Titel: | Englische Käsepressen; von Dr. S. Friedländer in Proskau. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LXXIII., S. 261 |
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LXXIII.
Englische Käsepressen; von Dr. S. Friedländer in Proskau.Vom Verfasser als Separatabdruck aus der Milchzeitung (Verlag von A. W. Kafemann in Danzig) Nr. 22 mitgetheilt.
Mit Abbildungen.
Friedländer, über englische Käsepressen.
Bei Gelegenheit einer Reise, welche ich im vergangenen Jahre durch England machte,
sah ich in Chester sowohl, als bei der Ackerbau-Ausstellung in Liverpool sehr
häufig eine Käsepresse, welche bei sehr einfacher Construction einen so bedeutenden,
leicht zu regulirenden Druck ausübt, sehr wenig Raum in Anspruch nimmt und dabei
bequem zu transportiren ist, daß sie, wie ich glaube, auch auf dem Continent in
unsere Käsefabriken eingeführt zu werden verdient.
Fig. 1., Bd. 206, S. 262
Die nebenstehende Abbildung (Fig. 1) einer solchen
„Improved compound lever cheese
pres“ macht die Beschreibung fast überflüssig.
Die Presse ist nur aus Schmiedeeisen gefertigt. Auf einem Gestell, dessen vier
Füße kleine Rädchen tragen, ruht der Preßtisch a, in
welchem radial mehrere Rinnen eingestemmt sind, um das Abfließen der Molken zu
erleichtern; durch zwei Ansätze desselben gehen zwei schmiedeeiserne Säulen b, b, welche oben durch den Balken c gehen und mit Schrauben auf demselben befestigt
sind. Dieser Balken ist nach der einen Seite hin verlängert und nach oben
aufgebogen.
Die Säulen dienen der Preßplatte d, d zur Führung und
die Preßplatte andererseits trägt eine Schraubenspindel s, welche in einer Hülse der Platte sich frei drehen und durch ein mit
Handgriffen versehenes Rad f, f wie an einer
Copirpresse auf und ab beweat werden kann. Die Schraubenspindel geht frei durch
den Balken c; die Mutter h, in welcher sich die Schraube bewegt, liegt in einem einarmigen
Hebel g, g, welcher aus zwei zusammengenieteten
Eisenstäben besteht, und kann sich innerhalb desselben um den Zapfen i drehen, so daß sie ihre senkrechte Stellung auch
wenn sich der Hebel nach aufwärts bewegt, beibehalten kann.
Der Drehpunkt dieses Hebels liegt in einer an den Preßbalken angebrachten Erhöhung
k, während der Angriffspunkt, die Kraft l auf der anderen Seite der Schraube in ungefähr der
drei- bis vierfachen Entfernung sich befindet. Dieser Punkt ist mittelst
Scharnier und Stange mit einem zweiten einarmigen Hebel verbunden, dessen
Unterstützungspunkt in dem aufgebogenen Theile des Preßbalkens liegt und welcher an
seinem anderen Ende ungefähr in der zehnfachen Entfernung des Scharnieres vom
Drehpunkte eine Rolle trägt, über welche eine Kette geht, die an ihrem anderen Ende eine
Schale o trägt, auf welche beliebig viele Gewichte
gelegt werden können. Die Schale wird durch eine dünne Stange m, welche an der Seite des Hauptgerüstes befestigt ist, geführt, und hängt
an der Kette an einem Stabe, der durch ihre Mitte geht und an dem die Gewichte,
flache Scheiben, mit einem bis zur Mitte gehenden Einschnitt, leicht ausgelegt und
abgenommen werden können.
Es liegt auf der Hand, daß die beiden Hebel in ihrer Wirkung sich gegenseitig
multipliciren und daß, wenn das Verhältniß der Entfernungen im unteren Hebel 1 : 4,
im oberen 1 : 10 ist, der Druck der Gewichte auf die Schraubenmutter und somit auf
Spindel und Preßplatte um das Vierzigfache vermehrt wird, so daß also ein Gewicht
von 2 1/2 Pfund den Druck von 1 Centner ausübt.
Fig. 2., Bd. 206, S. 263
Die Manipulation ist sehr einfach; der Käse wird in der Form mit einem Holzdeckel
gedeckt zwischen Tisch und Platte gebracht, und nun die Platte heruntergeschraubt,
so weit es geht. Sobald sie fest aufliegt, wird durch weitere Drehung die
Schraubenmutter gehoben und in Folge dessen steigt auch der obere Hebel in die Höhe;
werden nun Gewichte aufgelegt, so suchen diese den oberen Hebel und somit auch die
Schraube herunterzudrücken, und drücken also mit immer gleicher Belastung die
Preßplatte nach, wenn auch der Käse nach und nach zusammengeht, bis die
Schraubenmutter wieder auf dem Preßbalken aufsitzt; ist indeß die Schraube von
vornherein richtig gestellt oder ist der Käse hinreichend hoch, so kann der letztere
Fall gar nicht eintreten.
Fig. 3., Bd. 206, S. 264
Der Preis der Pressen ist ein sehr billiger, bei Lewis
and
Comp., Salopian Iron
Works, Shrewsbury, kostet eine Presse mit 51 Centimeter Zwischenraum
zwischen den Säulen 3 Pfd. Sterl. (circa 20 Thlr.),
bei 61 Centim. Zwischenraum 3 Pfd. Sterl. 5 Sh. (ca.
22 Thlr.); sollen die Pressen nicht beweglich seyn, sondern will man sie auf
einen Unterbau von Ziegeln fest aufstellen, so kostet jede 10 Sh. (3 Thlr. 10
Sgr.) weniger.
Von derselben Form liefert die Firma auch Doppelpressen (Double cheese press,
Fig. 2), bei denen zwei Pressen auf einem Gestell
neben einander stehen, so daß sie eine Preßsäule gemeinschaftlich und zusammen
nur vier Füße haben.
Der Preis derselben ist der doppelte der einfachen und der Vortheil bei der
Anschaffung würde nur in einer geringen Raumersparniß bestehen.
Dasselbe Princip kommt auch in der Weise zur Anwendung, daß, wie in Figur 3, zwei Pressen übereinander stehen, so daß der
Preßtisch der oberen Abtheilung die Preßplatte der unteren bildet; eine solche double chamber
cheese press mit einer Weite von 61 Centimet. kostet bei derselben Firma 5
Pfd. Sterl. 5 Sh. (ca. 35 Thlr.); praktisch angewendet
habe ich sie nirgends gefunden.
Fig. 4., Bd. 206, S. 265
Bei den Pressen von Mellard, Trent Foundry, Rugeley
Staffordshire, ist die Hebelvorrichtung, wie die Abbildung (Fig. 4) zeigt, derartig abgeändert, daß sich das
Verhältniß der Entfernung der Angriffspunkte von Kraft und Last noch durch
Stifte, welche zwischen beide Hebel eingelegt werden, beliebig abändern läßt;
der Preis dieser Pressen stellt sich bei einer Weite von 51 Centimeter auf 2
Pfd. Sterl. 14 Sh. (circa 18 Thlr.) und bei 61
Centimeter Weite auf 3 Pfd. Sterl. (ca. 20
Thlr.).