Titel: | Ueber Bereitung von condensirter Milch; von Prof. Dr. Trommer in Eldena. |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. IX., S. 62 |
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IX.
Ueber Bereitung von condensirter Milch; von Prof.
Dr. Trommer in
Eldena.
Trommer, über Bereitung von condensirter Milch.
Die Milch, welche für diesen Zweck stets nur aus gereinigten, gewaschenen Eutern der
Thiere gemolken werden darf, außerdem aber auch noch sehr sorgfältig durchgeseihet
werden muß, wird zunächst bis zum Kochpunkt über freiem, rauchfreiem Feuer erhitzt
oder aufgekocht. Nach diesem wird die Milch noch einmal durch einen sehr feinen
Durchschlag von Blech durchgeseihet und kommt dann in ein sogenanntes Wasserbad, wo
sie unter Zusatz des gewöhnlichen raffinirten Zuckers, und zwar 6–7 Loth auf
ein Quart Milch, unter stetem und gelindem Umrühren bis zur Consistenz eines
dickflüssigen Syrupes eingedampft wird. Ein derartiges Wasserbad besteht aber aus
nichts Anderem, als aus einem gewöhnlichen eisernen kesselartigen Gefäße, oder aus
einem gewöhnlichen kupfernen Waschkessel, in welchem ein zweites, mehr flaches
Gefäß, das aus gewöhnlichem starken Weißblech verfertigt seyn kann, eingehängt wird.
Demnach muß der Durchmesser dieses Gefäßes ungefähr 2–3 Zoll kleiner seyn.
Auch muß ferner das letztere mit einem besonderen ringförmigen, 5–6 Zoll
breiten Rande versehen seyn, der so hoch angebracht wird, daß dasselbe ungefähr um
2/3 in den ersten Kessel hineinragt, und in diesem Rande, der auf dem Rande des
äußeren Kessels fest aufliegen muß und mit diesem durch eine Zwischenlage von Tuch
oder Leinwand und vermittelst einiger eisernen Klammern dicht verbunden seyn muß, zugleich seinen
Träger findet. Im Falle der äußere Kessel Handhaben besitzen sollte, die dem
Aufliegen oder dem Schließen dieses vorspringenden Randes ein Hinderniß darbieten,
so muß selbstverständlich der letztere entsprechende Ausschnitte bekommen. Wird nun
in den äußeren Kessel so viel Wasser gethan, daß seine Oberfläche noch einige Zoll
von der äußeren Fläche des Bodens des zweiten Kessels entfernt bleibt, und wird
ferner, nachdem beide Gefäße möglichst dicht verbunden worden sind, Feuer unter den
ersten Kessel gemacht, so ist das für diesen Zweck verlangte Wasserbad hergestellt.
Die Temperatur einer in dem inneren Kessel befindlichen Flüssigkeit, in diesem Falle
der Milch, kann selbstverständlich niemals höher werden, als die Temperatur des
Wassers oder seiner Dämpfe des äußeren Kessels; es kann daher von einem Anbrennen
der Milch hier nicht mehr die Rede seyn. Im Gegentheil, die Temperatur der in einem
derartigen Wasserbade zu verdampfenden Milch ist in der Regel 10–15 Grad R.
niedriger, als die des kochenden Wassers. Der Grund dieser Erscheinung liegt zum
Theil in dem beständigen Umrühren der Milch, zum Theil aber auch darin, daß noch
fortwährend, trotz aller Dichtheit, die man zwischen der Verbindung beider Kessel
hergestellt zu haben glaubt, Wasserdämpfe aus dem äußeren Kessel entweichen. Die
Gefahr einer zu großen Spannung dieser Wasserdämpfe wird aber dadurch vollständig
beseitigt. Daß aber unter diesen Umständen die Temperatur der zu condensirenden
Milch in der Regel nicht höher steigt, als oben angegeben wurde, ist gerade ein
Umstand, der ganz besonders zur Güte des Fabricates beiträgt. Was zunächst das
Größenverhältniß des zweiten oder inneren Kessels des Wasser- oder auch
Dampfbades anbetrifft, so richtet sich dasselbe, und zwar sein Umfang, allerdings
nach dem äußeren Kessel. Indessen muß der innere Kessel bei weitem mehr flach als
tief seyn, indem die Verdampfung einer Flüssigkeit bei gleicher Temperatur eine um
so größere ist, je größer die Oberfläche ist, welche dieselbe der Luft darbietet. Es
muß indessen noch bemerkt werden, daß in diesem Falle ein sogenannter Steigraum von
mindestens 4 Zoll frei bleiben muß, indem sonst beim Umrühren der Flüssigkeit sehr
leicht etwas von derselben verloren gehen kann.
Während des Aufkochens der Milch muß das betreffende Wasserbad in voller Thätigkeit
seyn, um die heiße und noch einmal durchgeseihte Milch aufnehmen zu können, welche
von jetzt ab ununterbrochen und regelmäßig gerührt werden muß. Geschieht dieß nicht,
so bilden sich unlösliche Häute, was mehr oder weniger mit der Zerstörung der
Fett- oder Butterkügelchen verbunden ist. Das Umrühren selbst geschieht bei
kleinen Quantitäten mit einem hölzernen Spaten, bei größeren hingegen mit einer sogenannten hölzernen
Krücke. Bevor der Zusatz des Zuckers geschieht, wird derselbe ein wenig geläutert;
dieß geschieht einfach auf die Weise, daß man denselben mit ungefähr der Hälfte
seines Gewichtes Wasser eine Zeit lang kocht, abschäumt und die heiße Flüssigkeit
durch Flanell seiht. Nachdem dieser flüssige Zucker bis auf mindestens 60 Grad R.
abgekühlt ist, wird er der Milch im Wasserbade zugesetzt. Der Zucker wirkt hier nur
allein als Conservirungsmittel; denn daß derselbe zugleich auch einen süßen
Geschmack ertheilt, ist hier Nebensache, um so mehr, als die Milch bereits ihren
eigenen Zucker enthält, den sogenannten Milchzucker.
Auch dürfte unter Umständen der Zusatz des (raffinirten) Zuckers die condensirte
Milch etwas vertheuern, da der Zucker bekanntlich gegenwärtig theurer ist, als die
festen Bestandtheile der Milch. Ohne Zucker hält es außerordentlich schwer, selbst
unter Beobachtung aller bis jetzt bekannten Conservirungsmethoden, die condensirte
Milch gegen innere Verderbniß oder Zersetzung zu schützen. Auch läßt sich nicht
wohl, um den Zweck der Conservirung vollständig erreichen zu können, jenes oben
angegebene Verhältniß des Zuckers zur Milch bedeutend schmälern. Dagegen ist die
Haltbarkeit einer nach dieser meiner Vorschrift bereiteten condensirten Milch von
der Art, daß es zur Aufbewahrung derselben gar nicht erst hermetisch verschlossener
Gefäße bedarf. Das weiter unten angegebene einfache Verfahren der weiteren
Aufbewahrung genügt vollständig.
Im Verlauf der weiteren Condensation der Milch hat man nur darauf zu achten, daß die
Temperatur derselben niemals über 70 Grad R. steigt. Eine höhere Temperatur würde
die Güte des Fabricates sehr beeinträchtigen. Man muß daher stets ein Thermometer in
Gebrauch ziehen, und, wenn es nothwendig seyn sollte, durch Steuerung der Feuerung
und fleißigeres Umrühren die Temperaturverhältnisse zu reguliren suchen. Hat die
Flüssigkeit den gehörigen Grad der Condensation erreicht, was man unter Anderem
daran erkennt, daß dieselbe von dem Rührinstrumente nicht mehr in einem dünnen
Strahle oder tropfenweise abfließt, sondern vielmehr in größeren zusammenhängenden
Massen herabfällt, so wird zugleich zur Füllung derselben in passende Gefäße
geschritten. Diese letzteren bestehen in nichts Anderem, als in einfachen
Blechbüchsen, welche bekanntlich haltbarer als Glasgefäße sind, mit gut schließbaren
Deckeln versehen, deren Seitenwand höchstens 6–8 Linien breit zu seyn
braucht. Die Größe dieser Blechbüchsen kann ganz willkürlich genommen werden;
indessen ist es zweckmäßig, nicht unter 1 Pfund und nicht über 2 Pfund Inhalt zu gehen. Was die
Form anbetrifft, so ist es am zweckmäßigsten, das Verhältniß des Durchmessers zur
Höhe = 2 1/2 : 4 zu wählen. Dabei ist noch zu erwähnen, daß dergleichen Büchsen und
deren Deckel mit Sodalauge zuvor gehörig gereinigt seyn müssen, und daß sie ferner
kurz vor ihrem Gebrauch einige Secunden lang einer starken Hitze ausgesetzt werden,
wobei jedoch das Zinn oder das Loth derselben nicht schmelzen darf. – Sind
die betreffenden Büchsen bis zum Rande mit der condensirten Milch gefüllt, so
bleiben sie bis zum vollständigen Erkalten (aber nur bis auf die gewöhnliche
Temperatur, 15–18 Grad) ruhig stehen. Während dieser Zeit hat sich ihr Inhalt
auf mehrere Linien zusammengezogen; dieser dadurch oberhalb der condensirten Milch
entstandene Raum wird nun mit einer heißen concentrirten, geläuterten
Zuckerflüssigkeit vollständig gefüllt, dann die Büchse sogleich mit dem Deckel
verschlossen, der zuvor recht passend gemacht werden muß, und hierauf die Fuge
zwischen Deckel und Büchse von außen, so weit sie nämlich sichtbar ist, mit einem
Teig von Mehl und heißem Wasser zugestrichen. Dabei darf aber die Büchse niemals aus
ihrer verticalen oder aufrechten Lage gebracht werden. Nach einiger Zeit wird dann
noch außerdem ein einige Linien breiter Papierstreifen, der mit einem ähnlichen
dicken und heißen Kleister zuvor bestrichen worden ist, rings um jene Fuge gelegt.
Ist dieser Verband gehörig trocken geworden, so kann die Büchse in jegliche Lage
gebracht werden. Damit aber der Deckel ohne besondere Kraftanstrengung leicht
abgenommen werden kann, so thut man wohl, wenn man den äußeren Rand der Büchse, so
weit der Deckel überfaßt, mit reiner, frischer, geschmolzener und wieder erkalteter
Butter vor dem Verschließen bestreicht.
Die in der beschriebenen Weise aufbewahrte condensirte Milch hält sich ganz
vortrefflich, und ist dieselbe unter genauer Beobachtung aller hier mitgetheilten
Vorschriftsregeln bereitet, so bildet sie ein Fabricat, das sich nicht allein mit
kaltem oder warmem Wasser in jedem Verhältniß leicht mischen läßt, sondern es
unterscheidet sich auch ein derartiges Gemisch von einer frischen, zuvor
ausgekochten, eventuell wieder erkalteten Milch durchaus in nichts Anderem, als in
seinem bedeutend süßeren Geschmack. Dieß dürfte aber wohl schwerlich derselben zum
Nachtheil gereichen! Da in einem preußischen Quart der gewöhnlichen unverfälschten
Milch 9 1/2 Loth feste Milchbestandtheile angenommen werden können, und ferner die
nach meiner Vorschrift bereitete condensirte Milch noch immer 25–30 Procent
Wasser enthält und außerdem auf das Quart Milch 7–8 Loth Zucker genommen
worden sind, so gehören selbstverständlich mindestens 20–22 Loth von dieser condensirten Milch
dazu, um mit Hülfe eines Quart Wassers eine Flüssigkeit zu erzeugen, welche ein
Quart unverfälschter gewöhnlicher Milch in Betreff der eigentlichen
Milchbestandtheile zu ersetzen im Stande ist. (Bernische Blätter für
Landwirtschaft.)