Titel: | Ueber die Bereitung von Quecksilbercyanid; von A. Lielegg. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. XL., S. 148 |
Download: | XML |
XL.
Ueber die Bereitung von Quecksilbercyanid; von
A. Lielegg.
Aus dem Techniker, 1872, Nr. 38.
Mit einer Abbildung.
Lielegg, über Bereitung von Quecksilbercyanid.
Nach der ältesten von Scheele, dem Entdecker des
Cyanquecksilbers angegebenen Vorschrift bereitet man diesen Körper durch Kochen von
Quecksilberoxyd und Berlinerblau mit viel Wasser; man erhält hiernach stets ein
eisenhaltiges Präparat, welches durch wiederholtes Umkrystallisiren gereinigt werden
muß. Ebenso ist es mit einer anderen Methode, welche auf der Wechselwirkung von
gelbem Blutlaugensalz und Quecksilbersulfat beruht.
Rascher erzielt man ein reines Präparat durch Auflösen von Quecksilberoxyd in
wässeriger Blausäure, bis der Geruch der letzteren verschwindet. Die freie
Manipulation mit der Blausäure und das Erkennen des Endes der Reaction durch den
Geruch, machen diese beinahe in allen Handbüchern der Chemie (Graham-Otto, Muspratt u.a.) angegebene Methode zu einer ermüdenden,
wenn nicht unter Umständen sogar zu einer gefährlichen.
Da ich mich nun, veranlaßt durch Arbeiten mit Cyangas, vielfach mit der Darstellung
des Cyanquecksilbers beschäftigt habe, so war ich bemüht, zu einer solchen Ausführung dieser Methode zu gelangen, welche den
arbeitenden Chemiker vor den nachtheiligen Einflüssen der Blausäure möglichst
schützt. Indem ich dieselbe im Folgenden mittheile, glaube ich einen kleinen Beitrag
zu leisten, der dem technischen Chemiker willkommen seyn dürfte; da ja überdieß der
verhältnißmäßig hohe Preis dieses Präparates Jeden, der desselben bedarf, zur
Selbstdarstellung veranlassen wird.
Das Wesentliche der Abänderung des Verfahrens besteht darin, die Bereitung der
wässerigen Blausäure und die nachherige Lösung des Quecksilberoxydes in dieser, in
einer Operation zu vollziehen und zwar durch
Verwendung von gasförmiger Blausäure zum Lösen von in Wasser ausgeschlämmtem
Quecksilberoxyd. Zur Erreichung dieses Zweckes dient folgender Apparat, dessen
Zusammenstellung die beigedruckte Skizze versinnlichen soll.
Textabbildung Bd. 206, S. 149
a Glaskolben zur Entwickelung der Blausäure;
b ein Kautschuk-Schlauch zur Fortleitung des
Gases in die Flasche c;
c eine zweihälfige Woulf'sche
Flasche, welche einen Tubulus seitlich nahe dem Boden besitzt;
d ein Kautschuk-Schlauch zum Abführen der Gase
aus der Flasche;
e ein Giftbrenner, d. i. ein Bunsen'scher Gasbrenner, welcher in der Ausströmungsröhre eine seitliche
Oeffnung mit angesetztem Rohre besitzt, um die von c
kommenden Gase aufzunehmen, mit dem Leuchtgase zu vermischen und zu verbrennen;
f ein doppelt gebogenes Glasrohr, welches mittelst eines
Korkes im Tubulus befestigt ist und die Entleerung der Flasche von Flüssigkeit
gestattet;
g eine Krystallisirschale zum Eindampfen des erhaltenen
Productes.
Die Bereitung der gasförmigen Blausäure geschieht nach der bekannten und bewährten
Vorschrift von Wäbler, indem 10 Thle. gröblich
zerstoßenes gelbes Blutlaugensalz mit der erkalteten
Mischung von 7 Thln. concentrirter englischer Schwefelsäure und 14 Thln. Wasser
übergossen und sodann zur Gasentwicklung erwärmt werden; es ist zweckmäßig, einen
oder zwei Kolben zum Gebrauche bereit zu halten. Das auf diese Weise entwickelte
Blausäuregas leitet man nun durch den Schlauch b in die
Woulf'sche Flasche, in welcher sich Quecksilberoxyd
und soviel Wasser befindet, als zur Lösung des sich bildenden Quecksilbercyanides
erforderlich ist. Das Wasser absorbirt rasch das Blausäuregas, jedoch ohne sich zu
erhitzen, und wirkt sodann im selben Grade als es sich sättigt, lösend auf das
Quecksilberoxyd ein; von Zeit zu Zeit schüttelt man die Flasche, um dieses im Wasser
auszuschlämmen; auch ist es zu empfehlen, das Quecksilberoxyd mit Wasser in einer
Reibschale vor dem Eintragen in die Flasche möglichst fein zu verreiben.
Jene Mengen des Blausäuregases, welche jedoch der Absorption durch Wasser entgangen
sind, werden durch den Schlauch d dem Giftbrenner
zugeführt und so gänzlich unschädlich gemacht. Das Ende der Operation erkennt man an
dem Verschwinden des rothen Quecksilberoxydes; man kann jedoch die Arbeit auch vor
dem Eintreten dieses Falles unterbrechen und die in der Flasche enthaltene Lösung
von Cyanquecksilber in die Kristallisirschale g
entleeren; es geschieht dieß dadurch, daß die mittelst eines Korkes in den
seitlichen Tubulus befestigte Röhre f herabgebogen
wird.
Während die Lösung eingedampft wird, kann die Operation wiederholt werden; zur
Beschickung der Flasche wählt man den mit dem Schlauch b
in Verbindung stehenden Tubulus, durch welchen mit Hülfe eines in denselben
passenden Trichters Quecksilberoxyd und Wasser in der entsprechenden Menge
eingetragen werden kann; die in der Flasche enthaltene und durch das eingegossene
Wasser verdrängte gasförmige Blausäure entweicht durch d
zum Giftbrenner; nach Beschickung der Flasche leitet man in diese wieder Blausäure
ein. Bei dieser Anordnung gestaltet sich die Cyanquecksilber Bereitung zu einer
continuirlichen, welche den Experimentator in keiner Weise belästigt.
Daß die ganze Operation entweder im Freien oder unter einem gut ziehenden chemischen
Herde vorzunehmen ist, bedarf wohl eben so wenig einer besonderen Erwähnung, als daß
der beschriebene Apparat nicht bloß für den vorliegenden Fall, sondern zur
Darstellung vieler anderer Körper dienen, daß also auch von demselben andere
Anwendung gemacht werden kann.
In Betreff der Gewichtsverhältnisse, in welchen die zum
Processe nothwendigen Substanzen in Anwendung zu kommen haben, mögen folgende
theoretische Zahlen als Anhaltspunkte dienen.
Das kystallisirte gelbe Blutlaugensalz enthält 27 Proc. Cyan, von welchen bei der
Blausäure-Bereitung mit verdünnter Schwefelsäure nur die Hälfte nutzbar
gemacht werden kann, indem sie 76,8 Gew. Thle. Quecksilberoxyd in 89,6 Cyanid
umzuwandeln vermögen. 1000 G. Th. krystallisirtes gelbes Blutlaugensalz können daher
mit 700 G. Th. conc. Schwefelsäure, die mit 1400 G. Th. Wasser verdünnt wurden, 768
G. Th. Quecksilberoxyd in 896 G. Th. Quecksilbercyanid umwandeln. – Aus 1000
G. Th. Quecksilberoxyd kann man 1167 G. Th. Cyanid bereiten, und um 1000 G. Th.
Cyanid zu erhalten, braucht man 857 G. Th. Oxyd und 1116 G. Th. krystallisirtes
gelbes Blutlaugensalz.
In Betreff der Löslichkeit des Cyanides in Wasser kann angenommen werden, daß 1
Gewichtstheil des Cyanides in 10 G. Th. kalten und 2,5 G. Th. siedenden Wassers
löslich ist; um schöne Krystalle zu erhalten, darf man also nie auf mehr als zwei Drittel eindampfen.
Aus dem angeführten Löslichkeitsverhältniß ergibt sich die anzuwendende Wassermenge
für die Woulf'sche Flasche.
Was endlich die Bildung des Quecksilber-Oxycianides anbelangt, die hierbei
vermieden werden soll und worauf in den meisten Lehrbüchern aufmerksam gemacht wird,
so kommt dieselbe hier gar nicht in Betracht; denn erstens geschieht die Absorption
in der Flasche so allmählich bei mäßig geleiteter Blausäure-Entwickelung, daß
die Flüssigkeit in der Flasche nicht heiß wird, und nur eine heiße Lösung von
Cyanquecksilber löst merklich Quecksilberoxyd auf, und zweitens kann bei der
Leichtigkeit und Billigkeit der Darstellung von Blausäure und mit Hinblick auf die
beschriebene Vorrichtung zum Unschädlichmachen eines allfälligen Ueberschusses, eine
zu geringe Menge von derselben leicht vermieden werden.