Titel: | Ueber Bestimmung des Alkohols im Fuselöl; von Dr. G. L. Ulex in Hamburg. |
Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XCIII., S. 380 |
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XCIII.
Ueber Bestimmung des Alkohols im Fuselöl; von Dr. G. L. Ulex in Hamburg.
Ulex, über Bestimmung des Alkohols im Fuselöl.
Fuselöl ist ein Handelsartikel, welcher in England nur dann steuerfrei eingeführt werden darf, wenn er höchstens 15 Proc.
Proof Spirit von 0,920 spec. Gewicht enthält. – Es wird daher jedesmal, ehe man es zuläßt, auf
seinen Gehalt an Sprit geprüft, aber in einer Weise, welche auf irrthümlichen Voraussetzungen beruht und daher auch zu irrthümlichen
Ergebnissen führt. Die Folgen davon sind ungerechte Besteuerung abseiten der Behörden und pecuniäre Schädigung des handeltreibenden
Publicums.
Die Prüfungsmethode im Zollhause in London ist die folgende:
Man schüttelt das Fuselöl mit einem gleichen Volumen Wasser, überläßt das Gemisch 12 Stunden lang der Ruhe und findet nach
dieser Zeit
eine obere Schicht von Fuselöl und eine untere, von spirituösem Wasser. Von letzterem bestimmt man das specifische Gewicht
und
berechnet darnach den Gehalt an Proof Spirit.
Hierbei geht man von der Voraussetzung aus, daß Fuselöl nicht mischbar mit Wasser und unauflöslich darin ist; Spiritus dagegen
sich
leicht darin auflöst.
Diese Voraussetzung würde zutreffend seyn, wenn rohes Fuselöl wesentlich
aus Amyl-Alkohol bestände, was aber in Wirklichkeit nicht der Fall ist; denn je nach seinem Ursprunge ist es ein Gemenge von
verschiedenen Alkoholarten, namentlich von Aethyl-, Propyl-, Butyl- und Amyl-Alkohol, die eine sehr
verschiedene Löslichkeit im Wasser besitzen. So ist Aethyl-Alkohol (Sprit) in jedem Verhältniß, Propyl-Alkohol leicht,
wenn auch nicht in jedem Verhältniß in Wasser löslich; Butyl-Alkohol löst sich in 10 Theilen Wasser, Amyl-Alkohol ist so
gut wie unlöslich.
Um nun zu erfahren, wie viel von diesen einzelnen Alkoholen in Fuselölen verschiedenen Ursprungs enthalten sind, wurden Rüben-,
Kartoffeln- und Korn-Fuselöl einer fractionirten Destillation unterworfen; denn so verschieden wie die Löslichkeit in
Wasser, so verschieden sind auch die Siedepunkte dieser Alkohole.
Es siedet z.B.
Aethyl-Alkohol (wasserfrei) bei
78,4° Cels.
Propyl-
„
„
97° „
Butyl-
„
„
109° „
Amyl-
„
„
132° „
Rüben-
Kartoffeln-
Korn-Fuselöl
Spec. Gewicht bei 15° Cels.
0,826
0,832
0,837
Es destilliren:
von 80 bis
100° Cels.
13 Proc. Vol.
13 Proc. Vol.
31 Proc. Vol.
„ 100 „
130° „
53 „ „
30 „ „
26 „ „
über 130°
34 „ „
57 „ „
43 „ „
Zwischen 80 bis 100° C. destilliren vorzugsweise Wein- und Propyl-Alkohol; von 100 bis 130° Butyl-
und Amyl-Alkohol; über 130° Amyl-Alkohol.
Beim Weinfuselöl destillirt Alles unter 130° über; es enthält gar keinen Amyl-Alkohol.
Aus diesen Versuchen geht hervor, daß Rübenfuselöl zu 2/3 aus in Wasser leicht löslichen und nur zu 1/3 aus in Wasser unlöslichen
Alkoholen besteht, und daß von ersteren der allergeringste Theil Weinspiritus ist. Obgleich es also nur 3 bis 4 Proc. Proof Spirit enthält, würde man nach der im Zollhause eingeführten Methode der Untersuchung 40 Procent Proof Spirit finden und demgemäß versteuern müssen. Da der Gallon Proof Spirit
(8 Pfund) 1/2 Pfund Sterling (ca 10 Reichsmark) Zoll kostet, so ist nicht zu verwundern, wenn bei größeren
Partien die Zollangabe sich enorm steigert. So wurden z.B. in einem Falle, wo 34 Fässer, jedes über 1000 Pfd. Fuselöl haltend,
in
England eingeführt werden sollten und man 44 Proc. vermeintlichen Proof Spirit im Zollhause fand, in
welchem in Wirklichkeit nur 8 Procent enthalten waren, für letzteren über
10,000 Reichsmark Zoll verlangt, während bei correcter Prüfung, freie Einfuhr hätte stattfinden müssen.
Die Bestimmung des Alkohols in Fuselöl erreicht man in einfacher und sicherer Weise, wenn man den niederen Siedepunkt des
Wein-Alkohols (78,4° C. für wasserfreien Alkohol, mit zunehmendem Wassergehalt steigend) benutzt, um ihn abzuschneiden.
Da die übrigen Alkohole im Fuselöl sämmtlich höhere Siedepunkte haben, als Wein-Alkohol, so kann man sicher seyn, in den ersten
Portionen des Destillats einer Fuselölprobe vorzugsweise nur den Wein-Alkohol zu finden, wenn dieser in größerer Menge
vorhanden ist. Das Verfahren würde dann folgendes seyn. Von 100 Kubikcentimeter des zu prüfenden Fuselöles destillire man
etwa 5
Kubikcentimeter ab, und schüttle sie mit gleichviel gesättigter Kochsalzlösung. Scheidet sich dann aus der Mischung in der
Ruhe die
Hälfte oder mehr Fuselöl wieder ab, so kann man sicher seyn, daß das Fuselöl unter 15 Procent Proof Spirit
enthält und daß, behufs Zolldefraudation kein Proof Spirit dem Fuselöl zugesetzt ist.
Scheidet sich jedoch bei jenem Schütteln später weniger als die Hälfte oder gar kein Fuselöl ab, so kann man annehmen, daß
mehr als 15
Procent Proof Spirit im Fuselöl enthalten sind. In diesem Fall schüttle man das Fuselöl mit gleichviel
gesättigter Kochsalzlösung, in der sich Propyl- und Butyl-Alkohol viel weniger als in reinem Wasser lösen, lasse in der
Ruhe sich sondern, scheide die Kochsalzlösung und destillire von dieser den Spiritus ab und bestimme ihn. Es ist zu wünschen,
daß die
englische Zollbehörde ihre jetzige verwerfliche Untersuchungsmethode des Fuselöles auf Alkohol aufgibt und durch das oben
vorgeschlagene oder ein anderes correctes Verfahren ersetzt. (Böttger's
polytechnisches Notizblatt, 1873, Nr. 10.)