Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. , S. 487 |
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Miscellen.
Miscellen.
Wendt's patentirte
Torsions-Tragfedern.
Die Tragfähigkeit der Eisenbahnwagen ist wesentlich bedingt durch die Tragfähigkeit
der Federn und die bisher angewendeten sogen. Blattfedern haben, da die ganze Last
auf der oberen Schiene der Feder ruht, die Gefahr eines Bruches also nahe liegt, nur
eine beschränkte Tragfähigkeit. Der Ober-Locomotivführer Wendt zu Görlitz hat nun, wie die „Zeitung des
Vereines deutscher Eisenbahnverwaltungen“ mittheilt, in Preußen ein
Patent auf eine Feder für Lastwagen erhalten, die eine bedeutend höhere Tragkraft
haben und bei Weitem nicht so viel kosten soll, als die zur Zeit in Anwendung
kommenden Blattfedern. Die Direction der Berlin-Görlitzer Bahn hat bereits
einen Wagen mit jenen Federn ausgerüstet und steht im Begriff, weitere
Belastungsversuche vorzunehmen. Die Lauffähigkeit des Wagens ist nach Angabe der
Direction unbedenklich und durch die angebrachten Federstützen selbst nach dem
etwaigen Bruch einer Tragfeder noch immer gesichert.
Die Einrichtung der Wendt'schen Torsions-Tragfeder
ist folgende. Einseitig, rechts und links zu jeder Achse gehörig, hängt horizontal
eine aus bestem Rundstahl gefertigte Feder, deren zwei Arme in einem gewissen Winkel
von einander auslaufen, an einem Haken unter dem Langträger. Die äußersten Enden
beider Federarme sind lappenartig umgebogen und zwar schräg abwärts dem Inneren des
Winkels zugeneigt. Beide Lappen, welche, um nicht aufeinander zu treffen, vom Winkel
der Feder ungleich weit entfernt sind, ruhen mit ihren Endpunkten auf gußeisernen,
lose in einem Gehäuse auf der Achsbüchse eingesetzten Prismen. Diese Prismen haben
in ihrer Lagerung so viel Spielraum, wie die beiden Enden der Feder gebrauchen,
sobald sie durch die Belastung des Wagens sich verdrehen. Der Gegendruck des Wagens
wird durch einen vernieteten Bock ausgeübt, der unmittelbar hinter der Biegung der
Federarme an der unteren Fläche des Langträgers vernietet ist.
Die Abweichung der neuen Einrichtung von dem vorhandenen Blattfedersystem besteht
darin, daß die Feder auf Torsion wirkt, während die Blattfedern auf Biegung
beansprucht wurden und deßhalb leicht zum Bruch geneigt waren. Die Torsionsfeder
gestattet eine Mehrbelastung der Wagen von 20 Proc. gegen das Plattfedersystem, Sie
gewährt die größte Sicherheit gegen Bruch, ist leicht herzustellen und leicht
anzubringen. Ihre Herstellungskosten stellen sich um 40 Proc. billiger als die der
Blatt-Tragfedern.
Eine höchst wahrscheinliche Ursache der
Kesselexplosionen.
Durch die Beschreibung der Kesselexplosion in RemscheidMan sehe v. Reiche's Bericht über die
Kesselexplosion in Remscheid, im polytechn. Journal Bd. CCIII S. 85, zweites
Januarheft 1872. und die Aufführung ein Gründe, welche zu der Katastrophe geführt haben, ist
Herr Chillingworth auf eine höchst wahrscheinliche
Ursache aufmerksam geworden, welche das berüchtigte Ausblasen von Wasser aus dem
Sicherheitsventil veranlassen und durch rasche Entleerung des Kessels zur Explosion
führen könnte.
Es ist wohl kaum denkbar, daß, wenn das durch einen Kessel producirte Quantum Dampf
im Betriebe vollständig gebraucht wird, ohne irgend welche Störungen zu veranlassen,
dasselbe Quantum, wenn es aus dem Ventil abbläst, ein so starkes Aufkochen zur Folge
haben sollte, daß eine außergewöhnliche Schaumbildung hervorgebracht wird, da das
Ventil doch höchstens so viel Dampf entweichen läßt, als sonst durch das Dampfrohr
dem Kessel entzogen wird.
Dagegen erklärt sich der Vorgang sehr einfach, wenn man annimmt, daß unter der
Einmündung des Ventiles ein Wirbel im Dampfraume des Kessels entsteht, welcher,
ähnlich einer Wasserhose, das Kesselwasser in die Höhe reißt. Um einen solchen
Wirbel einzuleiten, sind die Ventilkegel mit schraubenförmig gewundenen Stegen wie
geschaffen. Außerdem ist ein aufrecht stehender cylindrischer Kessel einem solchen
Wirbel viel günstiger als ein liegender geformt, wogegen bei letzterem die Höhe des
Dampfraumes bedeutend geringer ist.
Beim ungestörten Betriebe kann dieser Zustand weniger leicht eintreten, da die
Dampfrohre schon immer mit so weitem Querschnitt construirt sind, daß das
betreffende Dampfquantum ohne zu große Geschwindigkeit sich fortbewegen resp. in das
Rohr eintreten kann. Bei plötzlichem starken Dampfverbrauch, veranlaßt durch Platzen
eines Rohres oder bei einem ähnlich wirkenden Unfall, wird außer einem starken
Aufkochen des Wassers außerordentlich leicht unter der Einmündung des Rohres in den
Kessel ein solcher Wirbel entstehen; sowie aber das betreffende Rohr vom Kessel
abgeschlossen ist, ist kein Grund zur Annahme eines heftigen Aufkochens mehr
vorhanden, selbst dann nicht, wenn aller Dampf aus dem Sicherheitsventil entweichen
müßte. Es muß sogar eine entstandene Schaumbildung während der Zeit bis zum Anfang
des Abblasens aus dem Sicherheitsventil wieder verschwunden seyn, und ist ein
Mitreißen von Wasser nur durch eine wirbelähnliche Erscheinung zu erklären.
Um einen Wirbel zu vermeiden oder doch auf jeden Fall unschädlich zu machen, könnte
in passender Entfernung von der Einmündung des Dampfrohres oder Ventiles im Inneren
des Kessels eine Blechscheibe befestigt werden, von etwa doppeltem Durchmesser des
Rohres, welche den Dampf zwingen wird, statt gerade in das Rohr zu streichen, in
seitlicher Richtung und zwischen Scheibe und Kesselwand noch mit mäßiger
Geschwindigkeit sich nach der Rohrmündung oder nach dem Ventil zu bewegen, und wird
ein entstehender Wirbel sich höchstens bis auf die Blechscheibe fortpflanzen können.
(Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1872, Bd. XVI S. 256.)
Ueber Mushet's Specialstahl; von
Prof. Fr. Kick in Prag.
In der Wochenversammlung des deutschen polytechnischen Vereines vom 1. März d. J.
theilte ich über diese neue Stahlsorte Folgendes mitTechnische Blätter, Jahrgang 1872, I. Heft S. 71.
„Der Mushet-Stahl hat vermöge seines
bedeutenden Gehaltes an Wolfram eine große natürliche Härte und einen fein
muscheligen Bruch. Die aus ihm hergestellten Werkzeuge sind nur ungehärtet zu
verwenden, da diese Stahlsorte keine Härtung verträgt. Die vorgenommenen
Schmiedeproben ergaben, daß dieser Stahl sich schwierig bearbeiten läßt. Das aus ihm hergestellte Werkzeug (Messer
für eine Metallhobelmaschine) hielt die Schneide weit weniger lang, als ein
gewöhnliches, gehärtetes Gußstahlmesser, und ein Meißel zeigte sich bei den
ersten Schlägen unganz, sowie sich auch bei den Schmiedeproben letztere üble
Eigenschaft mehrfach zeigte.“
Nach vorstehenden Versuchsergebnissen mit dieser Stahlsorte, welche durchaus nicht zu
Gunsten derselben sprechen, komme ich nochmals auf diesen Stahl zurück, dessen
prächtiger Bruch und silberheller Klang sehr für ihn einnehmen, da die
„Mittheilungen des Gewerbevereines für Hannover“ S. 92
(daraus im polytechn. Journal Bd. CCIV S. 477) eine Mittheilung des Herrn Prof. Heeren enthalten, die das Entgegengesetzte von dem sagt,
was ich beobachtete. Allerdings stützt sich Prof. Heeren
nicht auf eigene Beobachtung, sondern sein Gewährsmann ist der Maschinenfabrikant
Knövenagel, doch dadurch gewänne der Ausspruch
„Werkzeuge von Specialstahl, namentlich zu Hobelmaschinen, Drehstähle
und ähnliche auf Eisen, namentlich auf die harte Kruste gegossener Stücke angewandte Instrumente,
behalten in wunderbarer Weise ihre Schärfe“ nur an Glaubwürdigkeit,
da dieß zu entscheiden eben Sache der Praxis ist. Bei den in Gegenwart des Herrn
Directors Müller und des Verfassers in der Ringhoffer'schen Maschinenfabrik durchgeführten Versuchen
wurde ein gegentheiliges Resultat erhalten. Der mit aller Vorsicht behandelte Stahl
zeigte sich beim Schmieden stellenweise unganz (ein Stück
zeigte einen fast zwei Zoll langen Riß); der aus Mushetstahl geschmiedete Meißel hielt die Schläge bei der Verwendung nicht
aus, sondern splitterte; das Messer, welches für eine
Hobelmaschine geschmiedet wurde, auf welcher gerade Gußstahlschienen für Weichen
behobelt wurden, hielt die Schneide weit schlechter als
das sonst verwendete Gußstahlmesser von ganz gleicher Form. Woher diese
verschiedenen Resultate?
Wenn die von Knövenagel ausgeführten Versuche bei nöthiger
Wahrung vor Täuschung durchgeführt wurden, so können nach Ansicht des Referenten nur
zwei Ursachen so sehr abweichende Ergebnisse liefern. Entweder liegt die Ursache des
verschiedenen Resultates in abweichender Behandlung des Stahles beim Schmieden, oder
in ungleicher Qualität. Nachdem bei den hiesigen Versuchen nur ganz dunkle
Rothglühhitze gegeben wurde, wie es Mushet vorschreibt
(diese Vorschrift wird aber auch in Hannover beobachtet worden seyn), nachdem sich
ferner nacht annehmen läßt, daß in der Schmiedekohle hier der Fehler liegt, da
dieselbe Kohle für allen anderen Zeugstahl benutzt wird, – so dürfte letztere
Ursache die wahrscheinliche seyn. Hierfür spricht die Differenz in der Analyse Heeren's und der hier durchgeführten. Heeren gibt an, 8,3 Proc. Wolfram und 1,73 Proc. Mangan
gefunden zu haben. Hingegen wurden bei den Analysen, welche im Laboratorium meines
geehrten Collegen Dr. Gintl,
von diesem und dem Herrn Assistenten Janowsky
durchgeführt wurden, nachstehende, von Heeren's Angabe
nicht unwesentlich abweichende Resultate erhalten:
Textabbildung Bd. 205, S. 489
Analyse; Janowsky's; Dr. Gintl's; im Mittel; Eisen (gewichtsanalytisch bestimmt); Mangan;
Wolfram; Silicium (aus der unlöslichen Kieselsäure); Silicium (aus der löslichen
Kieselsäure); Phosphor; Spur; Schwefel; Kohlenstoff; Titan
Prof. Gintl bemerkte zu dem Resultate, daß die Differenz +
0,013 ihre Erklärung darin findet, daß die scharfe Bestimmung des Wolframs unter den
gegebenen Verhältnissen nicht thunlich war und die Menge desselben höchst
wahrscheinlich etwas zu hoch gefunden seyn dürfte.
Wir sehen übrigens aus diesen Analysen, daß wir es mit dem längst bekannten Wolframstahl zu thun haben, von dessen vorzüglichen
Eigenschaften bei seinem Bekanntwerden auch viel gesprochen wurde und der sich doch
seiner zu großen Sprödigkeit wegen keine bleibende Beliebtheit errang. Nach unseren
Versuchen zu schließen, wird es dem Umgetauften nicht besser ergehen, er blieb doch
der Alte. (Technische Blätter, Jahrg. 1872, II. Heft, S. 122.)
Ueber Reduction des Thalliums aus dem Chlorür; von Professor
F. Wöhler.
Bei der von mir in den Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXLII S. 263 (daraus im
polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXV S. 243) angegebenen Gewinnungsweise des
Thalliums läßt sich die Darstellung des Metalles dadurch vereinfachen, daß man es
unmittelbar aus dem Chlorür durch Schmelzen mit kohlensaurem Alkali und Kohle
reduciren kann. Auf 20 Gewichtstheile Chlorür nimmt man 8 Gewichtstheile trockene
Soda und 1 Gewichtstheil Kienruß, welche man innig mit einander vermischt und in
einem Thontiegel bei mäßiger Rothglühhitze zusammenschmilzt. Immer findet dabei ein
kleiner Verlust statt, indem anfänglich etwas Chlorür dampfförmig entweicht, selbst
wenn man die Masse mit einer Lage von Soda bedeckt hat. Vielleicht läßt sich dieß
vermeiden, wenn man das Gemenge zuerst mit Wasser zu einem Brei anrührt, dann wieder
eintrocknet und nun schmilzt. (Annalen der Chemie und Pharmacie, 1872, Bd. CLXIV S.
74.)
Ueber Lösung des Kupferoxydes in Kali.
Prudhomme hat beobachtet, daß Kupferoxyd, bei Gegenwart
von Chromoxyd, in Kali löslich ist, und daß umgekehrt letzteres Oxyd sich bei
Gegenwart von Kupferoxyd in Ammoniak auflöst. (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1872, Nr. 7.)
Weißer Anstrich auf Metallflächen; von Dr.
Sels in Neuß a. Rh.
Allgemein ist der Uebelstand bekannt, daß durch Hitze, namentlich von Gasflammen,
weiße mit Oelfarbe angestrichene Lampenschirme, Zimmerdecken etc. bald braun werden,
indem die organischen Theile der Farbe verbrennen.
Um nun einen haltbaren Anstrich zu erhalten, nehme man reines fein pulverisirtes
Zinkweiß (Zinkoxyd), mische dieses mit einer Natron-Wasserglas-Lösung
von 40 bis 50° Baumé zu einer mit einem Pinsel leicht auftragbaren,
der gewöhnlichen Oelfarbe gleichen Consistenz; die anzustreichende Metallfläche
putze man vorher rein und beize sie bei Zink und einigen anderen Metallen mit
Salzsäure; darauf wasche man mit Wasser ab und überstreiche dieselbe mehrmals mit
der Zinkwasserglasfarbe, bis der Anstrich gehörig gedeckt hat. Zwischen jedem
Anstrich muß man einige Zeit warten; es dauert dieß jedoch nicht lange, da die Farbe
bald trocknet. Hat man größere Flächen z.B. Zimmerdecken zu streichen, so mische man
nicht zu viel Farbe auf einmal, da dieselbe durch chemische Verbindung in sich dick
und trocken wird.
Dieser von organischen Theilen freie Anstrich bleibt auch bei großer Hitze blendend
weiß und wird nur durch mechanisch abgelagerte Staub- und Lampenrußtheile
unrein; er haftet fest und ist jedem mit Oelfarbe erzielten wegen seiner Schönheit,
Haltbarkeit und Billigkeit vorzuziehen.
Durch Zusatz von anderen Mineralfarben kann man dem Weiß einen anderen Ton geben.
Prüfung von Jodkalium auf jodsaures Kali.
Hierzu schlägt E. Schering Weinsäure vor. Jodkalium,
welches jodsaures Kali enthält, wird bekanntlich mit Salzsäure gelb; war indeß die
Salzsäure nicht chlorfrei, so zeigt auch reines Jodkalium diese Färbung. Dieser
Irrthum wird vermieden, wenn man in die Lösung des Salzes einen Krystall von
Weinsäure bringt; bei Gegenwart von jodsaurem Kali bildet sich dann bald eine gelbe
Zone um den Krystall. (Wittstein's Vierteljahresschrift,
Bd. XX S. 592.)
Ueber Schwarzfärbung des Paraffins und anderer
Leuchtmaterialien; von Prof. Böttger.
Den Wachs- , Stearinsäure- und Paraffinkerzen-Fabrikanten ging
bisher ein Mittel ab, ihre Fabricate auf eine einfache und zugleich die Leuchtkraft
derselben nicht beeinträchtigende Weise intensiv schwarz zu färben. Dem Wunsche,
solche schwarze Kerzen
für gewisse Zwecke, z.B. bei Leichenfeierlichkeiten u.s.w. zur Verwendung zu
bringen, konnte daher nicht entsprochen werden. Man erreicht aber den genannten
Zweck auf eine sehr einfache Weise dadurch, daß man die genannten Kerzenmateriale in
einem passenden Gefäße durch Wärme in Fluß bringt, und dasselbe dann einige Minuten
lang mit gröblich zerstoßenen oder zerquetschten Anacardiumnüssen (der Frucht von
Anacardium orientale) digerirt. Diese Nüsse
enthalten ein flüssiges vegetabilisches Fett von schwarzer Farbe, welches sich innig
mit dem Kerzenmaterial verbindet, ohne dessen Leuchtkraft im mindesten zu
beeinträchtigen. (Jahresbericht des physikalischen Vereines zu Frankfurt a. M. für
1870–1871, S. 15.)
Die Anfertigung einer den kräftigsten chemischen Agentien
widerstehenden schwarzen Stempelfarbe zum Bedrucken leinener und baumwollener
Gewebe; von Prof. Böttger.
Das in dem Saft der Anacardiumnüsse enthaltene flüssige vegetabilische Fett gestattet
eine sehr nützliche Verwendung zum Bedrucken leinener und baumwollener Gewebe,
insofern die Farbe dieses Fettes weder durch Alkalien noch durch Säuren im mindesten
an Intensität verliert, ja durch erstere sogar an Schwärze noch gewinnt. In der
geeignetsten Form als Stempelfarbe zum Bedrucken von weißem Geräth erhält man die
Masse, wenn man die gröblich zerstoßenen Anacardiumnüsse mit sogenanntem
Petroleumäther (dem flüchtigsten Theile des amerikanischen Petroleums) in einem
verschlossenen Glase bei mittlerer Temperatur einige Zeit digerirt und hierauf das
sehr flüchtige Lösungsmittel an freier Luft wieder verdunsten läßt. Bedruckt man mit
der resultirenden syrupdicken Stempelfarbe leinene oder baumwollene Gewebe, so
erscheinen die bedruckten Stellen anfangs nicht sogleich schwarz, sondern meist nur
schmutzig braungelb; benetzt man sie aber hierauf mit Salmiakgeist oder mit
Kalkwasser, so sieht man sie augenblicklich in tief schwarzer Farbe hervortreten,
welche nicht bloß einer gesättigten Chlorkalklösung völlig widersteht, sondern auch
bei Behandlung mit einer Cyankaliumlösung, mit Aetzkali, Säuren aller Art u.s.w.
nicht im mindesten an Farbenintensität einbüßt. (Jahresbericht des physikalischen
Vereines zu Frankfurt a. M. für 1870–1873, S. 19.)
Zur Theorie des Alaunirens der Wolle.
Paul Havrez, Professor an der Gewerbeschule zu Verviers,
hat neuerdings Untersuchungen über den Einfluß des Alaunes beim Ansieden auf die
Wolle ausgeführt. Dabei fand er, daß kleine Mengen Alaun die Wirkung haben, im
Inneren der Wollfaser Thonerdehydrat abzulagern, daß aber bei Anwendung größerer
Mengen Alaun die abgelagerte Thonerde wieder aufgelöst wird, und die Wolle sich also
bei Behandlung mit größeren Mengen Alaun weniger tief und auch weniger lebhaft
färbt, als bei Behandlung mit geringen Mengen. Die Einwirkung des Alaunes ist eine
stärkere, wenn das Bad heiß und wenn es längere Zeit angewendet wird. Havrez glaubte die Ursache dieser Erscheinung im
Vorhandenseyn von Kalk im gewöhnlichen Wasser erklären zu können, welcher kleine
Mengen Alaun zersetzt, während größere Mengen natürlich ihre saure Eigenschaft
unbeeinträchtigt von dem geringen Kalkgehalt behalten. Der Kalk im Wasser übt nach
seinen Erfahrungen denselben Einfluß wie eine Verminderung des Beizmittels, das
heißt, er nimmt eine Quantität Alaun fort und macht denselben für die Beizung
unwirksam. Da man auch annehmen konnte, es rühre die auffallende Wirkung einer
kleinen Menge Alaun, gegenüber einer großen, von der kleinen Menge Alkali her,
welches die Wolle in Gestalt von Soda oder Seife aus der Wäsche mitbrachte, oder
welches sich in der Wolle selbst als Ammoniak entwickelt, so wusch Havrez die Wolle vorher mit schwach salpetersäurehaltigem
Wasser, fand jedoch, daß auch in diesem Falle eine Zersetzung des Alaunes und
Ablagerung von Thonerdehydrat im Inneren der Faser stattfand und die
niedergeschlagene Thonerdemenge eine kleinere war. Die Zersetzung des Alaunes wird
offenbar durch die Wolle selbst bewirkt. Nach Reimann's
Ansicht entsteht durch Dialyse eine Trennung der einzelnen Elemente des Alaunes. Wahrscheinlich wird
sich aus der schwefelsauren Thonerde im Alaun basisch-schwefelsaure Thonerde
abscheiden, während der Ueberschuß an Säure in dem umgebenden Wasser bleibt. Da
Wasser kleinen Säuremengen gegenüber die Rolle einer Basis spielt, so hat es nichts
Auffallendes, daß die umgebende kleine Menge Schwefelsäure keinen lösenden Einfluß
auf die im Inneren der Faser abgelagerte basisch-schwefelsaure Thonerde
ausübt. Letztere wird mit der Zeit in beständiger Berührung mit Wasser noch einen
Theil ihrer Schwefelsäure fahren lassen und so ein nur mit ganz wenig Säure
verbundenes Thonerdehydrat darstellen. Sind indessen größere Mengen Alaun in der
Lösung vorhanden, so hindern diese die Ausscheidung der
basisch-schwefelsauren Thonerde sehr bedeutend, indem sie dieselbe, sobald
sie niedergeschlagen, wieder auflösen und damit die bekannten basischen
Alaunverbindungen geben. Daraus scheint die ganze oben erwähnte Beobachtung leicht
erklärlich.
Die von Havrez gemachten Beobachtungen entsprechen
vollkommen den Erfahrungen, welche man bisher in der Praxis machte. Jeder
Wollenfärber weiß, daß die Beizung mit Alaun, wie überhaupt die Anwendung von
Beizmitteln, nur bis zu einer gewissen Grenze für den Färbeproceß günstig ist.
Darüber hinaus werden die Farben weniger dunkel und weniger schön. Im Allgemeinen
nimmt man an, daß beim Ansieden mit Alaun ein Zehntel von der Menge der zu färbenden
Wolle an Alaun genommen werden muß. Zum Färben von 30 Pfd. Wolle sind demnach 3 Pfd.
Alaun nothwendig. Diese 30 Pfd. Wolle lassen sich in einem Kessel färben, welcher 50
Eimer Wasser faßt, so daß die zum Färben von 30 Pfd. Wolle nöthige Menge Wasser etwa
1500 Pfd. ausmacht. In diesem sind dann 3 Pfd. oder 1500 Gramme Alaun aufgelöst, so
daß die Lösung 1/500 oder 1/20 Proc. Alaun enthält. Besonders interessant ist die
Havrez'sche Arbeit wegen der Feststellung der
Thatsache, daß große Mengen Beize einen ungünstigen Einfluß auf die Färbung ausüben,
eine Beobachtung welche dem Färber nicht warm genug an's Herz gelegt werden kann, da
häufig genug in Verschwendung von Beizmitteln gesündigt wird. Außer dem hier
erwähnten Uebelstande tritt bei Anwendung von viel Alaun das sogen.
„Storrwerden“ der Wolle ein, und wenn nach Behandlung in
stark alaunhaltigen Bädern nicht sehr gut gespült wurde, sogar ein starkes Stäuben.
Man ist in diesem Falle durch nachträgliches Spülen nicht mehr im Stand, die im
Inneren der Faser abgelagerte Thonerdeverbindung völlig zu entfernen. (Reimann's Färberzeitung, 1872, Nr. 32.)
Neues Haarzerstörungsmittel; von Prof. Böttger.
Als ein außerordentlich wirksames, vollkommen geruchloses Haarzerstörungsmittel haben
wir das Natriumsulfhydrat erkannt. Dasselbe greift noch
weit energischer die Haarsubstanz an, als das von uns vor 34 Jahren zu diesem Zweck
empfohlene, unangenehm nach Schwefelwasserstoffgas riechende Calciumsulfhydrat. Man erhält das neue Haarzerstörungsmittel in einer sehr
passenden Form, wenn man 1 Gewichtstheil krystallisirtes Natriumsulfhydrat mit 3
Gewichtstheilen feiner Schlämmkreide (kohlensaurem Kalk) zu einem feinen Pulver
innigst zusammenreibt. Feuchtet man dieses Gemisch, welches sich unbegrenzt lange,
ohne eine Zersetzung zu erleiden, in wohlverschlossenen Gläsern aufbewahren läßt,
mit einigen Tropfen Wasser zu einem dicken Breie an, und trägt solchen in
Messerrücken dicker Lage z.B. auf ein mit Haaren bewachsenes Fell, so sieht man
schon innerhalb weniger Minuten das dickste Haar in eine weiche, durch Wasser leicht
von der Haut zu entfernende Masse sich verwandeln. Bei längerer Einwirkung findet
selbst eine Corrosion der Haut statt. (Jahresbericht des physikalischen Vereines zu
Frankfurt a. M. für 1870–1871, S. 18.)
Anwendung der Carbolsäure bei der Lederbereitung; von Baudet.
In der Weißgerberei kommt es besonders im Sommer während der Gewitter vor, daß die
Kleienbeize umschlägt und die darin liegenden Häute, wenn sie nicht schleunigst entfernt werden,
mürbe werden, indem das Fasergewebe eine beginnende Zersetzung erleidet. Durch
Zusatz von 1/4 bis 1/2 Gramm Carbolsäure per Liter der
Kleienbrühe beugt man diesem Unfalle vor, und die Häute können auch im Sommer
hinreichend lange Zeit in der Beize liegen bleiben, ohne anzugehen.
Sind Häute in gewöhnlicher Beize dem Verderben schon nahe gekommen, so genügt es, sie
mit Wasser, welches 1 1/2 bis 2 Grm. Carbolsäure im Liter enthält, tüchtig zu
bearbeiten, um der Fäulniß sofort Einhalt zu thun. Die Gefäße müssen bei längerer
Aufbewahrung geschlossen seyn. In ähnlicher Absicht soll man der bei der
französischen Weißgerberei gebräuchlichen „Nahrung“ der Häute
2/1000 bis 3/1000 Carbolsäure zusetzen, um dem zu starken Erhitzen der mit der
Nahrung versehenen Häute beim Lagern derselben entgegenzuwirken, und ebenso soll das
getrocknete Leder vor dem Stollen mit carbolsäurehaltigem Wasser befeuchtet
werden.
In der Sämischgerberei wird außerdem noch das der Haut einzuverleibende Fett mit
4/1000 bis 7/1000 Carbolsäure vermischt. Rauchwerk wird ebenfalls mit Hülfe der
Carbolsäure gegerbt; entweder taucht man die Felle in eine 1procentige
Carbolsäurelösung, oder man setzt sie den Dämpfen der Carbolsäure in Schwitzkästen
aus; man soll hierdurch auch dem Wurmfraß des Pelzwerkes vorbeugen.
Lohgares Leder, besonders das dicke Sohlen- und Geschirrleder, ist in Stößen
aufbewahrt, zuweilen dem Verderben, wie Beschlagen, Stockigwerden ausgesetzt.
Man hat es nun, wenn es trocken geworden und geklopft werden soll, erst mit einer
4/1000 bis 8/1000 starken wässerigen Carbolsäurelösung zu imprägniren, wodurch es
haltbar wird und außerdem, was ein Vortheil für die Lederfabrikanten ist, immer
durch einen größeren Feuchtigkeitsgehalt ein vermehrtes Gewicht behält.
Handschuhleder wird durch Beimischung von Carbolsäure zu den verschiedenen
Gerbflüssigkeiten nicht nur vor dem Stockigwerden u.s.w. bewahrt, sondern es bleibt
bei dem Trocknen auch sehr geschmeidig und weich.
Schwarzes Glacéleder wird durch die Anwendung von Carbolsäure rein glänzend,
ohne fettiges Aussehen, erlangt sammetartige Weichheit und erhält selbst auf dem
Seetransporte oder bei anderer feuchter Aufbewahrung keine Stock- und
Schimmelflecke. Nicht mit Carbolsäure behandelte Lederwaaren, z.B. Handschuhe,
sollen auf dem Seetransport u.s.w. wenigstens in mit Carbolsäurelösung getränkten
und wieder getrockneten Stoffen verpackt werden.
Auch bei der Anfertigung des Goldbronzeleders ist die Carbolsäure zu verwenden, um
dem Ausschlagen der fertigen Leder, d.h. dem Erscheinen einer dunkelrothen oder
schwarzen trüben Färbung auf der Bronzirung, vorzubeugen. In allen Fällen soll die
Wirkung der Carbolsäure in einer Tödtung der Fermente, Schimmelpilze und Infusorien
bestehen. (Gerber-Courier, 1872 S. 250.)
Ueber Carbolsäure als Desinfectionsmittel.
Von der Voraussetzung ausgehend, daß die Vorgänge der Fäulniß, Gährung und
Fermentation von der Anwesenheit gewisser lebendiger niedriger Organismen abhängen,
untersuchte P. C. Plugge (Archiv für Physiologie)
zunächst den Einfluß der Carbolsäure auf größere und kleinere Infusorien, wie sie
sich in faulenden Heuaufgüssen, stagnirenden Gewässern und im Froschdarm vorfinden.
Dabei stellte sich das constante Resultat heraus, daß größere Organismen in
Carbolsäure schneller zu Grunde gehen als kleinere und daß, um alle in derartigen
Flüssigkeiten lebenden Organismen zu tödten, die angewendete Carbolsäure zum
mindesten eine Concentration von 1 Proc. besitzen muß. Was den Einfluß dieses
Mittels auf die Fäulniß betrifft, so bestätigten Versuche, welche Plugge mit faulendem Fleisch, Brod etc. anstellte, die
längst bekannte fäulnißwidrige Wirkung desselben. Ebenso weist Plugge auf's Neue durch Versuche nach, daß sowohl die Gährung des Harnes
als auch die Hefepilzgährung durch Carbolsäure vereitelt oder wenigstens gehemmt
werden kann; ebenso verhält es sich mit der Buttersäure-Gährung der Milch.
Bei Vergleichung der verschiedenen uns heute zu Gebote stehenden Desinfectionsmittel
findet Plugge, daß weder Eisenvitriol noch Chlorkalk sich
mit der Carbolsäure messen können. Von dem Eisenvitriol und dem Chlorkalk weist er
nach, daß sie in der Menge, wie sie als Desinfectionsmittel in der Praxis anwendbar
sind, die Fäulniß gar nicht beeinflussen. Auch das übermangansaure Kali ist zwar geeignet, kleine
Fäulnißherde schnell unschädlich zu machen, in großen aber bei Weitem nicht im
Stande, die Fäulniß und Pilzbildung auf die Dauer hintanzuhalten. Selbst die
Mineralsäuren stehen in ihrer desinficirenden Wirkung der Carbolsäure nach und haben
außerdem den Nachtheil, daß sie metallene Gefäße und steinerne Wände angreifen, was
die Carbolsäure ebenfalls nicht thut. Daß letztere auch hinreichend flüchtig ist, um
bei Räucherungen etwas zu leisten, wurde dadurch bewiesen, daß ein unter einer
Glasglocke zugleich mit einer offenen Schale voll Carbolsäure aufgestellter
Brodaufguß in Wochen nicht faulte, während ein anderer in dieser Zeit ohne
Anwesenheit von Carbolsäure hochgradige Fäulnißerscheinungen zeigte. Wenn daher auch
die Carbolsäure wegen ihrer Heftigkeit nur mit einer gewissen Vorsicht angewendet
werden darf, so verdient sie doch den Vorzug vor allen anderen Desinfectionsmitteln.
(Deutsche Industriezeitung, 1872, Nr. 34.)
Unterscheidung vom Kreosot und Carbolsäure.
Aechtes Buchenholztheer-Kreosot ist unlöslich oder doch fast unlöslich in Glycerin; Carbolsäure hingegen löst sich darin in allen
Verhältnissen. Wenn eine größere Menge von Karbolsäure dem ächten Kreosot beigemengt
ist, so wird hierdurch auch das Kreosot in Glycerin löslich gemacht. (Aus the Chemist and Druggist, durch Archiv der Pharmacie, Bd.
CCI S. 78.)
Ueber Salzen des Fleisches; von Prof. Dr. Neßler.
Im Folgenden will ich zwei Fragen beantworten, welche schon hier und da an mich
gestellt wurden: 1) In welchem Verhältniß zu einander und in welcher Menge verwendet
man Salz, Zucker und Salpeter beim Salzen des Fleisches? 2) Ist es besser, das Salz
oder die Salz- und Zuckermischung zu einer sogen. Lake auszulösen oder das
fein zerriebene Salz trocken anzuwenden? Eine Mischung, die sich ganz gut bewährt
hat und besonders in England gewöhnlich angewendet werden soll, besteht für den
Centner Fleisch aus 6 Pfund Salz, 3 Loth Salpeter und 1 Pfund Zucker. Soll mittelst
Lake gesalzen werden, so wird diese Mischung in 36 Pfd. oder 12 Maaß Wasser
aufgelöst. Für 1 Pfd. Salz rechnet man also 6 Pfd. oder 2 Maaß Wasser.
Der Salpeter hat die Eigenschaft, das Fleisch schön roth zu machen, außerdem trägt er
aber wahrscheinlich zur Haltbarkeit des Fleisches bei. In Norddeutschland verwendet
man zuweilen allein oder mit sonstiger Salzlake eine sogen. Salpeterpökelbrühe, die
aus 4 Loth Salpeter und 14 Maaß Wasser besteht. Bei der Menge Salpeter, die man zum
Salzen anwendet, muß man indeß vorsichtig seyn, denn in medicinischer Beziehung ist
derselbe durchaus nicht so wirkungslos, wie man oft annimmt. Irgend erhebliche
Mengen dieses Salzes zum Fleisch verwendet, können eine nachtheilige Wirkung auf den
ausüben, der von dem Fleisch genießt. Es ist mir wiederholt vorgekommen, daß
Bekannte von mir in Folge des Genusses von stark mit Salpeter gesalzenen Schinken
sich unwohl fühlten. Ich erinnere mich z.B. eines Falles, wo von mehreren Herren,
die mit mir in einem Wirthshaus waren, keiner mehr Schinken oder geräuchertes
Fleisch essen wollte, weil man sich immer unwohl darauf fühlte. Schon das Aussehen
zeigte, daß zu viel Salpeter verwendet wurde.
Aus diesem Grunde ist es auch nicht zweckmäßig, wie es zuweilen geschieht, beim
Schinken die Theile in der Nähe des Knochens, die bekanntlich dem Verderben am
meisten ausgesetzt sind, mit gar zu viel zerstoßenem Salpeter einzureiben, weil dann
in jenes Fleisch zu viel Salpeter eindringt.
Sobald zu viel Salpeter angewandt wird, wird ferner das Fleisch härter, zäher, was
man wohl in den meisten Fällen nicht beabsichtigt. An einzelnen Orten indeß freut
man sich, wenn das Fleisch zähe wird, und läßt es zu dem Zweck recht lange im Rauch
hängen, damit man – nicht zu viel davon esse.
Der Zucker hat entschieden eine günstige Wirkung: das Fleisch wird nicht so hart und
bleibt saftiger.
Soll man das Fleisch bloß einsalzen, oder soll man jene Mischung in Wasser auflösen
und über das Fleisch gießen?
Wenn man ersteres Verfahren wählt, muß man sehr vorsichtig seyn. In den meisten
Fällen bedeckt sich das Fleisch nicht ganz mit Brühe. Da diese Brühe vom oberen
Fleisch immer wieder schnell abfließt und da ferner das Fleisch, das nicht mit Salz
oder mit Brühe in Berührung ist, nicht gut gesalzen wird und leichter verdirbt, so
muß man sehr sorgfältig die Brühe öfter wieder oben aufgießen; wird dieses
Wiederaufgießen der Lake nachlässig besorgt, so kann Schaden daraus erwachsen.
Wenden wir Salz unmittelbar an, d.h. machen wir keine sogenannte Lake, so wird durch
das Salz der Saft des Fleisches herausgezogen. Die entstehende Brühe ist also die
allerstärkste Fleischbrühe, die für den etwaigen Gebrauch nur zu stark gesalzen
ist.
Stellen wir eine Lake dar, d.h. lösen wir das Salz in Wasser auf, so wird weniger
Saft des Fleisches herausgezogen und das Fleisch wird doch gesalzen; zudem kann man
obigen Mißstand, daß das obere Fleisch nicht in Brühe ist, sehr leicht dadurch
beseitigen, daß man mehr Lake aufgießt.
Im Allgemeinen dürfte also das Einsalzen mit Lake zweckmäßiger seyn, als das
Einsalzen mit Salz oder einer Mischung von Salz, Salpeter und Zucker, wobei die Lake
sich erst auf Kosten der Brühe des Fleisches bildet. Einen Vortheil hat indeß
letzteres Verfahren doch auch. Bei dem späteren Räuchern ist Hauptaufgabe, die
Feuchtigkeit zu entfernen, d.h. das Fleisch bis auf einen gewissen Grad
auszutrocknen. Wenden wir trockenes Salz an, so wird durch dieses schon eine ganz
erhebliche Menge Wasser herausgezogen, das Räuchern, d.h. das Austrocknen des
Fleisches, wird später um so rascher vor sich gehen. Wenn wir also mittelst Lake
salzen, so müssen wir nachher um so sorgfältiger für rascheres Austrocknen, also für
einen guten Luftzug beim Räuchern sorgen.
Zu Zeiten, wo man befürchten muß, daß während des Räucherns das Fleisch schon beginnt
schlecht zu werden, also im Spätjahr oder gegen das Frühjahr hin, dürfte es sich
wohl empfehlen, beide Methoden miteinander zu verbinden, d.h. das abgetrocknete
Fleisch mit Salz einzureiben, trocken einzusalzen und einige Tage stehen zu lassen,
bis ein Theil des Wassers herausgezogen ist, sich also Lake gebildet hat; hierauf
wird noch so viel von der oben angegebenen Lake aufgegossen, bis das Fleisch ganz
damit bedeckt ist.
Durch das trockene Einsalzen wird das Wasser aus dem Fleisch herausgezogen Von der
aus Salz, Zucker, Salpeter und Wasser dargestellten Lauge braucht man nur noch
wenig, so daß das Fleisch zur Zeit, wo man es aus der Lake nimmt, auch weniger
Wasser enthält, also beim Räuchern schneller genügend austrocknet, als wenn man das
Fleisch nur mit Salz etwas einreibt und dann mit Lake übergießt. Auf der anderen
Seite wird durch das Nachgießen von etwas Lauge erreicht, daß das Fleisch mit Lake
bedeckt ist, was bei dem Einsalzen nur mit trockenem Salze nicht der Fall ist.
(Wochenblatt des landwirthschaftlichen Vereines für Baden.)
Ein natürliches Wetterglas; von L. Hermann.
Ein solches Wetterglas gibt meinen Erfahrungen zufolge der Blutegel ab. Ich habe stets einen Blutegel in einer 1 Pfund Wasser
haltenden Glasflasche in meinem Fenster stehen und kann versichern, daß derselbe das
Wetter bisher untrüglich angezeigt hat. Die Flasche ist drei Viertel hoch mit Wasser
angefüllt und wird mit dem Wasser im Sommer alle 8 Tage, im Winter alle 14 Tage
gewechselt. Die Oeffnung der Flasche ist mit einem Stückchen grober Leinwand
überbunden.
Liegt der Blutegel früh ohne alle Bewegung auf dem Boden des Glases und rollt sich
wie eine Schnecke zusammen, so tritt anhaltendes schönes und heiteres Wetter, sowohl
heiteres Sonnenwetter, als heiteres Frostwetter ein. Ereignet sich Regen oder
Schnee, so kriecht der Blutegel bis in den Hals der Flasche und bleibt daselbst so
lange sitzen, bis die Witterung wieder heiter wird. Tritt Wind ein, so schwimmt das
Thier außerordentlich geschwind im Wasser hin und her und wird nicht eher wieder
ruhig, bis der Wind wirklich eintritt. Einige Tage vor einem starken Gewitter, mit
Sturm und Regen verbunden, hält sich der Blutegel stets außer dem Wasser auf, ist
äußerst unruhig und wirft sich heftig, gleichsam als hätte er convulsivische
Anfälle, hin und her. (Aus der Wochenschrift „Die
Hausfrau“.)
Nachweisung der Blausäure bei Vergiftungen.
Nach Almén in Upsala („Aus der
Natur“) wird der Geruch der Blausäure durch den Leichengeruch oft so
verdeckt, daß darauf wenig Gewicht zu legen ist. Dagegen ist die Guajakreaction
(Papier mit Kupfervitriol und Guajaktinctur bestrichen, wird von Blausäure gebläut)
als Voruntersuchung zu empfehlen, da sie so empfindlich ist, daß, wenn sie negativ
ausfällt, auch die weitere Untersuchung auf Blausäure überflüssig wird. Für sich
allein ist aber diese Methode nicht beweisend. Man hat sich zuerst zu vergewissern,
daß keine Ferro- oder Ferridcyanverbindungen vorhanden sind, was man durch
Eisenoxyd- und Eisenoxydullösungen ersieht, welche kein Berlinerblau geben
dürfen. In diesem Falle macht man die Masse, wenn sie alkalisch reagirt, mit einer
Säure sauer, und destillirt sie in einem Bade von Chlorcalcium oder besser von
Paraffin. Man muß auch bei nur geringen Mengen von Blausäure, die Destillation nicht
zu früh unterbrechen. Von den verschiedenen Reactionen auf Blausäure ist die
Rhodanreaction die empfindlichste, wenn sie auf folgende Weise angestellt wird. Man
setzt dem Destillat zuerst ein wenig Natronlauge, dann Schwefelammonium zu und
verdunstet im Wasserbade zur Trockne. Es bildet sich dann Natriumrhodanür, welches
nicht wie das Ammoniumrhodanür merklich flüchtig bei 100° C. ist. Man löst
den Rückstand in Wasser, macht mit Salzsäure sauer und läßt einige Minuten stehen,
damit schweflige Säure und Schwefelwasserstoff entweichen. Eisenchlorid gibt dann
eine intensive und dauernde Röthung von Eisenrhodanid. Man kann so noch 1 Th.
Blausäure in 2 Millionen Th. Masse nachweisen. Bei einem solchen Vergiftungsfalle
zeigte das Gehirn einen größeren Blausäuregehalt, als der Mageninhalt.
Nicht ganz so empfindlich, aber sicher ist die auf der Bildung von Berlinerblau
beruhende Reaction. Man setzt dem Destillat wenige Tropfen einer mit ein wenig
Eisenchlorid versetzten Lösung von Eisenvitriol zu, dann Natronlauge und zuletzt
Salzsäure, Alles nur in wenigen Tropfen. Ist Blausäure zugegen, so wird die
Flüssigkeit grün oder blau, und nach 1 bis 2 Tagen setzt sich Berlinerblau ab.
Dragendorff empfahl, Pikrinsäure und Alkali der Blausäure
haltenden Flüssigkeit zuzusetzen, und auf 50 bis 60° C zu erwärmen, wo eine
blutrothe Färbung eintritt. Diese Reaction fand Almén viel weniger empfindlich, auch wird sie durch manche
reducirende Stoffe, schweflige Säure, Zucker, Schwefelwasserstoff ebenfalls
hervorgebracht. Dagegen war die Fällung von Kupfercyanür durch eine mit schwefliger
Säure versetzte Lösung von Kupfervitriol fast so empfindlich wie die
Berlinerblaureaction.
Blausäure kann sich übrigens selbst in sehr geringen Mengen in organischen Gemengen
längere Zeit halten, als man gewöhnlich annimmt. Almén konnte sie noch nach 7 Monaten nachweisen. – Sind
Ferro- oder Ferridcyanverbindungen in der zu prüfenden Masse enthalten, so
darf man keine Erwärmung anwenden, sondern muß einen Luftstrom hindurchtreiben und
die sich damit verflüchtigende Blausäure in schwacher Natronlauge verdichten. Die
Rhodanreaction kann man in diesem Falle noch ganz deutlich erhalten, weniger die mit
Berlinerblau, da die Blausäure durch den Luftstrom nur unvollständig verflüchtigt
wird. Stromeyer. (Hannoversches Wochenblatt für Handel
und Gewerbe, 1872, Nr. 32.)