Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. , S. 492 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Perkins' combinirte
Schiffsmaschinen.
Da wegen der hohen Kohlenpreise die Frage nach ökonomischeren Maschinen lebhaft in
den Vordergrund tritt, so zieht auch gegenwärtig das Dampfboot
„Filga“ , von welchem behauptet wurde daß es nur 2 Pfund
Wales-Kohle pro Pferdekraft verzehre, wogegen die
übrigen Schiffe der kgl. Marine deren 4,63 benöthigen, die Aufmerksamkeit bedeutend
auf sich und deßhalb erregt jeder dort aufgenommene Versuch über den
Brennmaterialverbrauch ganz besonders das öffentliche Interesse.
Die „Filga“ war ursprünglich ein Dampfboot, welches die HHrn.
Perkins und Sohn ankauften
und mit den gegenwärtigen Maschinen versahen, woher es kommt, daß Maschine und
Schiffskörper nicht im richtigen Verhältniß zu einander stehen. Die Cylinder sind
mit Dampfmänteln versehen; die zwei Niederdruck-Cylinder haben 30 Zoll (762 Millimet.)
Durchmesser und über jedem derselben befindet sich ein Hochdruck-Cylinder von
381 Millimet. Durchmesser, in welchem sich zwei an derselben Kolbenstange
festsitzende Kolben bewegen. Der Dampf tritt abwechselnd über den oberen und unter
den unteren dieser Kolben, und wird bei atmosphärischer Pressung endlich ganz
condensirt, mittelst Oberflächencondensatoren, so daß das Wasser mit 100° C.
in den Kessel zurückgeleitet wird. Die Dampferzeugung geschieht in einem sogenannten
Perkins'schen Sicherheitskessel, welcher aus 5/8 Zoll
dicken und 3 Zoll weiten, in horizontalen Lagen geordneten schmiedeeisernen Röhren
besteht, die unter sich durch verticale Stützen verbunden und aus 30 Sectionen von
je 8 Reihen, wovon 7 über den Roststäben und eine unter denselben liegen, bestehen.
Die Rohre wurden auf 2500 Pfund pro Quadratzoll Druck
geprobt. Die Maschine, obgleich nur von 80 Pferden nominell, entwickelt 240
indicirte Pferdekräfte. Die Griffith-Schraube hat
3 Schaufeln, 8 Fuß (2,438 Met.) Durchmesser und 11 Fuß (3,353 Met.) Steigung, welche
letztere nach mehreren Versuchen als die passendste befunden wurde.
Die „Filga“ durchlief eine Probestrecke von 41 englischen Meilen
(ca. 8,9 deutsche Meilen) in 4 1/4 Stunden, und zwar
mit einer Geschwindigkeit von 9,47 Knoten pro Stunde im
todten Wasser. Die Gesammtdauer von Hin- und Rückfahrt war 7 Stunden 40
Minuten, wobei der Dampfdruck von 185–260 Pfd. und die Zahl der Umdrehungen
von 74 bis 89 variirte.
Die abgenommenen Indicator-Diagramme zeigen einen bedeutenden Druckverlust
zwischen Maschinen und Kessel, indem bei ersteren der Druck bloß 181 resp. 218 Pfd.
betrug, wogegen die Kesselspannung 250 Pfund war; hingegen zeigte sich der Verlust
zwischen Hoch- und Niederdruck-Cylinder ziemlich gering. Die Leistung
des Hochdruck-Cylinders in der einen Maschine betrug 55,35 Pferde, jene des
Niederdruck-Cylinders 39,89, während sie bei der anderen Maschine resp. 68,79
und 41,46 waren, zusammen also 205,49 Pferdekräfte.
Der Kohlenverbrauch war durchschnittlich 39,4 Pfund pro
Stunde, daher sich in der That 2 Pfund pro Stunde und
Pferdekraft ergeben.
Es muß jedoch bemerkt werden, daß die Diagramme nicht in der erforderlichen Zahl und
vielleicht auch nicht mit der nöthigen Genauigkeit entnommen wurden, so daß
hierüber, sowie über den ganz genauen Kohlen- und Wasserverbrauch noch immer
gewisse Zweifel gestattet seyn durften. Uebrigens ist das Schiff durchaus nicht
günstig gebaut und lassen sich genaue Resultate ja nur bei einer überhaupt correct
durchgeführten Probe erwarten. (Nach Engineering, durch
die Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architektenvereines, 1872 S.
382.)
Motoren für Kleingewerbe.
In einer Besprechung der Bewegungsmaschinen für geringe Arbeitskräfte bemerkt Hr.
Prof. Rühlmann im „hannoverschen Wochenblatt
für Handel und Gewerbe,“ 1872 Nr. 46, unter Anderem, daß es ihm in
neuester Zeit nicht gelungen sey, Notizen über die Hugon'sche Gasmaschine zu erlangen, daß vielmehr die Firma F. B. Balance in
Greenwich bei London, welche die Ausführung dieser Maschinen für England in die Hand
genommen hatte, betreffende Anfragen gänzlich unbeantwortet ließ. Die Otto-Langen'sche atmosphärische Gaskraftmaschine
gewinnt dagegen für ihren Arbeitskreis von 1/2 bis 2 Maschinenpferden immer mehr
Beifall. Unter anderen arbeiten mit Erfolg gegenwärtig vier derartige Maschinen im
Bezirk der Stadt Hannover, von denen z.B. eine einpferdige Maschine in 12
Arbeitsstunden für nur 13 bis 14 Sgr. Leuchtgas bedarf, welches letztere mit 1 1/3
Thlr. pro 1000 Kubikfuß bezahlt wird.
Ist auch in jüngster Zeit der Anschaffungspreis dieser Maschinen gestiegen (der
einpferdigen von 515 Thlr. auf 600 Thlr, und der der zweipfertigen von 640 Thlr. auf
750 Thlr.), so sind ihre Annehmlichkeiten, insbesondere die Vortheile der
augenblicklichen Ingangsetzung und Abstellung und des Nichtbedarfes irgend welcher
Feuerungsanlage, unter Umständen so groß zu nennen, daß man den hohen
Anschaffungspreis gern vergißt, zumal sich immer mehr herausstellt, daß man sich an
ihre etwas unruhige, ja geräuschvolle Arbeit bald gewöhnt, beziehungsweise dieses
Geräusch auch fast ganz unmerklich machen kann, wenn man die verhältnißmäßig wenig
Raum einnehmende Maschine mit einem besonderen und dichten Breterverschlag
umgibt.
Was die Nutzbarmachung der Wärmeentwickelung durch die Gaskraftmaschinen betrifft
(nach Lenoir und Hugon mit
geschlossenem Kolbencylinder und nach Otto-Langen
mit oben offenem Cylinder), so hat neuerdings der Ingenieur A. Stevard ermittelt, daß unter der Annahme daß die Verwendung von 1 Liter
Leuchtgas 6 Calorien (Wärmeeinheiten) gibt, die Maschinen von Lenoir und Hugon 3,8 Proc. des
Total-Wärmeeffectes liefern, dagegen die (gegenwärtigen) Otto-Langen'schen Maschinen 12,8 Proc.; dieser
Nutzeffect entspricht dem einer Dampfmaschine welche nur 0,62 Kilogrm. Steinkohle
pro Pferdekraft und pro
Stunde verbrennen würde Darnach scheint es fast unnöthig, noch nach besseren Motoren
für das Kleingewerbe zu streben, als die Otto-Langen'schen Gaskraftmaschinen sind. Dennoch aber geschieht
dieß noch fortwährend und bemüht man sich neuerdings namentlich, die Lehmann'schen geschlossenen calorischen MaschinenBeschrieben im polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIV S. 257. an die Stelle der Gaskraftmaschinen zu setzen. Die neueren Urtheile über
dieselbe lauten ebenso wie die älteren nicht ungünstig. Unter Anderem spricht sich
Prof. Gust. Schmidt in Prag dahin aus, daß sich bei
Anwendung eines mäßigen Hochdruckes mit verminderter Temperatur eine dauerhafte
calorische Maschine erwarten und in dieser Form eine für Kleingewerbe wichtige
Zukunft voraussagen lasse. Zur Erzeugung des Hochdruckes will Professor Schmidt dabei eine Luftcompressionspumpe in Anwendung
bringen, welche wie die Speisepumpe einer Dampfmaschine nur periodisch in Gang zu
setzen wäre und die während der Anheizperiode, bei sonst leergehender Maschine, so
lange in Gang zu halten seyn würde, bis im Windkessel die für den Betrieb der
Arbeitsmaschine nöthige Spannung vorhanden ist. Prof. Schindler in Ofen spricht sich in folgender Weise aus: „Nimmt
man den Brennstoffaufwand als Maaßstab zur Beurtheilung der Motoren, so
benöthigt man bei den im Gebrauch befindlichen Dampfmaschinen 2 Kil. bis 0,83
Steinkohle pro Stunde und Pferdekraft, bei den
möglichst gut anzuordnenden Luftmaschinen 0,53 Kil., bei den Gaskraftmaschinen 6
Kil. und endlich bei den Elektromotoren einen Materialaufwand, der dem Werthe
von 40 Kil. Steinkohle pro Stunde und Pferdekraft
gleichkommt.“
Rechnet man zu diesen (wenn auch nur annähernd richtigen) Resultaten die Vortheile
der Lehmann'schen Luftmaschine, daß sie ohne jedes
Geräusch arbeitet und daß ihr Heizofen zugleich die Erwärmung irgend eines
Arbeitsraumes beschaffen oder auch zum Trocknen irgend welcher technischer Objecte
verwendet werden kann, so erklären sich die günstigen neueren Urtheile über die Lehmann'sche Luftmaschine, selbst von solchen Orten wo
Leuchtgas für Gaskraftmaschinen verhältnißmäßig wohlfeil zu haben ist, z.B. Berlin,
Dresden, Leipzig, Dessau, Bamberg etc. Selbstverständlich bleibt die Lehmann'sche Maschine der einzig rathsame Motor für
Kleingewerbe, wenn an der Betriebsstelle Leuchtgas gar nicht zu haben ist, wie dieß
in den Dörfern, in kleinen Städten und Ortschaften überhaupt der Fall ist, –
Die Preise dieser Maschinen, wie sie die Maschinenfabrik von Arendt in Dessau liefert, werden wie nachstehend verzeichnet:
Pferdekräfte:
1/8
1/4
1/3
3/4
1
2
Preise in Thalern:
200
360
400
550
700
1150
allerdings, gegenüber denen der Gaskraftmaschinen, etwas
theuer.
Was die dritte Gattung der in Vorschlag gebrachten Motoren für Kleingewerbe, die der
Wasserdruckmaschinen oder Turbinen betrifft, so findet die Wasserdruckmaschine des
Ingenieur Schmidt in Zürich immer mehr Beifall und
Anwendung. Bekanntlich gleicht diese Maschine (beschrieben im polytechn. Journal
Bd. CCIII. S. 81 und 332, zweites Januar- und erstes
Märzheft 1879) einer um die Mitte ihres Cylinders schwingenden Dampfmaschine mit
Kreisschieber-Steuerung, wobei durch Einschaltung eines verhältnißmäßig
großen Windkessels die Stöße beseitigt sind, welche sonst bei der Wechselbewegung
vom Vertheilungsschieber und Treibkolben zufolge der Unelasticität des Wassers
unvermeidlich seyn würden. Sorgfältige Versuche haben gezeigt, daß mit dieser
Maschine eine natürlich vorhandene Wasserkraft bis zu 89 Proc. ausgenutzt werden
kann, ein Werth der Alles übertrifft was man unter Anderem bei Turbinen bis jetzt zu
leisten vermochte. (Deutsche Industriezeitung, 1872, Nr. 50.)
Die Brunnenwässer der Stadt Hannover.Nach einem, im hannoverschen Bezirksverein deutscher Ingenieure gehaltenen
Vortrag.
Nach dem Urtheil aller Sachverständigen muß ein gutes Trinkwasser folgenden
Anforderungen genügen:
1) Es muß farblos und geruchlos sein.
Von den 45 untersuchten Wässern genügen dieser Anforderung nur 33. Durch besonders
starke Trübung zeichneten sich aus die Brunnen: Leibnitzstraße 1, Georgsplatz.
Rathhaus am Friedrichswall. Sie sind als Trinkwasser und, wegen ihres starken
Eisen- und Mangangehaltes, für technische Zwecke nicht zu verwenden.
2) Die Temperatur derselben darf in den verschiedenen
Jahreszeiten nur innerhalb geringer Grenzen schwanken.
Die Beeinflussung des Bodens durch die Sonnenstrahlen hört schon bei 20–25
Meter auf, Quellen aus dieser Tiefe zeigen meist die mittlere Jahrestemperatur. Am
24. August und 16. October wurde die Temperatur von 36 Wässern bestimmt. Wie
verschieden dieselbe, mögen folgende Beispiele zeigen:
Hinter dem Walle:
Leinstr.:
Christuskirche:
Leine:
24. August
10,43
13,15
15,83
17,73.
16. October:
10,54
11,44
11,67
8,95.
3) Trinkwasser darf keine größeren Mengen von salpetersauren,
schwefelsauren und Chlorverbindungen enthalten.
Während Gebirgswässer meist frei von Salpetersäure sind, enthalten die hannoverschen
Brunnen beträchtliche Mengen; so der der Leinstraße beim Schloß = 318, Escherstraße
= 332, Goseriede 9 = 346, Holzmarkt = 340, Taubenstraße = 365, Freischule in der
Scholwinstraße = 406, Berliner Wasser nach Reich 800
Milligrm. im Liter.
Durch auffallend starken Gehalt an Ammoniak und salpetriger Säure zeichnen sich aus:
Kümmelbrunnen, Georgenplatz, Rathhaus, Knochenhauerstraße, Wagenerstraße,
Bäckerstraße.
Der Gehalt an Schwefelsäure (bis 35 Milligrm.) und Chlor ist dem entsprechend. 1
Liter des Wassers aus der Wasserleitung der Stadt Springe enthält, nach anderen
Untersuchungen 10 Milligrm., des ersten Brunnens in Badenstedt, trotz unmittelbarer
Nähe der Salinen, 56 Milligrm. Chlor. Sämmtliche Brunnen Hannovers enthalten mehr,
namentlich Holzmarkt = 324, Striehlstraße = 372, Leinstraße = 405 oder auf Kochsalz
berechnet 667 Milligrm. im Liter.
4) Die alkalischen Erden in einem Liter Walser dürfen zusammen
höchstens 200 Milligrammen Kalk entsprechen, also 20 deutsche oder 25 englische
Härtegrade zeigen.
Während fast allgemein ein weiches, also wenig Kalk haltiges Wasser für das beste
Trinkwasser angesehen wird, ist neuerdings von einer Seite behauptet, der Organismus
bedürfe kohlensauren Kalk und dieser könne ihm nur durch das Trinkwasser in der
gewünschten Form geliefert werden. Immerhin können 20 Härtegrade als Maximum für
Trinkwasser festgehalten werden. Fast sämmtliche Wässer Hannovers enthalten mehr
Kalk, namentlich: Goseriede = 40, Holzmarkt = 42, Andertensche Wiese = 43 und
Escherstr. = 44 Härtegrade.
5) Die Gesammtmenge der festen Bestandtheile darf höchstens 0,5
Grm. im Liter betragen.
Dieser Forderung genügt von den untersuchten Wässern kein einziges; der feste
Rückstand beträgt 0,7 bis 2,2 Grm. (Scholwinstr.). Leipziger Wasser gab bis 2,6 (Reich), Berliner bis 2,8, Saalwasser 0,09 Grm im
Liter.
6) Ein Liter darf nicht mehr als 50 Milligrm. durch
übermangansaures Kali zerstörbare organische Substanzen und durchaus keine
Organismen enthalten.
Das Wasser der Ihme enthält oberhalb der Stadt 12, unterhalb derselben 38 Milligrm.,
das der Leine beim Schützenhause 15, unterhalb Hannovers 26 Milligrm. im Liter.
Ueber 50 Milligrm. haben 22 Brunnen, namentlich: Christuskirche = 92, Parkstr. =
115, Nienburgerstr. = 118, Rathhaus = 143, Seilerstr. = 246 Milligrm.
Auch niedere Organismen finden sich in den meisten Wässern, in einigen in
auffallender Menge.
Der Versuch Bischof's, die Güte eines Trinkwassers nur
durch das Mikroskop zu bestimmen, ist, wie alle einseitigen Untersuchungen, völlig
unzuverlässig. Mehrere Wässer geben farblose Krystalle mit wohl ausgebildeten
Flächen, würden also nach Bischof als „gut“ bezeichnet werden
müssen, die wegen ihrer Bestandtheile entschieden zu verwerfen sind.
Noch ist zu erwähnen, daß fast sämmtliche Brunnenwässer Hannovers starke Reaction auf
Phosphorsäure geben.
Demnach ist keines der untersuchten Brunnenwässer als gut
zu bezeichnen, mittelmäßig sind nur vier; die übrigen sind schlecht, ja sehr
schlecht. Dr. Ferd. Fischer.
(Hannoversches Wochenblatt für Handel und Gewerbe, 1872, Nr. 43.)
Ueber die in einigen englischen Steinkohlen eingeschlossenen
Gase; von Dr. Ernst v. Meyer.
Der Verf. hat verschiedene Proben von Steinkohle aus den Districten Newcastle und
Durham, welche Hr. Prof. Kolbe in Leipzig durch
Vermittelung des Hrn. Lyon Playfair in London aus England erhalten und ihm übergeben
hatte, auf die darin eingeschlossenen Gase untersucht, wobei er in derselben Weise
verfuhr, wie bei seiner früher beschriebenen Untersuchung von Zwickauer etc. Kohlen
(polytechn. Journal Bd. CCIV S. 462, zweites
Juniheft 1872).
In den genannten Bezirken gibt es Stellen, wo Grubengase Jahre lang mit Gewalt
ausströmen. Einige dieser Emanationen wurden vor etwa 25 Jahren von Playfair und Graham
untersucht, und beide wiesen nach, daß Grubengas den Hauptbestandtheil derselben
bildet; sie überzeugten sich zugleich von der Abwesenheit des ölbildenden Gases.
Ferner enthielten die analysirten Gase durchweg Stickstoff, und einige derselben
geringe Mengen Sauerstoff. Playfair fand in allen von 0,3
bis 2,1 Proc. Kohlensäure.
Die Frage, ob die Gase aus den dem Verf. übergebenen Kohlen sich analog
zusammengesetzt erweisen würden, oder ob sie noch andere kohlenstoffhaltige Gase
enthalten, etwa solche, welche der Verf. neben Grubengas früher in einigen Zwickauer
Kohlen nachgewiesen hat, schien besonderes Interesse zu beanspruchen.
Die Kohlen, deren Gase untersucht wurden, waren folgende:
Kohlen aus dem Newcastler
Disstrict.
1) Low Main Seam from Bewicke Main Colliery.
Stellenweise deutlich schieferige Kohle von verwittertem Aussehen.
2) Maudlin Seam from Bewicke Main Colliery. Sehr
harte Kohle von glänzendem, muschligem Bruch; deutlich geschichtet.
Kohlen aus dem Districte
Newcastle-Durham.
3) Main Coal Seam from Upreth Colliery. Kohle mit
glänzendem Bruch und deutlicher Schieferung.
4) 3/4 Seam from Urpeth Colliery about 30 fathoms from the surface. Unregelmäßig schieferige
Kohle von glänzendem Bruch.
Kohlen aus dem Districte
Durham.
5) Wingate Grange Colliery 3/4 Seam 74 fathoms from surface. Kohle von
deutlich schieferiger, hin und wieder faseriger Struktur.
6) Wingate Grange Colliery, Low Main Seam 108 fathoms from surface. Unregelmäßig, aber deutlich
schieferige Kohle.
7) Wingate Grange Colliery, Harvey Seam, 148 fathoms below surface. Sehr harte,
schwefelkieshaltige Kohle mit glänzendem, muschligem Bruch.
Kohle aus einem nicht angegebenen
Districte.
8) Upper or Harvey Seam Emily Vil., Woodhouse close
Colliery, 25 fathoms from surface.
Ausgezeichnet schieferige Kohle.
Die Analysen der Gase dieser Kohlen ergaben die nachstehenden Resultate:
Nr.derKohle
District
CO²
CH⁴
O
N
100 Grm.lieferten
Gas,Kubikcentimeter
1
Newcastle
5,55
6,52
2,28
85,65
25,2
2
Newcastle
8,54
26,54
2,95
61,97
30,7
3
Newcastle-Durham
20,86
–
4,83
74,31
27,0
4
Newcastle-Durham
16,51
Spur
5,65
77,84
24,4
5
Durham
0,34
85,80
Spur
13,86
91,2
6
Durham
1,15
84,04
0,19
14,62
238,0
7
Durham
0,23
89,61
0,55
9,61
211,2
8
Unbekannt
5,31
50,01
0,63
44,05
84,0
Die untersuchten Gase aus englischen Kohlen zeigen also keine unerwarteten
Eigenthümlichkeiten. Dieselben enthielten keinen durch Schwefelsäure
absorbirbaren Bestandtheil. Von verbrennlichen Gasen fand sich nur Grubengas
vor, welches in sehr wechselnden Mengen auftrat. Der Unterschied nach den drei
Bezirken ist auffallend; während die Durham-Kohlen ein an Grubengas sehr
reiches Gas enthalten (welches in seiner Zusammensetzung einigen von Playfair untersuchten Gasen sehr nahe kommt), sinkt
bei den Newcastler Kohlen der Gehalt an Grubengas rapid, und bei denen des
Newcastle-Durham-Districtes verschwindet er vollständig.
In naher Beziehung zu dem Gehalt an Grubengas scheint die eingeschlossene
Gasmenge zu stehen. Die gasreichsten Kohlen sind die des
Durham-Districtes, und deren Gase enthalten auch das meiste Grubengas.
Die zuletzt aufgeführte Kohle (8), welche der Zusammensetzung ihres Gases nach
zwischen den Durham- und den Newcastle-Kohlen steht, enthält auch
eine entsprechende Gasmenge. Die Kohlen aus den Districten Newcastle und
Newcastle-Durham sind in Bezug auf Gasgehalt wenig verschieden, wenn auch
eine Steigerung desselben bei Kohle 2, deren Gas 26,54 Proc. Grubengas aufweist,
zu bemerken ist.
Daß diese Regelmäßigkeit nicht allgemein zutrifft, ergibt sich aus des Verf.
früheren Untersuchungen Zwickauer und westphälischer Kohlen. Die Beziehungen
zwischen Menge und Natur der eingeschlossenen Gase werden jedenfalls durch so
mannichfaltige Umstände bedingt, wie Druck und Temperatur, denen die Kohlen im
Inneren der Erde ausgesetzt sind, Gehalt an Schwefelkies etc., daß nur ein
gründliches Studium der localen Verhältnisse zur weiteren Ausklärung dieser
Fragen beitragen kann.
Ueberraschend groß ist der Gasgehalt der Durham-Kohlen (6 u. 7); dieselben
sind sehr dicht und hart. Nimmt man ihr specifisches Gewicht zu 1,3 an (nach Playfair und De la Beche
schwankt das specifische Gewicht englischer Kohlen zwischen 1,25 und 1 . 35), so
kommt den eingeschlossenen Gasen unter gewöhnlichem Druck ein etwa dreifaches
Volumen zu. Jedenfalls sind dieselben in Hohlräumen von außerordentlicher
Kleinheit unter sehr bedeutendem Druck eingeschlossen.
So viel geht mit Gewißheit aus den angestellten Versuchen hervor, daß die Menge
des in den Durham-Kohlen eingeschlossenen Gases und sein Reichthum an
Grubengas zur Entstehung schlagender Wetter beitragen werden. Die Kohlen aus den
anderen Districten machen in dieser Hinsicht den Eindruck der Ungefährlichkeit.
Der Verf. besitzt leider keine statistischen Nachrichten über die Verbreitung
der Häufigkeit schlagender Wetter in den drei Bezirken.
Im Allgemeinen zeigt sich mit Zunahme der Kohlensäure eine Abnahme des Grubengases und
umgekehrt. Das Gas aus Kohle 1 macht eine Ausnahme von dieser sonst
durchgängigen Regelmäßigkeit; dasselbe müßte eine größere Menge Kohlensäure
enthalten. Die an Grubengas reichsten Kohlen (5, 6 und 7) sind die an
Kohlensäure ärmsten und umgekehrt (Kohlen 3 und 4).
Was endlich das Verhältnis von Sauerstoff und Stickstoff betrifft, so ist in
derselben Weise, wie der Verf. früher gezeigt hat, ein Zurücktreten des
Sauerstoffes und Ueberwiegen des Stickstoffes zu bemerken, sey es nun, daß der
Stickstoff theilweise bei der Bildung der Kohlen eingeschlossen wurde, oder daß
er später hinzugetretener atmosphärischer Luft angehörte, deren Sauerstoff zum
größten Theil von der Kohle zur Oxydation verbraucht ist. (Journal für
praktische Chemie, 1872, Bd. V S. 407.)
Ueber die in einigen Braunkohlen eingeschlossenen Gase; von
Professor Dr. H. Kolbe in
Leipzig.
Es liegen nur spärlich Untersuchungen über Gase vor, welche zu den Braunkohlen in
ähnlicher Beziehung stehen, wie die Grubengase zu den Steinkohlen. Die zuweilen in
Braunkohlengruben auftretenden bösen Wetter werden schon lange als Anhäufungen von
Kohlensäure bezeichnet und gefürchtet, während Grubengas niemals in denselben
nachgewiesen wurde. Der Zersetzungsproceß der Braunkohlen scheint demnach ganz
anders zu verlaufen, als der der Steinkohlen. Aus Varrentrapp's Versuchen (polytechn. Journal, 1865, Bd. CLXXV S. 156)
erhellt die große Oxydationsfähigkeit der Braunkohlen.
Hr. Zitowitsch hat im Laboratorium des Verf. einige
Braunkohlen auf die in ihnen eingeschlossenen Gase geprüft; diese wurden nach der
von v. Meyer bei Steinkohlen angewendeten Methode
gesammelt. Zur Untersuchung dienten böhmische Patent-Braunkohlen und eine
erdige Braunkohle geringerer Qualität. Die Gasentwickelung aus beiden Kohlensorten
war unbedeutend (eine Bestimmung der Gasmenge wurde nicht ausgeführt). Die Gase
ergaben sich als Gemenge von Kohlensäure, Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenoxyd.
Zitowitsch fand folgende procentische
Zusammensetzung:
Gas aus
CO²
CO
N
O
I.II.
böhmischen Kohlen
89,6682,40
1,803,00
8,0314,15
0,510,45
III.
erdiger Braunkohle
83,99
1,04
14,91
0,65
Bei der geringen Menge Kohlenoxyd war an eine scharfe Bestimmung desselben durch die
Analyse kaum zu denken; nur die in der Analyse I erhaltenen Werthe stimmen genügend
mit den berechneten überein. Die Zahlen der Analysen II und III werden durch Annahme
von Kohlenoxyd am ungezwungensten erklärt.
Dr. v. Meyer hat auf
Veranlassung des Verf. einen Controlversuch mit denselben böhmischen Kohlen
angestellt. Nach Absorption der Kohlensäure wurde das Gas mit Sauerstoff (und
Knallgas) verpufft, und die erfolgte Contraction und die gebildete Kohlensäure
bestimmt. Die gefundenen Werthe stimmten genau auf Kohlenoxyd (3,60 Proc. bei
Annahme eines sauerstofffreien Gases). Da Sauerstoff in dem Gase gar nicht bestimmt
wurde, so war eine etwaige Bildung von Kohlenoxyd (bei Anwendung von
pyrogallussaurem Kali) vermieden. (Journal für praktische Chemie, 1872, Bd. VI S.
79.)
Ueber die Gewinnung von Rubidium aus den Rübenaschen; von E.
Pfeiffer.
Durch die Mutterlaugen der gouvernementalen Salpeter-Raffinerie zu Paris, an
welche die Fabrik in Nordfrankreich, in welcher der Verf. seine Untersuchungen
ausgeführt hat, bedeutende Mengen Salpeter lieferte, wurde Louis Grandeau, Prof. an der Ecole
normale zu Paris, zuerst auf das Vorkommen des Rubidiums in den Rübenaschen
aufmerksam, und er benutzte die explosive Mutterlauge zur Darstellung einer gewissen
Menge des Metalles. Zu dem Zwecke wurde dieselbe in einem eisernen Kessel mit
Sägespänen und Holzabfällen gemischt, erhitzt und verglimmen gelassen. Der kohlige Rückstand wurde mit
Wasser erschöpft, und die Auszüge bis zu ca. 35°
Baumé (1,317 specifisches Gewicht) eingedampft. Hierbei schied sich ein
Gemisch von schwefelsaurem Kali und Chlorüren, sonne etwas Soda aus, welches in 1000
Grm. schon 2,81 Grm. Rubidiumchlorid enthielt. Die Mutterlauge enthielt kohlensaure
und schwefelsaure Salze, Chloride, Schwefelalkalien, unterschwefligsaures Alkali
nebst kleinen Mengen von Jod- und Bromve bindungen. Sie wurde mit Salzsäure
im Ueberschusse versetzt und erhitzt, wobei sich ein reichlicher Absatz von Schwefel
bildete. In die hiervon abfiltrirte und wiederum erhitzte Flüssigkeit wurde nun
tropfenweise Salpetersäure gegossen, bis zur vollständigen Austreibung des Jods und
des Broms. Die so erhaltene Lauge enthielt in 1000 Grm. 7 . 5 Grm. Rubidiumchlorid.
Zur Gewinnung desselben wurde die stark verdünnte Lauge zum Kochen gebracht und mit
einer verdünnten Lösung von Platinchlorid oder noch besser mit einer kochend
gesättigten Lösung von Chlorkalium-Platinchlorid versetzt. Der erhaltene
Niederschlag wurde durch mehrfaches Waschen mit kochendem Wasser von einem Gehalte
an Chlorkalium-Platinchlorid befreit, und das zurückbleibende Rubidiumchlorid
im Wasserstoffstrome reducirt. Der Verf. ist eben so gut zum Ziele gekommen, indem
er die ursprüngliche Mutterlauge mit einer Lösung von salpetersaurem Bleioxyd
fällte, die salpetersauren Salze, mit Kohle gemischt, verpuffte, und nach dem
Uebersättigen mit Salzsäure die Fällung mit Chlorkalium-Platinchlorid
vornahm.
Nach direct ausgeführten Bestimmungen enthält 1 Kil. der Rübenaschen Nordsrankreichs
im Mittel 1,75 Grm. Rubidiumchlorid. Nun werden auf 1 Hektare Landin in
Nordfrankreich etwa 45000 Kil. Rüben gebaut. Diese liefern 2650 Kil. Zucker und 1325
Kil. Syrup; letzterer liefert in der Brennerei 318 Liter Alkohol von 36° und
145,75 Kil Rübenasche mit 255 Grm. Rubidiumchlorid. Der Kaligehalt in dieser
Quantität Rübenasche würde aber 84,4 Kil. Chlorkalium, der Natrongehalt 32,153 Kil.
Chlornatrium betragen. Die Rübe nimmt also diese drei Substanzen in dem Verhältniß
von 255 Grm. Chlorrubidium zu 32,153 Kll. Chlornatrium und 84,4 Kil. Chlorkalium
auf. Setzt man die 255 Grm. Chlorrubidium = 1, so ist die Menge des Chlornatriums =
126 und die des Chlorkaliums = 331. Außer dem Rubidium will Grandeau auch Spuren von Cäsium gefunden haben. Während die Rübe kein
Lithium aufzunehmen scheint, hatte Tabak, in derselben Gegend gebaut, Kalium,
Rubidium und Lithium, hingegen nur Spuren von Natrium aufgenommen Rübsen, ebenfalls
in dieser Gegend gebaut, hatte nur Kalium und Natrium, hingegen weder Rubidium noch
Lithium aufgenommen. (Archiv der Pharmacie, Bd. CC S. 100.)
Verfahren zur Reinigung und Entfärbung der Rübensäfte; von Tessié du Mothay.
Gegenstand des Patentes vom 16. Januar 1872 ist:
1) Gleichzeitige Reinigung und Entfärbung von Zuckersäften mittelst eines von den
bisher gebräuchlichen Methoden abweichenden Verfahrens, wobei
von dem kostspieligen Spodium Umgang genommen wird.
2) Entfärbung von Zuckersäften, welche speciell bei der Verarbeitung der Melasse
mittelst Baryt resultiren.
Der erstere Zweck kann auf zwei Wegen erreicht werden, welche sich bloß in der
Manipulation bei Anwendung sonst gleicher Hülfssubstanzen
(doppelt-schwefligsaurer Salze der alkalischen Erden und schwefligsaurer
Thonerde) unterscheiden; in beiden Fällen erfolgt Reinigung und Entfärbung
gleichzeitig.
Erste Methode. – In der Kälte oder unter Erwärmen
werden zu dem Säfte (Diffusions., Preß- oder sonst beliebiger Rübensaft)
1–2 Proc. gelöschten Kalkes zugemischt, geschieden und dann eine solche Menge
doppelt-schwesligsaurer Magnesia zugegeben, daß die Hälfte oder zwei Drittel
des nach der Scheidung in Lösung verbliebenen Kalkes in unlöslicher Form
abgeschieden werden.
Durch den Zusatz der doppelt-schwefligsauren Magnesia wird schwefligsaurer
Kalk abgeschieden, während ein Theil des Kalkes und der Magnesia in der Flüssigkeit
gelöst bleibt. Zur Ausfällung dieser noch in Lösung verbliebenen Erden schlägt der
Patentträger doppelt-schwefligsauren Kalk oder schwefligsaure Thonerde vor.
Im ersteren Falle bildet sich schwefligsaure Kalkmagnesia, im anderen scheidet sich
außerdem noch
Thonerdehydrat aus. – Anstatt des schwefligsauren Kalkes und Thonerde kann
bei der zweiten Operation auch Kohlensäure zur Bildung unlöslicher Carbonate benutzt
werden.
Zweite Methode. – Man setzt vorerst dem Safte zur
vorläufigen Scheidung bloß 1 Proc. gelöschten Kalkes zu, und nach Beendigung
derselben auf früher angeführte Weise Kalk-, Magnesia- oder
Thonerdesulfit. – Nach dieser ersten Operation werden dem nun warmen Safte
neuerdings 1/2–2 Proc. Kalkes zugesetzt, nach der Scheidung die Hälfte bis
zwei Drittel Kalkes mit dem Sulfit, der Rest mit Kohlensäure ausgefällt.
Bei der Verarbeitung der Melasse mit Baryt macht man die Erfahrung, daß es nöthig
ist, früher die Glucose zu zerstören, was leicht mit Alkalien oder alkalischen Erden
(z.B. Kalk) durchgeführt werden kann. – Bei dieser Zerlegung tritt aber in
Folge der Bildung von Huminsubstanzen eine Bräunung der Flüssigkeit ein, welche
Färbung sich nachher auch dem gebildeten Barytsaccharat mittheilt und bei Zersetzung
desselben mit Kohlensäure wiederum in die Lösung übertritt.
Diese Färbung entfernt der Patentträger folgendermaßen: Wenn bei Zerlegung des
Barytsaccharates mit Kohlensäure die Lösung nicht mehr als 2–3 Proc. Baryt
enthält, wird die Gaszuleitung unterbrochen und die vollständige Ausfällung mit
doppelt-schwefligsaurem Kalk oder Magnesia oder schwefligsaurer Thonerde
beendigt. (Journal des fabricants de sucre, 1872;
böhmische Zeitschrift für Zuckerindustrie, November 1872, S. 565.)
Neu entdeckte Eigenschaft der Schießbaumwolle.
Hrn. Brown, Chemiker des brittischen
Kriegs-Departements (Assistent von Prof. Abel),
ist es gelungen comprimirte Schießbaumwolle welche 15 bis 20 Procent Wasser enthält
– so wie sie aus der hydraulischen Presse kommt, bevor sie dem schließlichen
Trockenproceß unterworfen wird – zu verpuffen.
Bisher halte man angenommen daß, wenigstens in ihrem feuchten Zustande, die
comprimirte Schießbaumwolle vollkommen sicher für die Fabrication, Magazinirung und
den Transport ist, weil sie nicht explodiren kann. (Mechanic's Magazine, 1872, S. 478.)
Die wirksamen Bestandtheile des Kaffees.
Zu den verbreitetsten Genußmitteln gehören unstreitig die aus Kaffeebohnen und aus
Theeblättern bereiteten Getränke; es ist dadurch gerechtfertigt, wenn wir unseren
Lesern etwas ausführlicher über eine Untersuchung des Herrn Aubert berichten, welche die Ermittelung des Coffeingehaltes des Kaffees
und der Wirkungen des Coffeins zum Gegenstande hat.
„Obgleich man weiß, daß Kaffeebohnen und Theeblätter ein sehr giftiges (?)
Alkaloid, das Coffein oder Thein, enthalten, und obgleich Thee und Kaffee als
Aufguß, Filtrat oder Abkochung bereitet, zu den allerverbreitetsten Getränken
gehören, so hat man doch noch gar nicht untersucht, wie viel Coffein oder Thein
wir in einer Tasse Kaffee oder Thee zu uns nehmen. Ohne zu wissen, wie viel
Coffein beim Rösten der Kaffeebohnen verloren geht, noch wieviel Coffein oder
andere Bestandtheile bei der Bereitung des Getränkes ausgezogen werden, hat man
mit großer Sicherheit Methoden angegeben, welche die vortheilhafteste Ausnutzung
der Kaffeebohnen zu versprechen scheinen. Es ist aber doch eine offene Frage, ob
die Kaffeebohnen stark oder schwach geröstet werden sollen, ob ein Aufguß
kochenden Wassers genügt, oder ob ein Kochen des gemahlenen Kaffees zweckmäßiger
ist. Ebenso unbekannt ist es, wieviel Coffein in einer Tasse Thee getrunken
wird, ob man die Theeblätter nur aufzugießen braucht, oder ob man sie kochen
muß, um ihre wirksamen Bestandtheile auszuziehen. Ferner gehen die Meinungen und
Versuche über die Wirkung des Coffeins sehr weit aus einander. Endlich ist die
Frage unbeantwortet, ob außer dem Coffein noch andere wirksame Bestandtheile im
Kaffee enthalten sind, ja ob überhaupt die Wirkung des Kaffees auf seinem
Gehalte an Coffein beruht.“
In wie weit diese hier als offen hingestellten Fragen durch die Untersuchung des Herrn Aubert, welche theilweise in Gemeinschaft mit Herrn Haase ausgeführt war, eine präcise Beantwortung finden,
wird sich aus Nachstehendem ergeben.
Zur Gewinnung des Coffeins benutzte Aubert eine neue
Methode, nämlich die Behandlung mit Chloroform, welche, wie eine Zusammenstellung
aller bisher ausgeführten Analysen zeigt, eine größere Ausbeute zu geben scheint. Es
wurden in den rohen Bohnen 0,709 bis 0,849 Procent Coffein gefunden.
„Für die Kaffeetrinker ist es jedenfalls von größerem Interesse, Zu
wissen, wieviel Coffein sie in ihrem Getränk zu sich nehmen, als zu erfahren,
wieviel Coffein in den rohen Bohnen enthalten ist.... Es ist zunächst die Frage,
ob und wieviel Coffein durch das Rösten der Kaffeebohnen verloren geht, dann
wieviel Coffein aus den gerösteten und gemahlenen Kaffeebohnen mittelst des
Aufgusses von heißem Wasser ausgezogen wird, endlich wieviel Coffein in dem
sogenannten Kaffeegrunde zurückbleibt.“
Aubert röstete drei Portionen Java-Kaffee so
stark, daß sie eine hellbraune Farbe bekamen. Während des Röstens wurde der
entweichende Dampf aufgefangen, in demselben aber kein
Coffein gefunden. Von der dritten Portion wurde dann die Hälfte noch weiter
geröstet, und zwar so stark, daß die Bohnen fast schwarz wurden, stark aufquollen
und fettig glänzten. Bei diesem zweiten Rösten entwich Coffein, das sich deutlich
nachweisbar in feinen Krystallen absetzte. Die vier Portionen gerösteten Kaffees
wurden gemahlen, und aus denselben nach der gewöhnlichen Methode Aufgüsse bereitet.
Diese Aufgüsse und die zurückbleibenden Bodensätze wurden dann auf ihren Gehalt an
Coffein untersucht und ergaben Folgendes:
Fast alles in den gemahlenen Kaffeebohnen enthaltene Coffein geht in das Kaffeefiltrat über, es bleibt kaum
1/5 davon im Grunde zurück.
Bei übermäßig starkem Brennen der Kaffeebohnen geht doch nur wenig Coffein verloren
– nur 0,144 Procent. auf rohe Bohnen berechnet –, auf den gebrannten
Kaffee bezogen, enthält der dunkel geröstete 0,927, der schwach gebrannte hingegen
0,987 Procent. Es findet sich aber, daß das Coffein aus den stark gebrannten Bohnen
vollständiger ausgezogen wird, als aus den schwach gebrannten, so daß das Filtrat
aus den stark gerösteten Bohnen bei gleichen Gewichten des verwandten Kaffeepulvers
sogar ein wenig reicher an Coffein ist.
„Es kann also dem Geschmacke eines Jeden ohne großen Schaden überlassen
bleiben, ob er seine Kaffeebohnen stark oder schwach rösten, und ob er seinen
Kaffee als Filtrat bereiten oder eine Abkochung machen will.“
Die anderen aus den Kaffeebohnen ausziehbaren Substanzen wurden gleichfalls bestimmt.
Hierbei stellte sich heraus, daß auch diese zum größten Theile durch das einfache
Filtriren extrahirt werden und nur wenig im Grunde zurückbleibt. In stark gerösteten
Bohnen ist die Gesammtmenge der extrahirbaren Substanzen genau so groß wie in
schwach gerösteten; doch wird aus den ersteren durch Filtriren mehr Extract gewonnen
als aus letzteren.
Nach derselben Methode hat Aubert Theeaufgüsse und
Theeabkochungen auf Coffein untersucht. Er benutzte Pecco Thee und befolgte bei der
Darstellung der Getränke die im Leben üblichen Methoden ihrer Bereitung. Ein sehr
interessantes Resultat ergab sich, als man nach den gewonnenen Bestimmungen den
Gehalt an Coffein berechnete, welcher in einer Tasse „guten“
Kaffees (aus 1 Loth aufgegossen) und in einer Tasse „guten“
Thees (aus 5 bis 6 Grm. Theeblättern bereitet) enthalten ist. Beide Getränke ergaben
in einer Tasse die genau gleiche Menge von 0,1 bis 0,12 Grm. Coffein.
Aus den physiologischen Wirkungen des Coffeins auf Säugethiere und Frösche sey hier
hervorgehoben, daß es in entsprechend großen Dosen eine erhöhte Reflexerregbarkeit
und Starrkrämpfe erzeugt. Es schließt sich in dieser Beziehung dem Strychnin an. und
wirkt wie dieses direct auf das Rückenmark, durch dessen Reizung die Erscheinungen
veranlaßt werden. Eine weitere Aehnlichkeit des Coffeins mit dem Strychnin besteht
darin, daß die mit diesen Substanzen vergifteten Thiere in gleicher Weise die
Erscheinungen nicht zeigen, wenn man bei ihnen künstliche Athmung unterhält. Setzt
man dieß einige Zeit fort, so kommt das Gift beim Aufhören der künstlichen
Respiration gar nicht mehr zur Wirkung, es ist entweder ausgeschieden oder im Körper
zersetzt. Beim Coffein genügen 5 Minuten künstlicher Respiration, um selbst große
Dosen des Giftes unschädlich zu machen. Die wichtigste Wirkung des Coffeins
erstreckt sich auf das Herz, das von entsprechend großen Dosen zum Stillstand gebracht wird, und so
den momentanen Tod zur Folge hat; in kleineren Portionen den Thieren gegeben,
vermehrt es die Zahl der Pulsschläge sehr bedeutend, während der Blutdruck in den
Gefäßen sinkt; die Arbeit des Herzens ist also trotz großer Frequenz von geringem
Nutzeffect.
Sind nun die Wirkungen des Kaffeefiltrates durch den Gehalt desselben an Coffein
bedingt? Diese Frage läßt sich jetzt noch nicht positiv entscheiden. Nach
vorläufigen Versuchen ist es sehr zu bezweifeln, daß das Coffein der wirksamste
Bestandtheil sey. Auch coffeinfreie Aufgüsse von Kaffeebohnen bringen heftige
Erscheinungen an Thieren hervor, die von den Wirkungen des Coffeins sehr verschieden
sind. Eine vergleichende Untersuchung dieser Wirkungen wird Aubert anstellen. „Durch die bisherigen Untersuchungen ist die
„belebende“ Wirkung, welcher der Kaffee seine
Popularität verdankt, nicht erklärt.“ (Archiv für die gesammte
Physiologie, Bd. V, Heft 12; durch den Naturforscher.)
Ueber die Anwendung des Schwefelkohlenstoffes zum Entfetten
der Wolle.
Hierüber wird im „Wollengewerbe“ bemerkt, daß die Entfettung
zwar schnell vor sich geht, die Wolle aber hart und spröde und sehr leicht gelb
wird. Daß diese Uebelstände, namentlich der letztere, nicht etwa vom Fett oder von
der angewendeten Wärme herrühren, dürfte dadurch hinreichend bewiesen werden, daß
z.B. mit Benzinäther und dergl. entfettete Wolle, mit Dampf behandelt, nie gelb
wird. Sie scheinen vielmehr darin begründet, daß der Schwefelkohlenstoff, welcher
sich leicht mit Schwefel und anderen Schwefelverbindungen verbindet, auch hier eine
Verbindung mit dem im Wollhaar enthaltenen Schwefel eingeht und so dasselbe
desorganisirt. Daß das Wollfett hierbei ohne Einfluß ist, geht daraus hervor, daß
dieselbe Erscheinung bei ganz entfetteter Wolle ebenfalls eintritt. So lange der
Schwefelkohlenstoff kalt auf die Wolle einwirkt, findet diese Erscheinung nicht
statt, wohl aber sobald derselbe erwärmt wird, was zur Entfernung desselben aus der
Wolle nöthig ist.
Um nun den Schwefelkohlenstoff aus der entfetteten Wolle zu entfernen, sind drei Wege
möglich, entweder die Anwendung von Dampf oder die von heißem Wasser oder die von
erwärmter Luft. Bei Anwendung von Dampf tritt aber gerade der Uebelstand, daß die
Wolle gelb, hart und spröde wird, am meisten ein, dagegen ist dieser Weg beim
Ausziehen der Oelsaaten mittelst Schwefelkohlenstoff allerdings der einzig richtige
Durch heißes Wasser läßt sich der Schwefelkohlenstoff, da er schon bei 43° C.
siedet, sehr gut entfernen und es bleibt hierbei auch die Wolle weiß. Da aber das
heiße Wasser beim Durchdringen der Wolle sich schon bedeutend abkühlt und durch die
Wolle selbst gewissermaßen stagnirend wird, so ist es natürlich nöthig, dasselbe im
Apparat durch Einleiten von Dampf auf einer Temperatur von ca. 60° C. zu erhalten und durch eine Rührvorrichtung die Wolle zu
bewegen. Es erfordert dieser Umstand aber nicht allein complicirte Apparate, sondern
macht das Verfahren auch umständlich und quantitativ nicht lohnend. Beim Abblasen
mit erwärmter Luft treten zwar die erwähnten schädlichen Einflüsse auf die Wolle am
wenigsten hervor, dennoch ist dieses Verfahren sowohl in ökonomischer als anderer
Hinsicht am wenigsten zu empfehlen. Wird die Wolle in dem Extractionscylinder durch
Zusammenschrauben der beiden Siebböden ausgepreßt, so bleiben in 100 Pfd. mindestens
75 Pfd. Schwefelkohlenstoff. Der mit der Luft gemischte entweichende
Schwefelkohlenstoff ist aber in der Kühlung nur zum kleinsten Theil condensirbar, so
daß mindestens 50 Pfd. Schwefelkohlenstoff pro 100 Pfd.
Wolle verloren gehen. Da nun 100 Pfd. Schwefelkohlenstoff mindestens 12 Thlr.
kosten, so würden sich schon die Kosten dieses Verlustes pro 100 Pfd. Wolle zu 6 Thlr. berechnen. Ein zweiter Uebelstand hierbei
ist die entstehende Mischung von atmosphärischer Luft und Schwefelkohlenstoffdampf,
die bei Entzündung explosiv ist.
Aus obigen Gründen wurde die Entfettung von Wolle mit Schwefelkohlenstoff sehr bald
wieder aufgegeben. So stellte ein derartiges Etablissement in Elbeuf nach kurzer
Zeit mit großem Verlust seinen Betrieb ein. Die Apparate wurden später von einem
Unternehmer am Rhein gekauft und dort aufgestellt, um Ausputzwollen etc. zu
entfetten, jedoch hat auch dieser bereits wieder den Betrieb aufgegeben.
Mischung zu Oeldruckfarben.
An Stelle der gewöhnlichen, aus Leinölfirniß dargestellten Oeldruckfarben schlägt Guichard folgende Mischung vor: 13 Theile fetter Firniß,
5 Theile Terpenthinöl, 1 Theil gelbes oder weißes Wachs, und 1 Theil Colophonium.
Die Farben sollen damit besser ausfallen, als beim gewöhnlichen Oeldruck. (Reimann's Färberzeitung, 1872, Nr. 31.)
Ueber Opium und asiatischen Mohn; von Julius Jobst in Stuttgart.
In einer früheren Mittheilung (polytechn. Journal Bd. CCIV S. 79, erstes Aprilheft 1872) hat Hr. Jobst die Preislage des württembergischen Opiums für die laufende Campagne
beleuchtet. Inzwischen ist das kleinasiatische Product wegen karger Ernte weiter im
Preise gestiegen, und so konnte best trockenes und unverfälschtes einheimisches
Opium mit einem Morphingehalt von 13 bis 15 Proc. mit bis zu 22 fl. pro Pfund von 500 Grm. bezahlt werden.
In Bezug auf Samenausbeute hat der von Jobst importirte
asiatische Mohn Heuer ein sehr günstiges Resultat ergeben. Es berechnet sich nämlich
der Ertrag seines Versuchsfeldes auf 960 Pfd. besten, ölreichen Samens pro Morgen, während dasselbe Stück Land im vorigen
Jahre, mit dem Originalsamen bestellt, eine nur mäßige und in jedem Falle kaum
größere Menge Samen geliefert hatte, als der einheimische Mohr.
Dieser aus dem original-asiatischen Mohn hier gewonnene Same wurde am 9. April
1872 eingesäet und Anfangs August geerntet. Die Pflanze stand sehr üppig, wiewohl
niedrig wird mit wenigen Blatttrieben; dagegen waren die Kapseln um ein Bedeutendes
größer geworden, als im vergangenen Jahre. Es hat sich also die früher von Jobst ausgesprochene Erwartung, daß der asiatische Mohn
bei fortgesetzter Cultur eine üppigere Ausbeute liefern werde, in vollem Maaße
bestätigt, während die ursprünglichen Vorzüge der Pflanze, nämlich ihr niedriger
Wuchs, sowie ihr um drei Wochen schnelleres Wachsthum, glücklicher Weise erhalten
blieben. Der auf demselben Felde, zu derselben Zeit und unter denselben Bedingungen
angebaute einheimische weiße Mohn reifte 2 bis 3 Wochen später und schlug im
Samenertrag um ein volles Drittheil gegen den asiatischen zurück.
Nach alledem gehen die Erfahrungen des Hrn. Jobst dahin,
daß der asiatische Mohn in Bezug auf Opium-Ausbeute keine Vortheile gegen die
einheimische Pflanze aufweist, dagegen in wärmerem Boden neben sonstigen Vorzügen
einen ungleich bedeutenderen Samenertrag liefert.
(Wochenblatt für Land- und Forstwirthschaft, 1872, Nr. 36)
Unterscheidung des gepreßten Citronenöles von dem
destillirten.
Während das gewöhnliche, durch Pressen erhaltene Citronenöl mit Jod verpufft, gibt
das destillirte nach Schaik keine Reaction damit. Auch
nimmt das destillirte Oel durch concentrirte Schwefelsäure weit langsamer eine
dunkle Farbe an, als das gepreßte. (Pharmaceutische Zeitung, 1871, Nr. 95.)
Chloralhydrat gegen die Seekrankheit.
Dr. Döring hatte, wie er in
der Wiener medicinischen Wochenschrift mittheilt, als Schiffsarzt Gelegenheit, sich
selbst von der Unwirksamkeit aller bis jetzt gegen die Seekrankheit empfohlenen
Mittel zu überzeugen. Die große Unruhe aber und die Schlaflosigkeit, von welcher die
meisten Seekranken geplagt werden, brachte ihn auf den Gedanken, das Chloralhydrat
in Anwendung zu bringen. Er theilt ausführlich acht exquisite Fälle von See raukheit
mit, in denen nach der Verabreichung von durchschnittlich 4 Grm. Chloralhydrat in
zwei Dosen nicht nur Ruhe und längerer Schlaf der Erkrankten eintrat, sondern
letztere auch vollständig von der Krankheit, befreit wurden. (Vierteljahresschrift
für praktische Pharmacie, 1872 S. 435.)
Die Eichenlaub fressende Yamamay-Seidenraupe und ihre
Züchtung in Württemberg.
Unter Bezugnahme auf seinen früheren Aufsatz über den oben genannten Gegenstand (im
polytechn. Journal Bd. CCV S. 280, erstes
Augustheft 1872) theilt Hr. Ulrichs in Stuttgart jetzt
Folgendes über seine diesjährige Zucht mit.
„Von Erkrankungen ist dieselbe gänzlich verschont geblieben. Einige Raupen
starben an dem Biß eines mir unbekannten Insectes, das vielleicht im Eichenlaub
verborgen lag. Von 48 gesunden Exemplaren ist eines noch als Raupe verunglückt,
ein zweites als Cocon bei der Versendung zerquetscht worden, in einem Cocon
endlich die Puppe vertrocknet, ein Fall der in meiner vorjährigen Zucht nicht
vorgekommen war. Aus den übrigen 45 Exemplaren dagegen gingen Schmetterlinge
hervor, zum Theil wahre Prachtexemplare, einzelne davon mit nicht weniger als 16
Centimeter Flügelspitzenwette. Der erste Schmetterling verließ sein Gehäuse am
31. Juli, der letzte am 3 September. Leider traf es sich, daß die 12 ersten,
welche ausschlüpften, insgesammt Männchen waren, und daß das erste Weibchen erst
erschien, als jene 12 Männchen großentheils schon abgestorben waren. Umgekehrt
waren unter den letzten Schmetterlingen, welche ausschlüpften, mehr Weibchen als
Männchen, und nur in der mittleren Zeit war das Verhältniß ein gleiches. Es ist
demnach räthlich, den Versuch einer Zucht nicht mit einer zu karg bemessenen
Anzahl von Eiern zu machen. Im Ganzen erschienen 25 Männchen und 21 Weibchen,
welche letztere 3100 Eier legten, durchschnittlich also je 147. Bisweilen
enthält seltsamer Weise auch ein unbefruchtetes Ei einen Lebenskeim, und ein
gesundes Räupchen schlüpft daraus hervor. Ein Weibchen war erschienen mit
seltsam verkrüppelten, wahrhaft monströsen Flügeln; nichtsdestoweniger fand sich
ein Männchen, das sich mit demselben begattete.
Ich war erfreut, in meiner dießjährigen Zucht je in einem einzigen Exemplare zwei
neue Farben zu erblicken, welche in der vorjährigen Zucht nicht vorgekommen
waren: ein lebhaftes, leuchtendes, Helles Braun, weit prächtiger als das häufig
vorkommende Kupferroth, und eine neue, sehr zarte Mattfarbe, zwischen Aschgrau
und Marmorgrau, aber in's Olivengrüne hinüber spielend. Die vier großen,
buntberänderten Augen (Pfauenaugen), wovon jeder Flügel eins trägt, nehmen sich
auf der mattgrünen Grundfarbe besonders schön aus, während sie auf den
leuchtenden Grundfarben, wie Hochgelb, Kupferroth und Hellbraun, dem Blicke fast
verschwinden. Das Exemplar, in welchem diese schöne Spielart erschienen ist, war
ein Weibchen. Seine befruchteten Eier habe ich mir zur nächstjährigen Zucht
reservirt. Die Augen der Schmetterlinge sind schwarz oder braunschwarz. Nachts,
im Widerschein eines Lichtes, werfen sie einen glühenden Schein von sich und
leuchten dunkelgelb, wie Goldtopase.
Von der Qualität der Seide der Yamamay-Raupe habe ich mich auf folgende
Weise überzeugt Die leeren Cocons befreite ich von dem, was nach dem
Ausschlüpfen der Schmetterlinge stets noch darin zurückbleibt, nämlich der
Raupenhaut und der Puppenhülse, ließ sie einige Stunden lang in Seifenwasser
kochen, legte die zerkochte Coconsmasse mit faulenden Pflanzenstoffen, z.B.
Blättern, in Wasser, und ließ sie drei Wochen lang behufs Auslösung und
Absonderung des erhärteten Klebstoffes, welchen die Raupe nach Beendigung des
Spinnens unmittelbar vor ihrer Verpuppung im flüssigen Zustande ausspritzt,
darin liegen. Nach dieser Absonderungs-Procedur kam eine weiche,
farblose, beziehungsweise weiße, glänzende Seidenmasse von sehr haltbarem, ein
wenig dehnbarem Faden zum Vorschein. An der Sonne oder Abends im Schein eines
Lichtes zeigt sie den reinsten, hellsten Atlasglanz, eben so wenn man einige
Fäden davon unter dem Nagel oder zwischen den Fingern straff anspannt. Proben
dieser Seidenmasse können in meiner Wohnung, Böblingerstraße Nr. 34, jederzeit
besichtigt werden.“
Hr. Ulrichs hat in unserer Quelle außerdem noch Notizen
und Regeln bezüglich der Züchtung der Yamamay-Raupe veröffentlicht, die zum
Theil auf eigene Beobachtungen sich stützen. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1872,
Nr. 39.)