Titel: | Bestimmung des Sauerstoffes in den aus den Bleikammern entweichenden Gasen; von L. Vogt, Fabrikdirigent. |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XVII., S. 103 |
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XVII.
Bestimmung des Sauerstoffes in den aus den
Bleikammern entweichenden Gasen; von L. Vogt, Fabrikdirigent.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1873, Bd. VII S.
358.
Mit einer Abbildung.
Vogt, über Bestimmung des Sauerstoffes etc.
Zur Bestimmung des Sauerstoffes in den am Ende der Bleikammern bei der
Schwefelsäurefabrication entweichenden Gasen wende ich schon seit etwa zehn Jahren
das im Folgenden beschriebene Verfahren an, welches sehr bequem ist und gute
Resultate liefert.
Textabbildung Bd. 210, S. 103
Ein Absorptionsgefäß von nebenstehender Einrichtung wird mit ausgekochtem
luftfreien Wasser gefüllt und, nachdem man sich von der absoluten Dichtheit
sämmtlicher Verbindungen etc. überzeugt hat, läßt man behufs der Aufsammlung des
Gases bei a das Wasser ausfließen. Das bei b eintretende Gas hat, der Bleikammer kommend,
zunächst ein Gefäß mit etwa 1 Pfd. concentrirter von Lösung
doppelt-chromsaurem Kali zu passiren, geht dann durch einen Liebig'schen Apparat mit einer dünneren Lösung von
doppelt-chromsaurem Kali und schließlich durch einen mit Kalilauge
gefüllten zweiten Liebig'schen Apparat.
Das im Absorptionsgefäß ankommende Gas besteht nur aus Stickstoff und Sauerstoff,
wovon man sich leicht durch den Geruch überzeugen kann.
Nachdem sich das Absorptionsgefäß nahezu vollständig mit Gas gefüllt hat,
schließt man bei b und c
die Quetschhähne und begibt sich mit dem Gefäße und dem aus demselben
ausgelaufenen Wasser in's Laboratorium.
Hier wird zunächst bei d ein Trichter aufgesetzt, mit
einem Theile des ausgelaufenen Wassers gefüllt und durch vorsichtiges Oeffnen des
Quetschhahnes der innere und äußere Luftdruck gleich gemacht. Der Rest des ausgelaufenen Wassers
wird nun gemessen und damit hat man das Volum des gesammelten Gases.
Hierauf saugt man mit dem Munde bei d wieder ein Quantum
Wasser aus und bringt sodann mittelst eines bei d wieder
aufgesetzten Trichters zuerst eine angesäuerte Lösung von Eisenoxydulammon in das
Gefäß und sodann hinreichend Ammoniakflüssigkeit, um alles Eisenoxydul
niederzuschlagen.
Der vorhandene Sauerstoff wird nun vom Eisenoxydul vollständig absorbirt und man
bestimmt das Quantum Sauerstoff entweder, indem man aus einem graduirten Gefäße
Wasser bei d in den Apparat fließen läßt oder indem man
durch d hinreichend verdünnte Schwefelsäure eingießt, um
den Inhalt des Absorptionsgefäßes stark anzusäuern, dann den Inhalt bei a ausfließen läßt und mit Chamäleon den Rest des
Eisenoxyduls bestimmt.
Vorstehendes wird für jeden technischen Chemiker genügen, die Analyse auszuführen,
doch bemerke ich noch Folgendes:
1) Das Glas mit der Lösung von doppelt-chromsaurem Kali und die zwei Liebig'schen Kaliapparate bleiben auf einem Gestelle
immer am Ende der Kammern. Man hat nur dafür zu sorgen, daß die Lösungen noch
wirksam und die Gummischläuche etc. noch dicht sind. Die Lösungen sind natürlich,
wenn keine Analyse ausgeführt wird, immer durch aufgesetzte Quetschhähne gegen
äußere Einwirkungen geschützt.
2) Die bei den Apparaten zur Verwendung kommenden durchbohrten Korke sind mit Wachs
zu tränken und nach dem Aufsetzen auf die Gläser mit einer Asphaltschicht zu
überziehen, damit dieselben vollkommen luftdicht sind.
3) Das Absorbiren des Sauerstoffes durch das Eisenoxydul wird durch Schütteln des
Gefäßes unterstützt und geht außerdem am schnellsten, wenn man einen großen
Ueberschuß an Eisenoxydul in das Gefäß bringt.
Durch mehrfache Analysen von atmosphärischer Luft habe ich mich überzeugt, daß die
Methode genaue Resultate liefert; es war jedoch bei häufigem Schütteln und großem
Ueberschuß von Eisenoxydul ein ganzer Tag nöthig, um die Analyse zu beendigen. Bei
Analyse der Kammergase kommt man indeß rascher zum Ziele, ja ein großer Mangel an
Sauerstoff oder ein sehr hoher Gehalt an Sauerstoff sind schon nach einigen Minuten
an der Färbung des Eisenoxyduls zu erkennen. Man bekommt in dieser Beziehung sehr
bald hinreichend Uebung, um aus der Farbenveränderung des Eisenoxyduls sofort den
ungefähren Sauerstoffgehalt des Gases zu schätzen.
4) Was die Größe des Absorptionsgefäßes anbelangt, so habe ich solche von 1/2 Liter
bis zu 4 Liter Inhalt zur Anwendung gebracht; es kann damit Jeder es halten, wie es
ihm am bequemsten erscheint. Das Wasser muß nur in einem dünnen Strahle aus dem
Absorptionsgefäße auslaufen; um ein Liter Gas zu sammeln, brauche ich 15
Minuten.
5) Man kann auch den Sauerstoff in der ersten Bleikammer oder gleichzeitig in der
ersten und letzten Bleikammer bestimmen. Die Analysen, die ich so gleichzeitig
ausgeführt habe, stimmten sehr gut mit der angestellten Berechnung.
6) Aus der sehr großen Anzahl von Analysen, die ich im Laufe der Jahre ausgeführt
habe, geht hervor, daß die Säurebildung in den Bleikammern am besten vor sich geht,
wenn die entweichenden Gase drei bis vier Procente
Sauerstoff enthalten. Bisweilen habe ich Analysen ausgeführt, wo sich in den
abziehenden Gasen noch nicht einmal 1/10 Proc. Sauerstoff herausstellte. Dann war
die Arbeit der Kammern natürlich eine ganz schlechte; dasselbe wird der Fall, wenn
im abziehenden Gase der Sauerstoffgehalt über 5 Proc. steigt.
Noch bequemer ließe sich vielleicht die Ausführung der Analyse machen, wenn sich
genau graduirte Absorptionsgefäße von passender Einrichtung erhalten ließen.
Chemische Fabrik Brackwede bei Bielefeld, den 20. Juni
1873.