Titel: | Ueber Patina-Bildung. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LX., S. 200 |
Download: | XML |
LX.
Ueber Patina-Bildung.
Aus den Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1872 S. 35.
Ueber Patina-Bildung.
Nachdem die im Jahre 1864 auf den Antrag des jetzt verstorbenen Professors G. Magnus ernannte Commission zur Ermittelung der
Bedingungen, unter denen die antike Patina sich bildet, durch Tod oder Ausscheiden mannichfache
Veränderungen ihrer Mitglieder erlitten hat, besteht sie gegenwärtig aus den Herren
Geh. Oberhofbaurath Strack, Geh. Regierungsrath Dielitz, Hofbildhauer Gilli,
Prof. Mencke und aus den zeitigen Mitgliedern der
Abtheilung für Physik und Chemie oben genannten Vereines. Die Commission hat ihre
Arbeiten mit einer Ansammlung von mit edler Patina bedeckten Bronzen begonnen, um
aus deren Zusammensetzung Schlüsse für die Patinirung der Bronzen zu ziehen. Die
früher bekannt gemachten Ansichten der CommissionPolytechn. Journal, 1869, Bd. CXCII S. 477. sind auch jetzt noch, nach mehrjährigen Beobachtungen, dieselben geblieben:
daß nämlich Bronzen von verschiedenster Zusammensetzung gleich schöne Patina
annehmen können, nur daß sie mehr oder weniger schnell patiniren, wobei jedoch die
Atmosphäre eine wichtige Rolle spielt.
Zur Beobachtung, resp. zu Versuchen sind auf einem freistehenden Plateau der königl.
Bergakademie sechs Bronzebüsten aufgestellt und zwar: zwei Büsten des Plato, wovon die eine seit der ersten Aufstellung im
Jahre 1864 im Prinzessinnengarten unberührt geblieben ist; sie ist mit Staub und Ruß
bedeckt, grünes Moos ist an ihr sichtbar, das Metall nicht erkennbar. Die zweite
Büste des Plato ist jeden Tag, mit Ausnahme der Regentage
und des stärkeren Frostwetters, mit Wasser abgespritzt und nach leichtem Abtrocknen
am ersten jeden Monates mit Olivenöl zart abgerieben worden; die Patina dieser jetzt
sieben Jahre ähnlich behandelten Büste ist schon vor mehreren Jahren von unseren
Künstlern gerühmt worden; ihr zwar nicht hellgrüner, aber dunkelgrünbräunlicher Ton
gefällt allgemein, die Durchscheinendheit ihrer Patina läßt auf das edle Metall
unter derselben schließen.
Im Jahre 1866 wurden noch zwei Büsten des Apollo
aufgestellt, wovon die eine Büste, die welche jetzt dem Plato zunächst steht, täglich mit Wasser bespritzt wurde; die zweite Büste
wurde täglich mit Wasser bespritzt und nur jedes halbe Jahr mit Olivenöl zart
abgerieben, am 1. April und am 1. Oktober, und zwar unter Aufsicht eines der
Commissionsmitglieder. Dieses Abreiben mit Oel bezweckt vornehmlich eine
sorgfältigere Reinigung der Oberfläche und hat die größere Helligkeit zur Folge und
den größeren Glanz, der diese Büste vor den nur mit Wasser gereinigten auszeichnet.
Von den zwei Büsten des Adoranten, welche durch Hrn. Elster im Jahre 1868 mit einer künstlichen grünen Patina überzogen sind,
wird die eine täglich mit Wasser abgespült, die andere täglich mit Wasser abgespült
und monatlich mit Olivenöl zart abgerieben. An ungeeigneten Tagen sind auch diese zwei Büsten
unberührt geblieben. Bei Besichtigung dieser Büsten seitens der Commission im
September des vorigen Jahres hatten beide noch eine Patina, deren Farbenton den
nicht künstlich patinirten Büsten vorzuziehen war, wenngleich sie an Helligkeit und
Lichtglanz gelitten hatten. In diesen Momenten standen sie dem Plato nach. Zwischen den Haaren des Hauptes hatte sich auch noch grünes
Oxyd unverändert erhalten, doch kann ein solches nicht zu den zu erstrebenden
Eigenthümlichkeiten einer antiken Patina gerechnet werden. Es sind im Laufe des
Jahres Analysen vorgelegt worden von mit antiker Patina überzogener Bronze; es ist
die Bronze sowohl wie die Patina analysirt worden. Es waren in der Patina Erden und
Stoffe gefunden worden, welche die Bronze nicht enthielt, und es war aus dieser
Differenz von dem Einsender der Analyse, Hrn. Elster,
dessen reges Interesse für diese Angelegenheit die Commission mit Dank anerkennt,
der Schluß gefolgert worden, daß auch die antike Patina durch künstliche Mittel
dargestellt worden sey. Die Commission kann diesen Schluß jedoch nicht zu dem
ihrigen machen, weil der Staub des Erdbodens und die Ausdünstung der See der Patina
jene Stoffe zugeführt haben können. Die Commission behält sich vor, ihre Arbeiten
auch nach dieser Richtung hin zu erweitern.
Eine dritte Büste des Adoranten, welche in derselben Zusammensetzung der Bronze
gegossen ist, wie die zwei ersten Büsten, ist unberührt geblieben.
Sie steht seit dem September 1870 im Schloßgarten zu Charlottenburg, um die Wirkung
zu erfahren, welche eine, der Patinirung nicht ungünstige Atmosphäre auf die Bronze
ausübt. Die Farbe des Metalles ist jetzt, nach 1 1/4 Jahren, kaum verändert.
Wenngleich sie einen schwachen Anhauch von Oxyd hat, ist das Aussehen der Büste doch
ein ganz verschiedenes von dem, welches die Büste des Plato nach ähnlicher Zeit im Prinzessinnengarten hatte. Die Zeit welche
diese Arbeiten kosten, ist schon ihrer Natur nach eine langjährige, aber die
Commission glaubt annehmen zu dürfen, daß ihre Arbeiten und die Mittel, welche der
Gewerbeverein ihr für dieselben gewährt hat, auch jetzt schon einen nachweisbaren
Nutzen gebracht haben, nicht sowohl durch die allgemeine Anregung, als besonders
durch die Erfolge bei den nach den Principien der Commission behandelten
Bronze-Statuen und Gruppen, wie wir das bei denen vor dem königl. Museum, der
Amazone und dem Löwenbändiger, erkennen. Der befriedigende Anblick dieser Gruppen
zeigt zur Genüge, daß das nothwendigste und zunächst zu befriedigende Bedürfniß für
unsere Statuen eine zweckmäßige Reinigung war. Daß eine
künstliche Patina, wie
schön sie auch dargestellt werde, sich in unserer Atmosphäre weit früher bräune, als
die natürliche, langsam gebildete und dichtere antike Patina, geht nicht allein aus
der bisher gewonnenen Erfahrung hervor, sondern läßt sich auch wissenschaftlich
begründen.