Titel: | Ueber die Anwendung der Mineralöle als Maschinenschmiere; von J. J. Coleman. |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XXXIV., S. 195 |
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XXXIV.
Ueber die Anwendung der Mineralöle als
Maschinenschmiere; von J. J.
Coleman.
Vorgetragen in der Sitzung der schottischen
Ingenieure vom 26. November 1872. – Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement October 1873, S. 560.
Mit einer Abbildung.
Coleman, über Anwendung der Mineralöle als
Maschinenschmiere.
Für die Mechaniker war es stets ein schwierig zu befriedigendes Bedürfniß, zum
Schmieren der Maschinen ein gutes, dabei nicht zu theures und dem Verderben
möglichst wenig unterworfenes Oel zu haben.
Sobald die Ingenieure ihre Wahl auf besondere Oele richten, welche sie für die zur
Erfüllung des angestrebten Zweckes am besten geeigneten halten, so entsteht ein
ungewöhnlicher Zudrang von Käufern, welcher eine übermäßige Preissteigerung im
Gefolge hat. Ein neueres Beispiel davon gab uns das Schmalzöl (Schweinefettöl, huile de saindoux), auf welches sich eine Zeit lang alle
Welt geworfen hatte und das in Folge davon den Preis von 70 Pfd. St. per Tonne erreichte und lange behauptete; ferner das
Sperm- oder Walrathöl, dessen Preis bis zu 20 Sh. per Gallon (etwa 5,70 Fr. per Liter)
stieg.
Da die Nachfrage nach Schmierölen in Folge der riesigen Entwickelung aller
Industriezweige unaufhörlich zunimmt, so ist leicht zu begreifen, daß es von Tag zu
Tag schwieriger wird, sich solche zu vernünftigen Preisen zu verschaffen.
Das Olivenöl war noch im Jahre 1872 zu einem verhältnißmäßig nicht zu hohen Preise zu
beziehen, ist aber im Laufe der letzten fünfzehn Jahre doch nach und nach in die
Höhe gegangen. So kostete es in den Jahren 1865 bis 1870 57 Pfd. 6 Sh. 11 Pence per Tonne.
Diejenigen Eisenbahngesellschaften, welche früher dieses Oel gebrauchten, verwenden
jetzt anstatt desselben das gereinigte Rüböl (Colzaöl); aber auch letzteres ist,
gleich den übrigen Oelen, im Preise gestiegen, obgleich in den Jahren 1865 bis 1870
die Einfuhr von Pflanzenölen nach England und Schottland doppelt so groß geworden
ist, als sie in den Jahren 1855 bis 1860 war. Andererseits dürfen wir nicht
unberücksichtigt lassen, daß wir in Bezug auf die Versorgung mit diesen Oelen in
gewissem Grade vom Continentalmarkte abhängig sind, wo die verschiedenen
internationalen Agenturen einander starke Concurrenz machen. Während des letzten
deutsch-französischen Krieges waren die Oelpreise um 40 Proc. gestiegen und
gleichzeitig hatten die Verfälschungen solche Dimensionen angenommen, daß es einmal
eine Zeit lang sehr schwierig war, sich reines Rüböl zu verschaffen.
Das eben Gesagte genügt, um die wichtige Rolle nachzuweisen, welche das Mineralöl als
Maschinenschmieröl spielen kann, und zwar nicht allein vom ökonomischen
Gesichtspunkte aus, sondern auch hinsichtlich der gewissermaßen unbegrenzt
reichlichen Menge, in welcher es England zu Gebote steht, gegenüber der
einheimischen Production von Pflanzenölen, welche auf 10,000 Tonnen jährlich
geschätzt wird.
Bisher wurde das Mineralöl fast nur zum Einölen der Spindeln in Spinnereien benutzt;
Alles läßt jedoch hoffen, daß es sehr bald noch mannichfache andere Verwendungen
finden wird. Wir reden hier nur von dem künstlichen
Mineralöle, d.h. demjenigen welches durch Destillation der bituminösen oder
sog. Oelschiefer gewonnen wird.
In den ersten Zeiten der Fabrication dieses Oeles hatte dasselbe eine häßliche Farbe
und einen widerwärtigen Geruch. Die Sorgfalt, welche bei seiner Anwendung zu
beobachten ist und die Nothwendigkeit, Versuche anstellen zu müssen, um die beste
Art und Weise seiner Benutzung aufzufinden, sind die Ursachen, weßhalb diejenigen
welche zuerst dieses Oel zu verwenden versuchten, nicht den gleichen Erfolg gehabt
haben, wie diejenigen welche dasselbe in neuerer Zeit zu verschiedenen Zwecken
benutzten.
In Britannien ist die große Fabrik wohlbekannt, welche James
Young vor mehr als zwanzig Jahren zum Zwecke der Verarbeitung und
Verwerthung der schottischen Bogheadkohle durch Destillation anlegte. Das
Merkwürdigste dabei ist, daß diese Fabrik nicht etwa zu dem Zwecke gegründet wurde,
ein zur Beleuchtung bestimmtes Oel zu produciren, sondern in der Absicht, den
Spinnereibesitzern eine Substanz zu liefern, welche beim Einölen der Spindeln das zu
jener Zeit sehr theuer gewordene Spermöl (Wallrathöl) zu ersetzen im Stande sey. Young's Bemühungen wurden von so gutem Erfolge gekrönt,
daß die Benutzung des Mineralöles zu dem eben gedachten speciellen Zwecke nach und
nach sehr bedeutende Dimensionen annahm; heutzutage wird bei 75 Procent von
sämmtlichen Spindeln in England kein anderes Schmiermittel verwendet. Im Anfange
bildete das Paraffinöl, welches in unseren Tagen allgemein zur Beleuchtung verwendet
wird, nur einen von den Abfällen der Fabrication, weil
man die eben erwähnte Benutzungsweise damals noch nicht kannte und weil eine zum
Brennen des genannten Oeles geeignete Lampe noch zu erfinden war. Erst lange Zeit
nachher trat der ausgedehnte Industriezweig der Paraffinöle in's Leben; derselbe
stieß in der ersten Zeit auf zahlreiche Schwierigkeiten, es gelang aber dem Erfinder
durch seine Energie und unermüdliche Beharrlichkeit, alle Hindernisse zu besiegen
und der Schöpfer eines der interessantesten und kolossalsten chemischen
Industriezweige unseres Zeitalters zu werden.
Man schätzt die Menge der in den mit der Fabrication von Mineralöl sich
beschäftigenden schottischen Werken jährlich zur Destillation kommenden Bogheadkohle
auf 800000 Tonnen; die Production dieser Werke beläuft sich auf 25000000 Gallons
oder 113500000 Liter Rohöl, welches dann gereinigt wird und 10000000 Gallons
(45400000 Liter) Beleuchtungsöl, ungefähr 10000 Tonnen Maschinen- oder
Schmieröl, 5800 Tonnen Paraffin und 2350 Tonnen schwefelsaures Ammoniak liefert. In der nachstehenden
kleinen Tabelle sind die wichtigsten der aus dem Rohöle gewonnenen Producte
angegeben:
Tabelle I.
Bezeichnung der Producte
mittlere
Dichtigkeit
Destilationstemperatur
Naphta
0,750
26,85° bis 122,05°
Cels.
Oel zu Beleuchtungszwecken
0,815
122,05° bis 318,05° Cels.
ParaffinSchmieröl
0,8800,890
318,05° bis 458,05° Cels.
Das zur Reinigung des Rohöles angewendete Verfahren besteht darin, die verschiedenen
Producte durch den in großen eisernen Retorten ausgeführten Destillationsproceß von
einander zu trennen; da man aber diese Producte nur mit Unreinigkeiten von dunkler
Farbe und starkem Geruche gemischt erhält, so werden sie dann, und zwar jedes für
sich, einer chemischen Behandlung unterworfen, deren Zweck ist, sie zu reinigen.
Bringt man Rohöl in eine mit Vorlage oder Condensator versehene Retorte und erhitzt
die letztere mit ihrem Inhalte, so geräth dieser in's Sieden und entwickelt Dämpfe,
welche sich im Halse der Retorte condensiren. So lange die Temperatur nicht über
122,05° C. steigt, destillirt nur Naphta über, deren Menge selten mehr als 5
Proc. beträgt; von 122,05° bis 318,05° geht Leuchtöl über; zwischen
318,05° und 458,05° endlich condensirt sich in der Vorlage ein Gemisch
von Schmieröl und Paraffin. Daraus ergibt sich, daß der Siedepunkt des
Schmier- oder Maschinenöles ebenso hoch liegt, wie der des Olivenöles, des
Rüböles und des Wallrathöles.
Auf die verschiedenen Operationen, aus denen die schließliche chemische Behandlung
der einzelnen Producte besteht, können wir hier nicht näher eingehen. Für die
vorliegende Mittheilung genügt es zu bemerken, daß das Schmieröl zuletzt stets mit
einer schwachen Alkalilösung gewaschen wird, bevor es in den Handel kommt, daß
folglich das fertige Product nicht die mindeste Spur von Säure enthält, während sich
dasselbe von den pflanzlichen und thierischen Oelen für gewöhnlich nicht sagen läßt,
indem dieselben in Folge eines Säuregehaltes sehr häufig das Kupfer und das Messing
angreifen.
Wir sagten, daß das Schmieröl gleichzeitig mit dem Paraffin überdestillirt. Die
Gegenwart des letzteren ist für die Qualität des ersteren durchaus von keinem
Vortheile; es findet vielmehr das Gegentheil statt, indem ein Paraffingehalt des
Schmieröles dasselbe geneigt macht in der Kälte dick zu werden, zu gerinnen. Glücklicherweise macht
es der Handelswerth des Paraffins nothwendig, gleichzeitig aber auch vortheilhaft,
beide Substanzen von einander zu trennen. Zu diesem Zwecke wird die sinnreiche von
Kirk erfundene Maschine zur Eiserzeugung angewendet,
mittelst welcher sich leicht eine Kälte von 12° C. unter Null hervorbringen
läßt. Nachdem das Gemisch von Paraffin und Schmieröl mittelst dieser Maschine zum
Gerinnen gebracht worden ist, füllt man es in Säcke und unterwirft es der Wirkung
einer hydraulischen Presse, wobei das Oel abläuft, während das Paraffin als
Preßkuchen in schuppiger Form zurückbleibt.
Das auf diesem Wege gewonnene Maschinen- oder Schmieröl besitzt folgende
Eigenschaften:
1) es hat keinen unangenehmen Geruch;
2) da sein Siedepunkt über 308,05° C. liegt, so enthält es gar keinen
schädlich wirkenden flüchtigen Bestandtheil;
3) an der Luft ist es vollständig unveränderlich, absorbirt keinen Sauerstoff und
verschmiert die Maschinentheile nicht, wie dieß bei manchen anderen Oelen der Fall
ist, namentlich bei heißer Witterung;
4) mit anderen Oelen zusammen angewendet, verhindert es dieselben, die
Maschinentheile zu verschmieren und ermöglicht daher, die Maschinen leichter in
gehörig reinlichem Zustande zu erhalten;
5) die zum Putzen verwendeten und von dem Schmieröle durchdrungenen Lappen bieten,
wenn sie aufgehäuft werden, die Gefahr, von selbst in Brand zu gerathen, nicht
dar.
Allen diesen guten Eigenschaften gegenüber besitzt das Mineral-Schmieröl doch
einen großen Fehler; man wirft ihm nämlich vor, daß es zu
wenig Körper hat, daß es zu dünnflüssig ist, so daß es ohne einen Zusatz
sogar nicht für die Spinnereispindeln verwendet werden könnte.
Das Wallrathöl, welches für diese Art von Spindeln seit lange sehr geschätzt wurde,
besitzt eine eigenthümliche Consistenz, eine Klebrigkeit, welche es für diesen Zweck
ganz besonders geeignet macht. Nimmt man einen Trichter mit verengter Oeffnung und
füllt ihn mit Wallrathöl, so ist zum Auslaufen der ganzen Flüssigkeitsmenge eine
Zeit von fünf Minuten erforderlich; füllt man den Trichter hingegen mit reinem
Mineralschmieröl, so läuft dasselbe, bei derselben Temperatur, binnen fast drei
Minuten vollständig ab; bei Schmalzöl dauert das Auslaufen sieben Minuten.Obschon der Verfasser es nicht besonders sagt, so versteht es sich doch von
selbst, daß in den angeführten drei Fällen die Höhe der Flüssigkeitssäule im
Trichter dieselbe seyn muß. Beurtheilt man darnach die Klebrigkeit der Flüssigkeit, die Zähigkeit des
Oeles, so sieht man, daß das Wallrathöl in dieser Beziehung zwischen den beiden
anderen Oelen in der Mitte steht. Bereitet man sich dagegen ein Gemisch von z.B.
gleichen Theilen Mineralöl und Schmalzöl, so findet man, daß dieses Gemisch zum
Hindurchlaufen durch den Trichter beinahe ebenso viel Zeit gebraucht als das
Wallrathöl; letzteres besitzt aber gerade denjenigen Grad von Klebrigkeit, welcher
nöthig ist, um einerseits das Adhäriren der mit einander in Berührung befindlichen
Metallflächen zu verhindern, andererseits dem Verschmieren vorzubeugen, durch
welches die Reibung der arbeitenden Organe, wie z.B. der Spinnereispindeln mit
Geschwindigkeiten von 2000, 3000 bis sogar 10,000 Umdrehungen per Minute, stets vermehrt wird.
Zum Schmieren zarter Maschinentheile, wie z.B. der erwähnten Spindeln, braucht das
Schmieröl nicht so viel Körper zu haben, als dieß zum Schmieren von gröberer
Maschinerie erforderlich ist; die Erfahrung hat in der That gezeigt, daß die
Spindeln sehr oft zum Stehen kommen, wenn man sie mit gewöhnlichem Olivenöl (Baumöl)
schmiert. Der Verfasser ist daher durch seine zahlreichen Versuche überzeugt, daß,
wenn das Wallrathöl die für diesen Zweck genügenden besonderen Eigenschaften
besitzt, dieser Umstand einfach daher rührt, daß es an sich selbst den
erforderlichen Grad von Klebrigkeit hat, einen Grad, welchen man auch bei dem
Mineralöle genau erzielen kann, wenn man demselben auf künstliche Weise durch einen
passenden Zusatz eines anderen Oeles den ihm mangelnden Grad von Körper ertheilt.
Die Folgerungen daraus lassen sich leicht voraussehen; das Mineralöl, welches in so
reichlicher Menge producirt wird und dessen Preis im Verhältnisse zu dem der anderen
Oele so niedrig ist, könnte, wenn es in zweckmäßiger Weise versetzt wird, zum
Schmieren der groben Maschinerie dienen, eine neue Verwendungsweise, welche
sicherlich nicht gering anzuschlagen wäre.
Vor ungefähr drei Jahren beschäftigte sich der Verfasser speciell mit dieser Frage,
und auf Veranlassung des Directors der Young'schen Werke,
des Hrn. J. Orr. Ewing, und durch die Güte des Hrn. Wheatley, Directors der Locomotivwerkstätten der North British Railway, wurde die Abführung einer ersten
Versuchsreihe in dieser Richtung ermöglicht.
Der erste Punkt, auf welchen die Untersuchung sich zu richten hatte, war der, zu
bestimmen, ob ein Gemisch von Mineralöl und einem von den gewöhnlichen fetten Oelen
(Colza- oder Repsöl, Olivenöl, Ricinusöl, Ochsenklauenöl etc.) den Zweck zu
erfüllen vermöge.
Demzufolge wurden mit verschiedenen Gemischen dieser Art bei Locomotiven einerseits
auf der Route zwischen Glasgow und Edinburgh, andererseits auf der zwischen Carlisle
und Edinburgh Versuche abgeführt. Für jedes Gemisch wurde die Temperatur der
Achsbüchsen der beiden Vorderräder, sowie die Temperatur der atmosphärischen Luft
sorgfältig notirt; dieß geschah am Ende der Fahrt bei Schnellzügen und während der
Fahrt wiederholt bei gewöhnlichen Zügen.
Die ersten Versuche ergaben im Allgemeinen ungünstige Resultate. Mit 40 Proc.
Mineralöl im Gemische erfolgte vollständiges Mißlingen, mit 30 Proc. zuweilen
Warmlaufen; mit 20 Proc. war das Resultat ein mittelmäßiges. Definitiv läßt sich
sagen, daß, abgesehen von dem Vortheile welcher durch den Zusatz einer sehr geringen
Menge Mineralöl insofern erreicht wird als derselbe ein leichtes Sauberhalten der
Maschine gestattet und ein Verschmieren ihrer Organe verhindert, ein bloßes Gemisch
aus Mineralöl und einem fetten Oele nicht Körper genug besitzt, um zum Schmieren
einer so schweren Maschine, wie einer Locomotive, mit Vortheil verwendet werden zu
können.
Könnte man aber nicht dem Mineralöle den ihm mangelnden Körper mittelst irgend eines
chemischen Processes ertheilen? Dieß war die Frage, welche sich der Verfasser
zunächst stellte, indem er von der Zusammensetzung des Rüböles, des Schmalzöles und
des Olivenöles, welche nichts Anderes als Verbindungen von Fettsäuren mit Glycerin
sind, ausging. Dadurch kam er auf den Gedanken, ein neues Gemisch zusammenzusetzen,
zu welchem Kautschuk zu nehmen sey, um diesen in dem
Gemisch eine ganz specielle, passende Rolle spielen zu lassen.Der Verfasser, welcher auf diese Erfindung ein Patent genommen hat, gibt
leider das Datum desselben nicht an, und geht auch auf die Darstellungsweise
seines Productes nicht weiter ein. Dieses neue Gemisch wurde bei einer Anzahl von Fahrten verwendet, deren
vergleichende Resultate in der nachstehenden Tabelle II verzeichnet sind.
Tabelle II.
Erhöhung der Temperatur der
Treibräderachsen der Locomotiven, im Vergleich zu der Temperatur der
Atmosphäre.
Textabbildung Bd. 210, S. 202
Bei Anwendung von gereinigtem
Rüböl; Bei Anwendung des patentirten Gemisches von Ewing und Coleman; Erhöhung
der Temperatur um; Datum des Versuches; Eisenbahnstrecken; Fahrenheit'sche
Grade; Celsius'sche Grade; des Versuches; Gewöhnl. Züge;
Glasgow-Edinburgh; Edinburgh-Glasgow; Edinburgh-Berwick;
Berwick-Edinburgh; durchschnittl. Temperaturerhöhung; Schnellzüge;
Juni
Die vorstehende Tabelle zeigt, daß die aus der Differenz zwischen der Temperatur der
Atmosphäre und derjenigen der Achsbüchse resultirende mittlere Temperaturerhöhung am
Ende der Fahrt bei den gewöhnlichen Zügen bei Benutzung des Schmierölgemisches von
Ewing und Coleman
21° Fahr. (11,66° C.) betrug, dagegen 29° Fahr. (16,1°
C.) bei Benutzung von Colzaöl; bei Extrazügen betrug die mittlere Temperaturerhöhung
im ersteren Falle 54,5° F. (30° C.) und im zweiten Falle 64° F.
(35,4° C.).
Diese vom Verfasser durchweg controllirten Resultate sind überzeugend und es ist von
Wichtigkeit, die Thatsache zu constatiren, daß seit dem Bekanntwerden der eben
mitgetheilten Versuche mehrere große Eisenbahngesellschaften das neue Schmieröl mit
Erfolg anwenden, an welchem sie überdieß die gute Eigenschaft anerkennen, die
Maschinen weniger zu verschmieren, als das Colza- oder Rüböl.
Wie groß auch die wohl erwiesenen Vorzüge einer Neuerung seyn mögen, so weiß man doch mit
welchen Schwierigkeiten die Einführung und Anwendung derselben zu kämpfen hat, und
somit ist es erklärlich, daß auch bei dem Eisenbahnwesen die Vorurtheile und
Befürchtungen der Maschinenführer nicht ganz leicht zu beseitigen waren. Mehrere
derselben ziehen es vor, bei sehr starken Locomotiven das neue Schmiermittel im
Gemisch mit einem thierischen oder pflanzlichen Oele anzuwenden; bei gewöhnlichen
Locomotiven hingegen erscheint ein solcher Versatz nicht nothwendig.
Neuerlich wurden an einer 3 Zoll (75 Millimet.) im Durchmesser haltenden Welle von
mindestens einer halben Tonne Gewicht, welche mit einer Geschwindigkeit von 25000
Umdrehungen per Stunde umlief, zwei neue Reihen
vergleichender Versuche abgeführt.
Bei der ersten Versuchsreihe war die seit drei Tagen umlaufende Welle bald mit Rüböl
und anderen im Handel zu beziehenden Schmiermitteln, bald mit dem Ewing-Coleman'schen Präparate geschmiert worden.
Täglich nach Verlauf von je vier Arbeitsstunden wurde die Erhöhung der Temperatur
des Metalles im Vergleiche zur Temperatur der Atmosphäre untersucht, und bei den
gewöhnlichen Schmierölen im Mittel zu 41° F. (22,8° C.), bei dem neuen
Schmiermittel dagegen zu 26° F. (14,8° C.) gefunden.
Bei der zweiten Versuchsreihe ließ man die Welle im Anfange trocken laufen, bis sie
sich auf 150° F. (fast 66° C.) erhitzt hatte; dann wendete man
abwechselnd die verschiedenen Schmiermittel an, um ihr Abkühlungsvermögen zu
erproben Im Verlaufe von vier Stunden war das Metall in Folge des Schmierens mit
Colzaöl und den anderen Oelen im Durchschnitt auf 120° F. (49,28° C.),
durch das Ewing-Coleman'sche Schmieröl auf
104° F. (40° C.) abgekühlt worden.
Zur einfachen und raschen Ermittelung des Grades von Körper oder Klebrigkeit, welchen
die als Maschinenschmiere zu benutzenden Oele besitzen, hat der Verfasser den in der
nachstehenden Figur abgebildeten Apparat erfunden.
A ist ein Cylinder aus dickem Glase, welcher zur
Aufnahme des zum Erhitzen dienenden Wasserdampfes bestimmt ist.
B ist ein gleichfalls aus Glas bestehender, in A concentrisch angebrachter Cylinder, welcher das zu
probirende Oel enthält; sein unterer Theil ist zu einem Trichter verlängert, dessen
Ende mit einem Hahne versehen ist. Mittelst Kautschukstopfer in Form ringförmiger
Scheiben, wird der zwischen beiden Cylindern bleibende Raum, welcher die Dampfkammer
bildet, geschlossen.
Textabbildung Bd. 210, S. 204
D ist der Kolben, welcher das den Dampf liefernde Wasser
enthält und mittelst einer Weingeistlampe erhitzt wird.
E Kautschukrohr, welches den Dampf aus D in den zwischen den Cylindern A und B befindlichen Raum leitet.
F Gefäß zur Aufnahme des aus dem Apparate tretenden
Oeles.
G Dampfaustrittsrohr.
H Thermometer, welches in das Oel taucht.
Um mittelst dieses Apparates ein Schmieröl auf seine Klebrigkeit (seinen Körper) zu
untersuchen, füllt man den Cylinder B bis zu einer
bestimmten Höhe mit demselben und läßt dann in den Cylinder A den Dampf eintreten. Nachdem das Oel die Temperatur von 120° F.
(49,28° C.) erreicht hat, öffnet man den am trichterförmigen Ende des
Cylinders B angebrachten Hahn und notirt die zum
vollständigen Ausfließen des Oeles erforderliche Zeit. Die Vergleichung der in
dieser Weise ausgeführten Beobachtungen ergibt den relativen Klebrigkeitsgrad der
Schmieröle. Die Dimensionen des Apparates sind so berechnet, daß deutsches Rüböl (Colzaöl),
welches der Verfasser als Typus gewählt hat, zum vollständigen Ausfließen genau acht Minuten Zeit erfordert. Mittelst dieses Verfahrens
hat der Verfasser die nachstehende Tabelle entworfen:
Tabelle III.
Relative Klebrigkeit (Körper) verschiedener Schmieröle.
Ausflußzeit.
Deutsches Rüböl (Colzaöl)
8
Min.
–
Sec.
französisches deßgl.
11
„
–
„
Schmalzöl
7
„
–
„
Ochsenklauenöl
8
„
30
„
Robbenöl
6
„
30
„
Wallrathöl
5
„
–
„
reines Mineralöl
2
„
45
„
gewöhnliches Ewing-Coleman'sches Schmieröl
8
„
30
„
für Eisenbahnzwecke bestimmtes Schmieröl
11
„
–
„
Diese höchst einfache Methode genügt, um auf rasche Weise die Klebrigkeit eines Oeles
zu bestimmen; sie ist die einzige, welche in den Werken der großen Gesellschaft: Young's
Paraffin light and mineral Oil Company jetzt angewendet
wird.