Titel: | Ueber das Weichmachen des Wassers mittelst Kalkwasser; von Joh. Stingl. |
Autor: | Johann Stingl |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LXXXV., S. 304 |
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LXXXV.
Ueber das Weichmachen des Wassers mittelst
Kalkwasser; von Joh.
Stingl.
Stingl, über das Weichmachen des Wassers mittelst
Kalkwasser.
Ich habe vor einiger Zeit in diesem Journal (Bd. CCII S. 364, zweites Novemberheft
1871) einige Bemerkungen über die Methode des Weichmachens des Wassers mittelst
Kalkwasser veröffentlicht und will im Folgenden einige weitere Beobachtungen
mittheilen, welche sich auf denselben Gegenstand beziehen und welche namentlich die
Schwierigkeiten betreffen, die mit der Ausführung der genannten Methode bisher
verbunden waren.
Neben dem langwierigen Absetzenlassen und den großen Absetzgefäßen, welche
Uebelstände durch die Filtrirmethode des Hrn. Bérenger behoben sind, scheint ein nicht geringes Hinderniß für die
Benutzung dieses Verfahrens in dem Umstande zu liegen, daß die Beantwortung der
Frage, wie viel Kalk benöthigt man zur Fällung der
kohlensauren Erdalkalisalze des weich zu machenden Wassers, eine nicht ganz
leichte ist, zumal der bisher befolgte Weg, durch einige Versuche empirisch das
richtige Verhältniß des Kalkzusatzes zu finden, ganz unsicher ist. Es muß hierbei
bedacht werden, daß es für viele Verwendungen des durch Kalk weich gemachten Wassers
unbedingt nothwendig ist, die richtige zu diesem Zwecke nothwendige Kalkmenge genau
zu kennen, und keinen Ueberschuß von Kalk im Wasser zu
haben. Dient ein weich gemachtes Wasser zur Kesselspeisung, so ist ein
Kalk-Ueberschuß in selbem die Veranlassung zur Bildung sehr harter
Kesselsteine, wie folgendes Beispiel zeigt. Wir erhielten durch Hrn. Inspector Bérenger einen Kesselstein zur Untersuchung, der
ein krystallinisches Gefüge besaß, sehr fest war, im Kessel eine an 2 Linien dicke
Schichte bildete und sich aus einem nach Bérenger's Methode, aber mit Anwendung eines Kalküberschusses
präparirten Wasser in sehr kurzer Zeit abgesetzt hatte.
100 Theile dieses Kesselsteines enthielten:
In Salzsäure Unlösliches
0,33
Kalk
65,07
Magnesia
0,32
Schwefelsäure
10,43
Kohlensäure
2,67
Eisenoxyd
1,93
Glühverlust
19,06
–––––
99,81
Daraus berechnet sich die nähere Zusammensetzung dieses Kesselsteines wie folgt:
In Salzsäure Unlösliches
0,33
Gyps
18,24
Glühverlust
19,06
kohlensaurer Kalk
5,27
kohlensaure Magnesia
10,67
Eisenoxyd
1,93
ungebundener Kalk
54,56
–––––
100,06
Der Hauptbestandtheil dieses Kesselsteines war also ungebundener Kalk, und diese
Analyse zeigt sehr deutlich den Nachtheil eines Kaltüberschusses im Speisewasser für
Dampfkessel. Da bekanntlich Aetzkalk in heißem Wasser viel schwerer löslich ist als
in kaltem, so muß beim Concentriren des Wassers im Dampfkessel der Aetzkalk früher
herausfallen, als es nach dem Sättigungsgrade des Wassers an Kalk in kaltem Zustande
der Fall wäre.
Bestimmung der Kalkmenge zum Weichmachen des
Wassers.
Um die Menge des Kalkzusatzes genau zu bestimmen, kann man zwei Wege einschlagen,
deren einer wohl allgemein bekannt ist und darin besteht, das Kalkquantum auf
Grund einer genauen Analyse des betreffenden Wassers zu berechnen. Soll diese
Methode ein richtiges Resultat liefern, so muß die Analyse des Wassers mit allen
Controlbestimmungen nach Art einer Mineralwasseranalyse ausgeführt werden, wobei
besonders auf die Analyse des Kochabsatzes Rücksicht genommen werden muß, der
sich aus dem Wasser bildet, wenn dasselbe unter Erneuerung des verdampfenden
Wassers eine halbe Stunde lang gekocht wird; denn aus der Zusammensetzung dieses
Kochabsatzes läßt sich ein Schluß auf die näheren Bestandtheile des Wassers und
hiermit auch auf die zur Fällung der kohlensauren Erdalkalisalze nothwendige
Menge des Kalkes ziehen.
Ich habe nun gefunden, daß eine andere Methode zur Bestimmung der Kalkmenge
manche Vortheile bietet. Sie kann leichter ausgeführt werden, führt rasch zum Ziele und gibt Resultate welche mit der
Praxis in Uebereinstimmung sind.
Diese Methode besteht in einer directen Titrirung eines genau gemessenen kleinen
Quantums des weich zu machenden Wassers mittelst reinen Kalkwassers, dessen
Gehalt an Calciumoxyd (CaO) in 1 Kubikcentimeter früher genau bestimmt wurde.
Hat man hierbei gefunden, wie viele Kubikcentimeter dieses Kalkwassers man
benöthigt, um alle kohlensauren Erdalkalisalze in dem betreffenden Wasser zu fällen, so sind die
Daten bekannt, um die Menge reinen Aetzkalkes berechnen zu können, welche man
zum Weichmachen eines bestimmten Quantums Wasser benöthigt.
Ausführung der Methode. – Man bereitet aus
destillirtem Wasser und reinem Aetzkalk eine gesättigte Kalklösung. Hat dieselbe
sich klar abgesetzt, so wird sie mit Salpetersäure titrirt.
Diese Titrirung gelingt vollkommen genau, wenn man 10 Kub. Cent. einer
Zehntel-Normalsalpetersäure, mit einigen Tropfen Lackmustinctur versetzt,
in ein Reagirgläschen bringt und zu dieser Flüssigkeit die Kalklösung aus einer
in Zehntel-Kubikcentimeter getheilten Bürette so lange zutropfen läßt,
bis die neutrale Färbung der Lackmustinctur eintritt, was sehr scharf beobachtet
werden kann. Hat man nun z.B. für 10 K. C. der 1/10 Normalsalpetersäure bis zur
Herstellung der Neutralfarbe der Lackmustinctur m K.
C. Kalklösung verbraucht, so findet man, wenn man berücksichtigt daß die 10 K.
C. der Säure äquivalent sind 0,028 Gewichtstheilen Kalk (CaO), daß in 1
Kubikcentimeter des Kalkwassers 0,028/m
Gewichtstheile Kalk (CaO) enthalten sind.Man kann auf diese Art die Löslichkeit des Kalkes in destillirtem Wasser
bestimmen. Hat man auf die eben beschriebene Art gefunden, wie viel Kalk
(CaO) in einem Kubikcentimeter der gesättigten Kalklösung enthalten ist,
so kann man leicht berechnen, wie viel Wasser von einer bestimmten
Temperatur 1 Theil Kalk zu seiner Lösung bedarf. Auf diesem Wege wurde
gefunden, daß 1 Theil Kalk 762,2 Theile Wasser von 12° C. zur
Lösung bedarf.
Hat man auf diese Weise den Gehalt des Kalkwassers an Calciumoxyd ermittelt, so
wird das zu präparirende Wasser mit diesem Kalkwasser titrirt. Dieß geschieht
auf folgende Art:
Man nimmt 100 K. C. des zu präparirenden Wassers und tröpfelt aus einer
graduirten Bürette das titrirte Kalkwasser langsam und unter beständigem
Umrühren des Wassers zu. Man wird nun die Beobachtung machen, daß im Anfange das
Wasser klar bleibt (wegen der geringen Löslichkeit des kohlensauren Kalkes und
der kohlensauren Magnesia) und erst wenn eine größere Menge des Kalkwassers
zugesetzt ist, wird eine Trübung entstehen, die aber beim Umrühren mit dem
Glasstabe wieder verschwindet; es wird endlich ein Punkt eintreten, wo dieses
nicht mehr stattfindet, sondern jeder neu hinzukommende Tropfen des Kalkwassers
eine wolkenförmige Trübung hervorbringt. Man titrirt nun so lange, als die
Flüssigkeit bei heftigem Umrühren trüber wird, aber milchig bleibt. Sobald sich der gefällte kohlensaure Kalk resp. die
kohlensaure Magnesia flockig abscheiden, ist schon zu
viel Kalkwasser zugesetzt, was man mittelst eines Curcumapapieres oder mit
salpetersaurem Silberoxyd nachweisen kann. (Diese Thatsache kann zu einer
vorläufigen Titrirung mit Vortheil verwendet werden, um gleichsam das Maximum
des Kalkwasserzusatzes beim Titriren zu erkennen.) Bemerkt man keine weitere
Trübung des Wassers, ohne Flockenbildung zu beobachten, so prüft man mittelst
Curcumapapier auf die von Pettenkofer angegebene Art,
indem man einen Tropfen des Wassers auf das erwähnte Papier bringt. Entsteht nun
beim Eintrocknen ein deutlicher lichtbrauner Fleck, so ist die Kalkmenge zur
Fällung genügend. – Die Prüfung auf einen Kalküberschuß mittelst
salpetersauren Silberoxydes ist nicht scharf genug, da schon ein bedeutenderer
Kalküberschuß vorhanden ist, wenn durch dieses Reagens die bekannte Bräunung
eintritt. – Uebrigens läßt sich bei nur einiger Uebung die Endreaction
mittelst Curcumapapier leicht erkennen, wenn man berücksichtigt daß der frisch
gefällte kohlensaure Kalk auf Curcumapapier einen braunen Ring mit zerrissenem
Rande erzeugt, während ein großer Ueberschuß von Kalk einen tief braunen Fleck
erzeugt. (Daß das Auftreten eines lichtbraunen Ringes nicht das Ende der
Reaction anzeigt, kann leicht erkannt werden, wenn man das Wasser, welches den
Niederschlag von kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia suspendirt enthält,
durch ein trockenes Filter filtrirt und das Filtrat mit Curcumapapier auf die
früher erwähnte Art prüft; man wird dann keine Färbung desselben
beobachten.)
Hat man nun so durch Titrirung gefunden, wie viel Kubikcentimeter des Kalkwassers
man zu 100 K. C. des zu präparirenden Wassers setzen muß, um die kohlensauren
Erdalkalisalze, einen Theil der Kieselsäure und der organischen Substanz zu
fällen, so läßt sich leicht berechnen, wie viel Kalk für je 1 Kubikmeter, resp.
für je 100 Kubikfuß des weich zu machenden Wassers verwendet werden muß. Wären
z.B. n K. C. Kalkwasser, welches in 1 K. C. (wie
früher bemerkt) 0,028/m Grm. Calciumoxyd enthält,
zur Titrirung des Wassers verbraucht worden, so repräsentirt dieß für 100 K. C.
des Wassers ein Kalkquantum von 0,028/m . n Grm.
reinem Calciumoxyd.
Praktische Anwendung der besprochenen
Methoden.
Bei der praktischen Ausführung des Weichmachens des Wassers hat man zwei Umstände
besonders zu berücksichtigen: einmal, daß nicht jedes Wasser, vermöge seiner
gelösten Bestandtheile, ein gleiches Lösungsvermögen für den Kalk besitzt, und
dann, daß der gewöhnliche gebrannte Kalk nicht reines Calciumoxyd ist, sondern mehr oder
weniger in Wasser unlösliche Theile enthält.
In der Praxis wird man daher am besten damit beginnen, zu bestimmen wie viel Kalk
in einer gesättigten Kalklösung, bereitet mit dem zu präparirenden Wasser und
dem betreffenden Kalk, enthalten ist. Dieß kann auf dieselbe Art, wie früher
beschrieben wurde, geschehen, nämlich durch Titrirung einer
Zehntel-Normalsalpetersäure mit dem Kalkwasser.
Auch die zur Lösung des betreffenden Kalkquantums nöthige Wassermenge kann nach
Früherem berechnet werden. Hat man nun noch bestimmt, wie viel Procente des
gebrannten Kalkes in Wasser unlöslich sind, so kennt man alle Daten, um die für
ein bestimmtes Quantum zu präparirenden Wassers nöthige Kalkmenge und auch die
zur Lösung dieses Kalkes erforderliche Wassermenge zu finden.
An den folgenden zwei Beispielen soll nun die Anwendung der früher beschriebenen
Methoden zur Bestimmung des zur Fällung der kohlensauren Erdalkalisalze
nothwendigen Kalkquantums gezeigt werden.
Die Untersuchungen erstreckten sich auf zwei Wässer, welche nicht zu den guten zu
zählen sind und doch als Speisewasser für die Locomotiven und Dampfkessel zweier
großen Bahnen, der österreichischen Staatsbahn und der
Südbahn-Gesellschaft, benutzt werden. Die Brunnen, welche diese Wässer
liefern, liegen in einem und demselben Quellengebiete, dem Löß der
Erdberger-Lände, in der Nähe großer Gemüsegärten. Das Wasser wird dann
mittelst Pumpen und Röhrenleitung auf eine Strecke von ca. 1800° in die betreffenden Stationen geleitet.
Das Wasser der Südbahn wird in der Station Wien für alle feststehenden Kessel der
Werkstätte und sämmtliche Locomotiven dieser Gesellschaft nach der erwähnten
Methode gereinigt.
Herr Ingenier Pazzani, Leiter der Gasfabrik in der
Nähe des Südbahnhofes, benutzte als Speisewasser für die Dampfkessel auch Wasser
der Staatsbahngesellschaft und unterwarf es dem Processe des Weichmachens.
Die Analyse erstreckte sich außer den gewöhnlichen Bestandtheilen (wie Chlor,
Schwefelsäure, Kieselsäure, Kalk, organische Bestandtheile, Magnesia, Alkalien)
auch auf den Kochabsatz in der Art, daß der Kalk, die Magnesia und die
Kohlensäure desselben bestimmt wurden; ferner wurde eine Bestimmung der
gebundenen Kohlensäure vorgenommen. Das Filtrat vom Kochabsatze wurde, so gut es
anging, qualitativ auf schwefelsaure Magnesia untersucht; Krystallform und
Geschmack zeigten das Vorhandenseyn derselben deutlich an.
Berechnung des Kalkquantums auf
Grund einer Analyse.
Analyse des Wassers der
Südbahn.
10000 Theile desselben enthalten:
Chlor
0,6954
Schwefelsäure
1,0794
Kieselsäure
0,1090
Eisenoxyd und Thonerde
0,0145
Kalk
1,9100
Magnesia
1,0540
Alkalien
0,6237
Salpetersäure
Spuren
organische Stoffe
1,6420
gebundene Kohlensäure
2,0800
Im Kochabsatze aus 10000 Theilen wurden gefunden:
Kalk
1,5406
Magnesia
0,5685
Kohlensäure
1,8558
Schwefelsäure
Spuren
Aus diesen Daten läßt sich nun die nähere Zusammensetzung des Wassers, wie folgt,
berechnen:
Kochsalz
1,1459
schwefelsaures Natron
0,0375
Gyps
0,8971
kohlensaurer Kalk
2,7510
kohlensaure Magnesia
1,6562
Kieselsäure
0,1090
Eisenoxyd und Thonerde
0,0145
salpetersaure Salze
Spuren
organische Stoffe
1,6420
––––––
Summa
8,2532
In 10000 Theilen des Wassers wurde bei der directen Bestimmung der fixen
Bestandtheile eine Menge derselben von 8,2037 Theilen gefunden.
Aus diesen Zahlen läßt sich nun die Menge des Kalkes (CaO) berechnen, welche
nothwendig ist, um die Kohlensäure zu binden, welche den kohlensauren Kalk und
die kohlensaure Magnesia gelöst erhält, unter der bekannten Voraussetzung daß
dieselben als doppelt-kohlensaure Salze gelöst sind.
1 Aequivalent kohlensaurer Kalk, gleich 50 Gewichtstheilen, braucht 1 Aequivalent
Kalk (CaO), entsprechend 28 Gewichtstheilen, um die Kohlensäure zu binden welche
den kohlensauren Kalk als doppelt-kohlensauren löslich macht. Man hat
also folgende Proportion:
50 : 28 = 2,7510 : x
x = 2,751 × 0,56 = 1,5405
Theile Kalk (CaO).
Um also die Kalkmenge zu erfahren, welche man benöthigt um den in Kohlensäure
gelösten kohlensauren Kalk zu fällen, braucht nur die nach einer genauen Analyse berechnete Menge des kohlensauren
Kalkes, in unserem Falle 2,751 Theile, mit dem Coefficienten 0,56 multiplicirt
zu werden.
Das Quantum des Kalkes, welcher verwendet werden muß, um die als
doppelt-kohlensaure Magnesia gelöste kohlensaure Magnesia zu fällen,
findet man in ähnlicher Weise, wenn man die nach der Analyse berechnete Menge
der kohlensauren Magnesia mit dem Coefficienten 2/3 multiplicirt. In unserem
Falle beträgt dasselbe 1,6562 × 2/3 = 1,1041 Theile Kalk.
In Summa bedarf man also für 10 Liter Wasser zur Fällung des kohlensauren Kalkes
und der kohlensauren Magnesia 1,5405 + 1,1041 = 2,6446 Gramme Kalk (CaO); dieß
gibt 264,46 Gramme für 1 Kubikmeter oder 1,67 Zollpfund Kalt für je 100 Kubikfuß
Wasser.
Der dem Südbahnwasser analogen Untersuchung wurde das Wasser der Staatsbahn
unterzogen.
Analyse des Wassers der
Staatsbahn.
10000 Theile desselben enthalten:
Chlor
0,3424
Schwefelsäure
1,3075
Kieselsäure
0,1666
Eisenoxyd und Thonerde
0,0203
Kalk
1,9107
Magnesia
1,0075
Alkalien
0,7395
Salpetersäure
0,0250
organische Stoffe
1,9920
gebundene Kohlensäure
1,9455
Im Kochabsatze aus 10000 Theilen Wasser wurden gefunden:
Kalk
1,5532
Magnesia
0,2297
Kohlensäure
1,4289
SchwefelsäureKieselsäure
Spuren
Daraus berechnen sich folgende nähere Bestandtheile des Wassers in 10000
Theilen:
Kochsalz
1,3881
salpetersaures Natron
0,0106
salpetersaurer Kalk
0,0277
Gyps
0,8614
schwefelsaure Magnesia
1,0512
kohlensaurer Kalk
2,7790
kohlensaure Magnesia
1,3799
Eisenoxyd und Thonerde
0,0205
Kieselsäure
0,1666
organische Substanzen
1,9920
––––––
Summe
9,6770
Die Summe der fixen Bestandtheile beträgt, wie eine directe Bestimmung durch
Abdampfen und Trocknen bei 180° C. gezeigt hat, in 10000 Theilen: 9,7160
Theile.
Aus diesen Zahlen läßt sich nun auf dieselbe Art wie bei dem Südbahnwasser die
Menge des Kalkes berechnen, welche nothwendig ist, um die Carbonate des Kalkes
und der Magnesia zu fällen. Diese Berechnung ergibt, daß man auf je 1 Kubikmeter
dieses Wassers 247,6 Gramme Kalk (CaO), oder auf je 100 Kubikfuß des Wassers
1,56 Zollpfund Kalk zur Präparirung des Wassers benöthigt.
Wie man sieht, ist diese Methode zur Bestimmung des Kalkquantums eine sehr
complicirte und erfordert eine geraume Zeit zu ihrer Ausführung.
Rasch und einfach gelangt man dagegen mit dem früher
beschriebenen Titrirverfahren mittelst titrirtem Kalkwasser zum Ziele.
Diese Methode wurde nun auf die in Rede stehenden Wässer angewendet. Zu diesem
Behufe bereitete man, wie früher erwähnt, eine gesättigte Kalklösung, titrirte
dieselbe mit 1/10 Normalsalpetersäure und fand, daß 1 Kubikcentimeter des
Kalkwassers 0,001312 Gramme Kalk (CaO) enthält.
Mit diesem Kalkwasser wurden nun 100 Kubikcentimeter des Südbahnwassers auf die
früher angegebene Art titrirt und hierbei durchschnittlich 19,4 K. C. des
Kalkwassers verbraucht.
Diese 19,4 K. C. enthalten aber 19,4 × 0,001312 = 0,02545 Grm. Kalk; daher
brauchen 100 K. C. des Südbahnwassers nach dieser Titrirmethode 0,02545 Grm.
Kalk, oder 1 Kubikmeter 254,5 Gramme Kalk zur Fällung der kohlensauren
Erdalkalisalze.
Dieselbe Methode, auf das Staatsbahnwasser angewendet, zeigte, daß man zur
Titrirung von 100 K. C. dieses Wassers im Durchschnitte 18,2 K. C. obigen
Kalkwassers bedarf, entsprechend 0,02387 Gramme Kalk für 100 Kubikcentimeter
Wasser.
1 Kubikmeter dieses Wassers benöthigt mithin nach dieser Methode zur Fällung des
kohlensauren Kalkes und der kohlensauren Magnesia 238,7 Gramme Kalk (CaO).
Vergleicht man diese durch Titrirung erhaltenen Endresultate mit jenen Daten,
welche auf Grund einer Analyse berechnet wurden, so stellt sich für je 1
Kubikmeter des Wassers der Südbahn eine Differenz von 9,9 Grammen Kalk und für
je 1 Kubikmeter des Staatsbahnwassers ein Unterschied von 8,9 Grammen Kalk
heraus. Dazu ist zu bemerken, daß die Praxis zu Gunsten der durch Titrirung
erhaltenen Resultate spricht; denn in der Gasanstalt und am Südbahnhofe
verwendet man für je 1 Kubikmeter des zu präparirenden Südbahnwassers 253 Gramme
Kalk, entsprechend 1,6 Zollpfund für je 100 Kubikfuß Wasser, und erhält hierbei
sehr befriedigende Resultate.
In der Gasanstalt bei dem Südbahnhose werden die Kessel nur mit präparirtem
Südbahnwasser gespeist. Es stellte sich hierbei heraus, daß nach dreimonatlichem
Betriebe ein Kesselstein von der Dicke eines starken Papieres gebildet wird,
welcher beinahe nur aus Gyps besteht. Während man daselbst vor dem Weichmachen
des Wassers mittelst Kalkwasser die Kessel alle drei Wochen von einem sehr
harten und dicken Kesselstein reinigen mußte, konnten jetzt die Kessel beinahe
ein Jahr ununterbrochen arbeiten, ehe der Kesselstein
die Dicke desjenigen erreichte, der sich früher in drei Wochen ansetzte; ein
gewiß günstiges Resultat.
Berücksichtigt man noch, daß zu jeder Zeit eine Prüfung des präparirten Wassers
mittelst Curcumapapier leicht ausgeführt werden kann, um zu sehen ob der
Kalkzusatz nicht zu groß ist, so kann man wohl sagen, daß die Methode einer
praktischen Verwendung fähig ist.
Wien, den 6. November 1872.
Laboratorium des Prof. Dr. A. Bauer.