Titel: | Ueber einen neuen Apparat zur Messung des Zuges in Schornsteinen; von A. Scheurer-Kestner. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. CXXII., S. 448 |
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CXXII.
Ueber einen neuen Apparat zur Messung des Zuges
in Schornsteinen; von A.
Scheurer-Kestner.
Nach dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, t. XLI p. 429, December 1871.
Scheurer's Apparat zum Messen des Zuges in
Schornsteinen.
Seit mehr als zehn Jahren ist von Seiten aller derjenigen, welche die Resultate ihrer
Untersuchungen über ökonomische Erzeugung des Dampfes veröffentlicht haben, die
Nothwendigkeit einer Ueberwachung der Handhabung des Registers besonders
hervorgehoben worden. Anfangs war man genöthigt, sich an die Schätzung des Ganges
der Verbrennung auf dem Roste zu halten, um durch Oeffnen oder Schließen des
Registers den Zug zu vermehren oder zu vermindern. Später nahm man seine Zuflucht zu
Instrumenten, welche eine größere Genauigkeit der Beobachtung gestatteten. Diese
Rücksicht leitete Burnat auf die Anwendung des Anemometers, eines Instrumentes welches nur dann nützlich
und praktisch anwendbar ist, wenn man das innerhalb einer gegebenen Zeit durch den
Rost gestrichene Luftvolumen wissen will. Dasselbe dient nicht dazu, die
Zugveränderungen in jedem Momente anzuzeigen, es muß erst ziemlich lange in Function
gewesen seyn, ehe man von seinen Angaben Gebrauch machen kann; mit einem Wort, das
Instrument ist ein Hülfsmittel für den Ingenieur, aber nicht für den Heizer. Auch
das für den gleichen Zweck construirte Differential-Manometer von Kretz (beschrieben im polytechn. Journal, 1868, Bd. CXC
S. 16) und das Aerometer von Minary, erfüllt seinen Zweck
nicht in vollständig befriedigender Weise.
Nach diesen einleitenden Bemerkungen beschreibt nun Scheurer-Kestner den von ihm construirten Apparat, welcher den
Anforderungen eines geregelten Dienstes entspricht, und sich bereits auf's Beste
bewährt hat. Derselbe kann während mehrerer Tage an einem bestimmten Orte
aufgestellt werden, ohne daß man sich mit demselben weiter zu beschäftigen braucht,
als seine Anzeigen zu notiren. Dabei ist er von einer großen Empfindlichkeit, die
sich mit Hülfe eines besonderen Regulirungssystemes beliebig vermehren oder
vermindern läßt. Der Apparat ist in Fig. 15 in der
Längenansicht und in Fig. 16 in der
Frontansicht dargestellt. Er besteht aus einem 50 Centimeter langen, 16 Centimeter
breiten und 6 Centimeter hohen messingenen Behälter A,
B, welcher mit ungefähr 3 Liter Alkohol gefüllt wird.Man erhält keine befriedigenden Resultate, wenn man den Alkohol durch Wasser
ersetzt. Das Instrument wird alsdann zu trag; die Kapillarität hindert die
freie Bewegung des Wassers in der Röhre, welche durch dasselbe sehr oft gar
nicht benetzt wird, besonders wenn es bereits einige Zeit gedient hat. Das
geringste Stäubchen bildet ein Hinderniß in der Bewegung der
Flüssigkeitssäule. Mit dem Alkohol hingengen sind dergleichen Uebelstände
nicht zu befürchten. Dieß geschieht durch eine mit einem Schraubenstöpfel verschließbare
Trichteröffnung C. Die Tubulatur D hat die Bestimmung, das Innere des Behälters mit dem Medium dessen
Spannung ermittelt werden soll, in Verbindung zu setzen; sie wird, wenn der Apparat
in Ruhe ist, mittelst einer Schraube geschlossen, um die Verdunstung des Alkohols
und in Folge dessen die Erhöhung seines specifischen Gewichtes möglichst zu
verhüten. Der rectanguläre Behälter steht durch eine Kautschukröhre G, H mit einer gut kalibrirten und in Millimeter
getheilten Röhre E, F aus Krystallglas in Verbindung.
Die Biegsamkeit des Kautschuks gestattet diese Röhre, wenn man von dem Apparat
Gebrauch machen will, leicht auf Null zu stellen. Die gläserne Indicatorröhre liegt
in einem Träger K, welcher sich mittelst einer Schraube
V in einer Führung I auf
und nieder bewegen läßt, um der Röhre die gewünschte Neigung zu geben. Der andere
Träger L ist fest und seine Oeffnung so weit, daß die
Glasröhre bei Aenderung ihrer Neigung ungehindert in verschiedene Lagen bewegt
werden kann. Das Ganze ist auf einer eisernen Platte angeordnet, welche mit Hülfe
von vier Stellschrauben V¹ und einer Wasserwaage
N in horizontale Lage gebracht werden kann. Die
Neigung der Röhre E, F wird mittelst einer Scala
gemessen, auf welcher sich eine an den Träger K
befestigte Nadel bewegt.
Der Alkohol steht selbstverständlich in der Glasröhre und in dem Messingbehälter in
gleichem Niveau. Bringt man mittelst der Tubulatur D den
Apparat mit dem Medium in Verbindung, dessen Spannung man ermitteln will, während
die Oeffnung F der Glasröhre mit der äußeren Luft
communicirt, so tritt in dem Behälter eine Veränderung des Niveau's ein, welche sich
sofort an der Flüssigkeitssäule in der Glasröhre kund gibt, und zwar wird in der
letzteren die Amplitude der Schwankung im umgekehrten Verhältnisse der Neigung der
Röhre vervielfacht erscheinen.
Setzt man den Apparat mit dem Gasraum oberhalb der Feuerbrücke eines Dampfkessels in
Verbindung, so kann man mit großer Genauigkeit die Aenderungen des Zuges beobachten.
Der Erfinder theilt in dieser Beziehung folgende Beobachtungsresultate mit:
Zeit der Beobachtung:
Oscillationslänge in derFlüssigkeitssäule:
4h 15'
170 Millimeter
4h 20' nach der Beschickung
217
„
4h 23'
„
„
„
235
„
4h 25
„ das Register herabgelassen
104
„
Um vorstehende Zahlen in Millimeter einer Wassersäule zu
verwandeln, muß man 1) die Neigung der Röhre, 2) das specifische Gewicht des
Alkohols, 3) die Länge des zwischen den beiden Trägern befindlichen Theiles der
Röhre berücksichtigen. Diese Länge betrug 419 Millimeter, das Gefälle von einem
Träger bis zum anderen 4 Millimeter; die Dichtigkeit des Alkohols war 0,8284 und
seine Temperatur 22° C.
Folgende Proportion gibt uns die wirkliche Höhe h der
Oscillation des Alkohols wenn wir seine Oscillationslänge = 100 setzen:
419 : 4 = 100 : h, woraus h = 0,951 Millimeter.
Unter Annahme einer Wassersäule
wäre diese Höhe:
0,951 × 0,8284 = 0,787428 Millimet.
Demnach ist eine Oscillation von 100 Millimetern in der Länge gleichbedeutend mit
einer Niveauveränderung des Wassers von 0,787428 Millimeter. Bei näherer Ausrechnung
gestalten sich obige Zahlen wie folgt:
4h 15'
1,34
Millimet.
Wassersäule
4h 20'
1,72
„
„
4h 33'
1,84
„
„
4h 25'
0,82
„
„
Somit ist man mittelst dieses Apparates im Stande, die Stärke des Zuges hinter dem
Herde beobachtend zu verfolgen. Die Wahl der Stelle der Feuercanäle, mit welchen man
das Instrument in Verbindung setzt, ist übrigens nicht gleichgültig. Es existiren in
der Gegend der Winkel und Steigungen der Canäle Gegenströmungen, welche
beträchtliche Aenderungen in der Spannung des Gases veranlassen. Der zweckmäßigste
Ort ist die hintere Partie des Herdes in der Nähe der Brücke.