Titel: | Anfertigung sehr wirksamer Knochenkohle; von Dr. Graeger. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. CXXX., S. 472 |
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CXXX.
Anfertigung sehr wirksamer Knochenkohle; von Dr.
Graeger.
Aus Böttger's polytechnischem Notizblatt, 1872, Nr.
22.
Graeger, über Anfertigung sehr wirksamer Knochenkohle.
Das Product, welches unter der Bezeichnung „gereinigte
Knochenkohle“ im Handel vorkommt, besitzt so selten die Eigenschaften
welche man von ihr verlangt, daß man fast glauben muß, es sey das Verfahren, sie
stets von derselben guten Beschaffenheit zu erhalten, noch wenig bekannt. Oft wohnt
ihr nur eine schwach entfärbende Kraft bei, noch häufiger ist sie mit anderen
Stoffen, namentlich Gyps, verunreinigt, die dann auch in die zu entfärbende
Flüssigkeit übergehen und solche verunreinigen. Außer diesen Uebelständen ist eine
so beschaffene Kohle mit noch einem anderen, fast noch nachtheiligeren und
unangenehmeren Uebelstande behaftet: man gebraucht nämlich sehr viel davon, um eine
vollständige Entfärbung zu bewirken, und muß dann auch wieder lange auswaschen, um
keinen Verlust zu erleiden, und, wenn die Kohle gypshaltig ist, so geht auch die
Filtration wieder außerordentlich langsam von statten.
Diese Umstände mögen es rechtfertigen, einem an sich schon längst bekannten
Gegenstande einige Zeilen zu widmen.
Man beginnt die Anfertigung der gereinigten Knochenkohle damit, aß man die unter dem
Namen „gebranntes Elfenbein oder Beinschwarz“ bekannte
gemahlene Knochenkohle mit ihrer 4- bis 6fachen Menge Wasser, welches 4 bis 5
Procent krystallisirtes kohlensaures Natron enthält, anhaltend kocht; dann läßt man
die Kohle absitzen, worüber circa 3 bis 4 Tage vergehen,
decantirt die überstehende Lauge, und ersetzt sie, unter tüchtigem Umrühren, durch
ebensoviel warmes Wasser und läßt wieder absitzen. Es ist nun so viel Schwefelsäure
entfernt, daß man nicht mehr M fürchten hat, es werde
der Gyps, welcher sich wieder bildet, wenn man die Kohle mit Salzsäure behandelt,
nicht aufgelöst bleiben. Nachdem man das Waschwasser entfernt hat, nimmt man die
Kohle in eine geräumige Porzellanschale, übergießt sie mit käuflicher Salzsäure und
Wasser, und erwärmt das Ganze. Man darf an der Salzsäure nicht sparen wollen, und
die saure Reaction der Flüssigkeit ist keineswegs ein Beweis, daß man genug
Salzsäure angewendet habe, denn die saure Reaction tritt schon ein, nachdem aller
kohlensaurer Kalk zersetzt ist, ohne daß man trotz der sauren Reaction, darum auch
sicher wäre allen phosphorsauren Kalk in Auflösung gebracht zu haben: eine kleine
Probe der abfiltrirten Flüssigkeit darf auf Zusatz von etwas Ammoniak nicht sofort
getrübt werden; so lange dieß noch stattfindet, muß noch Salzsäure hinzugefügt
werden; der Verbrauch an dieser ist viel größer, als man gewöhnlich angenommen zu
haben scheint, und der Mangel an der genügenden Menge der hauptsächlichste Grund
einer fehlerhaften Beschaffenheit der Kohle.
Nachdem man sich überzeugt hat, die ausreichende Menge Salzsäure aufgewendet zu
haben, vermischt man das Ganze mit recht viel Brunnenwasser, je mehr je besser, läßt
die Kohle vollständig absetzen und wäscht sie durch Decantiren noch 2- bis
3mal mit Brunnenwasser ab, welches man in den letzten Abwaschungen etwas angesäuert
hat, wenn dasselbe viel kohlensauren Kalk enthalten sollte. Nun erst bringt man die
Kohle, je nach ihrer Menge, auf mehrere Filter und vollendet das Auswaschen durch
destillirtes Wasser, bis das Abfließende nicht mehr sauer reagirt. Schließlich wird
die Kohle anhaltend bei einer Wärme von 100 bis 120° Cels. getrocknet. 100
Theile rohes Beinschwarz liefern 20 Theile trockene gereinigte Kohle.
Die auf die eben beschriebene Weise dargestellte Kohle bildet ein rein schwarzes,
äußerst zartes, stark abfärbendes, lockeres Pulver; ihre Wirksamkeit läßt kaum etwas
zu wünschen übrig, so daß zur Entfärbung von Flüssigkeiten verhältnißmäßig immer nur kleine Mengen
davon nöthig sind, ein gar nicht hoch genug zu schätzender Vorzug vor einer
schlechten Kohle, indem die Filtration sowohl, wie auch das Auswaschen sehr schnell,
und letzteres unter Anwendung von wenig Wasser, von statten geht.
Die Darstellung solcher Kohle erfordert mehr Geduld und Zeit, als eigentliche Arbeit,
und es bleibt immer bequemer sie durch Decantiren, als auf dem Filter
auszuwaschen.