Titel: | Versuche über den Kraftverbrauch und die Lieferungsmenge der Holzstoff-Fabrik in der Rabenauer Mühle bei Dresden; ausgeführt von Dr. Hartig, Prof. am Polytechnikum in Dresden. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. XXV., S. 87 |
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XXV.
Versuche über den Kraftverbrauch und die
Lieferungsmenge der Holzstoff-Fabrik in der Rabenauer Mühle bei Dresden;
ausgeführt von Dr. Hartig,
Prof. am Polytechnikum in Dresden.
Aus der deutschen Industriezeitung, 1872, Nr. 39 u.
40.
Hartig, Versuche über Kraftverbrauch und Lieferungsmenge einer
Holzstoff-Fabrik.
Die in Folgendem zu beschreibenden Versuche wurden im Auftrage des
Maschinenfabrikanten Hrn. Wilhelm Kunze in Berthelsdorf
und mit Zustimmung des Verwaltungsrathes der Thode'schen
Papierfabrik zu dem Zwecke ausgeführt, das Verhältniß zwischen Kraftverbrauch und
Lieferungsquantum an der von ersterem ausgeführten Holzstoffschleiferei in der
Rabenauer Mühle festzustellen. Die Veröffentlichung geschieht mit Genehmigung beider
Contrahenten.
Die Anlage, deren Betrieb durch ein oberschlächtiges Wasserrad erfolgt, besteht aus
zwei Schleifsteinen mit Gewichtsbelastung (Défibreurs), einem Vorsortirapparat mit zwei Siebtrommeln, einem
Mahlgang zur Zerkleinerung der noch nicht hinreichend feinen Holzfasern (Raffineur), einem Nachsortirapparat mit drei
Siebtrommeln, einer Kreissäge und einer StoffpresseWir verweisen hinsichtlich derartiger Maschinenanlagen auf den Aufsatz von B.
Käßner
„über Holzschleiferei zur Herstellung von Holzmasse für die
Papierfabrication“, im polytechn. Journal, 1871, Bd. CCII S.
114. A. d. Red. Die Bewegung wird von dem Wasserrad mittelst einer dreifachen
Stirnräderübersetzung (Uebersetzungsverhältniß 348/54 × 100/40 ×
85/40) einer Haupttransmissionswelle mitgetheilt, von welcher aus sämmtliche
Apparate durch Treibriemen bewegt werden; die Uebersetzung beträgt von dieser
Welle
nach den Schleifsteinen 1425/1120 = 1,27
nach dem Raffineur 850/850 × 44/43 = 1,02
nach der Kreissäge 950/570 × 845/185 = 7,61,
so daß für 105 Umdrehungen pro
Minute, welche Zahl als Mittelwerth für die Geschwindigkeit der Transmissionswelle
bei voller Beaufschlagung des Rades und bei voller Arbeit der vorbezeichneten
Maschinen sich ergab, die Schleifsteine 133, der Läufer des Raffineur 107 und die
Kreissäge 799 Umdrehungen pro Minute vollführen
würden.
Die Ausführung der Versuche erfolgte am 10. Juni 1872 durch den Verfasser unter
Mitwirkung des Ingenieur der Thode'schen Papierfabrik,
Hrn. Paul Püschel, und mehrerer Studirender der
Fachabtheilung für mechanische Technik des Dresdener Polytechnicums. Da am Tage der
Versuche volles Aufschlagwasser zur Verfügung stand, so wurde vor und nach der
Messung der effectiven Betriebskraft auch eine sorgfältige Feststellung der im
Betriebswasser disponiblen Leistung durchgeführt.
I. Ermittelung des absoluten
Effectes.
1. Gefälle. – Während normaler Beaufschlagung des
Rades wurde mittelst eines durch das Fenster der Radstube geführten Nivellements der
Niveauabstand zwischen Oberwasserspiegel (3 Met. oberhalb des Einkaufes) und
Unterwasserspiegel (46,2 Met. unterhalb des Rades) zu 8,935 Met. ermittelt; hiervon
ist jedoch der dem Untergraben zukommende Theil des Gefälles in Abzug zu bringen,
dessen Betrag sich zu 46,2 × 1/10001/1000 ist nach Angabe des Hrn. Ingenieur Püschel
das relative Gefälle des Untergrabens. = 0,046 Met. berechnete, so daß als disponibles Radgefälle die Zahl
H = 8,889 Met.
zu benutzen ist.
2. Wasserquantum. – Die Messung des disponiblen
Aufschlagwassers erfolgte in dem gemauerten, völlig gerad verlaufenden Theil des
Obergrabens durch Ermittelung des Wasserquerschnittes und der mittleren
Geschwindigkeit.
a. Wasserquerschnitt des
Obergrabens. Die Breite des als rechtwinkelig erscheinenden Obergrabens an
der für die Flügelbeobachtungen, (s. unter b, β)
benutzten Stelle ergab sich zu
b = 1,719 Met.,
die Wassertiefe, welche vor und nach jeder Reihe von
Geschwindigkeitsbeobachtungen gemessen wurde, betrug im Durchschnitt
am rechten Ufer
in der Mitte
am linken Ufer
bei der ersten
Wassermessung(8–10h
Vorm.)
h₁ = 0,523
Met.
h₂ = 0,526
Met.
h₃ = 0,514
Met.
bei der zweiten
Wassermessung(4–5h
Nachm.)
h₁ = 0,5105
Met.
h₂ = 0,527
Met.
h₃ = 0,510
Met.,
so daß die Größe des Wasserquerschnittes nach der Formel
F = b .
(h₁ + 2h₂
+ h₃)/4
sich für die erste Wassermessung (vor den Bremsversuchen)
zu
F = 1,719 × (0,523 + 2 . 0,526 + 0,514)/4 =
0,9156 Quadratmet., für die zweite Wassermessung (nach den Bremsversuchen) zu
F = 1,719 × (0,5105 + 2 . 0,527 + 0,510)/4 =
0,8915 Quadratmet. berechnet.
b. Mittlere Wassergeschwindigkeit
im Obergraben. Zur Bestimmung der mittleren Wassergeschwindigkeit wurden
drei verschiedene Methoden angewendet: Schwimmerbeobachtungen, Woltmann'scher Flügel, Berechnung aus dem relativen Gefälle des
Obergrabens.
α.Schwimmerbeobachtungen. Als Schwimmer wurde eine
zugestöpselte Weinflasche von 0,330 Met. Länge benutzt, die man soweit mit Wasser
anfüllte, daß nur der Stöpsel über dem Wasser sichtbar war; dieselbe tauchte also zu
0,64 der mittleren Wassertiefe ein; sie wurde in der Mitte des Obergrabens
vorsichtig eingesetzt und zwar 1 Met. oberhalb einer durch übergelegte und befestigte Latten bezeichneten
Strecke des Obergrabens, deren Länge durch an beiden Ufern wiederholte Messung sich
zu L = 21,722 Met. ergab. Die Flasche wich häufig stark
aus der Grabenmitte ab, ohne daß jedoch die beobachtete Schwimmdauer innerhalb sehr
weiter Grenzen schwankte; es wurde beschaffen, alle diejenigen Beobachtungen zur
Berechnung der mittleren Wassergeschwindigkeit zu benutzen, bei denen die Abweichung
des Schwimmers nicht zu einem Anstoß an die Ufer geführt hatte. Die Schwimmdauer
ergab sich
während der ersten Wassermessung im Durchschnitt aus 22
Beobachtungen zu
t₁ = 39,8 Secunden.
während der zweiten Wassermessung im Durchschnitt aus 24
Beobachtungen zu
t₂ = 40,3 Secunden,
wornach die mittlere Wassergeschwindigkeit
vor den Bremsversuchen zu
v₁ = 21,722/39,8 = 0,546
Met.
nach den Bremsversuchen zu
v₂ = 21,722/40,3 = 0,539
Met.
sich berechnet. Als Mittelwerth der Wassergeschwindigkeit nach
dem Ergebniß der Schwimmerbeobachtungen würde daher
v = (22 × 0,546 + 24 ×
0,539)/40 = 0,542 Met.
anzusehen seyn.
β. Beobachtung der
Wassergeschwindigkeit mittelst des Woltmann'schen Flügels. An einer zu den
Flügelbeobachtungen geeigneten Stelle des Grabens, welche innerhalb der zu den
Schwimmerversuchen benutzten Strecke lag, wurden in 4 verschiedenen Verticalen und
zwar bei jeder in 3 verschiedenen Tiefen (also in Summa an 12 verschiedenen Punkten
des Wasserquerschnittes) die Umdrehungszahlen eines Woltmann'schen Flügels während je einer Minute beobachtet. Die 4
Verticalen waren so gewählt, daß die 1. und 4., welche thunlichst nahe den beiden
Ufern gelegt wurden, die Mitte eines Flächenstreifens von 0,175, bez. 0,173 des
Gesammtquerschnittes einnahm, die 2. und 3. ebenso die Mitte eines Rechteckes von
0,327, bez. 0,325 dieses Querschnittes; in jeder Verticalen erfolgte die erste
Messung im Abstand von 15 Centimet. vom Boden, die zweite in der mittleren Tiefe,
die dritte im Abstand von 15 Centimet. vom Wasserspiegel. Sieht man das arithmetische Mittel der drei in
einer Verticalen gemachten Beobachtungen als richtigen Mittelwerth für dieselben an,
so betrug die mittlere Umdrehungszahl des Flügels pro
Minute in der Verticalen
I
II
III
IV
bei der ersten Wassermessung
(Instrument I, 4)
86,7
86,3
75
74,3
bei der zweiten Wassermessung
(Instrument I, 3)
177
186
165
145
wornach sich mit Rücksicht auf die oben angegebene Größe der
zugehörigen Flächenstreifen die mittlere Umdrehungszahl des Flügels
im ersten Fall zu
u₁ = 86,7 × 0,175 +
86,3 × 0,327 + 75 × 0,325 + 74,3 × 0,173 = 80,62,
im zweiten Falle zu
u₂ = 177 × 0,175 + 186
× 0,327 +165 × 0,325 + 145 × 0,173 = 170,5
berechnet. Mit Benutzung der für die gebrauchten Flügel durch
frühere Justirung ermittelten Formeln ergibt sich endlich hieraus die mittlere
Wassergeschwindigkeit
vor den Bremsversuchen zu
v₁ = 17,0659 + 6,3409 ×
u₁ = 0,5283 Met.,
nach den Bremsversuchen zu
v₂ = 9,3016 + 3,0409 ×
u₂ = 0,5278 Met.,
sonach im Mittel für den ganzen Tag zu
v = (0,5283 + 0,5278)/2 = 0,528
Met.
Dieser Werth beträgt das 528/542 = 0,974fache von dem durch die
Schwimmerbeobachtungen ermittelten; diese nahe Uebereinstimmung erklärt sich aus dem
Umstande, daß bei den Schwimmerbeobachtungen, wie oben erwähnt, auch diejenigen
Werthe zur Berechnung des Mittels zugezogen wurden, bei denen der Schwimmer, ohne
anzustoßen, stark von der Grabenmitte abgewichen war.
γ. Berechnung der
Wassergeschwindigkeit aus dem relativen Gefälle des Obergrabens. Da ein
gutes Nivellirinstrument mit Nivellirlatte zur Hand war, so konnte das Gefälle im
Obergraben mit ziemlicher Sicherheit gemessen werden; dasselbe ergab sich für die
abgemessene Grabenlänge von L = 21,722 Met.
beim ersten Nivellement
zu
H₁
= 8,0 Millimet,
beim
zweiten „
„
H₂
= 9,0 Millimet., also
im Durchschnitt zu H = 8,5
Millimet, wornach das relative Gefälle des Obergrabens
zu
I = H/L =
8,5/21722 = 0,000391 = 391/10⁶
sich berechnet Man kann nun hieraus und aus Grabenquerschnitt
und benetztem Grabenumfang die mittlere Wassergeschwindigkeit berechnen, wozu sich
zur Zeit am besten die von Bornemann (Civilingenieur,
Jahrgang 1869, 1. Heft) vorgeschlagene Formel
Textabbildung Bd. 206, S. 92
eignet, in welcher
R den Quotienten aus Querschnitt und benetztem
Umfang,
I = H/L das relative
Gefälle,
γ₀ einen von der Grabenbeschaffenheit
abhängigen Coefficienten bezeichnet; derselbe wird von Bornemann
für hölzerne Gerinne zu
γ₀ = 0,000623,
für gemauerte Gräben zu
γ₀ = 0,00109
angegeben; im vorliegenden Fall, wo die Grabensohle in
Cementputz ausgeführt, die Ufer gemauert sind, wird ein zwischen diesen beiden
Werthen liegender Coefficient anzunehmen seyn, dessen wahrscheinlichster Werth
(indem man den Rauhigkeitsgrad glatten Cementputzes dem hölzerner Gerinne
gleichsetzt) sich mit Rücksicht auf die Sohlenbreite (1,72 Met.) und die doppelte
Höhe der benetzten Ufermauer (1,03 Met.) zu
γ₀ = (0,000623 ×
1,72 + 0,00109 × 1,03)/2,75 = 0,000798
berechnet. Die oben angegebene Formel ergibt nun nach
Auflösung für v die Wassergeschwindigkeit
v = 1/γ₀ . R 4/3 . 1 4/5,
also im vorliegenden Fall, wo
R = 0,9036/2,750 = 0,3286 ist,
v = 1/0,000798 × 0,3286 4/3
× 0,000391 4/5 = 0,534 Met.,
ein Werth, der zwischen die beiden durch Schwimmer- und
Flügelbeobachtungen gefundenen (0,542 und 0,528) hineinfällt. Da die Abweichung der drei nach
verschiedenen Methoden ermittelten Werthe der Wassergeschwindigkeit nicht erheblich
ist, so erscheint es zulässig, denselben gleiches Gewicht beizulegen und für den
weiteren Gebrauch das arithmetische Mittel als zuverlässigsten Werth anzunehmen:
nach den Schwimmerbeobachtungen
v = 0,542 Met.
aus dem relativen Gefälle
v = 0,534 Met.
nach den Flügelbeobachtungen
v = 0,528 Met., daher
–––––––––––
Mittelwerth
v = 0,535 Met.
3. Absoluter Effect. – Der Wasserquerschnitt des
Obergrabens hat nach dem unter 2a Mitgetheilten den
Mittelwerth
F = (0,9156 + 0,8915)/2 = 0,9036
Quadratmet.,
die Wassergeschwindigkeit den Mittelwerth
v = 0,535 Met.,
wornach das pro Secunde
zufließende Wasserquantum zu
Q = 0,9036 × 0,535 = 0,4834
Kubikmet.
sich berechnet. Da außerdem (nach 1) das Gefälle zu
H = 8,889 Met.
gemessen wurde, so ist der absolute Effect der Wasserkraft bei
vollem Betriebswasser zu
Na = (1000 . Q . H)/75 = 57,3 Pferdestärken
anzunehmen.
II. Ermittelung des Nutzeffectes. – Die Bestimmung
des Nutzeffectes geschah in der zwischen beiden Wassermessungen liegenden Zeit
(10h Vorm. bis 4h Nachm.) unter Benutzung eines Prony'schen
Zaumes, der am äußersten (dem Wasserrad entgegengesetzten) Ende der
Transmissionswelle angeordnet wurde.
1. Nutzeffect am Ende der Transmissionswelle. Nach
erfolgter Aufbringung des Bremses und Ausrückung aller Arbeitsmaschinen durch
Abwerfen der Treibriemen wurde wieder das volle Betriebswasser aufgegeben und unter
Anpressung der Bremsbacken Beharrungszustand erzielt für
die Umdrehungszahl der Bremsscheibe u = 128 pro Minute
die Bremsbelastung G = 164,5 Pfd. = 82,25 Kil.
bei einer Bremshebellänge von L = 2,70 Met.,
woraus der am Umfang der Bremsscheibe gemessene Nutzeffect
sich zu
Ne = (π . L . u . G)/(30 . 75) = 0,483
× 82,25 = 39,73 Pferdestärken
berechnet. Mit Rücksicht auf das Eigengewicht des Bremses (300
Pfd. = 150 Kil.) ist
hierzu an Arbeit der Zapfenreibung (Zapfendicke 108 Millimet., Reibungscoefficient
0,07) noch der Betrag von 0,10 Pferdest. hinzuzurechnen, demnach als richtiger Werth
des am Ende der Transmissionswelle gemessenen Nutzeffectes anzusehen die Zahl
Ne = 39,83 Pferdest.
2. Nutzeffect an der Wasserradwelle. Der vorstehend
ermittelte Werth des Nutzeffectes ist um denjenigen Betrag zu erhöhen, welcher der
aus dem Eigengewicht der Wellen und Räder, sowie aus der übertragenen Betriebskraft
selbst hervorgehenden Zapfen- und Zahnräderreibung entspricht, damit man den
Nutzeffect an der Wasserradwelle erhält; jener Betrag ergibt sich nach einer näheren
Berechnung, deren Mittheilung hier unterbleiben kann, zu
Nr = 1,99 Pferdest.,
so daß als Nutzeffect an der Wasserradwelle bei vollem
Betriebswasser anzunehmen ist der Werth
Nε = 39,83 + 1,99 = 41,82 Pferdest.
Der Wirkungsgrad des Wasserrades
berechnet sich hiernach, wie beiläufig angeführt werden mag, zu
μ = Nε /Na = 41,82/57,3 = 0,73.
3. Vertheilung der nutzbaren Betriebskraft auf die einzelnen
Arbeitsmaschinen. Um Aufschluß darüber zu erhalten, welcher Bruchtheil der
verfügbaren Leistung auf den Raffineur kommt, wurde versuchsweise der Einlaufschütze
des Obergrabens soweit geschlossen, daß nur der Raffineur mit normaler
Geschwindigkeit in Arbeit blieb und hierauf bei unveränderter Schützenstellung der
Arbeitsbedarf des Raffineur durch Reibungsarbeit des Bremszaumes ersetzt; hierbei
ergaben sich die zusammengehörigen Werthe
u = 128, G = 37 Pfd. = 18,5 Kil., L = 2,70 Met.,
daher die Betriebsarbeit des Raffineur
N = (π . 2,70 . 128 . 18,5)/(30 . 75) = 8,94 Pferdest.,
oder genauer mit Berücksichtigung der zusätzlichen
Zapfenreibung in Folge des Bremsgewichtes
N = 9,04 Pferdest.
Reducirt man diesen Werth auf die bei normalem Betrieb
beobachtete mittlere Umlaufsgeschwindigkeit der Wellen, so ergibt sich der factische
Kraftbedarf des Raffineur zu
N = 9,04 . 105/128 = 7,42
Pferdest.
Es ergibt sich hiernach unter Abschätzung der Betriebskraft
für Kreissäge und Presse, Sortirapparat und Entwässerungsapparat, folgende
wahrscheinliche Vertheilung der gesammten an der Haupttransmissionswelle disponiblen
Arbeit:
Zwei Schleifsteine à 15 Pferdest.
30,00
Pferdest.
Ein Raffineur (1,18 Met. Durchm.)
7,42
„
Sortir- und Entwässerungsapparat
0,41
„
Presse
1,00
„
Kreissäge (0,595 Met. Durchm.)
1,00
„
–––––––––––––
Sa.
39,83
Pferdest.
III. Lieferungsquantum der
Anlage.
1. Directe Beobachtung an den Schleifsteinen. Wenn auch
eine zuverlässige Feststellung der Productionsziffer durch einen Versuch von kurzer
Dauer nicht zu erwarten war, so benutzte man doch die am Versuchstag noch verfügbare
Zeit zur Beobachtung des bei voller Beaufschlagung des Rades pro Stunde verarbeiteten Holzquantums. Beide Schleifsteine (Material
Johnsdorfer Sandstein, Durchmesser 1,20 Met., Breite 0,41 Met., Zapfendicke 92
Millimet.) wurden an allen 5 Druckstellen von einem abgewogenen Vorrath jungen
frischen Fichtenholzes aus gespeist, bei einer Schleiffläche von 0,41 × 0,193
= 0,08 Quadratmeter und einer Belastung von 159,2, beziehentlich 143,8 Pfd. (im
Mittel 151,5 Pfd. = 75,8 Kil.) pro Druckstelle. Es ergab
sich das in 2 Stunden (3h 45' bis 5h 45') bei durchschnittlich 131 Umdrehungen
pro Minute verschlissene Holzquantum zu
4 . G = 152 Pfd,
demnach für einen Schleifstein und pro Stunde
G = 38 Pfd. = 19 Kil.
Rechnet man den Wassergehalt des verarbeiteten Holzes zu 40
Proc., den Holzverlust durch Splitter zu 2 Proc. und die Dauer der unvermeidlichen
Stillstände der Maschinen zu 5 Proc., so würde sich hiernach die tägliche
Lieferungsmenge (bei 24 Stunden Arbeitszeit) an lufttrockenem Holzstoff (10 Proc.
Wassergehalt) für die ganze Anlage berechnen zu
P = 2 . 38 . 24 . 0,60 . 1,10 . 0,98
. 0,95 = 1121 Pfd.
Dieser Werth kann jedoch wegen der kurzen Beobachtungsdauer
und wegen der zu seiner Feststellung erforderlich gewesenen Annahmen nicht als
hinreichend zuverlässig angesehen werden, um darauf eine endgültige Vergleichung
zwischen Betriebskraft und factischer Production der Anlage zu basiren.
2. Durchschnittliche Production nach den Aufzeichnungen der
Verwaltung. Auf Ersuchen des Verfassers wurde demselben am 15 Juni durch
den Ingenieur der Thode'schen Papierfabrik Hrn. P. Püschel mitgetheilt, daß nach dem Eingangsbuch dieser
Fabrik, in welche das gesammte erzeugte Stoffquantum abgeliefert wird, und nach
täglich gemachten Wassergehaltsbestimmungen während der dem Versuch vorhergegangenen
30 Tage, 30180 Pfd. lufttrockener Stoff producirt wurden; das ergibt pro Tag (24 Stunden)
P = 1006 Pfd.
Dieser Werth ist als zuverlässig anzusehen, zumal während der
erwähnten 30 Tage ebenso, wie am Tage des Bremsversuches, volles Betriebswasser zur
Verfügung stand.
3. Beziehung zwischen Betriebskraft und
Productionsquantum. Bedient man sich der in der Holzstofffabrication üblichen
Ausdrucksweise, die effective Betriebskraft anzugeben, welche zur Erzeugung von 100
Pfd. lufttrockenem Holzstoff in 24 Stunden erforderlich ist, und bezeichnet man
diese Betriebskraft mit n, so ergibt sich nach den
vorstehend mitgetheilten Beobachtungsdaten der Werth von n,
a) wenn man die Betriebskraft an der Haupttransmission
gemessen meint, aus
1006 : 100 = 39,83 : n zu
n = 3983/1006 = 3,96 Pferdest.;
b) wenn man dagegen die an der Wasserradwelle gemessene
Leistung meint, aus
1006 : 100 = 41,82 : n zu
n = 4182/1006 = 4,16 Pferdest.
Wenn es zweifelhaft seyn kann, welcher dieser beiden Werthe bei etwaigen
Auseinandersetzungen zwischen Lieferant und Abnehmer zu Grunde zu legen ist, und
wenn hierüber der Contract zwischen beiden eine Feststellung nicht enthält, so wird
daran zu erinnern seyn, daß der größere Theil der im vorliegenden Fall vorhandenen
Räderübersetzungen durch die Natur der angewendeten Betriebsmaschinen bedingt ist
(z.B. bei Turbinen in der Regel wegfallen wird), wogegen die Haupttransmissionswelle
als ein wesentlich zu den Arbeitsmaschinen gehöriger und durch diese bedingter Theil
anzusehen ist; man wird daher im zweifelhaften Fall die gerechteste Entscheidung
treffen, wenn man die zwischen zwei Werthen liegende abgerundete Zahl
n = 4,00 Pferdest.
als Betriebskraft für 100 Pfd. fertigen lufttrockenen
Holzstoff (mit 10 Proc. Wasser) in 24 Stunden durch die mitgetheilten Messungen
erwiesen annimmt, womit eine viel verbreitete Ansicht über die vorliegende Frage
ihre Bestätigung findet.
Nicht unerwähnt mag hierbei bleiben, daß, wenn die Holzstofffabrikanten sich
entschließen würden, die in anderen Fabricationszweigen übliche Ausdrucksweise
anzunehmen („Lieferungsmenge pro Pferdekraft
und Stunde“), sich gleichfalls eine dem Gedächtniß nicht beschwerlich
fallende Mittelzahl darbietet, denn da
100/(24 . 4) = 1,042 Pfd.
im vorliegenden Falle das mit einer Pferdestärke pro Stunde gelieferte Quantum lufttrockenen Holzstoffes
ist, so kann man sich auch merken, daß eine gut eingerichtete Holzstofffabrik nicht unter 1 Pfund
lufttrockenen Stoff pro Pferdekraft und Stunde liefern
darf.
IV. Schlußbemerkungen.
1. Die Umfangsgeschwindigkeit der Steine. Für die
Schleifsteine, deren Durchmesser 1,20 Met. beträgt, war als mittlere Umdrehungszahl
pro Minute 131 beobachtet worden, wornach die
Umfangsgeschwindigkeit sich ergibt zu
V = (π . 1,20 . 131)/60 = 8,23 Met.
Für den Läufer des Raffineur ergaben sich ebenso die
zusammengehörigen Werthe
D = 1,18 U = 104,
wornach hier die Umfangsgeschwindigkeit pro Secunde den Werth hat
V = (π . 1,18 . 104)/60 = 6,43 Met.
2. Beobachteter Betrag des Riemenrutschens. Nach dem
Durchmesser der für den Betrieb der Schleifsteine vorhandenen Riemenscheiben müßte
die Uebersetzung von der Haupttransmissionswelle auf die Schleifsteinachse den Werth
haben
1425/1120 = 1,272,
die gleichzeitige Beobachtung der minutlichen Umdrehungszahlen
an beiden Wellen ergibt jedoch als Mittelwerth aus 11 beobachteten Zahlen
131/105 = 1,244,
wornach das Rutschen des hier angewendeten Treibriemens den
Betrag hat
(1,272 – 1,244)/1,272 . 100 = 2,20 Proc.
3. Der Reibungscoefficient zwischen Stein und Holz. Wenn
man die für die Reibung zwischen festen Körpern landläufigen Voraussetzungen auf den
vorliegenden Fall überträgt, so kann man den Reibungscoefficient zwischen Stein und
Holz aus den hier beobachteten Daten berechnen. Es ist nämlich bei 131 Umdrehungen
des Steines die Betriebskraft desselben 15 Pferdestärken; rechnet man hiervon den
Betrag für den Leergang des Steines ab, der sich nach anderweiten Versuchen des
Verfassers nach der Formel
No = 0,0264 . V . D
Pferdest.
berechnen läßt, worin V die
Umfangsgeschwindigkeit pro Secunde und D den Durchmesser in Metern bezeichnet, im vorliegenden
Falle also
No = 0,0264 . 8,23 . 1,2 = 0,26 Pferdest.,
so verbleibt als der dem Schleifen selbst entsprechende
Arbeitswerth
N = 14,74 Pferdest. = 1105,5
Kilogramm Meter;
mit Rücksicht auf die mittlere Umfangsgeschwindigkeit ist
daher der Reibungswiderstand am Umfang des Steines
F = 1105,5/8,23 = 134 Kil.
Das Holz wird aber angedrückt mit 75,8 Kil. an jeder
Druckstelle, die gesammte Reibung erzeugende Belastung des Steines ist also
G = 75,8 . 5 = 379 Kil.,
wornach sich der Reibungscoefficient nassen Fichtenholzes auf
Johnsdorfer Sandstein zu
μ = F/G = 134/379 = 0,354
ergibt.