Titel: | Eine ergiebige Quelle für Ammoniaksalze; von Dr. Bruno Terne in Chicago. |
Autor: | Bruno Terne |
Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XCV., S. 386 |
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XCV.
Eine ergiebige Quelle für Ammoniaksalze; von Dr. Bruno
Terne in Chicago.
Terne, über eine ergiebige Quelle für Ammoniaksalze.
Chicago ist der Hauptplatz der immensen Schlachthäuser des amerikanischen Nordwestens. Von hier aus wird nicht nur der eigene
Continent
sondern auch ein großer Theil Europas und Asiens mit Fleisch versehen.
Tausende von lieblich grunzenden Rüsselthieren verspritzen an einem Tag ihr Blut; in der Hauptschlachtzeit, Monat November
bis Januar,
erreichte die Zahl der geschlachteten Thiere an einem Tag die enorme Höhe von 25–30,000 im Vorjahr. Diese Zahl vertheilt sich
auf circa 20 Etablissements. Das größte von allen schlachtet in dieser Zeit per Tag allein 5000 Stück.
Bei diesen enormen Mengen Fleisches, die in der Hauptsache für den Export, für Verproviantirung der Handelsflotten aller Länder,
gezüchtet werden, entsteht eine Unsumme von Fleischtheilen, das nur in seinem Fett noch Werth hat für den hiesigen Markt.
Um letzteres
zu gewinnen, werden alle die Fleischtheile, für die kein Verkauf vorhanden ist, Lungen, Leber, Eingeweide etc. in großen eisernen
Kesseln bei 3 bis 4 Atmosphären Ueberdruck ausgekocht.
Das Fett steigt nach oben, unter demselben befindet sich eine Flüssigkeit, die Anspruch machen könnte, um Leimlösung genannt
zu werden,
wenn nicht durch das anhaltende Kochen bei Ueberdruck die bindende Kraft vollständig zerstört wäre.
Letzterer Umstand hat trotzdem nicht verhindert, auf die Gewinnung dieses Leimes ein Patent zu erlangen; sicher hat der glückliche
Inhaber keine Ahnung, wie schwer es ist, schlechten Leim zu verkaufen.
Nach einer anderen Hinsicht ist dieses Tank-Wasser aber sehr interessant.
Ich untersuchte im Januar dieses Jahres diese Wässer und fand bei vollständiger Verdampfung im Wasserbad
1) per Liter
105,24 Grm. leimähnlichen Extractivstoff
2) „ „
104,38 „ „ „
3) „ „
117,2 „ „ „
4) „ „
118,5 „ „ „
1 und 2 sowie 3 und 4 sind Proben aus verschiedenen Schlachthäusern.
Die Ueberzeugung, daß ein derartiges Product nicht handelsfähig ist, veranlaßte mich die Wässer für Ammoniak-Gewinnung zu
prüfen.
1) Ich erhielt per Liter
8,324 Grm. Salmiak.
2) „ „
8,6
„ „
3) „ „
5,124 „
„
4) „ „
7,923 „
„
5) „ „
6,820 „
„
6) „ „
8,010 „
„
Es sind dieß sämmtlich verschiedene Proben und zwar 1 und 2 ganz frisch; 3 sehr altes gestandenes Wasser eines
Hauses, 4 und 6 ganz frisch, 5 drei Wochen offen gestandenes Wasser eines anderen Hauses.
Aus diesen Zahlen erhellt daß diese Wässer eine nicht zu unterschätzende Quelle für Ammoniaksalze sind.
Eine derartige Anlage in Verbindung mit noch mehr ähnlichen der rationellen Verwerthung der thierischen Abfälle dienenden
Anlagen würde
eine sichere Capitalanlage seyn, da bisher im Westen die chemische Industrie noch in der Kindheit liegt und das Land von dem
Osten und
England beherrscht wird; eine Concurrenz, die bei den enormen Frachten leicht zu siegen ist.
Die Masse von Tank-Wässern und auch nutzlos zu Grunde gehenden festen Rohmaterialien spottet jeder Beschreibung; theilweise
müssen die Schlachthäuser noch bedeutende Kosten aufwenden, um sich nur von diesen Abfällen zu befreien.