Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. , S. 70 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ueber die Zuverlässigkeit der Federmanometer.
Wir haben bereits wiederholt über die Versuche berichtet, welche die Royal Agricultural Society in Betreff der auf ihre
Ausstellungen gebrachten Manometer anstellte. Auch auf der dießjährigen, in Cardiff
abgehaltenen Ausstellung sind diese Versuche ausgeführt worden und haben entschieden
bessere Resultate ergeben als die in früheren Jahren. Von 64 geprüften Apparaten
waren nämlich 15, also 23,4 Proc., genau richtig, während dieser Procentsatz im Jahr
1869 nur 17, 1870 5,1 und 1871 21,5 betrug; auch sind die Abweichungen der nicht
genau richtigen Instrumente fast ausnahmslos weit geringer als in den früheren
Jahren. Wir stellen die Versuchsresultate nachstehend zusammen:
Aussteller
VerfertigerdesManometers
AbgelesenerManometerstandin Pfdn. proQuadratzollengl.
WirklicherDruckin Pfdn. proQuadratzollengl.
E. Humphries
Schäffer u. Budenberg
53
50
Brown und May
„
„
41
40
„ „
„
„
50
50
Tuxford und Söhne
Smith's Patent
50
50
„
„
„
„
45
50
„
„
„
„
50
50
„
„
„
„
80
80
Corbett und Söhne
Schäffer u. Budenberg
52
50
Ransomes, Sims und Head
Salters Schäffer
53
50
Ransomes, Sims und Head
„
„
51
50
Ransomes, Sims und Head
Dubois' Patent
51
50
Ransomes, Sims und Head
Baines und Tait
87
80
Clayton und Shuttleworth
Schäffer u. Budenberg
52
50
Clayton und Shuttleworth
„
„
54
50
Clayton und Shuttleworth
„
„
51
50
Clayton und Shuttleworth
„
„
52
50
Hornsby und Söhne
„
„
50
50
E. R. und F. Turner
Bourdon's Patent
50
50
„ „
„
„
51
50
Holmes und Söhne
Schäffer u. Budenberg
52
50
Davey, Paxman und Comp.
„
„
40
40
Davey, Paxman und Comp.
Bourdon's Patent
50
50
Davey, Paxman und Comp.
Schäffer u. Budenberg
42
40
Davey, Paxman und Comp.
Bourdon's Patent
41
40
Riches und Watts
Smith's Patent
52
50
„ „
Bourdon's Patent
51
50
„ „
Salter's Bourdon
52
50
Richmond u. Chandler
Schäffer u. Budenberg
42
40
Ashby, Jeffery u. Luke
Schäffer
40
40
„
„ „
Bourdon's Patent
52
50
Barford und Perkins
Schäffer u. Budenberg
53
50
Cambridge u. Parham
„
„
42
40
Cambridge u. Parham
„
„
41
40
Charles Burrell
„
„
43
40
„ „
„
„
39
40
Nicholson und Sohn
„
„
42
40
„ „
„
„
41
40
„ „
„
„
42
40
Barrows und Stewart
„
„
54
50
„
„
„
„
54
50
Aussteller
VerfertigerdesManometers
AbgelesenerManometerstandin Pfdn. proQuadratzollengl.
WirklicherDruckin Pfdn. proQuadratzollengl.
Marsden und Comp.
Schäffer u. Budenberg
41
40
„ „
„
„
80
75
Woods, Cocksedge
und Warner
Woods, Cocksedge
und Warner
51
50
Woods, Cocksedge
und Warner
Woods, Cocksedge und
Warner
53
50
Nalder und Nalder
Schäffer u. Budenberg
51
50
P. und H. P. Gibbons
„ „
50
50
„ „
„ „
52
50
„ „
„ „
51
50
Taster und Söhne
„ „
50
50
Ruston und Proctor
Dewit
55
50
Marshall, Söhne und Comp.
Schäffer u. Budenberg
51
50
Southwell und Comp.
Bourdon's Patent
50
50
Marshall und Söhne
„ „
50
50
Hayward, Tyler und Comp.
Hayward, Tyler und Comp.
50
50
Joseph Gilbert
Dewit
53
50
Timothy Thomas
Schäffer u. Budenberg
52
50
Scott
Baines und Tait
55
50
Ruß, Morris u. Comp.
Foster's Patent
52
50
Pinfold
Pinfold
52
50
„
Schäffer u. Budenberg
40
40
Powis und Comp.
Bourdon's Patent
42
40
Robert Maynard
Schäffer u. Budenberg
51
50
E. Hayes
„
„
50
1/2
50
Peacock und Wilson
„
„
43
40
(Deutsche Industriezeitung, 1872, Nr. 35.)
Müller's Seiltraject.
Durch die Erfindung der Seilbahnen ist die Industrie wieder mit einem neuen
Transportmittel beschenkt, welches neben den verschiedenen Eisenbahnen,
Straßenlocomotiven, Kettenschiffen etc. berufen zu seyn scheint, eine wichtige Rolle
zu spielen; denn die Seilbahnen vermitteln gerade an solchen Stellen, wo die
erwähnten kostspieligen Fahrmittel fehlen, oder wegen localer Hindernisse, als
Flüsse, Häuser Schluchten und dergleichen nicht angewendet werden können, den
billigsten und bequemsten Transportweg in der geraden Luftlinie.
Es existiren bis jetzt drei principiell verschiedene, durch die Praxis erprobte
Constructionen von Seilbahnen. Die älteste und primitivste besteht aus einem oder
zwei parallel neben einander gespannten Seilen, deren Enden fest verankert oder auch
auf einer Seite mit einer Spannvorrichtung versehen sind. Unter diesen Seilen hängt
das Transportgefäß an kleinen Rollen und wird mittelst eines anderen Seiles einfach
hin- und zurückgezogen.
Die zweite vervollkommnete Seilbahn ist die von Hodgson
(beschrieben im polytechn. Journal, 1871, Bd. CCI S. 378). Bei dieser fällt das
Zugseil für die Transportgefäße weg, indem das tragende Seil selbst durch einen
Motor continuirlich bewegt wird und die daran gehängte Last mitnimmt. Es ist ein
Drahtseil ohne Ende, welches an den Endpunkten der Bahn um horizontale Rollen
geschlungen und in bestimmten Entfernungen durch kleinere Rollen getragen ist, so
daß die aufgehängten Kästen auf der einen hin-, auf der anderen zurückgehen, einer dem anderen
in gewissen Distanzen folgend. Dabei kann die Bahn Steigungen von 1 : 15 überwinden
und vermöge einer entsprechenden Anbringung der kleinen Tragrollen auch Curven bis
zu 180 beschreiben.
Das dritte Princip der Seilbahn wird repräsentirt durch das Seiltraject von Hermann
Müller, Ingenieur in der Maschinenfabrik Sigl in Wien.
Während die beiden vorerwähnten Arten von Seilbahnen ein für sich abgeschlossenes
Mittel zum Transportiren bieten, indem das Material auf einem Ende der Bahn
eingeladen, am anderen ausgeladen werden muß, weil die Fördergefäße die Bahn nicht
verlassen können, ist das Müller'sche Traject geeignet,
bei jeder Schienenbahn, welche durch Abgründe, Thäler, Wässer und dergleichen
unterbrochen ist, eine Verbindung herzustellen, da jeder Wagen, welcher auf den
Schienen läuft, durch daran befestigte Klauen eingerichtet ist, die Seilbahn zu
übersetzen und hinter derselben die Schienenbahn weiter zu verfolgen. Deßhalb gab
der Erfinder auch seiner Construction den Namen „Traject.“
Wiewohl dasselbe gleich den obenerwähnten Seilbahnen als für sich bestehendes
Transportmittel dienen kann, so ist der große Vortheil doch in die Augen springend,
daß man die Wagen auf verschiedenen Schienensträngen und aus beliebigen Entfernungen
auf dem Traject und jenseits desselben nach beliebigen Richtungen weiter führen
kann, ohne ein Umladen, Abheben oder dergleichen nöthig zu haben. So können z.B.
dieselben Wagen, welche in den Stollen der Bergwerke laufen, mit ihrer Last auf den
Grubenschienen und den Drahtseilen des Trajectes bis an einen Ladeplatz an der
Straße oder Eisenbahnstation befördert werden und denselben Weg leer
zurückmachen.
Die Einfachheit, Billigkeit, sowie die Möglichkeit der schnellen Herstellung solcher
Seiltrajecte müssen namentlich für Montanbahnen
hervorgehoben werden, wenn man bedenkt, daß damit die kostspieligen Brücken über
Thaleinschnitte und Flüsse, und die Durchbohrung von Tunnels gänzlich erspart
werden, da das Traject bei Steigungen von 1 : 8 die Berge direct übersetzen kann.
Eine Pferdebahn wäre an solchen Stellen nicht mehr möglich, oder müßte mit
außerordentlichen Umwegen zu demselben Ziele geführt werden.
Auch überschwemmte Flächen und breite Seen können mit dem Seiltraject überspannt
werden, weil es auch in diesen Fällen leicht zu ermöglichen ist, die in Distanzen
von 200 bis 300 Fuß nöthigen Gerüste für die kleinen Tragrollen der Drahtseile
aufzustellen oder bei großer Wassertiefe auf verankerten Stehschiffen zu befestigen.
Sehr häufige Anwendung werden die Müller'schen Trajecte
finden, um nahe der Eisenbahn gelegenen Fabriken die Rohstoffe
vom Bahnhof zu- und die fertige Waare zurückzuführen, die Rüben aus den
Sammelgruben in die Zuckerfabriken, Baumstämme aus dem Wald auf die Säge zu
bringen; in kleineren Dimensionen transportabel aus Eisen ausgeführt, wäre
die Erfindung auch für Kriegszwecke in's Auge zu fassen,
z.B. um Munition über die Truppen hinweg zu den Batterien zu befördern und
dergleichen.
Schließlich ist nicht zu bezweifeln, daß diese Trajecte auch hinreichende Sicherheit
bieten, um Personen zu befördern, da ein Jeder, der vielleicht an der
Zuverlässigkeit der schwachen Drahtseile zweifeln könnte, nachdem er sechs-
bis achtfach größere Lasten, als die seinige, von den Seilen fortziehen sah, auch
seine geringe Körperlast denselben anvertrauen wird.
Müller's Trajecte sind je nach dem Zweck und der
Situation verschieden construirt, jedoch ist bei allen folgende Einrichtung
gemeinsam:
Die Transportirung geschieht nämlich in allen Fällen auf zwei parallel laufenden
Seilen ohne Ende, welche an den Endpunkten des Trajectes über große Rollen laufen
und in verschiedenen Distanzen durch kleinere Rollen getragen und geführt werden.
Die Entfernung und Anbringung dieser Führungsrollen ist von der Beschaffenheit des
Terrains abhängig. So können dieselben z.B. im Walde an den Bäumen, an Felswänden,
bei Ueberschreitung von Wasserflächen auch schwimmend angebracht werden. Der Antrieb
des Trajectes geschieht nur auf einer Seite desselben, oder bei gekuppelten
Trajecten in der Mitte, indem durch einen beliebigen Motor mit entsprechendem
Vorgelage die großen Rollen gedreht werden; die Seile selbst übertragen die Bewegung
auf die übrigen Rollen. Die großen Endrollen sind an dem Ende, wo der Antrieb nicht
stattfindet, jede für sich gelagert und mit einer Spannvorrichtung versehen, um die
gleichmäßige Durchbiegung beider Seile jederzeit herstellen zu können.
Jede Last, welche auf dem Traject transportirt wird, seyen es Wagen, Körbe, Ballen
oder Hölzer, muß mittelst vier Klauen auf den Seilen aufliegen, damit der Gegenstand
nicht oscillirt, sondern nur die Schwankungen der Seile mitmacht, und damit beim
Passiren der Führungsrollen, während gleichzeitig zwei Klauen die Seile loslassen,
die beiden anderen die Last vermöge der Reibung auf den Seilen festhalten.
Sämmtliche Rollen, sowie auch die Klauen sind mit Holz gefüttert, so daß die
Drahtseile nirgends mit Eisen in Berührung kommen, um die Abnutzung der Seile
möglichst zu vermeiden.
Die drei hauptsächlichsten Constructionen der Müller'schen
Seiltrajecte sind folgende:
A. Traject für Schienenwagen mit
auslösbaren Klauen, durch verticale Rollen angetrieben. – Diese
Construction ist in solchen Fällen anzuwenden, wo der verfügbare Platz neben den
großen Seilrollen so schmal ist, daß kein Schienenstrang daneben Raum findet. Die
beiden parallelen Seile laufen hier über verticale Rollen, an denen die beiden durch
den Motor angetriebenen auf einer gemeinsamen Achse, die Endrollen auf einzelnen
Lagern mit verstellbaren Lagern behufs Spannung der Seile befestigt sind. Die mit
Schienen belegten Rampen dienen dazu, die Wagen von den unteren Seilen auf die
oberen und umgekehrt zu bringen, und zwar läßt man wegen der größeren Stabilität der
auf der Strecke befindlichen Rollenständer die geladenen Wagen unten, die leeren
oben gehen. Der Abstand der Schienen von den Seilen ist an den Auf- und
Abfahrpunkten so gerichtet, daß sich die ausgespannten Klauen von selbst auf die
Seile legen und von diesen mitgenommen werden. Da bei dieser Construction sowohl die
oben als unten laufenden Wagen zwischen den großen Rollen durchpassiren, so müssen
die vier Klauen eines jeden Fahrzeuges auslösbar seyn, und zwar selbstthätig in dem
Moment, wo der Wagen vor den großen Rollen von den unteren Seilen auf die Schienen
abläuft.
B. Traject für Schienenwagen mit
unbeweglichen Klauen, von verticalen Rollen angetrieben. – Die
Einrichtung enthält schon wesentliche Verbesserungen gegen die oben beschriebene und
besteht darin, daß die Wagen an den Endpunkten des Trajectes, wo sie die Seile
verlassen und auf den Schienen weiter laufen, nicht zwischen den großen Rollen,
sondern seitwärts von diesen abgeführt werden, wodurch der ganze Mechanismus zur
Auslösung der Klauen entfällt.
C. Traject für Schienenwagen mit
unbeweglichen Klauen, von horizontalen Rollen angetrieben. – Da
größere Wagen, welche unbeladen mehr als 5 Ctr. wiegen, sehr schwer die Rampen
hinaufzuschieben wären, so hat Müller in dieser
Construction die letzteren ganz vermieden, sondern läßt die leeren wie die beladenen
Wagen an den Enden des Trajectes nur auf horizontalen Schienen laufen. Die großen
Seilrollen sind nämlich in horizontaler, etwas schräger Lage unter dem Gerüst
placirt, welches die Schienenstränge und die ersten Führungsrollen der Seile trägt
und ist deren Stellung so angeordnet, daß die nach einer Richtung parallel neben
einander laufenden Seile und die entgegenkommenden nicht wie bei den Constructionen
A und B übereinander,
sondern in gleicher Höhe nebeneinander geführt sind. Dabei ist es durchaus nicht
nöthig, daß die beiden horizontalen Endstationen in gleicher Ebene liegen, sondern
den Seilen kann auf der Strecke vermittelst der Gerüste für die kleinen Tragrollen
nach Erforderniß des Terrains eine beliebige Steigung gegeben werden, welche erst da
ihre Grenze findet, wo die vier Klauen des Wagens wegen unzureichender Reibung von
den Seilen nicht mehr mitgenommen werden. Bei gut gefirnißten Seilen kann eine
Neigung der Seile von 1 : 6 noch ohne Anstand überwunden werden.
Die Herstellungskosten eines Müller'schen Trajectes lassen
sich zwar im Allgemeinen nicht angeben, da sie, wenn auch im geringerem Maaße als
bei Locomotiv- oder Pferdebahnen, von der zufälligen Beschaffenheit des
Terrains abhängen. Doch sey bemerkt, daß ein Traject für 1/4 deutsche Meile Länge
nach den Constructionen A und B mit 20 Millimet. starken Seilen, sammt einer 12pferdigen Locomobile zum
Betriebe, aber ausschließlich der hölzernen Rampen-Ständer, Fahrzeuge und
Aufstellung ca. 15,000 fl. am Wiener Platz kosten würde.
Damit könnte bei Einzellasten von 9 Zoll-Ctr., per Stunde ca. 500 Ctr. Bruttolast
transportirt werden. (Nach der Zeitschrift des österr. Ingenieur- und
Architektenvereines.)
Vernickelte Buchdrucklettern.
Verkupferte Lettern haben längere Dauer, als gewöhnliche Buchdruckertypen, weil das
Kupfer die Reibung der Walzen und den Druck der Presse besser erträgt, als die
gewöhnliche, viel weichere Legirung von Blei und Antimon. Die auf galvanischem Wege
verkupferten Lettern haben jedoch den Fehler, daß sie mit gewöhnlicher Schwärze
weniger schöne Drucke geben; auch kann man sie bei einer Anzahl von bunten
Buckdruckerfarben, z.B. bei den mit Zinnober dargestellten, gar nicht benutzen, da
dieselben einerseits durch das Kupfer entfärbt werden, andererseits das Kupfer
selbst stark angreifen und es zerfressen. Nickel dagegen,
wird durch Reibung und Druck viel weniger angegriffen, und die mit einer Schicht von
diesem Metalle überzogenen Lettern können zum Drucken mit jeder beliebigen Farbe
benutzt werden. Ein anderer Vorzug dieser Typen besteht in ihrer Härte, welche
beinahe der des Stahles gleichkommt, so daß sie eine zehnfach längere Dauer haben,
als gewöhnliche Lettern. – Ueberdieß kommt folgender Umstand in Betracht. Das
aus einer Lösung galvanoplastisch niedergeschlagene Kupfer zeigt eine matte
Oberfläche und hat das Bestreben zu krystallisiren; läßt man es sich in sehr dünnen
Schichten ablagern, so ist seine Oberfläche rauh und uneben. Das Nickel hingegen
schlägt sich in ebenen und glatt anzufühlenden Schickten nieder und in Folge davon
werden die feinen Linien getreuer wiedergegeben, als durch das Kupfer. Die
Vernickelung läßt sich beliebig schwach ausführen, und fällt dabei stets glatt aus.
(Chronique de l'Industrie, September 1872, S.
254.)
Spiegel-Photographien; von Richard Jacobsen.
Vor einigen Jahren gelangten sogenannte Spiegel-Photographien in den Handel,
welche derartig hergestellt waren, daß versilberte oder verplatinirte Glasspiegel
auf der Metallseite statt des gewöhnlich darauf befindlichen undurchsichtigen
Firniß- oder Lacküberzuges eine positive Photographie auf Collodium als
Ueberzug (mit der Bildseite dem Metalle zugekehrt) trugen. Bei auffallendem Lichte
wurde eine solche Spiegel-Photographie als Spiegel benutzt, bei
durchfallendem Lichte trat die Photographie, freilich nur sehr schwach und
undeutlich zum Vorschein.
Viel besser lassen sich diese Spiegel-Photographien nach folgender Methode
darstellen: Man versilbert zunächst eine sauber gereinigte Glasplatte nach der Böttger-Bothe'schen
Methode,Polytechn. Journal, 1864, Bd. CLXXIV S. 84. jedoch nur so stark, daß das reducirte Silber goldig glänzend erscheint und
man bei Durchsicht des Spiegels dahinter befindliche Gegenstände deutlich erkennen
kann. Nachdem die versilberte Platte gut mit destillirtem Wasser abgespült wurde,
bringt man sie in eine Schale mit reinem Wasser und legt ein entsprechend großes
Stück Kohlepapier, welches zuvor in bekannter Weise chromirt und unter einem Negativ
belichtet worden war, auf die versilberte Seite des Spiegels schnell auf, und
entfernt beim Herausnehmen der Platte die etwa unter der Gelatinehaut befindlichen
Luftbläschen durch Aufstreichen mit einem Gummistreicher. Das Kohlebild wird, wenn
es auf dem Glase genügend trocken geworden, wie andere Kohlebilder mit warmem Wasser
entwickelt und darnach in einer schwachen Lösung von Anilinroth oder Anilinviolett
ausgefärbt. Die Bildseite der Spiegel-Photographie wird schließlich mit einem
hellen Negativlack überzogen. Da von dem ursprünglichen Reinigen der Glasplatte die
gleichmäßige und fleckenlose Bildung der Silberschicht abhängig ist, so thut man
gut, die Glasplatte kurze Zeit in eine verdünnte Wasserglaslösung zu legen und sie
dann mit einem reinen Lappen zu putzen.
Durch folgende Abänderung dieses Verfahrens lassen sich sehr schöne photographische
Strich-Reproductionen in glänzendem Silber auf Glas übertragen, welche für
decorative Zwecke vielleicht nicht ohne Werth seyn dürften: Man entwickelt wie oben
mitgetheilt, auf der Silberseite des Spiegels ein positives Kohlebild und läßt es
gut trocknen. Hierauf läßt man einen Strom von sehr feinem Sande auf die Silberseite
fallen. Die freien, nicht von dem Kohlebilde bedeckten Silberstellen werden von dem
Sande mechanisch fortgeätzt und erscheinen fein gravirt auf der Platte. Selbstredend eignen sich zur
Darstellung solcher Silberverzierungen nur Reproductionen von Strichzeichnungen.
Damit die Silberverzierungen besser hervortreten, kann man die geätzte Seite der
Platte mit einem undurchsichtigen Lack, z.B. Asphaltlack überziehen.
Zur Hervorbringung eines continuirlichen Sandstromes bediente ich mich folgenden
Apparates: Auf einen 4 Zoll hohen festen Fuß einer Lampe wird eine 12 Zoll lange
etwa 1/8 Zoll im Lichten starke Messingröhre in ihrer Mitte horizontal aufgelöthet
und in die Mitte dieser Röhre vertical ein Messingtrichter eingeführt und ebenfalls
festgelöthet. In den Trichter schüttet man sehr trockenen feinen Sand und verbindet
durch einen Gummischlauch die eine Seite der Röhre mit einem Gebläse. Wenn das
Gebläse in Thätigkeit gebracht wird, so führt die ausströmende Luft den Sand als
Sandstrahl, der gegen die Glasplatte zu richten ist, fort.
Jacobsen's chemisch-technisches Repertorium 1871,
2. Halbjahr, S. 98.)
Kohlebilder auf Gyps- oder Thonplatten; von Richard Jacobsen.
Ein chromirtes Kohlepapier wird unter einer durchsichtig gemachten Zeichnung (einem
Holzschnitt, Kupferstich u. dgl.) belichtet. Nach genügender Exposition befreit man
es durch rasches Waschen mit Wasser von überschüssigem Chromsalz und legt es dann in
nicht zu feuchtem Zustande auf eine ebene Gypsplatte (dargestellt durch Aufgießen
von Gypsbrei auf eine Spiegelplatte) mit der Bildseite dem Gyps zugekehrt. Ist das
Kohlepapier trocken geworden, so wird das Bild durch beständiges Aufgießen von
warmem Wasser vorsichtig entwickelt. Es erfordert letztere Operation etwas Uebung,
da leicht durch zu starkes Aufgießen von Wasser die feinen Details des Bildes
leiden. Man erhält so von der positiven Zeichnung direct ein positives Bild, da nur
die vom Lichte nicht getroffene unzersetzte Gelatine in den Gyps eindrang und ihre
Schwärze dort absetzte, während das unlöslich gewordene (negative) Kohlebild vom
Wasser fortgespült wurde. Dieses Verfahren könnte, da sich in gleicher Weise wie auf
Gyps auch Kohlebilder auf unglasirte Thonplatten übertragen lassen, von Wichtigkeit
für Porzellanfabrikanten werden, und zwar nicht nur für Zwecke der Decoration von
Porcellangefäßen mit Ornamenten und Zeichnungen in Strichmanier, sondern
hauptsächlich für schnelle und correcte Uebertragung von durch Buchdruck u.s.w.
erzeugter Schrift. Für das Einbrennen solcher Kohlebilder müßte das Kohlepapier
natürlich statt eines Ueberzuges aus Tusche und Gelatine einen solchen aus
Schmelzfarben und Gelatine tragen. – Zu den obigen Versuchen benutzte ich das
von E. Liesegang in Elberfeld bereitete und hierzu sehr
geeignete Kohlepapier. (Jacobsen's
chemisch-technisches Repertorium 1871, 2. Halbjahr, S. 99.)
Verfahren zum Versilbern animalischer, vegetabilischer und
mineralischer Körper.
In England betreibt man jetzt einen neuen Industriezweig, welcher die Versilberung
beliebiger animalischer, vegetabilischer oder mineralischer Körper zum Gegenstand
hat. Man bereitet zunächst folgende zwei Lösungen:
1) Gebrannter Kalk, 2 Theile; Traubenzucker oder Honig, 5 Theile; Traubensäure (in
Ermangelung derselben Gallussäure), 2 Theile; Wasser, 650 Theile. Man filtrirt und
bewahrt die Lösung in Flaschen auf, welche ganz angefüllt und verschlossen sind,
damit die Einwirkung der Luft möglichst verhütet werde. 2) Man löst 20 Theile
salpetersaures Silberoxyd in 20 Theilen Ammoniakflüssigkeit und verdünnt die Lösung
mit 650 Theilen destillirtem Wasser. Im Augenblick der Benutzung vermischt man die
beiden Flüssigkeiten zu gleichen Theilen, schüttelt sorgfältig um, und filtrirt.
Um Seide, Wolle, Haare, Flachs und andere Faserstoffe zu versilbern, wäscht man sie
sorgfältig und taucht sie dann zuerst einen Augenblick in eine gesättigte Lösung von
Gallussäure und darauf in eine Lösung von 20 Theilen salpetersaurem Silberoxyd in
1000 Theilen destillirtem Wasser. Man wiederholt diese doppelte Eintauchung, bis das
schwarze Ansehen des Faserstoffes durch eine schwache Silberfarbe ersetzt ist. Man
legt denselben sodann in die Mischung der oben angegebenen beiden Lösungen, bis er vollständig
versilbert ist, kocht ihn mit einer Lösung von kohlensaurem Kali, wäscht ihn und
läßt ihn trocknen.
Bei Knochen, Hörn, Leder, Papier und anderen ähnlichen Substanzen kann man statt
dieselben einzutauchen, die Flüssigkeiten mit einem Pinsel auftragen.
Stuck, Steingut etc. müssen vor dem Zusammenbringen mit den silberhaltigen Lösungen
mit Stearin behandelt oder gefirnißt oder auch, wenn sie sehr porös sind
silicatisirt oder fluosilicatisirt werden.
Gewöhnliches Glas, Krystallglas oder Porzellan reinigt man sorgfältig mit
destillirtem Wasser oder Alkohol und behandelt es dann in dem Gemisch der beiden
oben erwähnten Lösungen, welches man in eine Schale von Steinzeug oder
Gutta-percha gegossen hat. Die Niederschlagung des Silbers beginnt nach einer
Viertelstunde und ist nach einigen Stunden beendet. Man wäscht die Gegenstände dann
mit destillirtem Wasser, läßt sie trocknen und überzieht sie mit einem schützenden
Firniß. Um die Niederschlagung des Silbers zu beschleunigen, kann man die
Flüssigkeit oder die Gegenstände etwas erwärmen.
Metalle werden zunächst mit Salpetersäure gereinigt, darauf mit einer Mischung von
Cyankalium und Silberpulver gerieben, mit Wasser gewaschen und dann abwechselnd in
die oben erwähnten Flüssigkeiten Nr. 1 und 2 getaucht, bis sie hinreichend
versilbert sind. Eisen muß vorher in eine Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd
getaucht werden. (Technologiste, Mai 1872, S. 193;
polytechnisches Centralblatt, 1872 S. 1159.)
Ueber die Reinigung der bronzenen Standbilder.
Bei genauer Untersuchung des Standbildes des großen Kurfürsten in Berlin ergab sich,
daß die grüne Patina auf demselben nicht zerstört, sondern nur durch eine schwarze
Schmutzschicht bedeckt war. Zur Beseitigung der deckenden Schicht wendete man
Seifenlösung und Ammoniak an, jedoch ohne günstiges Resultat. Professor Dr. Weber brachte darauf
verdünntes Alkali in Vorschlag, und es ergab sich, daß bei Anwendung dieses Mittels
die auf den Statuen haftende Schmutzschicht sich loslöste, und die grüne Patina zum
Vorschein kam. Gegen die Ansicht, daß das Alkali den grünen Ueberzug hervorrufe, und
diese Behandlung daher der künstlichen Patinirung gleich zu stellen sey, spricht die
Thatsache, daß gewisse Theile des Denkmales des großen Kurfürsten, in gleicher Weise
behandelt, sich nicht grün gefärbt haben. Das Kali bewies sich als wirksames Mittel
selbst an scheinbar völlig schwarzen Statuen, wie an der des Keith. Die nicht durch Kali zu beseitigenden schwarzen Schichten dürften
von Schwefelkupfer herrühren, welches bereits früher an der Blücher-Statue nachgewiesen wurde. (Verhandlungen des Vereines zur
Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1872 S. 32)
Ueber Sauerstoffbeleuchtung.
Nach einem Vortrage, welchen Professor E. Mack in Wien im
nieder-österreichischen Gewerbeverein über die
Fortschritte des Beleuchtungsverfahrens nach Tessié du Mothay
gehalten hat, setzt man dort auf dieses Verfahren große Hoffnungen. Der Ingenieur B.
Andreae soll bei der Erzeugung des Sauerstoffes
einige sehr wesentliche Verbesserungen angebracht haben. Eben so sind die Brenner
dahin abgeändert, daß jetzt bei der neuen Schmetterlingsflamme das Leuchtgas in der
Mitte, und der Sauerstoff außen ausströmt, während dieß bei dem alten
Kerzenflammen- oder Argandischen Brenner umgekehrt war. Auch wird versichert,
daß sich die ökonomischen Resultate des Betriebes schon jetzt in der ersten Zeit
sehr günstig stellen, doch fehlen die näheren Angaben über die Kosten.
In Paris hat Herr Thomas dem dortigen Vereine von
Civilingenieuren über die neue Beleuchtung einen Bericht erstattet, der sich
ziemlich gegentheilig ausspricht. Er kommt zu dem Resultat, daß man allerdings im
Sauerstoff eine viermal so große Menge verbrennen könne, als in der atmosphärischen
Luft, und daß man bei reichen Gasen die volle Leuchtkraft zur Entwickelung bringen
könne. Es habe auch nur
bei reichen Gasen einen Sinn. Sauerstoff anzuwenden, da sonst der Vortheil an
Leuchtkraft weitaus aufgewogen werde durch die Kostspieligkeit und Complicirtheit
des Verfahrens. Für große Plätze, öffentliche Mittelpunkte und Festlichkeiten, wo es
darauf ankomme, große Quantitäten Gas zu verbrennen ohne daß die Kosten in Betracht
kommen, sey die Sauerstoffbeleuchtung sehr vortheilhaft anzuwenden; für die
gewöhnliche Beleuchtung sey sie indeß zu kostspielig, ohne entsprechende Vortheile
zu bieten. (Schilling's Journal für Gasbeleuchtung, 1872
S. 505.)
Neues flüssiges Feuer; von P. Guyot.
Behandelt man Brom mit überschüssigem Schwefel, so erhält man eine röthliche, ölige,
an der Luft rauchende Flüssigkeit, welche dem Chlorschwefel sehr ähnelt und aus SBr besteht. Versetzt man dieses Product mit Ammoniak,
so erfolgt im ersten Momente keine sichtbare Einwirkung; aber bald darauf wirft die
Mischung Blasen, kocht auf, und es entweichen dicke weiße Dämpfe.
Die Lösung des Bromschwefels in Schwefelkohlenstoff gibt mit Ammoniak dieselbe
Reaction. Setzt man aber zu einer solchen Lösung, statt Ammoniak, Phosphor, so
erfolgt nicht nur eine sehr heftige Reaction, sondern diese ist auch mit Entflammung
verbunden.
(Comptes rendus, 1871, t.
LXXII p. 685; Vierteljahresschrift für praktische
Pharmacie, 1872 S. 436.)
Darstellung von Kali oder Natron aus den Sulfaten derselben,
nach Tessié du Mothay.
In einem Apparate, der einem Druck von 2 bis 20 Atmosphären widerstehen, und welchen
man mittelst einer Kältemischung oder eines Carré'schen Apparates auf 0 bis – 20° C. abkühlen kann,
läßt man während 12 Stunden caustischen Kalk auf schwefelsaures Kali oder Natron bei
Gegenwart von Wasser einwirken. Man verwandelt auf diese Weise 75 bis 80 Proc. des
Sulfates in caustisches Alkali. Man reinigt letzteres entweder durch
Auskrystallisirenlassen des unzersetzten Salzes, oder indem man Baryt hinzusetzt.
(Patentirt in Frankreich am 26 Juli 1871. – Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft zu Berlin, 1872, Nr. 14.)
Bestandtheile des Tabakrauches.
Eulenburg und Vohl kommen in
einer längeren, im Archiv der Pharmacie Bd. CXLVII S. 131 veröffentlichten
Abhandlung: „über die physiologische Wirkung des Tabaks als narkotisches
Genußmittel, mit besonderer Berücksichtigung der Bestandtheile des
Tabakrauches“ zu folgenden Schlüssen:
1) Der Tabakrauch enthält (wie schon Zeise fand) kein Nicotin, dagegen, außer Ammoniak, mehrere
sauerstofffreie, als Producte der trockenen Destillation stickstoffhaltiger Körper
bekannte Alkaloide, wie Pyridin, Picolin, Lutidin,
Collidin etc., ferner Ameisensäure, Essigsäure,
Propionsäure, Buttersäure, Baldriansäure, Carbolsäure und Kreosot.
2) Die bekannten unangenehmen Wirkungen des Tabaks auf angehende Raucher rühren
mithin nicht vom Nicotin, sondern von den oben genannten Basen her.
(Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie, 1872 S. 427.)
Verfahren zum Entfetten von Wolle etc., von Simonin und Coffin.
Um Wolle, Roßhaar, Häute, Pelzwerk, Federn etc. zu entfetten, benutzen die Genannten
einen durch Destillation des Petroleums erhaltenen leichten Kohlenwasserstoff, wie
Naphta, Benzin etc., und zwar lassen sie den Dampf desselben auf die Wolle oder sonstige Substanz
wirken. Sie destilliren zu diesem Zwecke den Kohlenwasserstoff und lassen den Dampf
durch die Wolle etc., welche auf einem Gitterwerk angebracht ist, hindurch gehen.
Der Theil des Dampfes, welcher das in der Wolle etc. enthaltene Fett aufnimmt,
verdichtet sich und sammelt sich als eine Lösung des Fettes in einem dazu
angebrachten Behälter. Diese Flüssigkeit wird nachher destillirt, wobei das Fett
zurückbleibt, während der Kohlenwasserstoffdampf entweder durch Abkühlung verdichtet
oder durch eine neue Portion Wolle etc. geleitet wird. Der Theil des
Kohlenwasserstoffdampfes, welcher unverdichtet durch die Wolle etc. hindurch
gegangen ist, wird ebenfalls entweder verdichtet oder direct durch eine andere
Portion Wolle etc. geleitet. Bei Anwendung dieses Verfahrens geht das in der Wolle
etc. enthaltene Fett nicht mehr verloren, sondern wird gewonnen und kann dann
gereinigt und in den Handel gebracht werden. Dieses Verfahren ist wirksamer als die
Behandlung der Wolle etc. mit dem flüssigen Kohlenwasserstoff, weil der Dampf besser
alle Theile derselben durchdringt. (Technologiste, Mai
1872, S. 206; polytechnisches Centralblatt, 1872 S. 1163.)
Neuestes über die Ramié-Pflanze.
Der Acclimatisationsverein in Berlin theilt uns seine neuesten Erfahrungen über obige
neue Gespinnstpflanze in Folgendem mit:
„Unser Verein befindet sich seit dem Jahre 1870 im Besitz der ächten
Ramié-Pflanze, Laportea pustulata
Wedd
., Laportea canadensis var. pustulata Dec. prodr.,
und hat sie damals durch das königliche Ministerium für die
landwirthschaftlichen Angelegenheiten erhalten. Dieses hat die Pflanzen direct
von dem bekannten Gärtner und Reisenden B. Roezl
käuflich erworben, der sie auf dem Alleghanygebirge in einer Höhe von 5000 Fuß
über dem Meer fand, wo die Winter eben so streng, wie bei uns, seyn sollen.
– Die hiesigen Anbauversuche auf Boden mittlerer Güte haben gezeigt, daß
die Pflanze eine Höhe von 3–4 Fuß erreichte, die sich jedoch auf besserem
Boden bedeutend steigern dürfte. Die krautartigen, großen Blätter haben eine
Breite von 8 Zoll, die Stengel sterben, wie bei der Urtica canadensis, zum Herbst bis zur Wurzel ab. Die Vermehrung ist
sehr leicht durch Zertheilung der Wurzelstöcke, durch Stecklinge, Ableger und
sogar durch einzelne Wurzelstöcke zu bewirken. Setzt man die jungen Pflanzen in
das freie Land, so erstarken sie sehr bald. – Bisher ist kein Fall
bekannt geworden, in dem die Wurzelstöcke durch Kälte gelitten hätten. –
Der Ertrag dieser Gespinnstpflanze scheint, da sie perennirend ist, dem Werthe
des von ihr beanspruchten Bodens nicht zu entsprechen. In Württemberg, wo die
klimatischen Verhältnisse ungleich günstiger sind, wäre es vielleicht auch
möglich, von derselben, wie dieß in Amerika der Fall seyn soll, zwei Schnitte
jährlich zu erzielen und dadurch den Ertag bedeutend zu erhöhen, woran hier gar
nicht zu denken ist. Die Güte der Faser ist bisher noch nicht eingehend geprüft
worden, die oberflächliche Untersuchung zeigte aber, daß sie sicherlich mit
Vortheil verwerthet werden können. Roezl soll zur
Gewinnung der Faser eine Maschine erfunden haben, bei deren Betrieb er einen Arm
einbüßte. Jedenfalls wäre es von Wichtigkeit, bei Einführung der Pflanze
zugleich auch Erkundigungen über die Construction dieser Maschine einzuziehen.
C. Ortgies, Gärtner in Zürich und Staatsrath Dr. Regel in St.
Petersburg unterhalten einen Briefwechsel mit jenem Reisenden. Einige
Wurzelstöcke stehen mit Vergnügen zu Versuchen zu Dienst.“
(Württembergisches Wochenblatt für Land- und Forstwirthschaft.)
Ueber die Verwendung der Kaninchenhaare zu Gespinnsten, als
Surrogat für Wolle und Baumwolle.
Das Kaninchenhaar wird jetzt bereits von den Hutmachern zur Anfertigung der Filze
verarbeitet und zu hohen Preisen (6 fl. per Pfund)
bezahlt. Es besitzt bei gehöriger Zubereitung alle Eigenschaften, um ein gutes und
dauerhaftes Garn zu geben, welches in seinen Eigenschaften dem Wollengarn nicht im
geringsten nachsteht. Um nun eine allgemeine Verwendung der Kaninchenhaare zu
ermöglichen, müßte man die Kaninchenzucht, welche bisher nur in sehr beschränkter Weise betrieben wurde,
bedeutend ausdehnen. In der That aber eignet sich kein Thier in solcher Weise zur
Massenzüchtung, wie das Kaninchen. Die enorme Fruchtbarkeit desselben ist
sprüchwörtlich, es verträgt die engste Einsperrung und jedes Klima, es läßt sich mit
den mannichfaltigsten und billigsten Stoffen ernähren und fordert weniger Sorgfalt,
als irgend ein anderes Thier. Selbst in den unfruchtbarsten Landestheilen kann die
Kaninchenzucht mit lohnendem Erfolge betrieben werden. Man kann daher leicht das
nöthige Quantum von Kaninchenhaaren produciren, um den Preis derselben billiger zu
stellen, als den der Wolle und der Baumwolle. Die zum Verspinnen etwa nicht
geeigneten Haare finden übrigens in den Hutmachern zum Verfilzen bereitwillige
Abnehmer. Das Fleisch des Kaninchens ist schmackhaft und nährend, und bei den hohen
Preisen der übrigen Fleischsorten würde das Kaninchenfleisch für die arbeitende
Bevölkerung eine wohlfeile, gesunde und kräftige Nahrung bilden. Die übrigen Abfälle
ließen sich zur Fabrication von Gelatine und Leim verwenden.
Es ist auffallend, daß die Zucht des Kaninchens in Deutschland und Oesterreich bisher
ganz vernachlässigt wurde, während in Frankreich, England, Holland und Belgien
jährlich mehrere hundert Millionen Kaninchen verbraucht werden, und der Handel mit
den Fellen derselben bedeutende Capitalien in Bewegung setzt. (Wiener
Weltausstellungs-Zeitung.)
Ueber Holzverkohlung.
Von Strippelmann und Becker
werden in Nr. 29 und 30 der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen in Bezug auf Köhlerei Mittheilungen gemacht über die Holzarten (Alter,
Grad der Trockenheit), Steigungswinkel der Schlichtung der Meiler und die
Meilerdeckung, Zeitdauer der Verkohlung bei gleichen Holzquantitäten im Meiler und
verschiedene Größe der Meiler. Nach diesen Richtungen hin in Böhmen angestellte
Versuche ergaben nachstehende Resultate:
1) Gut ausgewachsenes lufttrockenes Kiefernholz gibt eine ca. 10 Proc. schwerere Kohle, als Tanne und Fichte, dagegen ist das
Ausbringen 16 Proc. geringer.
2) Grünes Fichtenholz gibt 10 Proc. schwerere Kohle, als lufttrockenes, bei 16 Proc.
geringerem Ausbringen.
3) Gleiches Holz gibt auf leichtem Boden 8 bis 10 Proc. dem Gewichte nach weniger
Ausbringen, als auf schwerem steinigen Boden.
4) Auf nicht vollständig trockenen Plätzen erfolgte eine 3–5 Proc. schwerere
Kohle bei verhältnißmäßig geringerem Ausbringen als auf trockenen.
5) Bei steiler Schlichtung des Meilers wurden per Klafter
9 Proc. Kohle leichter per Tonne, als bei flacher
Schlichtung.
6) Bei Meilern mit gleichen Holzmengen gaben diejenigen die besten Resultate, welche
am achten Tage fertig waren. Bei zu langsamem Zubrennen wird die bereits fertige
Kohle durch die lange Einwirkung der Hitze leichter, so wie auch bei zu rascher
Verkohlung in stärkerem Feuer.
7) Meiler von 30–35 Klafter Inhalt ergaben die gleichmäßigsten und besten
Resultate; solche bis 50 Klafter Inhalt ergaben 4–5 Proc. geringeres Gewicht
der Kohle und 1–2 Proc. Lösche per Klafter
mehr.
8) 30 Kubikf. Holz in 7 Tagen 13 Stunden verkohlt gaben ein Ausbringen von 59,3 Proc.
dem Volumen und 25,3 Proc. dem Gewichte nach, bei 8 Tagen 19 St. Zeitdauer resp.
60,7 und 25,0 Proc.