Titel: | Darstellung schwarzer Dach- und Mauersteine. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. XCIX., S. 347 |
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XCIX.
Darstellung schwarzer Dach- und
Mauersteine.
Ueber Darstellung schwarzer Dach- und
Mauersteine.
Der in Berlin domicilirte „deutsche Verein für Fabrication von Ziegeln,
Thonwaaren, Kalk und Cement“ gibt für seine Mitglieder ein
„Notizblatt“ heraus, welches nach dem Ableben des
verdienstvollen Dr. Türrschmiedt von dem Vereinssecretär Dr. H.
Seger redigirt wird. Aus den uns vorliegenden
neuesten Heften entnehmen wir das Nachstehende.
Von besonderer Wichtigkeit für die Ziegelfabrication am Niederrhein und in Flandern
ist die Fabrication von dunklen blauschwarzen Fliesen und Dachpfannen, welche aus
demselben Material hergestellt werden wie die zu gleicher Zeit ebenfalls benutzten
rothen, durch eine besondere Procedur jedoch, die nicht überall bekannt seyn dürfte,
durch das sogen. Dämpfen, die ihnen eigenthümliche Farbe und eine größere
Haltbarkeit erlangen. Die Form der Dachziegel ist die S
förmige und in Deutschland als die des holländischen Ziegels bekannte, die ja auch
anderwärts, z.B. in Hessen und Thüringen, weit verbreitet ist.
Die für das Brennen der Dachziegel bestimmten Oefen sind länglich viereckig, 10 Met.
lang, 4 Met. breit, 3 1/2 Met. hoch und überwölbt. In jeder der beiden Stirnwände
finden sich 3 mit eisernen Feuerthüren verschiebbare Oeffnungen, welche den 3 durch
die ganze Ofenlänge hindurchgehenden Rosten entsprechen, die mit Kohlen gespeist
werden und deßhalb ebenfalls durchgehende Aschenfälle besitzen. Die Roste, aus
gußeisernen Rostbalken gebildet, sind 30 Centimet. breit und haben Fugen von ca. 0,5 Centimet. Im Gewölbe befinden sich reihenweise
15 Abzugsöffnungen für die Rauchgase, welche zu je drei in einen gemeinschaftlichen,
über das Ofengewölbe laufenden Canal einmünden und die Feuerluft in einen
gemeinschaftlichen, mit dem Schornstein in Verbindung stehenden Hauptcanal
entsenden.
Das Verfahren, welches man anwendet, um in diesen Oefen die Dachziegel oder auch
gewöhnliche Mauersteine und Fliese blau zu brennen oder zu dämpfen, ist folgendes.
Der untere Theil des Ofens wird, wie dieß ja stets beim Dachsteinbrennen geschieht,
mit Ziegelsteinen oder Fliesen vollgesetzt, in diesen werden die Schürgassen
ausgesetzt und dieselben in gewöhnlicher Weise zugekragt; die Höhe dieser Schichten
beträgt bis zu 1 Met., darüber kommen dann die Dachsteine, hochgestellt und
abwechselnd die Nasen unten und oben und die einzelnen Reihen einmal nach rechts, einmal nach
links geschränkt; um beim Schwinden alsdann ein Umlegen der Reihen und dadurch ein
Verziehen möglichst zu vermeiden, wird von Meter zu Meter in den Reihen ein Stock
quergestellt. Ist der Ofen gefüllt, so wird dessen Inhalt ganz in derselben Weise,
als ob die Ziegel roth gebrannt werden sollten, gebrannt. Ist der Punkt der Gare für
den Ofen eingetreten, so werden zunächst die über das Ofengewölbe hinlaufenden
Canäle an den Stellen wo die Oeffnungen im Ofengewölbe in dieselben einmünden,
abgedeckt, die Oeffnungen selbst bis auf 2 oder 3 auf das Sorgfältigste mit Steinen
und Thon verstopft, darauf unten in die Schürgassen frisch geschlagenes Erlenholz
– bei den angegebenen Ofendimensionen 18 Kloben pro Brand – hineingeschoben und nun sowohl die Feueröffnungen als
Aschenfälle und die letzten oberen Abzugslöcher so schnell wie möglich vermauert und
luftdicht verschmiert.
Durch die Einwirkung der Hitze auf das feuchte Holz bildet sich nun eine Masse Gase
und ein dichter Qualm erfüllt den ganzen Ofen; diese Gase können jedoch nicht
verbrennen, da ihnen die dafür nöthige Luft entzogen ist, und üben nun auf den Thon
in der Weise eine Wirkung aus, daß sie auf Kosten des Sauerstoffes, welchen das
denselben enthaltende Eisenoxyd abzugeben vermag, verbrennen und die rothfärbenden
Eisenoxydverbindungen in schwarz färbende Eisenoxydulverbindungen umwandeln.
Da dieser Proceß, durch welchen der Thon die schwarzblaue Farbe annimmt, rückwärts
geht, sowie die Entwickelung des aus dem Holze ausgehenden Gases aufhört, und die
schwarzen Ziegel wieder roth werden, sowie durch die nicht zu vermeidenden Risse im
Ofen wieder frische Luft eintreten kann, so sucht man nach dem Einschieben des
Holzes den Ofen möglichst schnell abzukühlen und eine Dampfentwickelung in ihm zu
unterhalten, indem man auf das Gewölbe desselben Wasser gießt. Um ein directes
Einfließen des Wassers durch entstandene Risse in den Ofen zu vermeiden, wird zuerst
der die im Scheitel 18 Centimet. starken Gewölbe überdeckende etwas bündige Sand
durch Besprengen angefeuchtet und fest angedrückt; darauf werden um die Oeffnungen
im Gewölbe und die Widerlager kleine Dämme von frischem Thon aufgeführt und nun
Wasser aufgepumpt oder hinaufgetragen, so daß es einige Centimeter hoch über dem
Gewölbe steht und durch das fortwährende gelinde Durchschwitzen durch die porösen
Gewölbsteine eine stete Dampfentwickelung im Inneren des Ofens unterhält, welche
einem Eintreten von atmosphärischer Luft in den Ofen entgegenwirkt. Offenbar muß die
Festigkeit des Ofens und namentlich das Gewölbe durch ein solches Gewaltmittel
ungeheuer leiden und
erscheint deßwegen die Angabe, daß die Oefen jährlich zwei Mal einer
Generalreparatur resp. Erneuerung der Gewölbe unterworfen werden müssen, durchaus
gerechtfertigt. – Die in dieser Weise gedämpften Dachziegel zeigen sich der
Verwitterung viel weniger zugänglich, als die rothen.
Die ausschließliche Benutzung des Erlenholzes für den beschriebenen Proceß erscheint
durchaus nicht absolut nöthig, sondern es ließe sich dasselbe auch durch Surrogate
ersetzen, die im Stande sind, eine große Menge in derselben Weise wirkender Gase zu
liefern; so z.B. könnte die Wirkung desselben ersetzt werden durch Einfließenlassen
von Steinkohlentheer in den Ofen, nachdem derselbe vollkommen luftdicht verschlossen
worden ist; ebenso ließe sich die schnelle Abkühlung des Ofens wohl auch besser auf
andere Weise, als durch Befeuchten der Gewölbe, gerade der empfindlichsten Stelle
des Brennapparates, bewirken, und zwar durch Einspritzen feiner Wasserstrahlen in
den Ofen selbst an einer weniger gefährlichen Stelle, etwa in den Aschenfällen der
Feuerungen. Es geht in dieser Beziehung der belgischen Ziegelindustrie nicht besser
als der deutschen, auf beiden Seiten ein hartnäckiges Festkleben an dem von den
Voreltern ererbten Verfahren, eine Unkenntniß in ihrem eigenen Gewerbe, welche alle
erlaubten Grenzen überschreitet, und wo Jemand einmal eine Besserung fühlt und
anstrebt, stellen sich erst die Lücken eines mangelnden Wissens heraus und führen zu
Ausgeburten, die Andere vor vielleicht guten Ideen zurückschrecken.
Aehnlichkeit mit der beschriebenen Methode zur Darstellung von Dachziegeln bietet die
in England zur Herstellung schwarzer Klinker benutzte.
Da, wo bei uns schwarze Steine zur Decorirung der Façade verwendet werden,
werden dieselben in der Weise hergestellt, daß gewöhnliche Verblendsteine in
Steinkohlentheer gekocht werden. Diese Steine, Tunksteine genannt, haben in Bezug
auf Dauerhaftigkeit gewiß viel durch die Tränkung mit einem vor Verwitterung
schützenden Material, dem Theer, voraus, erhalten jedoch dadurch, daß sich sehr bald
Staub an ihnen anhängt, ein unansehnliches Aussehen, das anfänglich intensive etwas
glänzende Schwarz geht mit der Zeit in eine unangenehm stumpfe mißfarbig in's Graue
spielende Färbung über. Man kann allerdings bei der Billigkeit der Herstellungsweise
auch in England viele dergl. mit Theer getränkte Steine finden, bei besseren
ornamentalen Rohbauten sind dieselben jedoch ganz ausgeschlossen und durch ein
Material ersetzt, welches ungleich schöner und dauerhafter, fast unzerstörbar
erscheint. Unsere mittelalterlichen Bauten bedienen sich, um den gleichen Effect
hervorzubringen, vielfach der dunkelglasirten, mit einer Bleiglasur versehenen Steine, die mit ihren
blitzenden Flächen das Auge beleidigen; die englischen Fabricate stehen in Bezug auf
das Aussehen zwischen beiden. Das Verfahren ist ähnlich dem zur Herstellung
schwarzer Dach- und Mauersteine durch Dämpfen, nur daß der Effect der
Dunkelfärbung durch eine Art äußerst dünner Glasur mit mattem Scheine, nicht zu
verwechseln mit dem Aussehen unserer blinkenden Glätteglasuren, mit einer Art
schwarzen Lüsters unterstützt wird.
Das Verfahren der Herstellung der zu besprechenden Steine, der blue Staffordshire bricks oder nach ihrem Aussehen und ihrer Härte Iron bricks, Eisensteine, genannten Ziegel, hat seinen
Sitz im Mittelpunkt der Staffordshire-Töpfer-Industrie und im Süden in
Bishops-Waltham, nicht weit von Southampton. Das hier verwendete Rohmaterial
ist ein eisenhaltiger, aber sonst ziemlich feuerbeständiger Thon; die daraus
erzielten Steine kommen in ihrem Aeußeren am nächsten dem in Berlin als Rathenower
Steine bekannten Material, oder den Ziegeln welche im Saarbrücker Kohlenbecken aus
dem aus der Verwitterung des rothen Kohlensandsteines hervorgegangenen Lehm
hergestellt werden. Meist sind die Steine aus einer fein präparirten, zum größten
Theil geschlämmten Erde hergestellt. Die besseren Producte dieser Art sind stets
nachgepreßt, um der Oberfläche eine größere Dichtigkeit und Glätte zu verleihen. Das
Brennen der Steine geschieht bis zum klinkerartigen Zustande entweder in den
gewöhnlichen Staffordshireöfen, oder in kleineren, diesen ähnlichen runden
überwölbten Oefen von ca. 3 1/2 Met. Durchmesser, 2 1/2
Met. Höhe und 6 im Kreise angeordneten Feuerungen und 4 bis 6 kleinen, auf dem
kugelförmigen Gewölbe aufgesetzten Schornsteinen zum Abzug des Feuers. Die Steine
werden darin so eingesetzt, daß von den Feuerstätten aus 6 Schürgassen nach der
Mitte auslaufen, wo sie sich in einem senkrecht aufgehenden Canal vereinigen, und
sind so gesetzt, daß die Flächen, welche schwarz werden sollen, frei bleiben; also
wenn die Steine im Mauerwerk verbraucht werden sollen, werden sie flach
übereinandergelegt, wenn sie zur Pflasterung als Trottoir benutzt werden sollen,
hochkantig gestellt, stets so, daß die bei der Verwendung freibleibenden Flächen im
Ofen keine Bedeckung erfahren.
Ist die Gluth so hoch im Ofen gestiegen, daß die Steine in einen klinkerartigen
Zustand übergegangen sind, so werden in jede Schürgasse einige Schaufeln Salz
eingeworfen, welches bei der großen Hitze sofort verdampft und die freien
Steinflächen mit einer harten, äußerst dünnen Glasur überzieht; zugleich werden
frische Kohlen in den Feuerungen aufgeworfen, und ehe diese vollständig durchglühen
können, sowohl die Abzüge im Gewölbe als die Feuerlöcher fest geschlossen und
verschmiert.
Der hierdurch in dem Ofen erzeugte Qualm hat eine ähnliche, wenn auch nicht so
intensive Wirkung, wie der des Erlenholzes beim Dämpfen der belgischen Dachziegel.
Es tritt eine mehrere Millimeter tief gehende Schwärzung des Thones durch eine
Reduction des Eisens ein, welche unterstützt von dem Flußmittel, das durch die im
Ofen vorhandenen Salzdämpfe gegeben ist, auf der Oberfläche der Steine die
Herstellung eines sehr dichten und harten, graphitfarbigen und mattglänzenden
Ueberzuges hervorruft und ein vollkommen vor Verwitterung sicheres Aeußere schafft.
Nicht allein für solche Producte, welche als Rohbausteine durch ihre Farbe wirken
sollen, wird dieses Verfahren angewendet, sondern im ausgedehntesten Maaße auch für
die, welche in erster Linie der Verwitterung und mechanischen Abnutzung Widerstand
leisten sollen, namentlich für Dachziegel und Fliesen. (Deutsche Industriezeitung,
1872, Nr. 46.)