Titel: | Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman. |
Autor: | Prof. Johann Zeman [GND] |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XXII., S. 161 |
Download: | XML |
XXII.
Notizen aus der Wiener Weltausstellung
1873; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
(Fortsetzung von S. 94 des vorhergehenden
Heftes.)
Zeman, Notizen aus der Wiener Weltausstellung.
51. Hochdruckdampfmaschine mit
Condensation und selbstthätig variabler Expansion, von Bède und Comp. in
Verviers. (Figur 1–3.)
Eine interessante Modification und Vereinfachung der in den letzten Jahren immer mehr
verbreiteten Corliß-Steuerung bietet die von der
Maschinenfabrik Bède u. Comp. (Société
Houget
et
Teston) in Verviers ausgestellte und zum Betriebe
der belgischen Abtheilung in der Maschinenhalle verwendete Dampfmaschine. Dieselbe
hat einen Cylinderdurchmesser von 450 Millimeter, 1 Meter Hub und macht 45
Umdrehungen pro Minute. Die allgemeine Anordnung ähnelt
der bekannten Corliß-Aufstellung; nur ist, wie bei
der Sulzer-Ventildampfmaschine,Man vergl. polytechn. Journal, 1873, Bd. CCVII S. 349. hinter dem Cylinder für sich auf das Fundament die Condensatorluftpumpe
aufgeschraubt, welche durch eine Verlängerung der Kolbenstange angetrieben wird.
Auch die Anwendung von je zwei Drehschiebern zum Dampfeintritt und Austritt ist von
Corliß entlehnt, jedoch deren Anordnung im Cylinder
wesentlich abgeändert.
Es besteht nämlich der Dampfcylinder aus vier Theilen: dem eigentlichen Cylinder,
welcher die Lauffläche des Kolbens enthält, dem Cylindermantel, in welchen die
Dampfeinströmung stattfindet und endlich dem kastenförmigen Deckel, welche mit dem
Inneren des Dampfmantels communiciren und im oberen Theile die Dampfeintrittschieber
und unten die Dampfaustrittschieber enthalten. (Man vergleiche die Fig. 1, welche den Dampfcylinder und die
Steuerung in Ansicht und theilweisem Schnitt darstellt.)
Hierdurch wird eine Herabminderung des schädlichen Raumes auf ein bisher unerreichtes
Minimum erzielt, allerdings auch die Demontirung des Cylinders umständlicher
gemacht.
Die Steuerung selbst ist nach dem Patent von Bède
und Farcot ausgeführt, wie dieselbe schon seit mehreren
Jahren bei verschiedenen Maschinen in Belgien angewendet wurde und nun mit den neuesten Verbesserungen auf der Wiener Weltausstellung
erschien und hier mit einem Ehrendiplom ausgezeichnet wurde.
Wie aus Figur 1
und Figur 2
– Seitenansicht der Maschine in kleinerem Maaßstabe – ersichtlich ist,
befindet sich der Regulator seitlich von dem Cylinder, parallel zu dessen verticaler
Mittelachse angebracht, und die Spindel desselben in einer an dem Cylindermantel
angegossenen Console a gelagert.
Mit einer von der Schwungradwelle angetriebenen Querwelle d und den Kegelrädern c, d (Figur 1) wird die
Regulatorspindel und zugleich die auf derselben ausgekeilten Herzscheiben e und f, erstere für die
Dampfeinlaßschieber A, A' und letztere für die
Dampfauslaßschieber B, B', in drehende Bewegung
versetzt.
Die Drehschieber für den Dampfeintritt B, B' werden
einfach dadurch in oscillirende Bewegung gebracht, daß die Herzscheibe f durch einen seitlich geführten Rahmen g umfaßt wird, welcher durch Schubstangen mit den
Schiebern B und B' verbunden
ist. Ein gleicher Rahmen h wird von der oberen
Herzscheibe e hin- und herbewegt, um die
Dampfeintrittshähne A und A'
zu steuern. Doch ist der Rahmen h mit diesen Hähnen
nicht in fester, sondern in einer vom Regulator auslösbaren Verbindung.
Zu diesem Behufe sitzt an beiden Enden des Rahmens h
drehbar gelagert je eine Knagge C, welche an dem
horizontalen Schenkel eine Stahlbacke i besitzt, die in
der Stellung der Figur 1 gegen das Ende der Schieberstange k
anstößt und bei dem nach links stattfindenden Ausschlag des Steuerungsrahmens h den Dampfschieber A
öffnet.
Sobald aber der nach aufwärts gekrümmte Schenkel der Knagge C mit dem Steuerungsrahmen h soweit nach links
gerückt ist, daß derselbe an die mit dem Regulator in Verbindung stehende Rolle 1
anstößt, wird bei weiterer Bewegung des Rahmens nach links der horizontale Schenkel
der Knagge gehoben und der Zahn i ausgelöst und die
Schieberspindel durch die Feder m nach einwärts
geschoben, so daß der Arm an der Schieberachse wieder in die Position der Figur 1 zurückkehrt, bei
welcher der Dampfzutritt geschlossen ist.
Indem nun die Rollen 1 (rechts und links) an einer auf der Regulatorspindel
gleitenden Hülse o angebracht sind, welche mittelst
zweier Zugstangen mit der Regulatorhülse verbunden ist (Figur 2), so müssen sich
die Auslösrollen l, l mit den Regulatorkugeln
auf- und abbewegen und besorgen dadurch eine directe Regulirung der
Expansion. Hierzu ist nur erforderlich, daß die oberen Schenkel der Knaggen C, C die entsprechende Krümmung erhalten.
Es bleibt jetzt noch die Anordnung des Federmechanismus zum Schließen der
Dampfeintrittschieber A, A' zu besprechen übrig, welche
aus Figur 1
und 3 klar
ersichtlich wird.
Die Schieberstange k erhält ihre Führung in einem
cylindrischen Gehäuse n, welches mit dem
Regulatorgestelle p aus einem Stück gegossen ist. In
diesem Gehäuse bewegt sich der mit der Schieberstange k
aus einem Stück hergestellte Kolben r, welcher beim
Oeffnen des Schiebers A Luft in das Gehäuse n einzieht, um beim Rückprall zur Vermeidung von Stößen
ein Luftbuffer zu erhalten.
Eine Büchse s geht – über die Schieberstange k frei beweglich – durch den Deckel des
Luftbuffers n und ist durch Zugstangen t, t so mit dem Steuerungsrahmen h verbunden, daß dieselbe an dessen hin- und hergehender Bewegung
theilnimmt.
Zwischen dem Kolben r und dem Boden der Büchse s ist eine Spiralfeder eingesetzt, welche, sowie die
Knagge C einfällt, vollständig gespannt ist – man
vergleiche die Spiralfeder links in Figur 3 – und bis
zum Momente der Auslösung der Knagge gespannt bleibt. Bei der Auslösung aber
schnellt die angespannte Feder den Kolben r zurück,
schließt den Steuerschieber A und wird beim
Weiterbewegen des Steuerungsrahmens h, indem sich die
Federbüchse s auf der Schubstange k herausschiebt, immer mehr entlastet – siehe Figur 3 rechts –
und beginnt erst wieder comprimirt zu werden, wenn der Steuerungsrahmen seinen
Rückgang antritt.
Es schiebt sich nun der horizontale Schenkel der Knagge C
über das still stehende Ende der Schieberstange k
hinweg, wobei sich die Federbüchse s dem Kolben u immer mehr nähert, bis endlich der Zahn an der Knagge
wieder einfällt und die Feder ihren angespanntesten Zustand wieder erreicht hat,
worauf das Spiel der Steuerung von Neuem beginnen kann.
Das hier Mitgetheilte wird zum Verständniß der Bède
und Farcot'schen Steuerung hinreichen und es kann noch
hinzugefügt werden, daß
das geschilderte Maschinensystem sich eines großen Anklanges, besonders in Belgien
erfreut, wo ich dasselbe mehrfach in Gang gefunden habe.Für Frankreich hat die Ausführung dieses Maschinensystemes die bekannte
Maschinenfabrik Farcot und Söhne in St. Ouen bei Paris übernommen.
Speciell die Ausstellungsmaschine ist in all ihren Verhältnissen wohl gelungen und
schön ausgeführt. Die Steuerung functionirt sehr gut und mit wenig Lärm, und die
Wirkung des an der Dampfmaschine angebrachten Pröll'schen
Regulators ist ganz vorzüglich.
52. Die Spinnereimaschinen für
Streichwolle auf der Wiener Weltausstellung.
Wie auf der internationalen Ausstellung in Paris 1867 so fanden sich auch in Wien für
diese Spinnereibranche die meisten Aussteller und die größte Zahl von Maschinen.
Dießmal aber lernen wir weittragende Neuerungen kennen,
welche zum Theil schon durch die Praxis approbirt, zum Theil noch ganz neu, aber
sicherlich einen bedeutenden Einfluß auf die Streichgarnspinnerei auszuüben berufen
sind.
Zu den ersten Vorbereitungsmaschinen brachte uns die Wiener Weltausstellung nicht
viel, aber manches Interessante. Reichlicher dagegen waren Krempelsortimente und
Streichgarn-Spinnmaschinen beider Systeme – Selfactor- und
Watermaschinen, – letztere mit originellen Verbesserungen, vertreten.
Bei dem Wolf zur Auflockerung der Wolle erschien die aus
der Baumwoll-Spinnerei entnommene Claviermulden-Zuführung in Anwendung
gebracht. Die Klettenwölfe zum Reinigen und Auslesen von
Kletten, Stroh und compacteren Schmutztheilchen aus der Wolle zeigten im Allgemeinen
eine größere Kammtrommel und stärkere, zweckmäßiger construirte Kämme.
Hierher gehörig sind folgende Neuerungen zu bemerken.
Die Rührgabeln der Petrie'schen
Waschmaschine,Man vergl. die Abhandlung im polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCI S.
118. welche von J. und W. Mc. Naught in
Rochdale zur Ausstellung gebracht wurde, sind ausbalancirt und mit einem bequem
stellbaren Antrieb für die oscillatorische Bewegung versehen. Die Abzugsvorrichtung
für die gewaschene Wolle besteht aus einem geneigt liegenden Tisch, auf welchem die
Wolle durch die letzte doppelte Aushebegabel aufgelegt und mittelst eines Rechens
fortgeschoben wird. Dieser Rechen erhält seine Bewegung durch Kurbel- und
Hebedaumen in der Art, daß derselbe nur beim Vorschub mit der Wolle selbst in
Berührung tritt, dann senkrecht aufsteigt, um den Rückweg zurückzulegen, und endlich
unten wieder in die neu aufgelegte Wolle einfällt.
Damit die im Abzug begriffene Wolle während des Rückganges des
Rechens von dem schrägen Abführtisch nicht zurückrutscht, steigen aus dem Boden
desselben Zinken auf, welche jedoch vor Beginn eines jeden Vorschubes des
Abzugrechens rasch wieder herabsinken.
Stehen mehrere einfache Maschinen unter einander in Verbindung und
rückt die Wolle succesive aus dem einen Waschtrog in den nächsten zum weiteren
Auswaschen, so kann die Waschflüssigkeit aus einem Bassin in die vorhergehende, mit
noch nicht so rein gewaschener Wolle gefüllte Abtheilung durch einen
Dampfstrahl-Apparat (Steam-Jet
transmittor) befördert werden.
Bei der Trockenmaschine derselben
Aussteller zum Trocknen der Wolle mit erwärmter Luft, sind die Windflügel im Inneren
des Kastens angebracht und erfolgt die Luftzuführung durch je eine Oeffnung an
beiden Seitenwänden um die Flügelachse herum, ferner durch Löcher, welche in den
drei Lagerfüßen jeder Flügelwelle angebracht sind, im Ganzen also, da die Maschine
aus zwei völlig geschiedenen symmetrischen Hälften besteht, durch 10 Luftöffnungen.
Die Dampfrohre zur Erwärmung der vorbeistreichenden, aus dem
Inneren der Trockenmaschine herausgetriebenen Luft, liegen nahe unter den
Drahtnetzen, auf welchen die Wolle ausgebreitet wird.
Der bekannte Houget'sche Klettenwolf, welchen die Firma Bède und Comp. in Verviers ausstellte,
erhielt einen selbstthätigen Speiseapparat (Patent Deru),
welcher die Wolle auflockert und zum Entkletten zweckmäßig einführt. Der Apparat
besteht im Wesentlichen aus einem mit langen Stiften beschlagenen Tambour, über
welchem etwas vorhängend ein dreiflügeliger, ebenfalls mit starken Stiften besetzter
Schläger sich rasch umdreht.
Die aufgegebene Wolle fällt auf den Stiftentambour, vor welchem
ein verticales Lattentuch den Abschluß des Aufgebekastens bildet, und geht mit
demselben nach unten herum mit, um alsdann von dem entgegengesetzt vorlaufenden
Flügel nach und nach abgenommen und auf das Speisetuch der Klettenmaschine
abgeworfen zu werden. Den Flügel umgibt auf nahezu ein Drittel des Umfanges ein
Rost, durch welche eine Absonderung von Staub und losen Schmutztheilchen aus der
aufgelockerten Wolle stattfindet.
Im Uebrigen hat die Kammtrommel einen größeren Durchmesser und
stärkere Kämme, und ist auch der Raum zur Aufnahme der abgeschlagenen Kletten und
dergl. geräumiger gehalten.
Von Cölestin Martin in Verviers ist der
Reißwolf für Abgänge (Shoddy-wolf) zu
erwähnen, bei welchem die untere Zuführwalze durch eine feste Mulde ersetzt ist und
statt des oberen, geriffelten Cylinders eine mit Kautschuk überzogene Walze
eingelegt werden kann.
Der Klettenwolf desselben Constructeurs
weist in der Kammtrommel eine sehr wichtige Verbesserung auf. Die einzelnen Zähne
der Kämme sind durch eingefräste, etwa 1 1/2 Millimeter tiefe und breite Rinnen von
einander getrennt und steht jedem Zahn eine Rinne des vorhergehenden Kammes
gegenüber.
Die zur Kammtrommel kommende Wolle hat Platz und Gelegenheit in
die Rinnen zwischen den Kammzähnen sich einzulegen und dadurch jeder Beschädigung
durch die Schläger zu entgehen, während Kletten und andere Unreinigkeiten über der
Oberfläche des Kammtambour liegen bleiben und durch die Schläger abgestreift
werden.
Auch der selbstthätige Schmelzwolf von
Martin hat eine neue Vervollkommnung erhalten, welche
in diesem Jahrgange des polytechn. Journals, zweites Juliheft S. 85 näher
beschrieben wurde.
Der Reißwolf von Oscar Schimmel u. Comp. in Chemnitz
ist mit Claviermulden-Zuführung versehen worden. Der untere Speisecylinder
ist – analog wie bei der Lord'schen
Baumwoll-Schlagmaschine – durch eine Claviermulde aus 40 Hebeln
ersetzt, welche durch Gewichte gegen die obere Zuführwalze angedrückt werden und in
Folge dessen die Wolle selbst bei unegaler Auflage sicherer halten und dem
Stiftentambour zum Oeffnen darbieten, wie dieß mit gewöhnlichen Zuführcylindern der
Fall ist.
Der Trommelbeschlag geht von der Mitte in schrägen Linien nach
rechts und links aufwärts, weßhalb die Wolle besser nach beiden Seiten getrieben
wird; ein Vortheil, da die Auflage fast immer in der Mitte etwas zu dick aufgelegt
wird.
Die Krempeln betreffend, so waren an denselben, abgesehen
von der Martin'schen Vorspinnkrempel, weniger Aenderungen
zu bemerken; wir weisen nebenbei darauf hin, daß englische und belgische
Constructeure bei der Reißkrempel die Klettenwalze nicht direct mit dem Tambour
arbeiten ließen, wie dieß bei den Kratzen der deutschen und österreichischen
Aussteller der Fall war.
Die selbstthätigen Speiseapparate für Wölfe und
Reißkrempeln haben eine weitere Ausbildung erfahren; für letztere ist sogar ein
ziemlich gelungener Selbstwäge- und Auflegeapparat zu Stande gekommen. Es soll mit diesem
Selbstspeiser auf eine möglichst gleichförmige Arbeit der Karde hingewirkt
werden.
Möglichste Gleichförmigkeit und Feinheit im Vorgespinnst zu erzielen, ist auch der
Zweck des Martin'schen Fadenapparates,Beschrieben im polytechn. Journal 1871, Bd. CCI S. 393. welcher durch die in London im Jahre 1871 abgehaltene Specialausstellung
ungemein rasch bekannt und verbreitet wurde.
Wie im Jahre 1867 die Horsfall'schen Schleifrollen für Krempeln Aufsehen erregten, so hat in London 1871 und
jetzt in Wien die seit London wesentlich im Bewegungsmechanismus vereinfachte Dronsfield'sche SchleifscheibeDeßgleichen 1872, Bd. CCIII S. 429. Kratzwalzen die Aufmerksamkeit der Spinner auf sich gezogen.
Zur weiteren Ausführung des Voranstehenden seyen die verschiedenen
Aussteller mit den dießbezüglichen Maschinen der Reihe nach angeführt.
Das von Platt Brothers u. Comp. in
Oldham ausgestellte Sortiment Karden dient speciell zur
Erzeugung eines sehr wolligen, filzfähigen Garnes, aus welchem Grunde zwischen der
zweiten und dritten Krempel eine Kreuzung der Faserlage durch Anwendung des Ferrabee'schen Vließapparates stattfindet.
Sämmtliche Karden sind mit zwei Einzugscylindern und einem
Putzcylinder, ferner mit Vorreißwalze versehen, welche vermittelst einer
Uebertrag- oder Wanderwalze die Wolle an den Tambour übergibt.
Der Abzug der Grobkarde findet seitlich statt; es erhält das abgelöste Wollvließ durch
einen rotirenden Trichter eine Verdichtung und kommt nach zweimaligem
rechtwinkeligem Wechsel des Laufes um Leitrollen zu einem Wickelapparat, an Stelle
der Pelztrommel vor der Maschine stehend, um auf eine 3 Zoll breite Spule fest
aufgewunden zu werden. Die Einrichtung des Patent-Wickelapparates ist von dem
Canalsystem bei Baumwoll-Kratzmaschinen bekannt; auch bei Platt findet die Umstellung des Spulengestelles nach
Aufwickelung einer bestimmten Länge, ebenso das Abreißen des auf die frische Spule
sich fortwickelnden Bandes selbstthätig statt.
Die zweite Krempel hat einen
Aufsteckrahmen für 64 Wickel, von welchen die Bänder durch eine Bandleitung knapp
vor dem Einzugscylinder hindurchgehen. Damit der Tambour sich nicht muldenförmig
ausarbeite – was bei der ähnlichen ursprünglichen Reichenberger Anordnung dieses Einzuges der Fall war – erhielt die
Bandleitung eine geringe, hin- und hergehende Querbewegung.
Der Abzug des Vließes erfolgt mit Hülfe eines verbesserten Ferrabee'schen Apparates.Beschrieben in dem von Director Lohren abgefaßten
Berichte über die Londoner Ausstellung 1862.
welcher in den Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes
in Preußen, Jahrg. 1864, S. 97 u.s.f. abgedruckt ist.
Das Abzuglattentuch, welches zum Wagen führt, besteht nicht mehr
aus einem, sondern aus zwei endlosen Theilen, welche in einem knieförmigen Rahmen
über Rollen laufen. Zu diesem Zwecke sind zwei Antriebsketten für das aufsteigende
und dann für das abwärts führende Lattentuch getrennt in Anwendung gebracht, auch
ist die Spiralfeder zur Spannung des früheren Lattentuches als überflüssig
beseitigt.
Die hin- und hergehende Wagenbewegung findet hier nicht
mehr mittelst eines endlosen Lederriemens, sondern durch ein Mangelgetriebe
statt.
Eine nach dem Principe des Mangelrades construirte Zahnstange
– „Mangelstange“ – ist so eingerichtet, daß durch
Verstellung der Wendestücke an beiden Enden derselben der Ausschlag des Wagens,
somit die Breite des entstehenden Vließes abgeändert
werden kann.
Die Mangelstange liegt äquilibrirt in parallel geschlitzten
Stelleisen und verschiebt sich sehr leicht beim Wechsel des Eingriffes des Getriebes
am Ende des Lattentuch-Knies nach aufwärts oder abwärts. Der Wagen läuft
mittelst Laufrollen auf Schienen und wird hierbei durch Zahnstangengetriebe auf
beiden Seiten stets parallel geführt.
Die Fortrückung des Vließtuches – d. i. das parallel und
nahe dem Boden ausgespannte endlose Lattentuch, auf welches das Vließ in
zickzackförmigen Lagen über die Breite aufgelegt wird, – geschieht von der
unteren, nahe dem Peigneur gelegenen Lattentuchwalze statt mittelst Riemenkegel
durch Stellkurbel und Sperrrad-Mechanismus.
Was endlich die Vorspinnkrempel dieses
Sortimentes anlangt, welcher zwei Wickel der Mittelkarde vorgelegt werden können, so
ist dieselbe mit dem von Cölestin Martin in Verviers
erfundenen Fadenapparat versehen, dessen Ausführung in England durch die in Rede
stehende Firma und durch die Maschinenfabrik Curtis, Parr
und Madley in Manchester erworben wurde.
Nachdem dieser Fadenapparat bereits im polytechn. Journal Bd. CCI S. 393 besprochen wurde, erwähnt
Referent sofort die Platt'sche Schleifmaschine für Kardenwalzen; die beiden Stelllager für die zu
schleifende Walze lassen sich nur gemeinschaftlich, stets
parallel zur Achse des Schleifcylinders verstellen durch Drehung eines Handrades am Ende einer
Querwolle, welche durch Kegelrädchen und Schraubenspindeln mit den Stelllagern in
Verbindung gebracht ist.
Die Firma Bède u. Comp. in Verviers hatte ein Sortiment aus zwei Karden
ausgestellt; eine Grobkratze mit Avanttrain – eine Art Doppelkarde –
und mit modificirtem Bolette'schen Zuführapparat, ferner
aus einer Vorspinnkarde mit schottischem
Auflegapparat.
Der bemerkte Zuführapparat für die Grobkarde besteht aus einem
schräg ansteigenden und dann horizontal weiterlaufenden endlosen Lattentuch, über
welches am Uebergangspunkte ein zweiarmiger, mit groben Spitzen besetzter Schläger
in der Richtung der Lattentuch-Bewegung sich umdreht und die zugeführte Wolle
stockenweise zu den Einzugwalzen befördert. Durch eine entgegengesetzt laufende
glatte Walze zwischen dem Flügel und den Speisecylindern wird die Regelmäßigkeit in
der Auflage der Wolle erzielt, indem die zu viel mitgerissene Wolle vom Flügel
wieder zur Aufgebestelle zurückgetragen wird.
Diesem Speiseapparat soll der Vortheil zu Gute kommen, daß die
schräg liegende Hälfte des Lattentuches in die Horizontale gehoben und der Flügel
parallel zum Lattentuch festgestellt werden kann, wenn die Auflage der Wolle von
Hand in gewöhnlicher Weise besorgt werden soll.
Der Bède'sche Vorspinnapparat, eine nicht viel versprechende
Modification des Martin'schen Fadenapparates, ist schon
in den „Ausstellungsnotizen“ im zweiten Augustheft des
polytechn. Journals, S. 251 mit Hülfe einer Abbildung behandelt worden, weßhalb hier
der einfache Hinweis genügen mag.
Referent wird die vorstehende Uebersicht über die Fortschritte der
Streichgarn-Spinnmaschinen, welche aus dem von ihm verfaßten officiellen
österreichischen Ausstellungsbericht über Spinnereimaschinen zusammengestellt ist,
im nächsten Hefte beschließen.
53. Hobelmaschine mit sich drehendem
Werktisch, von Ganz und Comp. in Ofen. (Figur 4–7.)
Neben den allgemein bekannten Schalenguß-Scheibenrädern, welche der (seither
verstorbene) Begründer der Maschinenfabrik Ganz und Comp. in Ofen seit dem Anfang der Fünfziger Jahre durch
beharrliche und rationelle Ausbildung einer größeren Verbreitung auf
österreichischdeutschen und Schweizer Eisenbahnen zugeführt hatte, stehen zwei
Hobelmaschinen mit rotirenden Messerköpfen und mit stetig im selben Sinne sich
bewegendem Werktisch zum Aufspannen der Holzstücke.
Die in Figur 4
bis 7
abgebildete Hobelmaschine dient zum Abrichten von kurzen Holzleisten wie dieselben
für sogenannte deutsche Parquette Verwendung finden. Da wegen der Kürze dieser
Leisten ein Aufspannen derselben auf einem hin- und herbewegten Arbeitstisch
erforderlich wäre, indem bei Vorschub der Leisten mittelst Rollen krummes Holz nicht
horizontal abgehobelt würde, so richtete man die Maschine zur Erzielung einer
größeren Leistungsfähigkeit mit einem um eine verticale Achse drehbaren Tisch ein, auf
welchem die Holzleisten nach einander aufgelegt, unter die rasch rotirenden
Hobelköpfe durchgeführt und nach geschehener Abhobelung ausgespannt werden.
Was die nähere Ausführung der durch die beregten Abbildungen dargestellten
Hobelmaschine betrifft, so liegen bei A und B zwei rotirende Messerköpfe, deren jeder für sich durch
Drehung der Schraubenspindel a, a mittelst eines
Schlüssels eine höhere oder tiefere Stellung erhalten kann.
Die abzuhobelnden Holzleisten werden von je einem Arbeiter bei C respective D eingelegt und durch Drehen der
Handrädchen b fest eingespannt. Diese Rädchen sitzen
nämlich an den Schraubenspindeln der in radialen Schlitzen verstellbaren Bankeisen
c, welche die eingelegten Holzbretchen gegen die am
Tische angegossenen Spannleisten d andrücken und
dergestalt festhalten, wenn auch die dem Bankeisen zugekehrte Holzkante nicht ganz
gerade seyn sollte.
Das eingespannte Holzbret gelangt bei Drehung des Tisches, hervorgerufen durch den
Eingriff des Getriebes e in den am Werktisch
angebrachten Zahnkranz f, unter den Hobelkopf A beziehentlich B, um nach
geschehener Abrichtung in selbstthätiger Weise ausgespannt zu werden.
Zu diesem Behufe steckt auf jeder der Schraubenspindeln für die Bankeisen e hinter dem Handrade ein Zahnrädchen, welches
unmittelbar nach dem Messerkopf auf ein concentrisch mit dem Werktisch angebrachtes
Zahnsegment g aufläuft und durch Abwälzung auf demselben
die betreffenden Bankhaken von der Parquetleiste abrückt. Damit das Auflaufen der
Getriebe auf das Zahnsegment g ohne Stoß erfolge, ist
das Anfangstück federnd eingesetzt. (Figur 7.)
Der Arbeiter hat zufolge dieser Anordnung nur für das Zu- und Ablegen der
Leisten, ferner für das Einspannen, nicht aber auch für das Ausspannen derselben zu
sorgen, weßhalb die Geschwindigkeit des Drehtisches entsprechend schneller gewählt
werden kann.
Der Antrieb der Maschine erfolgt durch getrennte Riemen auf die Messerköpfe A und B (Riemenscheiben h und i), ferner durch eine
Riemenscheibe k auf der central gelagerten Hauptwelle
I, von welcher die Drehung durch ein
Schneckengetriebe m auf die stehende Welle des Getriebes
e abgeleitet wird.
Die zweite Hobelmaschine zum Abhobeln und Nuthen von Parquetleisten (Friesen) hat
zwei Sägen zum Säumen der Kanten, je einen rotirenden Nuthhobel rechts und links,
und endlich einen sich drehenden Messerkopf zum Abrichten der oberen Fläche der
Leisten.
Die continuirliche Zu- und Abführung der Parquetleisten erfolgt auf einer endlosen Kette, deren
Glieder mit Spitzen besetzt sind, in welche das Holz eingedrückt wird.
Ich werde diese, der vorhergehenden Maschine in constructiver Beziehung überlegene
Hobelmaschine bei einer anderen Gelegenheit mit Abbildungen näher beschreiben.
54. Maschine zum Zurichten von gepreßten
Nieten; von Ch. de Bergue und Comp. in London. (Figur 8 u. 9.)
Bei der maschinenmäßigen Fabrication von Nieten kann es nicht immer vermieden werden,
daß dieselben am Kopfrande mit einem Bart versehen aus der Nietpresse heraustreten,
da man lieber den Bolzen zu lang als zu kurz schneidet, um zuverlässig den Kopf der
Niete voll auszudrücken.
Für viele Arbeiten wünscht man aber vollkommen reine Nieten und hierfür kann die in
Figur 8
und 9
skizzirte Maschine wegen ihrer zweckmäßigen Einrichtung, geringen Platz- und
Raumbeanspruchung, bestens empfohlen werden.
Die in eine schwingende Matrizenachse eingesteckte Niete wird durch den auf-
und abwärts gehenden Preßstempel vorerst centrirt und darauf durch die Oeffnung der
Matrize, richtiger des Lochringes, durchgestoßen und dadurch der Kopfrand dieser
Niete vollkommen kreisförmig abgerichtet.
A ist die schwingende Matrizenachse mit dem Lochring c, welcher dem Durchmesser des Kopfes der zu
vollendenden Nieten entspricht.
Wenn der Lochring c nach vorwärts, gegen den Arbeiter
gekehrt ist (Stellung in Figur 8), so steckt
derselbe die Niete ein; das Weitere besorgt selbstthätig die Maschine. Die
Matrizenachse A dreht sich zurück und bietet dem
herabrückenden Stempel B den Niettopf dar.
Der Stempel besteht aus mehreren, in Figur 9 skizzirten
Theilen. Zunächst setzt sich die Büchse a auf den Kopf
der Niete und rückt dieselbe centrisch zum Lochringe c.
Hierbei schiebt sich die Centrirbüchse a der Feder b entgegen in den Preßkopf B
hinein. Ist dieß geschehen, so kommt dann der eigentliche Stempel d zur Wirkung und drückt die Niete durch den Lochring
c, wobei der vorstehende Bart vollkommen abgeschert
wird.
Während des Rückganges des Preßkopfes B wendet sich der
Lochring wieder nach außen zur Aufnahme einer frischen Niete.
Der Antrieb der Maschine ist aus Figur 8 leicht zu
entnehmen. Von der Hauptwelle C geht die Bewegung durch
ein Räderpaar auf eine Zwischenwelle, von welcher durch ein Excenter der Stempelkopf
B
auf- und
niedergeschoben und durch ein Stufenrad, Hebel und Zugstange d die Matrizenachse A abwechselnd vorwärts und
rückwärts gedreht wird.
Die Maschine dient zugleich als Schere, indem am Preßkopf B oben ein Scherblatt e angeschraubt ist,
welches an dem, am Gestelle befestigten Blatt i
vorbeistreicht. Man kann daher diese Maschine auch zum genauen Justiren der Länge
der Nietbolzen benutzen, indem die Auflage o vor dem
festen Scherblatt i nach Erforderniß verstellt werden
kann.
Die vorliegende Maschine ist mit Lochringen und Centrirbüchse für 1/2, 3/8, 3/4, 7/8
und 1 zöllige Nieten versehen und kostet loco Manchester
68 Pfund Sterling.
Die Antriebsscheibe hat 12 1/2 engl. Zoll Durchmesser; der Raumbedarf der Maschine
beträgt 1,110 × 0,710 Meter; das Gewicht ist circa 28 Centner.