Knöpfe und Perlen in einigen Stunden die Politur
empfangen. Die Anfertigung der farbigen Knöpfe und Perlen erfolgt aus den weißen
mittelst der bekannten Färbungsmethoden durch Farbhölzer etc.
Die Fabrication der Dominosteine und Würfel geschieht gleichfalls aus dem im Eingang
beschriebenen präparirten Speckstein-Pulver Die bei diesen Gegenständen
verwendeten Pressen sind einfache Spindelpressen; die Formen, je nach Bedürfniß
geschnitten, sind entweder von Messing oder von Stahl; die weitere Behandlung der
gepreßten Sachen ist ganz dieselbe, wie bei den Knöpfen und Perlen. (Patentirt in
Bayern am 21. Mai 1864. – Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt,
1871 S. 340.)
Entfernung von Tintenflecken aus farbigen Stoffen.
Zur Entfernung von Tintenflecken aus farbigen Stoffen, welche eine Anwendung von
Säuren, wie Oxalsäure, welche Chlorkalk u. dergl. nicht vertragen, eignet sich sehr
gut eine concentrirteconcentirte Lösung von pyrophosphorsaurem Natron, womit man
den Fleck anhaltend wäscht; er weicht zwar nicht leicht, man darf indeß nicht gleich
die Geduld verlieren; alte Flecke widerstehen lange, frischen Flecken läßt sich aber
immer mit Erfolg beikommen. (Böttger's polytechnisches
Notizblatt, 1872, Nr. 13.)
Verbesserte Schreibtinte.
Ein Herr H. N. Nissen in London hat sich ein Patent auf
die Fabrication einer Schreibtinte ertheilen lassen, welche auf folgende Weise
bereitet wird. Irgend welche Tinte wird mit einer Lösung von Ferrocyankalium (gelbem
Blutlaugensalz) vermischt. Versuche, mit dieser Mischung producirte Schriftzüge von
Wechseln u.s.w. mittelst Oxalsäure oder anderer Chemikalien fortzubringen, führen
zur Bildung von Berlinerblau.