Titel: | Ueber die Albertotypie; von Prof. Towler. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LXI., S. 203 |
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LXI.
Ueber die Albertotypie; von Prof. Towler.
Vorgetragen in der Juni-Versammlung des
photographischen Nationalconvents der Vereinigten Staaten. – Aus dem Philadelphia
Photographer, durch das photographische Archiv, 1872 S.
169.
Towler, über die Albertotypie.
Für die Gesammtheit des Publicums ist die Albertotypie bis heute noch ein unbekanntes
Verfahren; es ist indessen ein in seinen Resultaten sicheres Verfahren, ist erprobt
und ist der neueste große Fortschritt der Photographie.
Eine Albertotypie ist ein in der lithographischen Presse hergestellter Abdruck in
Druckerschwärze, der in jeder Beziehung einem von demselben Negativ copirten
Silberabdruck gleich ist, vor demselben aber den Vorzug besitzt, daß er nicht
gewaschen, vergoldet, fixirt und aufgeklebt zu werden braucht, daß der Abdruck wie
er aus der Presse kommt fertig ist, und daß der Rand des Bildes mit Druckschrift
versehen werden kann. Ich füge hinzu, daß man die Bilder auf jedem Papier, und mit
allen verschiedenen Farben drucken kann; Abdrücke auf Eiweißpapier lassen sich daher
genau imitiren; Stiche, Lithographien und Karten lassen sich so exact copiren, daß
man sie vom Original nicht unterscheiden kann. Endlich können die Bildtöne mittelst
der Farbwalzen in schönster Weise schattirt werden.
Von einem Negativ lassen sich unbegrenzte Mengen von Matrizen erzeugen; wo es sich
also um rasche Production großer Mengen von Abdrücken handelt, wird man zwanzig oder
mehr Matrizen machen und auf eben soviel Pressen drucken; jede Presse producirt
zweihundert Abdrücke pro Tag.
Diese kurze Beschreibung läßt uns die Vortheile, Schönheiten und den commerciellen
Werth des Verfahrens erkennen.
Das Verfahren ist am 30. November 1869 und am 11. April 1871 für den Erfinder,
Hofphotograph Jos. Albert in München, in den Vereinigten
Staaten patentirt
worden.Im polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIII S. 325 ist die Beschreibung des
Patentes mitgetheilt, welches sich Herr Albert in
Frankreich auf sein Druckverfahren (Photovitrotypie) ertheilen ließ. Die Patentrechte liegen in der Hand des Hrn. E. Bierstadt in New York. Demselben verdanke ich die Erlaubniß, was mir über
dieses interessante Verfahren bekannt geworden, zum Nutzen unserer Photographen
mitzutheilen.
Der ganze Proceß theilt sich in sieben Abtheilungen, nämlich: 1) die Herstellung des
Negativs; 2) die Ablösung des Collodiumbildes von der Glasplatte; 3) die Unterlage
der Matrize; 4) die empfindliche Schicht; 5) das Drucken der Matrize; 6) die
Befestigung auf der Marmorplatte, und 7) das Einwalzen und Drucken des Bildes.
1. Die Herstellung des
Negativs.
Jedes Negativ, möge es retouchirt seyn oder nicht, läßt sich zu diesem Verfahren
verwenden. Die Resultate entsprechen natürlich immer der Beschaffenheit und Güte des
Negativs. Wenn das Negativ gefirnißt ist, muß vor dem Gebrauch der Firniß entfernt
werden. Obgleich indessen jedes Negativ verwendbar ist, so habe ich doch bemerkt,
daß vollkommene Abdrücke nur mit einer gewissen Sorte von Negativen zu erhalten
sind. Ich will so gut es angeht beschreiben, wie man diese Negativs macht.
Die beste Sorte Glas wird einige Stunden in eine Mischung von gleichen Theilen
Salpetersäure und Wasser gelegt, dann herausgenommen, gewaschen, mit geschlämmtem
Tripel abgerieben, nochmals gewaschen und getrocknet. Dann wird es mit
Specksteinpulver abgerieben und mit einem reinen Stück Seide oder Hirschleder
polirt. Keine Unterlage von Eiweiß oder Kautschuk kommt zur Anwendung. Das Collodium
muß mehr Aether als Alkohol enthalten, und eine feste lederartige Schicht geben. Man
collodionirt, silbert, belichtet und entwickelt in gewöhnlicher Weise, sucht aber
viel Detail, durchsichtige Schatten und ein ganz schleierloses Bild, d.h. ein
dünnes, vollkommenes Negativ herzustellen. Das Negativ wird nicht gefirnißt.
2. Ablösung der Negativschicht vom
Glase.
Hier haben wir zwei Fälle: erstens, das Negativ ist bereits gefirnißt, und zweitens
es ist nicht gefirnißt.
Im ersten Fall hat man den Firniß wieder zu entfernen. Dieß geschieht, indem man die
Platte in eine Auflösung von
Alkohol
20
Theile,
Wasser
20
„
Aetzkali
1
Theil
eintaucht. Sobald aller Firniß sich gelöst hat, wascht man die
Schicht vorsichtig mit Wasser, dem etwas Alkohol zugesetzt wurde, übergießt sie dann
mit dünnem Gummiwasser und läßt sie trocknen.
Auch die nicht gefirnißten Negativs müssen mit Gummilösung überzogen und getrocknet
werden.
Die abzuziehende Schicht wird nunmehr mit Collodium überzogen:
Uebertragungs-Collodium.
Alkohol
168
Theile.
Aether
88
„
Ricinusöl
4
„
Collodiumwolle
5
„
Dieses Collodium wird in bekannter Weise langsam auf die Platte gegossen und trocknen
gelassen. Wenn die Schicht trocken ist, macht man mit einem scharfen Messer rund um
einen Schnitt durch die Bildschicht und legt die Platte in's Wasser. Hier löst sich
das Bild und kann leicht abgezogen werden. Man trocknet es zwischen Fließpapier und
bewahrt es zwischen zwei weißen Blättern Papier in einem besonders hierfür
bestimmten Buche auf.
3. Die Grundschicht der
Matrizenplatte.
Als bestes Material für die Matrizenplatte wird eine Spiegelplatte von 1/2 Zoll
Dicke, gut geschliffen und polirt, verwendet. Diese Platte wird gut gereinigt, auf
einem Niveauständer in horizontale Lage gebracht und mit einer Auflösung von doppelt
chromsaurem Ammon in Eiweiß begossen. Diese Schicht muß ganz gleichmäßig und sauber
seyn; Luftblasen und Staub entfernt man vorsichtig. Diese Operation findet in einem
gelb beleuchteten Dunkelzimmer statt. Nachdem man die Flüssigkeit hat ablaufen
lassen, legt man die Platte auf einen Niveauständer, der in einem bis 80° R.
erwärmten Kasten steht. Der Kasten wird geschlossen, damit kein Staub eindringen
kann; in dem Kasten steckt ein Thermometer, damit man die Temperatur controlliren
kann. Wenn die Platte trocken geworden, legt man sie mit der Schichtseite auf ein
Stück schwarzen Sammet und setzt sie so dem Licht aus. Das Licht wirkt durch die
Spiegelplatte auf die Rückseite der empfindlichen Schicht und verwandelt sie dort in
einen lederartigen, unlöslichen Zustand. Die Schicht haftet dadurch fest am Glase,
während die durch den schwarzen Sammet beschützte Oberfläche der Schicht löslich
bleibt. Man wascht nun die Platte eine halbe Stunde in kaltem Wasser, um alles
lösliche Chromsalz zu entfernen, und trocknet sie auf's Neue in dem schon erwähnten
Trockenkasten (wieder im Dunkeln).
4. Die empfindliche Schicht.
Die feinste Gelatine ist zur Herstellung der empfindlichen Schicht erforderlich,
ebenso die reinste Sorte Haufenblase. Beide Substanzen werden zuerst in reinem
Wasser geweicht und darauf durch Erwärmen aufgelöst.
Die Verhältnisse sind nach Qualität der Gelatine und sonstigen Umständen zu
modificiren. Man nehme:
Gelatine
2
Theile,
Hausenblase
1
Theil
Wasser
36
Theile.
Wenn die Lösung bei einer Temperatur von 80° R. wie
Syrup fließt, ist sie von der rechten Consistenz. Sie wird mit
doppelt-chromsaurem Ammon gesättigt, eine halbe Stunde auf einer Wärme von
80° R. erhalten und bei derselben Temperatur durch reinen Flanell
filtrirt.
Die schon mit der Grundschicht versehene Platte wird, Schicht nach oben, auf den
Niveauständer gelegt; die chromhaltige Gelatineschicht wird in genügender Menge
darauf gegossen, und mit einem Stück reinen Papieres darauf gleichmäßig vertheilt.
Alle ungelösten Partikelchen und Luftblasen werden vorsichtig entfernt. Die Platte
wird sodann etwas geneigt, um die überflüssige Gelatine ablaufen zu lassen; die
unteren Ränder der Platte werden mit einem Tuch abgewischt. Man legt die Platte
sodann wieder auf den Ständer im Trockenkasten und trocknet die Schicht bei einer
Temperatur von 80° R.
Sobald die Schicht trocken und kalt geworden, kann man sie unter dem Negativ
belichten.
5. Der Druck des
Cliché's.
Die von der Glasplatte abgezogene Collodiumschicht mit dem Negativ wird, mit der
Bildseite nach oben, auf die empfindliche Platte gelegt. Hierauf kommt eine
Spiegelglasscheibe zu liegen, welche die Schicht fest andrückt. Beide Platten werden
durch Klammern oder Federn aufeinander gepreßt. Die Glasplatte mit der empfindlichen
Schicht liegt auf einem in der Mitte aufzuklappenden Bret, welches den unteren Theil
der Schicht vor Lichteinfluß bewahrt, und doch das Nachsehen während des Copirens
gestattet, gerade wie bei einem gewöhnlichen Copirrahmen. Man schreitet nun zur
Belichtung. Von Zeit zu Zeit bringt man die Platten in einen dunkeln Raum, und
lüftet eine Hälfte des Klappendeckels, um nachzusehen, wie weit der Druck
vorgeschritten ist. Wenn der Abdruck alle Details des Negativs besitzt, ist die
Operation vollendet. Andernfalls muß man weiter copiren.
Die Platte wird nun eine halbe Stunde lang in Wasser gelegt, um das löslich
gebliebene Chromsalz daraus zu entfernen; sie wird sodann herausgenommen und
getrocknet.
6. Die Befestigung der Matrize auf der
Marmortafel.
Die Marmortafel liegt auf dem Wagen der lithographischen Presse. Ihre Oberfläche muß
stets sauber gehalten werden. Die Matrize wird mittelst Gyps darauf
festgekittet.
Bereitung der Gypsmasse.
Man rührt fein gemahlenen Alabastergyps mit Wasser zu einem gleichmäßigen Brei
an, gießt diesen mitten auf die Marmorplatte und breitet ihn gleichmäßig aus;
die Matrizenplatte stellt man senkrecht auf eine der Seiten dieser Gypsschicht
und läßt sie langsam fallen, damit die Luftblasen fortgetrieben werden. Wenn die
Platte liegt, drückt man sie fest in den Gyps hinein. Mittelst eines Spatels
entfernt man den Gyps rundum, bis auf einen schrägen Rand, wie der Rand einer
eingesetzten Fensterscheibe. Sobald der Gyps hart geworden, kann man zum Drucken
schreiten.
7. Das Einwalzen und
Drucken.
Man braucht zwei Marmorplatten zum Auftragen der Druckfarbe. Gewöhnlich wird auf die
erste Platte festere schwarze Farbe, auf die zweite dünnere Farbe von röthlichem Ton
aufgetragen.
Auch die Farbwalzen sind verschieden. Die zuerst angewendete Lederwalze ist rauher,
als die zweite; man überzieht sie durch Hin- und Herwalzen auf den
Farbplatten mit einer möglichst dünnen und gleichmäßigen Farbschicht.
Die Matrizenplatte wird nach jedem Abzug in folgender Weise behandelt: Die Schicht
wird zunächst mit einem reinen nassen Schwamm nach rechts und links, und nach oben
und unten gleichmäßig befeuchtet. Die überflüssige Feuchtigkeit wird erst mit
weichem Shirting, dann mittelst einer reinen weichen Lederwalze entfernt.
Nun schwärzen wir die Schicht mit der ersten Farbwalze ein. Die belichteten,
unlöslich gewordenen Theile der Schicht nehmen die Farbe an, während die löslich
gebliebenen sie abstoßen, weil sie vorher benetzt wurden.
Wenn das Bild in den kräftigen Zügen gut eingewalzt ist, nimmt man die zweite
Farbwalze, um die feinen Details mit Farbe zu versehen. Sodann legt man einen
Papierausschnitt auf das eingeschwärzte Bild, der den Rand des Druckpapieres reinzuhalten bestimmt
ist, legt hierauf das Druckpapier, läßt das Pressenleder herunter und zieht die
Platte durch die Presse.
Der erste Abdruck läßt ersehen, ob man die Platte richtig eingeschwärzt hat, und ob
die Matrize brauchbar ist oder nicht.
Will man um das Bild einen Tonrand haben, so bedeckt man vor dem Auswaschen der
Gelatineschicht das Bild mit einem genau gleich großen Stück schwarzen Papieres und
legt auf die Platte einen Papierrand, dessen Ausschnitt um so viel größer als das
Bild ist, als man den Rand breit haben will. Das Ganze wird mit einer
Spiegelglasplatte bedeckt und kurze Zeit belichtet. Je länger das Licht einwirkt, um
so dunkler druckt der Rand. Wie man nun mittelst eines besonderen Negativs diesen
Rand ornamentiren, oder mit einer Inschrift der Firma u. dgl. versehen kann, braucht
hier wohl nicht näher auseinandergesetzt zu werden.
Das Reinigen der
Matrizenplatte.
Wenn die Platte die erforderliche Anzahl von Abdrücken geliefert hat, auch wenn
sie die Nacht über nicht benutzt werden soll, muß die Farbe davon entfernt
werden; man taucht zu diesem Behuf einen Schwamm in Terpenthinöl oder Naphta,
und wascht die Schicht damit ab. Die Platte wird alsdann für späteren Gebrauch
bei Seite gesetzt.