Titel: | Die Schmirgelfabrication. |
Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XCI., S. 360 |
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XCI.
Die Schmirgelfabrication.
Ueber die Schmirgelfabrication.
Der am meisten geschätzte Schmirgel kommt bekanntlich von der Insel Naxos, doch finden sich auch Gruben in Kleinasien. Die
Schmirgelsteine haben im Aeußeren durch Beimengung von Eisenoxyd ein röthliches Ansehen, zuweilen kommen auch Adern von weißem
Glimmer
darin vor. Für die technische Verwendung handelt es sich nun darum, diesen Schmirgelstein in scharfkantige Körner und Pulver
zu
verwandeln, und dieß wird nach der seit etwa 10 Jahren durch die Gebrüder Scherler in Tagolsheim (Elsaß)
eingeführten Methode in folgender Weise bewirkt. Die größten Stücke Schmirgelstein (es kommen solche von über 50 Kilogrm.
vor) werden
zuerst unter einem Dampfhammer von 3000 Kilogrm. zerschlagen. Hierauf werden sie unter Pochstempeln von 180 Kilogrm. Schwere
und 0,6
Meter Hubhöhe, die 20 bis 30 Schläge in der Minute machen, in Stücke höchstens von Nußgröße zerstoßen; die Bedienung dieses
Werkes
erfordert dabei nur einen Mann für eine tägliche Lieferung von 500 Kil. und das Product kommt dann sogleich auf die Mühlen
und das
Siebwerk.
Kollermühlen mit Steinen, die durch eine verticale Welle auf einer festliegenden Tafel im Kreise herumgeführt werden, eignen
sich hier
nicht, da sie nicht scharfkantige, sondern abgerundete Körner liefern, die nur selten Anwendung finden können. Es wird vielmehr
eine
Art Quetsche oder Walzwerk angewendet; dieses besteht aus einem Paar
harter Gußeisenwalzen, die beide durch Schrauben ohne Ende in Bewegung gesetzt werden. Auf der Welle, welche die aus gehärtetem
Schmiedeeisen gefertigten Schrauben oder Schnecken trägt, befinden sich die Betriebsriemenscheiben und ein Schwungrad. Diese
Triebwerksanordnung empfiehlt sich deßhalb, weil sie einfach ist und ein leichtes Nachstellen der Walzen gestattet, welches
letztere
sowohl wegen der zu erzielenden Feinheit, als auch wegen der raschen Abnutzung der Walzen nothwendig wird. Ueber den Walzen
befindet
sich ein Rumpf zur Aufnahme des zu mahlenden Schmirgels, und an dessen Untertheil eine Speisewalze mit Einschnitten, die so
darauf
vertheilt sind, daß das durch ein Seitenregister in Bezug auf seine Menge beliebig zu regulirende Material so über die ganze
Länge der
Walzen aufgeschüttet wird, daß letztere sich gleichmäßig abnutzen. – Dieses Mühlwerk ist etwa 2 Meter über dem Fußboden
angebracht und das daraus hervorgehende Mahlgut fällt auf eine Reihe rechteckiger übereinanderliegender Siebe, die in einen
Holzschrank eingeschlossen sind. Jedes Sieb hängt an Riemen, wird durch Daumen gerüttelt und durch eine Stahlfeder zurückbewegt.
Der
nicht durch das obere Sieb fallende Schmirgel geht durch den Ausguß des Siebes in einen Kasten und wird nochmals zum Mahlen
aufgegeben, während das durchfallende Material auf nach und nach feiner werdende Siebe gelangt. Was auf den einzelnen Sieben
zurückbleibt, gelangt dann durch Trichter und Canäle in die für die verschiedenen Feinheitsnummern bestimmten Behälter. Die
untersten
feinsten Siebe haben bis 5000 Oeffnungen pro Quadratcentimeter. Früher benutzte man anstatt dieses
Siebwerkes, welches gestattet, den gröbsten Schmirgel mit den gröbsten Siebmaschinen in Berührung zu bringen, sechseckig sich
drehende
Siebtrommeln ähnlich wie die gewöhnlichen Mühlbeutelwerke, doch veranlaßt diese Einrichtung zu bedeutende Unterhaltungskosten
in Bezug
auf das Siebwerk, und letzteres wurde auch zu leicht verstopft.
Der im gemahlenen Schmirgel enthaltene und durch den Siebproceß aufgerüttelte Staub wird durch einen Ventilator angezogen,
der die Luft
aus den Siebschränken aussaugt; er setzt sich dann in den einzelnen Abtheilungen der Windleitung ab und sortirt sich da von
selbst
nach seiner Feinheit. Dieser Saugventilator erfüllt nebenbei den Zweck, die Luft im Arbeitslocal staubfrei zu erhalten.
Durch dieses mechanische Siebwerk werden die Feinheitsnummern 4 bis 13 erzeugt; die ganz groben Nummern 1 bis 3 werden durch
Handsiebe
hergestellt. Um alle gröberen Schmirgelkörner zu entfernen, die sich etwa in die feineren Nummern verirrt haben, wird übrigens
das Product vor dem Verpacken nochmals mit der Hand ausgesiebte,
jedenfalls aber die feinsten Nummern 11, 12, 13 noch einem besonderen Processe unterworfen, um den etwaigen Staub zu entfernen.
Hierzu
kommt der Schmirgel in ein größeres Gefäß, aus welchem er auf eine Reihe über einander gestellter schiefer Ebenen aus Blech
gelangt,
um sich durch das Herabfallen von denselben auszubreiten. So vertheilt fällt er alsdann auf andere schiefe Ebenen, die gegen
die
ersten rechtwinkelig stehen und paarweise einander entgegengesetzt sind, so daß sich eine Reihenfolge von Cascaden bildet.
Quer durch
diesen Schmirgelregen geht dann ein durch einen Saugventilator veranlaßter Luftstrom, der den Staub anzieht und an einem anderen
Ort
niederlegt.
Außer auf diesem trockenen Wege wird das feine Schmirgelpulver auch durch Waschen gereinigt. Der Apparat hierzu ist eine theilweise
mit
Wasser gefüllte und in bestimmter Höhe mit einem Abflußhahn versehene Kufe. Das Schmirgelpulver wird in gewissen, zu regulirenden
Dosen auf mechanischem Wege zugeschüttet, ein Rührer bewegt das Wasser, es fällt das Gröbere zu Boden, während der feinere
Staub im
Wasser schwebend erhalten wird. Das letztere läßt man dann in Behälter laufen, die einzelne Zwischenwände enthalten, und muß
es beim
Wege aus einer Abtheilung in die andere über einen Ueberfall laufen. In der ersten Abtheilung setzt sich das gröbste ab und
so
stufenweis in den anderen das feinere; das Wasser der letzten wird dann beständig wieder in die erste Kufe zurückgepumpt.
(Deutsche Industriezeitung, 1873 S. 173.)