Titel: | Ueber die Saftbestimmung der Zuckerrübe; von Ferdinand Jicinsky. |
Autor: | Ferdinand Jicinsky |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. CIX., S. 388 |
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CIX.
Ueber die Saftbestimmung der Zuckerrübe; von
Ferdinand
Jicinsky.
Mit Abbildungen.
Jicinsky, über die Saftbestimmung der Zuckerrübe.
Angeregt durch die fast constante Klage über die Saftarmuth der Rüben der heurigen
Campagne fand ich mich zu einer Reihe von Saftuntersuchungen veranlaßt, deren
Resultate mit einer Saftarmuth auch dann nicht übereinstimmten, wenn sich schon
während der Manipulation eine thatsächliche und auffallende Saftarmuth kundgab.
Ein ziemlich empfindlicher Indicator für den Saftgehalt ist z.B. die
Diffussionsbatterie während der Saftgewinnung. Sie liefert sehr verdünnte
Dünn- und Dicksäfte. Bleibt der Wasserverbrauch der Batterie immer derselbe,
so müssen die Säfte bei ärmeren Rüben dünner werden. Der Wasserverbrauch zum
Diffundiren und Absüßen betrug z.B. bei einer Batterie 250–270 Proc. Die
Dünnsäfte kamen auf höchstens 4° Sacchmet., die Dicksäfte zur Saturation auf
6–7° Sacchmet. Ebenso blieb die Saftausbeute unzureichend. Die Füllung pro Diffusionsgefäß von 45 Ctr. Rübe von 15°
Sacchm. ergab bei warmer Diffusion nach Robert einen
Abzug zur Saturation von je 85 Ctr. 7 grädigen Dicksaftes. Das Aequivalent der
Saftausbeute ist somit 85 × 7 = 595 und sollte zufolge der Rübe seyn 45
× 15 = 675. Es ist also die Saftausbeute (595 . 100)/675 = 88 Proc. statt 90
und 92 Proc., wie dieß das Diffusionsverfahren mit sich bringt. Erst eine
Modification der Diffusionsmethode lieferte Dicksäfte von 9–10°
Sacchmet. zur Saturation und die Dünnsäfte auf der Filtration stiegen in Folge
dessen von 3° auf 7° Saccharimeter.
In sämmtlichen Saftuntersuchungen, nach der Methode von Dr. Stammer
Stammer: „Versuche zur Bestimmung des
Saftgehaltes der Rüben“ , in der Zeitschrift des Vereines für
die Rübenzucker-Industrie im Zollverein, 1866, Bd. XVI S. 521. durchgeführt, ergab die Rübe meist einen höheren Saftgehalt als 96 Proc., so
daß er im Durchschnitt mit 96 festgesetzt werden konnte. Nur in zwei Ausnahmefällen fand ich 92 Proc. So z.B. ergaben
sich in fünf aufeinanderfolgenden Analysen die Resultate: 96,81 Proc., 96,50 Proc.,
96,80 Proc., 96,72 Proc. und 97 Proc.; es ist auch der Stammer'schen Saftbestimmungsmethode charakteristisch, daß dieselbe sehr
constante Angaben liefert. Diesem Umstande ist es wahrscheinlich auch zuzuschreiben,
daß man sich in früherer Zeit im technischen Betriebe weniger mit Saftbestimmungen
der Rübe befaßte und nöthigenfalles die Zahl 95 oder 96 schlechtweg als geltend
betrachtete.
Die Ansicht, es sey der Saft ein sehr beständiger Factor der Rübe, ist aber
unrichtig. Derselbe kann ebensogut schwanken als der Zucker- und
Extractgehalt des Saftes. Die heurige Zuckerrübe hat dieß auch deutlich genug
bewiesen.
Nun ist bekanntlich bei der Stammer'schen Bestimmung der
Wassergehalt von Saft und Rübe zum Ausgangspunkt gewählt. Bezeichnet s das Wasser der Rübe, S
jenes vom Saft in Procenten, so ist der Saftgehalt Σ = s/S . 100.
Ich erlaube mir die Richtigkeit dieser Bestimmungsmethode zu bezweifeln. Ihre
Resultate sind nämlich zu hoch, weil, namentlich im technischen Sinne, nicht alles
Wasser der Rübe als zum Safte gehörig betrachtet werden kann. Der Zellstoff wird
besonders bei stärkerer holziger Entwickelung, also bei saftarmen Rüben, einen Wassergehalt
aufweisen, welcher nicht zur Constitution des Saftes gehört.
Zufolge der Basis der Stammer'schen Untersuchung muß alles
Rübenwasser als Süßewasser gelten und je höher dasselbe, desto höher der
Saftgehalt.
Schließlich entweichen bei der Trockenprobe bedeutende Mengen anderer Gase und selbst
Producte der trockenen Destillation, um das Contingent für Rübenwasser nicht
unbedeutend zu vermehren.
Bei der Diffusionsmethode hat man in neuerer Zeit die Erfahrung gemacht, daß während
der Ausbeute von Schnittlingen sich zuweilen große Gasmengen, namentlich Kohlensäure
in der Batterie entwickeln. Die Conjecturalchemiker waren gleich mit
Zersetzungsproducten des Zuckers bei der Hand, während sich aus den Zifferbeweisen
für die Annahme dieser Behauptung Verluste berechneten, welche schon lange vor der
Kohlensäureentdeckung in der Diffusionsbatterie die Rubrik für sogenannte unbestimmbare Verluste verdunkelt hätten. Eine Zersetzung des Zuckers ausschließlich liegt hier also
ganz bestimmt nicht vor. Dagegen bringt die Rübe als lebender und athmender
Organismus ein Quantum von Respirationsproducten und anhaftenden Gasen mit sich,
welche sie theils aufgenommen, theils selbst entwickelt hat, und welche schon bei
mäßigen Temperaturen aus geöffneten Zellen entweichen. Das ist
die Gasquelle in der Diffusionsbatterie und auch eine Hauptfehlerquelle der
Stammer'schen Saftbestimmung.Herr Dr. Arnold Heintz, Chemiker der pommerischen Provincial-Raffinerie zu
Stettin, befaßt sich gegenwärtig mit einer vollständigen Gasanalyse der
Zuckerrübe und auch mit der Untersuchung der Gasmetamorphose während einer
längeren Dauer der Lagerung.
Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, daß die letzterwähnte Erscheinung bei
Rübenfragmenten sich in folgender Anordnung besser beobachten und beweisen läßt.
Ein Glaskolben A, Fig. 1,
wurde mit etwa 10 Grammen Rübenbrei gefüllt, luftdicht geschlossen und in einem
Trockenschranke derart eingesetzt, daß nur der Hals aus der oberen Oeffnung des
letzteren hervorragte. Die Temperatur des Luftbades blieb constant bei 100°
C. C ist die Vorlage, in welcher das destillirende
Wasser etc. condensirt und aufgefangen werden soll. Ich versah dieselbe in der
Doppelbohrung des Korkes mit einem Verbindungsrohre c
und mit einer Kugelröhre d. Diese ist mittelst des
anschließenden Kautschukschlauches, mit einem Aspirator oder mit der Bunsen'schen Luftpumpe zu verbinden. Sie ist ferner mit
Aetzkalistücken gefüllt, um bei zufälligem Luftzutritt von außen in die Vorlage,
eine Absorption von atmosphärischer Kohlensäure zu verhindern. In der Vorlage wurde
nun, je nach Bedarf, Wasser, Aetzkalk- oder Aetzbarytlösung vorgeschlagen,
und ich habe schließlich dieselbe einem geräumigen Becherglas D einverleibt, um sie nöthigenfalls zu kühlen. Dabei wurde das erwärmte
Kühlwasser öfters mittelst eines Hebers abgezogen und durch frisches ersetzt. Es
erwärmt sich jedoch die Vorlage durch die Destillationsproducte derart, daß eine
periodische Erneuerung nicht hinreicht, und ein constanter Wasserzulauf und Ablauf
nöthig wird.
Fig. 1., Bd. 206, S. 390
B ist ein Zwischengefäß zum Schutz sowohl des Kolbens
A, als der Vorlage C.
Dasselbe hält nämlich die zufällig übersteigenden Flüssigkeitsmassen vom Kolben A auf, und sammelt auch die Absorptionsflüssigkeit der
Vorlage, wenn diese bei momentaner Abkühlung des Kolbens A und gleichzeitigem Stillstand des Respirators zurücksteigen sollte. Das
Rohr g dient endlich zur Aspiration getrockneter und
kohlensäurefreier Luft.
Die ganze Verbindung läßt sich bei a durch ein
Kautschukzwischenstück leicht lösen und wieder herstellen. Im ersten Falle hindert
ein Quetschhahn den Luftzutritt in den Kolben A.
Bei gelöster Verbindung erwärmte ich vorerst etwa eine Stunde lang auf 80° C. im
Luftbade, um die Temperatur bei geschlossener Leitung und nachdem die Luft aus dem
Kolben A entfernt sein durfte, auf 100° C. zu
erhöhen. Die Dampfentwickelung erfolgt dann successive und spontan, und muß später
durch den Respirator bei f unterstützt werden, so zwar,
daß die Dämpfe unter einer geringen Luftleere und mit beschleunigter Entwickelung
hinüberdiffundiren.
Der Wasserdampf condensirt sich theilweise schon im Rohre a,
b und im Gefäße B; und kaum daß die ersten
Partien sich durch aufsteigende Blasen in der Vorlage zeigen, bemerkt man auch bei
gelöster Verbindung a einen unangenehmen, brenzlichen
Geruch von Destillationsproducten und Gasen, welche durch Wasserdämpfe mitgenommen
werden. Uebrigens charakterisirt sich jede Trockenprobe, namentlich von Rübe,
solange sie noch feucht ist, durch einen deutlichen Geruch, welcher im ersten
Stadium dem sauren Geruch eingekochter fleischiger und saftiger Früchte (Pflaumen,
Aprikosen) analog ist, und der auch bei der Inversion der Säfte (durch Säuren und
hohe Temperatur nach gewohntem Verfahren) ohne Ausnahme auftritt. Später, nachdem
die Masse schon trockener wird, verschwindet der saure Geruch und tritt der Geruch
gekochter Kartoffelknollen ein. Ganz dieselbe Geruchsempfindung zeigt sich beim
warmen Diffusionsverfahren nach Robert, wenn nämlich
Schnittlinge von alten oder gefrorenen und sonstwie alterirten Rüben mit
Diffusionsdünnsaft von 80–100° C. angestellt werden müssen. Daß die
Geruchsentwickelung auch von Gasentwickelung begleitet ist, bedarf keiner
Betonung.
Ich habe den Apparat (Fig. 1) nach 12stündigem
Betriebe geöffnet und dessen Inhalt entleert, und es zeigte das condensirte Wasser
im Zwischengefäße B dieselben Eigenschaften wie dessen
Lösung in der Vorlage C. Die Reaction desselben ist
stets schwach sauer, auf blauem Lackmuspapier deutlich nachweisbar. Das condensirte
Wasser ist ferner farblos, ohne deutlichen Geschmack; dagegen hat es einen starken
brenzlichen und säuerlichen Geruch. In einer Platinschale verdampft, entwickelt es
zunächst denselben Brenzgeruch, welcher nach und nach verschwindet, und die letzten
Reste verdampfen bloß unter Entwicklung des reinen Dampfgeruches. Es verbleibt
schließlich ein brauner, mißfärbiger Anflug, welcher beim Erglühen des Platinbleches
sich vollständig verflüchtigt. Die gewöhnlichen Reagentien der qualitativen Analyse
verändern die Lösung nicht. Nur basisch-essigsaures Bleioxyd erzeugt meist
einen Niederschlag oder eine deutliche Trübung, wenn auch die Menge des getrockneten
Rübenbreies sehr gering war. Ammoniaksalze oder freies Ammon waren nicht vorhanden.
Klare Aetzkalk- oder Aetzbarytlösung geben erst nach dem Erwärmen eine
schwache Trübung, was darauf hinweist daß nebst anderen leicht flüchtige
organische Säuren vorhanden sind, welche erst nach ihrer Verflüchtigung oder
Sättigung mit Alkali die Abscheidung von kohlensaurem Kalk gestatten.
Ich habe daraufhin bei häufiger Wiederholung des beschriebenen Destillationsversuches
in der Vorlage Aetzkalk- und Aetzbarytlösung vorgeschlagen. Dieselbe trübte
sich zumeist unbedeutend, weil ohne Zweifel der größte Theil der Kohlensäure nicht
aufgelöst worden ist, aber im Lumen des Gaszuleitungsrohres bildete sich stets ein
Ueberzug von kohlensaurem Salz. Es wurde somit in allen Fällen Kohlensäure entdeckt.
Die Bestimmung des kohlensauren Antheiles nach Quantität, sowie die Ermittelung des
Fehlers welcher sich hiermit auf die Trockenprobe geltend macht, muß einer
speciellen Arbeit überlassen bleiben. Ebenso muß ich eine bessere Aufklärung über
den organischen Bestand des Destillationswassers schuldig bleiben, da die organische
Natur der Rübe ohnehin nicht erschlossen ist und die entfallenden Arbeiten hierfür
ausgedehnterer Vorbereitungen bedürfen; aber der einfache Versuch weist doch darauf
hin, daß die Trockenprobe stets benachtheiligt wird. – Was schließlich das
Gewicht der getrockneten Substanz betrifft, so lehrt eine längere Erfahrung, daß
dieselbe in der Regel und was die sogenannte Constanz des Gewichtes betrifft, sich
nicht den strengsten Grenzen unterordnet. So z.B. ergab eine Probe nach 24stündiger
Trocknung eine Abnahme von 12,6500 Grm. auf 9,0800 Grm., hierauf nach 6 Stunden
9,0600 Grm., nach weiteren 6 Stunden 9,0380 Grm., ferner 9,0220 und endlich als
constantes Gewicht 9,0150 Grm. Trocknet man nun weiter durch abermals 12 Stunden bei
derselben Temperatur, so wird das früher constante Gewicht abermals unbedeutend
abnehmen. Trocknet man schließlich bei etwas höherer Temperatur, z.B. bis zu
105° oder 110° C., welche bei Trockenproben noch weit häufigere
Verwendung finden, so eröffnet sich abermals eine neue Reihe von Trockenverlusten.
Der erste und größte Trockenverlust gehört der Hauptmasse nach gewiß dem Wasser an.
Gleichzeitig scheint aber die Vermuthung nicht ungerechtfertigt zu seyn, daß die
letzten Gewichtsabnahmen desto weniger dem Wasser entsprechen, je mehr sich das
Gewicht der constanten Grenze nähert. Daß endlich das Resultat in gewissen Grenzen
variabel wird durch die Manipulationsprocedur, ist bereits mitgetheilt worden.
Ich gehe nun zur Beschreibung meiner Saftbestimmungsmethoden über, zu welchen ich
durch die aufgezählten Bedenken gelangte.
I. Saftbestimmung mit
Polarisation.
Ebenso wie man der Saftgehaltsermittelung den Wassergehalt von
Saft und Rübe zu Grunde legt, ebenso lege ich derselben den
Zuckergehalt, d.h. die Polarisation von Saft und Rübe zu Grunde; es ist
dieses Princip wenigstens in technischer Beziehung etwas gerechtfertigter, indem
wohl eher alle jene Substanz der Rübe den Namen Saft
verdient welche Zucker enthält, als jene welche bloß Wasser nachweist. Ist nun p die Polarisation der Rübe, P jene des Saftes, so ist der Saftgehalt ∫ = p/P. 100.
Die Polarisation des Saftes wird für diesen Zweck der größeren Genauigkeit halber
nicht volumetrisch (mit Zuhülfenahme des specif. Gewichtes), sondern durch Abwägen
des Normalgewichtes und directe Ablesung an der Scala ermittelt. Der Schwerpunkt und
auch der schwierigste Theil des Verfahrens bleibt aber die Polarisation des
Rübenbreies. Um vorerst das Verhalten des Objectes bei der Polarisationsarbeit zu
prüfen, habe ich drei Versuchsreihen (zu je fünf Versuchen) durchgeführt und dabei
folgende Behandlung eingeschlagen:
1) Das gewogene Normalgewicht von Rübenbrei wurde mit 100 Kubikcentimeter Wasser in
der Porzellanschale bloß einmal kalt ausgelaugt, dabei
1/4, 1/2, 3/4 und eine Stunde etc. stehen gelassen, hierauf filtrirt, mit 10 Proc.
Scheidungsflüssigkeiten geklärt und untersucht. Es ergab sich,
daß die Zeitdauer der Auslaugung keinen merklichen Einfluß hat und eine
einmalige Behandlung den Brei nicht ganz erschöpfen kann.
Das Polarisationsresultat für Rübe war also, immer zu gering. Der Saft hatte bei
einer Saccharimetergrädigkeit von 15,42 Proc. einen Zuckergehalt von 12,36 Proc. Der
Brei polarisirte im Durchschnitt der Versuche 8,80 Proc.
2) Der gewogene Brei wurde mit 100 Kubikcentimet. Wasser versetzt, hierauf das
gefüllte Gefäß abtarirt und bis auf 80° C. langsam erwärmt und auf dieser
Temperatur nach denselben Zeitabschnitten erhalten, wie es im ersten Versuche bei
der kalten Auslaugung geschah. Die durch das Verdunsten erfolgte Gewichtsabnahme des
Ausflußwassers wurde auf der Waage wieder ersetzt, hierauf der Brei auf der Schale
mit dem Pistill zerrieben, gequetscht, endlich filtrirt und polarisirt. Es ergab
sich, daß die warme Auslaugung eine weit kräftigere
Wirkung hat, den Brei aber bei einmaliger Behandlung, wie
in diesem Falle, abermals nicht erschöpfen kann.
Ebenso vortheilhaft zeigte sich die mechanische Nachhülfe mit dem Pistill.
Die Polarisation war nun höher als in der ersten Versuchsreihe, aber zur
Saftbestimmung noch immer zu gering.
Der untersuchte Last zeigte: Sacchmgrd. 15,50, Polarisat. 13,22. Der Rübenbrei
polarisirte im Durchschnitt 9–10 Proc.
3) Die Erschöpfung des Rübenbreies wurde mit mehrfacher kalter
Auslaugung und mit derselben mechanischen Nachhülfe versucht. 100
Kubikcentimet. aufgegossen, filtrirt etc. ergaben bei mehrfacher Wiederholung eine
Summe von Polarisationsgraden, die mit 10 Proc. Correctur für die Verdünnung wieder
ein höheres Resultat lieferten als es nach der
Saftanalyse zulässig erscheint. Die Ursache dessen ist offenbar die, daß man nicht
im Stande ist, für jede einzelne Auslaugung den betreffenden Saft vollständig vom
Brei zu trennen, sondern eine Saftpartie zurückbleibt, welche durch Vermengung mit
dem folgenden Süßwasser die Polarisation dieses letzteren erhöht; es entstehen
nämlich Saftpartien welche mehrmals polarisirt werden und demgemäß das Contingent
der Polarisationsgrade vermehren. Für ein richtiges Resultat muß also die im Brei
zurückgehaltene Flüssigkeitsmasse nach jeder Decantation gemessen, deren
Polarisation ermittelt und von der Ziffer des darauffolgenden Süßwassers, mit
welchem sie vermengt wurde, abgezogen werden.
Die dritte Versuchsreihe hat endlich auch gezeigt, daß eine doppelte kalte Auslaugung das Normalgewicht des Breies unter mechanischer Beihülfe vollständig auslaugt. Sind
die ersten zwei Auslaugungen sorgfältig durchgeführt, sa kann eine dritte jedenfalls
unterbleiben oder sie spielt sonst nur die Rolle einer Controluntersuchung. Die
Decantation der Süßwasser geschieht in eine Meßröhre von 100 K. C. Inhalt, an
welcher sich wenigstens 0,25 Kub. Cent. genau ablesen lassen.
Die Rechnung ergibt sich nach folgenden drei Beispielen A, B,
C:
A.
Der erste Abguß (von 50 Kub. Cent. Aussüßwasser) ergab 44 Kub.
Cent., somit Rest im
Brei und auf der Porzellanschale 6 K. C.
1.
Polarisation: 9,50°
9,50°
Die 6 K. C. restirenden Saftes entsprechen somit einer
Polarisation von 1,29°.
Nach zweiter Auslaugung
mit abermals 50 Kub. Cent. Wasser decantiren 43 K. C.
Flüssigkeit; somit Rest 7 K. C.
2.
Polarisation: 2,500; hiervon sind die
Polarisationsgrade des ersten Restes (6 Kub. Cent.) =
1,29 in Abzug zu bringen. Somit corrigirte 2. Polarisation (2,50
– 1,29)
1,21°
Nach Zugabe von abermals
50 Kub. Cent. decantiren 44,70 K. C.; somit Rest 5,30
K. C.
3.
Polarisation: 0,250, welche nach Abzug des
vorigen Polarisationsrestes von 7° kein Resultat
mehr liefern Somit corrigirte
Polarisation
0
Zusammen
10,71°
10 Proc. Verdünnung
1,071
–––––––––––
gibt Polarisation des Breies
11,78
Proc.
B.
1.
Decantation: 44 Kub. Cent.; Rest 6 K. C.
1.
Polarisation: 9,70°
9,70°
somit Correctur zu folgender Polarisation
1,30°
2.
Decantation: 42,5 Kub. Cent., Rest 7,50 K. C.
2.
Polarisation: 2,80°.
corrigirte Polarisation (2,80 – 1,30)
1,50°
3.
Decantation: 45 Kub. Cent, Rest 5 K. C.
3.
Polarisation: 0
0
–––––––––––
Zusammen
11,20°
10 Proc. Volumsverd.
1,12
–––––––––––
Polarisation des Breies
12,32
Proc.
C.
1.
Decantation: 45,50 K. C; Rest 4,50 K. C.
1.
Polarisation: 8,75°
8,75°
Correctur: 0,86°
2.
Decantation: 46,00 K. C.: Rest 4,00 K. C.
2.
Polarisation: 2,50°.
deßgl.
(mit Correctur)
1,64
3.
Decantation: 45,50 K. C.; Rest 4,50 K. C.
3.
Polarisation: 0,10°.
deßgl.
(mit Correctur)
0
–––––––––––
Zusammen
10,390
10 Proc. Verdünnung
1,03
–––––––––––
Polarisation des Breies
11,42
Proc.
Das schließliche Resultat ohne diese Correcturen war im ersten Falle 13,47, im
zweiten Falle 13,75, im dritten Falle 12,48, während die entsprechenden Säfte sich
folgendermaßen gestalteten:
1)
Sacchm.:
15,80
Proc.
Polarisat.:
13,70
Proc.
2)
„
16,10
„
„
14,40
„
3)
„
15,20
„
„
13,55
„
Für den Saftgehalt würden also durchgängig zu hohe Ziffern erhalten, und dieselben
durch eine derartige Reihenfolge von gehäuften Correcturen ungenau, andererseits
aber die Manipulation schwierig werden. Ich hin deßhalb nach vielen mißlungenen
Versuchen zu folgendem Verfahren, welches ich für das bequemste halte,
zurückgekehrt:
Der Rübenbrei wird in einem möglichst kleinen Becherglase abgewogen, welches ziemlich
genau zur Aufnahme des halben Normalgewichtes und 50 Kub. Cent. Wasseraufguß
hinreicht, macerirt und hierbei mit einem spatelförmigen Rührstab nachgeholfen. Zur
leichteren Durchführung der Decantation dient die Vorrichtung Fig. 2. Auf
einem Ständer wird die Wasserröhre a von 150 Kub. Cent.
Inhalt festgehalten.
Fig. 2., Bd. 206, S. 396
Die obere Oeffnung schließt ein Kautschukstopfen mit
doppelter Bohrung, und mit einem kleinen Trichter b
und der Saugröhre c. Der Trichter enthält ein
kleines Filter von Leinwand, welches man vor dem Versuche feucht macht und
passend aussetzt. Sämmtlicher macerirte Saft wird nun langsam über das Filter
gegossen, wobei man sich bestrebt, die feineren Rübenfasern im Becherglas
mittelst Rührstab zurückzuhalten. Die überfließenden Rübenfasern werden am
Filter zurückgehalten. Der Saft filtrirt klar ab, und die letzten Reste
desselben im Rübenbrei lassen Glasstab leicht abpressen. Der am Trichter
adhärirende Saft wird mittelst der Röhre c
abgesaugt. Nun folgt die zweite Maceration mit 50 Kub. Cent. Wasser, um nach
etwa 10–15 Minuten dieselbe Behandlung zu erfahren. Wie gesagt, reicht
eine doppelte Auslaugung vollständig hin. Zum Ueberfluß nimmt man von einer
dritten Auslaugung eine kleine Probe behufs Untersuchung auf Zucker nach dem
Geschmack oder mit Fehling'scher Lösung nach der
Inversion.
Die Klärung des Saftes geschieht in der graduirten Röhre selbst, nur pflege ich dann
die Volumsverdünnung nicht an der Scala abzulesen, weil dieß in der Meßröhre
gewöhnlich nicht deutlich geschehen kann, sondern ich fasse das bestimmte Quantum
Bleiessig mittelst der Pipette und lasse diese auslaufen.
Hat man nun auf das halbe Normalgewicht Rübenbrei in zwei Portionen (zu je 50 Kub.
Cent.) 100 Kub. Cent. Macerationswasser gegeben, so ist das um 10 Proc. erhöhte
Polarisationsresultat zu verdoppeln, wenn der Macerationssaft in der graduirten
Röhre genau 100 Kub. Cent. betrug. Dieß trifft jedoch in den meisten Fällen nicht
zu.
Ich habe mich bei etwa 30 Macerationsversuchen mit Rübenbrei, im Kleinen angestellt,
überzeugt daß mit 100 Kub. Cent. Wasseraufguß auf 13,02 Grm. Rübenbrei nicht 100,
sondern gewöhnlich 102 Kub. Cent. filtriren. Der ausgelaugte Rückstand betrug
75–80 Proc. vom ursprünglichen Rübengewicht. Würde beim Austritte des Saftes
aus der Rübe derselbe
während der Maceration durch ein gleiches Volum Wasser ersetzt werden, so betrüge
das Filtrat in allen Fällen 100 Kub. Cent. und der Abfall ebenfalls 100 Proc. mit 95
Proc. Wasser und etwa 5 Proc. Cellulose. Da aber der Abfall nur 80 Proc. beträgt,
mit abermals 5 Proc. Zellstoff und nur 75 Proc. Wasser, so ist 95 – 75 = 20
Proc. jenes Wasserquantum, welches der Saft als Verdünnung mitgenommen hat und
welches in der Rübe durch Macerationswasser nicht ersetzt worden ist. Diese 20 Proc.
sind es nun, welche den Ueberschuß von 2 Kub. Cent. auf 100 Kub. Cent. mit
verursachen und welche es ebenso beim Macerations- als beim
Diffusionsverfahren unmöglich machen, daß man so concentrirte Säfte gewinnt, wie es
der Rübensaft selbst ist.
Für je 102 Kub. Cent. ausgelaugten Saftes wird zur Klärung verdünnter Bleiessig verwendet. Die Rechnung ist in Kürze folgende:
Es ergaben 102 Kub. Cent. mit 8 K. C. Bleiessig eine Polarisation von 6°;
daher ist die Polarisation der Rübe 6 × 2 = 12 und mit Correctur 13,20. Da
nun der Saft einen Zuckergehalt von 13,80 nachwies, so ist der Saftgehalt der Rübe
∫ = 13,20/13,80 . 100 = 95,65 Proc.
Der Manipulationsfehler, welcher dadurch entsteht daß ein Antheil der letzten
Auslaugung am Becherglase adhärirt, ist unbedeutend und kann ohne Bedenken
unberücksichtigt bleiben. Die Probe läßt sich ebenso genau ausführen wie die
optische Zuckerbestimmung überhaupt. Hauptaufgabe bleibt, den Saft vollständig zu
maceriren, wobei die Verdünnung Nebensache ist, weil jedes plus derselben mit eingerechnet wird und jedes minus ohne Einfluß auf die Polarisation bleibt.
Die Methode empfiehlt sich überdieß durch die Raschheit ihres Resultates. Während die
Trockenprobe wegen der langwierigen Trocknung von Saft und Rübe stets 48 Stunden in
Anspruch nimmt, dauert die polarimetrische nicht viel länger als eine gewöhnliche
Rohzucker-Polarisation.
Ich lasse nun mit Umgehung der einschlägigen Detailziffern eine Tabelle folgen, worin
die Saftgehaltsbestimmungen einer und derselben Rübe, welche ich nach der Stammer'schen Methode und ebenso nach der
polarimetrischen untersucht habe, vergleichsweise zusammengestellt sind. Des
mehrseitigen Interesses halber dehnte ich mit Bezug auf Saft, in einigen Fällen die
Beobachtung auch auf die anderweitige Beschaffenheit aus.
Tabelle I.
Saftanalysen.
Textabbildung Bd. 206, S. 398
Versuchs-Nummer;
Sacchm.-Grädigkeit; Polarisation; Nichtzucker; Scheinbarer Quotient;
Wahrer Quotient; Trockensubstanz, Proc.; Asche, Proc.; Hiervon Alkalien, Proc.;
Organische Substanz, Proc.
Die Alkalien ermittelte ich durch Verkohlung der Trockensubstanz, Auslaugen der
zerriebenen Kohle, und Trockensubstanzbestimmung des Filtrates.
Jede Trocknung von Saft und Rübenbrei fand bei 100° C. im Luftbade statt bis
zur Constanz des Gewichtes, was gewöhnlich 2–3 Tage in Anspruch nahm. Die
Aschenbestimmung geschah mit Schwefelsäure in der Scheibler'schen Platinmuffel und mit 10 Proc. Abzug vom Glühreste.
Die Postennummern von Tabelle I correspondiren mit jenen der folgenden Tabelle
II.
Tabelle II.
Saftgehaltsbestimmungen nach Stammer und
mit Polarisation.
Textabbildung Bd. 206, S. 398
Versuchs-Nummer; Saft; Rübe; Saftgehalt; Polarisation, Proc.;
Wassergehalt, Proc.; mit Stammer, Proc.; mit
Polarisation, Proc.
Die Trockenprobe gibt regelmäßig höhere Taten als die polarimetrische Saftbestimmung.
Ich habe speciell in der Tabelle II solche zusammengestellt, welche noch die
geringsten Differenzen aufweisen; es zeigen sich aber zuweilen enorme Unterschiede.
Ich sammelte auch eine Reihe Resultate, welche zwischen 80 und 90 Proc. Saftgehalt
variiren, während die Stammer'sche Saftbestimmung sich
stets über 90 Proc. erhielt, und die Differenz wird um so größer, je saftärmer, die
Rübe war. Ich kann es nicht unterlassen, eines solchen eclatanten Falles Erwähnung
zu thun.
Die Rübe zeigte bei einer Saccharimetergrädigkeit von 16,00 eine Polarisation von
14,00 Proc.
Das halbe Normalgewicht desselben Rübenbreies, mit 100 Kub. Cent. in zwei Portionen
bis zur Erschöpfung macerirt, ergab ein Filtrat von 100 Kub. Cent. mit 5°
Polarisation. Daher ist jene der Rübe = 11,00 Proc. Dieß würde also einem Saftgehalt
von kaum 80 Proc. entsprechen. Die Wiederholung der Arbeit mit dreifacher Maceration
ergab ein Filtrat von 153,50 K. C., eine Polarisation von 3,40. Daher die
Polarisation der Rübe = 11,11 Proc.; also dasselbe Resultat. In Folge dessen wurde
die Untersuchung desselben Tages Nachmittag noch dreimal in folgender Weise
wiederholt (die Rübe war abermals Sacch.: 16,00 Proc., Polarisat.: 14,20 Proc.):
Die erste Probe des Rübenbreies wurde zweimal (mit 100 K. C. Wasser in Summa), die
zweite dreimal (mit 150 K. C. Wasser) macerirt und die dritte Probe, aus einer
wohlgemischten und ganz gleichartigen Breimasse entnommen, habe ich in einer
Fleischhackmaschine fein zerrieben, hierauf abermals gemischt und dreifach macerirt,
und die Rübenbreipolarisation dieser drei Fälle war: 11,00 Proc., 10,89 Proc. und
abermals 11,00 Proc. Dieß gibt einen Saftgehalt von
11,00/14 . 100 = 78,57 Proc., und die Trockenbestimmung erwies bei einem
Wassergehalt des Saftes und der Rübe von 86,20 Proc. und 81,65 Proc., einen
Saftgehalt = 94,72 Proc.
Der Rübenbrei erwies sich dabei so trocken, daß er in der Hand mäßig gedrückt, noch
keinen Saft abgab, während doch ein normaler Brei denselben triefend fahren läßt,
sobald er nur von der Schale abgehoben wird.
II. Versuche über Saftgehaltsbestimmung
mittelst des specifischen Gewichtes.
Der Saft von saftarmen Rüben ist in den meisten Fällen stark concentrirt. Sonst
existirt zwischen dem Saftgewicht und dem Gewicht der ganzen Rübe keine regelmäßige
Relation. Folgende Tabelle zeigt nach fünf Versuchen die specifischen Gewichte von
Saft und Rübe.
Tabelle III.
Specifische Gewichte von Saft und
Rübe.Das specifische Gewicht der Rübe wird bezüglich ihres Gewichtsverlustes in
Wasser ermittelt, indem man die Rübenfragmente in geschmolzenes Wachs bringt
und das Gewicht in Wasser um die veranlaßte Gewichtsabnahme durch den
Wachsüberzug corrigirt.Ziemlich genau ist auch die Gewichtsbestimmung mit einer concentrirten
Kochsalzlösung, in welcher die Rübe schwebend erhalten wird, wobei das spec.
Gewicht der Rübe analog ist jenem der Salzlösung.Ich habe endlich die Volumsermittelung, resp. das Gewicht eines gleichen
Wasservolumens nach dem Niveauunterschiede ausgeführt, welchen die gewogenen
Rübenstücke beim Eintauchen in einen gefüllten Meßcylinder veranlassen. Auch
nach diesem raschen und einfachen volumetrischen Verfahren lassen sich die
specif. Gewichte ziemlich genau ermitteln.
Saft
Rübe
1.
1,0648
1,0477
2.
1,0570
1,0380
3.
1,0579
1,0482
4.
1,0601
1,0560
5.
1,0660
1,0541
Eine zweite Art der Saftgehaltsbestimmung, wobei der Brei nach vollständiger
Auslaugung getrocknet und gewogen wird, und welche ebenfalls hohe Resultate liefert,
veranlaßte mich zu versuchen, ob sich nicht etwa auch aus dem gegenseitigen
Verhalten des ursprünglichen und des macerirten Saftes ein Schluß folgern ließe.
Das specifische Gewicht oder die Saccharimetergrädigkeit zeigt an, in welchem Grade
der Saft durch Maceration verdünnt worden ist. Ist z.B. die Grädigkeit des
ursprünglichen Saftes 16,00, jene des ausgelaugten 2° Saccharimeteranzeige,
so war die Verdünnung eine 16/2 = 8fache. Sind nun während des Versuches 16 Grm.
Rübenbrei verwendet und 115 Kub. Cent. Filtrat erhalten worden, so müßten aus dem
letzteren (115/8 =) 14,37 Kub. Cent. Saft concentrirt werden, um die Grädigkeit des
ursprünglichen Saftes wieder zu erhalten. Diese Methode berechnet also, wie viel
sich aus dem Macerationssaft ursprünglicher Saft gewinnen ließe.
Der Saccharimeteranzeige von 16° entspricht ein spec. Gewicht von 1,0657,
daher die Masse des macerirten Saftes = 14,37 × 1,0657 = 15,31 und der Saftgehalt =
15,31/16 × 100 = 95,68 Proc. ist.
Man braucht also nur das specifische Gewicht oder die Saccharimeteranzeige des
ursprünglichen und des ausgelaugten Saftes zu kennen, um auf Grund einer
volumetrischen Rechnung das Gewicht des Auslaugeproductes zu finden. Diese Methode
erfordert an Instrumenten nur eine gemeine Waage und ein Saccharimeter. Es ist gut,
zur Probe möglichst wenig Süßwasser anzuwenden. Die vollständige Auslaugung
erheischt ferner keine besondere Untersuchung; sie ist daran zu erkennen, daß 1) das
Macerationswasser klar abläuft und 2) der Rübenbrei in Folge der Erschöpfung sein
anfängliches Gewicht verliert und im Wasser mehr schwimmt.
Diese Methode ist leicht und einfach, aber ihre Resultate sind leider auch öfters
falsch und können Fehler selbst von einigen Procenten mit sich führen. Aus diesem
Grunde stelle ich sie auch nicht in die Reihe analytischer Methoden; sie dürfte aber
immer wenigstens den Aufschluß geben, ob eine Rübe normal, ob sie saftarm oder sehr
saftreich ist, und sie gibt ihn auch mit annähernden Ziffern.
Namentlich für den Landwirth, welchem mitunter eine bloß
oberflächliche Kenntniß seiner Producte werthvoll ist, könnte eine solche
Untersuchung hinreichen. Ebenso wird eine praktische Safgehaltsbestimmung dem
technischen Betriebe höchst willkommen seyn, damit man sich nicht wehr mit der
gebräuchlichen Annahme von 95 Proc. begnügen muß, und durch welche schließlich
manche ungerechtfertigte Vorwürfe ihre Aufklärung finden würden. So z.B. calculirt
ein alter Usus der Zuckerfabrication: „der Erfahrung nach ist die
Füllmassenausbeute im Maximum auf 110 Proc. der Rübenpolarisation zu bringen;
man kann somit, ohne Rücksicht auf den Saftgehalt der Rübe, schlechtweg dieselbe
Ausbeute verlangen als die Rübenpolarisation im Durchschnitt
beträgt.“ Dazu kommt noch, daß man die letztere stets auf den Saft
bezieht und nicht auf die Rübe wie die Füllmasse. Setzen wir nun eine gute Rübe mit
95 Proc. Saft voraus, bedenken wir ferner, daß selbst die beste
Saftgewinnungsmethode, nämlich die Diffusion, nur 92 Proc. Saft gewinnt, und lassen
wir dann die Polarisation als Maaß für die Füllmasse gelten, so stellt sich für 13
Proc. Rübenpolarisation die Ausbeute
bei
94
Proc.
Saftgehalt
auf
12,30
Proc.
„
92
„
„
„
12,50
„
„
90
„
„
„
12,00
„
u.s.f.
Kommt zufällig noch eine Differenz in der Saftausbeute dazu, so müssen die
Differenzen der Füllmasse noch auffallender werden.
Ich schlage somit vor, zum Schutze und zur Rechtfertigung der technischen
Betriebsresultate, die Ausbeute gewissermaßen nach einem Füllmassen-Rendement in folgender Weise zu berechnen:
Man führt etwa zwei- oder dreimal pro Woche
gleichzeitig mit der Rübenpolarisation eine Saftbestimmung nach meiner Methode aus,
reducirt den Zuckergehalt der Rübe auf den gefundenen Saftgehalt und setzt 110 Proc.
des letzteren Resultates als Maximum der Füllmassenausbeute fest. Zum Beispiel: Die
Rübe ist 13,40procentig im Durchschnitt, der Saftgehalt 92,00 Proc., somit reducirte
Polarisation = 13,40/100 . 92,00 = 12,30 Proc., und Füllmassenausbeute (12,30 +
1,23) = 13,53 Proc. statt (13,40 + 1,34) = 14,74 Proc.
Aber auch diese Ziffer ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Füllmasse als Controlle
für die Saftausbeute fungiren soll. Sind gleichzeitig mit der Polarisation und
Saftbestimmung die Daten über Saftausbeute gesammelt worden, so ist auch noch mit
dieser Zahl zu corrigiren; ist z.B. die Saftausbeute nur 88 Proc., so gestaltet sich
im vorliegenden Beispiele das Maximum der Füllmasse nach der Rechnung: (88.100)/92
× 13,53/100 = (88.13,53)/92 = 12,94 Proc.
Aus der Reihe von Saftbestimmungen der letzten Methode, Tabelle II, wovon die meisten
eine auffallende Fehlerhaftigkeit sogleich verrathen, entnehme ich folgende vier
gelungenere Proben: Saftgehalt 94,68 Proc., 95,80 Proc., 97,91 Proc., 96,20
Proc.
Zum Schluß erlaube ich mir, auf eine unlängst erschienene Arbeit von Dr. Ernst Schulze
hinzuweisen,E. Schulze: „Beiträge zur Kenntniß des
Nährwerthes und der Zusammensetzung der Rüben“, in der
österreichischen Zeitschrift für Rübenzucker-Industrie,
August-Septemberheft 1872, S. 461. welche gleichfalls die Saftgehaltsbestimmung aus dem Wassergehalte des
Saftes und der Rübe zum Gegenstande hat. Bezüglich derselben sehe ich mich zu der
Erklärung veranlaßt, daß meine vorliegende Abhandlung lediglich dem bereits im
Eingange ausgesprochenen Motive und keiner fremden Initiative entsprungen ist. Ich
habe schon seit Beginn der heurigen Campagne eine Reihe erschöpfender Versuche
gesammelt, also bevor mir die Arbeit Dr. Schulze's bekannt geworden ist.
Bredow, im November 1872.