Titel: | Ueber das Vorkommen der Arabinsäure (des Gummis) in den Zuckerrüben und über den Arabinzucker; von Dr. C. Scheibler. |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. LII., S. 303 |
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LII.
Ueber das Vorkommen der Arabinsäure (des Gummis)
in den Zuckerrüben und über den Arabinzucker; von Dr. C. Scheibler.
[Ueber das Vorkommen der Arabinsäure (des Gummis) in den
Zuckerrüben und über den Arabinzucker.]
Vor fünf Jahren machte der Verfasser auf einen Bestandtheil des Zellgewebes der
Zuckerrüben aufmerksam, der unter Umständen in den Saft derselben mit übergeht und
alsdann, die Rolle eines sogenannten Nichtzuckerstoffes spielend, die Qualität des
Saftes ganz außergewöhnlich verschlechtert und die Verarbeitung desselben so
erschwert, wie es von keinem anderen Körper aus der Gruppe der Nichtzuckerstoffe
geschieht. Dieser Körper ist eine Säure und wurde zuerst von Fremy dargestellt, der sie anfangs als
„Cellulosesäure“, später aber als
„Metapectinsäure“ bezeichnete, weil er sie mit der
gleichnamigen, aus Pectin dargestellten Säure für identisch hielt. Der Verfasser hat
bisher die Bezeichnung „Metapectinsäure“ für diese Säure
beibehalten, obgleich er schon auf Grund seiner ersten Studien über dieselbe nicht
zweifelte, daß sie kein Derivat eines Körpers der Pectingruppe sey und daher einen
anderen Namen erhalten müsse; denn die definitive Benennung dieser Säure mußte
ausgesetzt bleiben, bis die Natur derselben völlig klar gelegt war.
Die genaue Untersuchung dieses Körpers war nicht ohne Schwierigkeit. Die eine
Schwierigkeit bestand darin, daß es dem Verfasser nicht immer gelang, denselben in
genügender Menge aus den Rüben zu gewinnen; die Rüben der Campagne 1868–1869
lieferten sogar fast keine Ausbeute; die letzte Campagne, 1872–1873, lieferte
dagegen eine außerordentlich lohnende Ausbeute. Die andere Schwierigkeit zeigte sich
darin, daß der Verfasser trotz aller Mühe und zahlreicher Versuche nicht im Stande
war, diese Säure völlig rein, namentlich aschenfrei darzustellen. Ungeachtet aller
Schwierigkeiten ist es ihm doch nun gelungen, die wirkliche Natur dieser bisher
„Metapectinsäure“ genannten Säure unzweifelhaft
festzustellen.
Zahlreiche und zu verschiedenen Zeiten mit Material aus Rüben verschiedener Jahrgänge
ausgeführte Analysen lieferten dem Verfasser nach Abzug und unter Berücksichtigung
der Asche der Substanz folgende Zahlen:
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
Mittel.
C
41,7
41,9
41,6
41,8
41,8
42,0
41,8
H
6,6
6,5
6,7
6,7
6,5
6,6
6,6
O
51,7
51,6
51,7
51,5
51,7
51,4
51,6
I.
und
II.
Aus
Rüben
des
Jahres
1867
(linksdrehend).
III.
„
„
„
„
1868
deßgl.
IV.
und
V.
„
„
„
„
1872
deßgl.
VI.
„
„
„
„
1872
(rechtsdrehend).
Diese Zahlen passen genügend gut zu der Formel
C¹²H²²O¹¹,C = 12, O = 16. welche 42,11 Kohlenstoff, 6,43 Wasserstoff und 51,46 Sauerstoff verlangt.
Diese Formel ist aber die des Gummi's oder der Arabinsäure (aus Gummi
arabicum), und es stimmen auch fast alle Eigenschaften, welche der
Verfasser in seiner früheren Arbeit für die Metapectinsäure angegeben hat, mit den
vorliegenden Angaben über die Eigenschaften des Gummi's –, welches auch
schwach sauer reagirt, – überein. Auch die übrigen Eigenschaften beider
Körper, so ihre Fällbarkeit im unreinen Zustande und ihre Nichtfällbarkeit im reinen
Zustande durch Weingeist, ihr Verhalten gegen Bleisalze, das froschlaichartige
Aufquellen der reinen, getrockneten Körper in Wasser etc., stimmen völlig
überein.
Trotz dieser Uebereinstimmung glaubte der Verfasser doch wegen der zahlreichen
Isomerien, welche bei Kohlehydraten von der Zusammensetzung
C¹²H²²O¹¹ möglich sind und zum Theil
bereits existiren, den vorerwähnten Eigenschaften wenig Gewicht beilegen zu dürfen;
er war vielmehr bestrebt, den Nachweis der wirklichen Identität zwischen seiner
früheren Metapectinsäure und der Arabinsäure noch in anderer Weise zu führen. Diesen
Nachweis hat er nun dadurch geliefert, daß er die aus den beiden Säuren durch
Spaltung entstehenden Zucker, welche schön krystallisiren und alle für ein genaues
Vergleichsstudium erforderlichen Qualitäten besitzen, in ihren Eigenschaften
verglich. Er fand nun, in Uebereinstimmung mit seinen früheren Angaben über den
Pectinzucker oder die Pectinose, daß der Zucker aus Arabinsäure wie jener in
wasserfreien Prismen von der Zusammensetzung C⁶H¹²O⁶
krystallisirt und alle übrigen, früher angegebenen Eigenschaften mit demselben
gemein hat. Die optische Drehkraft fand er zwar um ein Geringes höher, [α] + 121 (nach dem Stehen oder Erwärmen = + 116),
statt, wie früher, + 118; es kann uns dieß aber nicht verwundern, da die Drehung,
wie beim Traubenzucker, je nach der Beobachtungstemperatur sehr schwankt. Auch die
übrigen, früher für den Arabinzucker (Pectinzucker) aus Rübengummi angegebenen
Eigenschaften fand er bei der Arabinose aus Gummi
arabicum wieder, so den Schmelzpunkt, seine Einwirkung auf Kupferlösung,
seine Unfähigkeit zu gähren etc.
Bei der Verbrennung lieferte die Arabinose, und zwar sowohl die aus Rübengummi, als
die aus Gummi arabicum, Zahlen, welche genau der Formel
C⁶H¹²O⁶ entsprechen.
Von noch größerer Beweiskraft für die absolute Identität
der beiden erwähnten Zucker ist schließlich die Thatsache, daß die Krystallformen
derselben völlig gleich sind, resp. nur ganz unwesentliche Differenzen zeigen. Die
Krystalle sind kleine prismatische Nadeln, welche nach den von dem Hrn. Dr. P. Groth ausgeführten, in
unserer Quelle mitgetheilten Bestimmungen dem rhombischen System angehören.
Als Gesammtresultat der angeführten Thatsachen ergibt sich, daß im Zellgewebe der
Rüben, resp. im Safte derselben ein Gummi vorkommt, welches in allen Beziehungen mit
dem Gummi arabicum oder vielmehr mit der darin
enthaltenen Arabinsäure identisch ist. Wir wissen von dem Pflanzengummi, daß es im
Pflanzenreiche eine außerordentliche, vielleicht ganz allgemeine Verbreitung hat,
und daher findet man dasselbe auch schon längst als einen der Bestandtheile des
Rübensaftes (auch wohl als „Pflanzenleim“ bezeichnet) mit
aufgeführt, ohne daß jedoch der exacte Beweis für das Vorhandenseyn desselben
geliefert, oder die wirkliche Natur dieses Gummi's festgestellt worden wäre.
Die für diesen Bestandtheil der RunkelrübenDer Verf. fand denselben auch in den Futterrüben, jedoch nicht in
bemerkenswerth größerer Menge, wie er vermuthet hatte. früher von Fremy gegebene Bezeichnung Metapectinsäure wird nunmehr durch die Namen
„Gummi“, „Rübengummi“ oder „Arabinsäure“ zu ersetzen seyn, und ebenso nennt der
Verfasser den daraus abspaltbaren, wohl charakterisirten Zucker jetzt nicht mehr
„Pectinzucker“ oder
„Pectinose“, sondern
„Gummizucker“ oder
„Arabinose“.
Die Arabinsäure kommt unter normalen Verhältnissen in dem Marke reifer und gesunder
Rüben höchst wahrscheinlich vollständig oder wenigstens zum größeren Theile in unlöslicher Form, d.h. in der Modification der
„Metaarabinsäure“ (Fremy, Neubauer) vor, in welcher Form sie sich auch im
Kirschgummi (Cerasin) findet. In dieser Form quillt sie in reinem Wasser nur zu
einer gallertartigen Masse auf, welche das Ansehen des Froschlaiches hat, und die
man in den Zuckerfabriken bei den Saftgewinnungsstationen sehr häufig beobachten
kann. Unter anderen Verhältnissen aber, so in den alterirten Rüben, den Rüben
erhitzter Mieten, sowie in Rüben gewisser Jahrgänge (Campagne 1872–1873),
findet sich die Arabinsäure in der unmittelbar löslichen Form, zum größten Nachtheil
der Qualität der zu gewinnenden Säfte. Aber auch in der aufquellenden, unlöslichen
Form der Metaarabinsäure verflüssigt sie sich sogleich bei der Einwirkung alkalisch
reagirender Flüssigkeiten, um dann in diese einzutreten.
Was die optische Drehkraft der Arabinsäure anbetrifft, so hat der Verfasser früher
mitgetheilt, daß dieselbe ein Drehungsvermögen nach links besitze, und zwar von
solcher Stärke, daß 1 Theil derselben die Rechtsdrehung von circa 1 1/3 Theilen Rohrzucker neutralisire, wornach also [α] ungefähr = – 98,5 seyn würde. Ebenso
findet sich für das arabische Gummi eine Linksdrehung, jedoch nur von [α] = – 36 nach Béchamp (Gmelin's Handbuch, Bd. VII S.
641) verzeichnet. Die erste Probe Gummi arabicum, welche
der Verfasser zum Zwecke von Vergleichsversuchen kaufte, zeigte aber statt dessen
eine nicht geringe Rechtsdrehung. Die Gummisorten des Handels sind offenbar meist
eine gemischte Waare, und der Verfasser suchte sich nun, um diesen Widerspruch
aufzuklären, durch Vermittlung des Hrn. Apothekers Fr. Witte in Rostock unvermischte Gummisorten zu verschaffen. Er erhielt von
demselben fünf Sorten, die zunächst auf ihr Rotationsvermögen untersucht wurden. Es
fanden sich darunter drei links- und zwei rechtsdrehende, wornach also in der
That, was bis jetzt unbekannt gewesen zu seyn scheint, Gummisorten mit
entgegengesetztem Rotationsvermögen existiren.
Die Resultate der Untersuchung dieser Gummisorten, welche der Verfasser unter
folgenden Bezeichnungen:
Nr.
I.
Gummi
arabicum
Levantine
nat.
„
II.
„
„
„
elect.
„
III.
„
„
Sennary
elect.
Nr.
IV.
Gummi
arabicum Sennary in granis.
„
V.
„
Senegal de Fleuve.
erhielt, sind in der nachstehenden Tabelle enthalten. Die
unter VI aufgeführten Resultate betreffen reine Arabinsäure, welche nach der von
Neubauer angewendeten Methode, wiederholtem Fällen der mit Salzsäure angesäuerten
Gummilösung durch Alkohol und Auswaschen etc., aus einem käuflichen rechtsdrehenden
Gummi erhalten war.
Textabbildung Bd. 210, S. 306
Nr.; Gehalt an Asche; Vor der
Inversion Drehung; Nach der Inversion; Dem Zucker entsprechendes Gummi; Grad;
Bentzke; Gehalt an Zucker; Proc.
Die Lösungen der Gummisorten wurden sowohl im unveränderten, als auch im invertirten
Zustande untersucht, und es ist verzeichnet
in
Spalte
2
der Aschengehalt der Gummiproben;
„
„
3
die Drehung derselben vor der Inversion in einer 200 Millimet.langen
Röhre, berechnet für die Ventzke'sche Normalmenge
von26,848 Grm. Substanz in 100 Kubikcentimeter;
„
„
4
die daraus sich berechnende specifische Drehkraft;
„
„
5
die Graddrehung nach Ventzke nach der
Inversion;
„
„
6
die derselben entsprechende specifische Notation;
„
„
7
die bei der Inversion gebildete Menge Zucker,
C⁶H¹²O⁶, nachProcenten der Substanz;
„
„
8
die Gummimenge C¹²H²²O¹¹, woraus
dieser Zucker entstandenist, in Procenten.
Für die Polarisationen wurden je 5 Grm. zu 100 Kubikcentimeter Flüssigkeit gelöst,
und die erhaltene Drehung auf 26,048 Grm. berechnet. Die Inversion geschah mit
verdünnter Schwefelsäure, und die Bestimmung des gebildeten Zuckers nach der von dem
Verfasser (Zeitschrift für Rübenzucker-Industrie, Bd. XIX S. 822) angegebenen
Methode der Wägung des Kupferoxyduls als Kupferoxyd, unter der Annahme, daß 10
Molecüle Kupferoxyd der Fehling'schen Lösung durch 1
Molecül Zucker zerlegt werden.Für den reinen Arabinzucker hat der Verf. zwar früher ein etwas stärkeres
Reductionsvermögen gefunden, aber das gewöhnliche von 10 zu 1 beibehalten,
weil in den obigen Zuckerlösungen auch noch ein unkrystallisirbarer Zucker
enthalten war.
Diese Resultate zeigen nicht allein, daß es hinsichtlich der Rotation verschiedene
Gummiarten gibt, sondern sie beweisen auch, daß die Gummisorten keine homogene, chemisch
gleichartige Substanzen seyn können, sondern Gemische verschiedener, nur ähnlicher,
bald rechts- bald linksdrehender Körper seyn müssen, worüber weitere
Untersuchungen noch näheren Aufschluß zu geben haben. Nichtsdestoweniger kann man
aber doch mit Bestimmtheit den Schluß ziehen, daß der quantitativ vorwiegende
Bestandtheil derselben mit dem Hauptbestandtheil des Rübengummi's identisch ist, wie
der aus beiden darstellbare Arabinzucker beweist. Neben dem Arabinzucker bildet sich
übrigens sowohl aus dem Rübengummi als aus dem arabischen Gummi stets noch eine
nicht unwesentliche Menge eines anderen syrupösen, nicht krystallisirenden Zuckers
von geringerem Rotationsvermögen, eines Zuckers, der wahrscheinlich gährungsfähig
ist, wodurch der zwischen der Thatsache, daß der Arabinzucker nicht gährungsfähig
ist, und der Angabe von Biot und Persoz, daß aus dem arabischen Gummi beim Erwärmen mit verdünnter
Schwefelsäure gährungsfähiger Zucker entstehe, noch bestehende Widerspruch seine
Erklärung finden würde. Das Rübengummi lieferte dem Verfasser stets weit mehr
krystallisirbaren Arabinzucker und weniger syrupösen Zucker, als die Gummiarten;
letztere lieferten sogar oft nur so geringe Mengen Arabinose, daß das
Auskrystallisiren derselben aus dem vorhandenen flüssigen Zuckersyrup erst nach
längerer Zeit und meist erst dann erfolgte, wenn man die Krystallisation durch
hineingeworfene Arabinzucker-Krystalle anregte. Wie bemerkt, ist die
Linksdrehung des Rübengummi's auch stets viel größer, als die Drehungen, welche der
Verfasser für die linksdrehenden Gummisorten fand. Es scheint daraus hervorzugehen,
daß die Gummisorten wechselnde Gemische von wenigstens zwei Körpern sind, so zwar,
daß das Rübengummi ein Gemisch ist, bestehend aus einem Arabinose liefernden
Hauptbestandtheil, der stark links dreht, und einem Nebenbestandtheil, der
rechtsdrehend ist und einen flüssigen Zucker gibt, während bei dem Gummi arabicum das Mengenverhältniß sich mehr oder
weniger umgekehrt gestaltet, d.h. der links drehende, Arabinose liefernde Antheil in
geringerer Menge vorhanden ist, und der rechtsdrehende vorwaltet.
Während der letzten Campagne, in welcher der Verfasser zahlreiche Rüben aus den
verschiedensten Gegenden auf Gummi verarbeitete, sind ihm übrigens einige Fälle
vorgekommen, daß die erhaltene Arabinsäure nicht links, sondern rechts drehte, und
wenn er diesen vereinzelten Fällen auch keine besondere Beweiskraft zuschreibt, so
scheint doch die Analogie mit dem arabischen Gummi dadurch noch größer zu werden,
und erhalten die eben gemachten Bemerkungen dadurch eine weitere Begründung. Die
Rechtsdrehung war in diesen Fällen aber stets nur eine geringe.
Zur Darstellung des Rubengummi's verfährt der Verfasser jetzt folgendermaßen:
Frischer, ohne Wasserzusatz erzielter Rübenbrei (Reibsei von einer Handreibe oder von
der Fabrikreibe) wird mittelst einer scharfen Spindelpresse möglichst vom Saft
befreit, worauf man die rückständigen Preßlingskuchen in zerbröckeltem Zustande in
Alkohol von 86 bis 90° Tr. einträgt und damit einige Stunden kalt in
Berührung läßt. Man preßt darauf die alkoholische Lösung ab und wiederholt diese
Behandlung mit Alkohol noch ein Mal in gleicher Weise. Der Alkohol nimmt hierbei den
Zucker, sowie die meisten übrigen Nichtzuckerstoffe fast eben so gut und vollständig
weg, als es durch Maceration mit Wasser geschehen würde, nur mit dem Unterschiede,
daß das Metaarabin des Zellgewebes darin nicht aufquillt und löslich werden kann.
Nachdem auch der zweite Alkoholaufguß abgepreßt ist, bringt man die Preßlinge in
kochendes Wasser, erhitzt einige Zeit unter Umrühren, um den Alkohol zu
verflüchtigen und das Metaarabin aufzuquellen, setzt dann reine Kalkmilch bis zur
stark alkalischen Reaction zu und erwärmt damit auf dem Wasserbade. Darauf preßt man
die erhaltene Lösung von arabinsaurem Kalk ab und behandelt sie mit Kohlensäure, um
den überschüssig vorhandenen Aetzkalk zu fällen. Das Filtrat hiervon verdampft man
im Wasserbade auf ein kleineres Volum, filtrirt nochmals, um die Ausscheidungen zu
entfernen, versetzt das Filtrat mit Essigsäure bis zur stark sauren Reaction und
fällt mit starkem Alkohol in großem Ueberschuß. Es fällt hierbei unreines Rübengummi
als klebrige, fadenziehende Masse heraus. Nach einigem Stehen gießt man die saure
Alkohollösung ab, löst das Gummi in wenig Wasser, filtrirt, wenn nöthig, und fällt
die Lösung abermals durch Alkohol, welche Operation man einige Male wiederholt. Bei
diesem wiederholten Ausfällen schlägt sich die Arabinsäure dann nicht mehr als
fadenziehendes Gerinsel, sondern in Flocken nieder; aber, wie oft man dasselbe auch
wiederholen mag, es gelingt nicht, eine völlig aschenfreie Substanz zu erhalten.
Etwas reiner erhält man sie zwar, wenn man die so gereinigte Säure nochmals mit
Kalkmilch in das Kalksalz verwandelt, dasselbe mit Alkohol niederschlägt, die Lösung
desselben mit Salzsäure sauer macht und wie vorhin verfährt; aber auch hierdurch
entfernt man nicht alle Aschenbestandtheile.
Der Verfasser thut zuletzt noch eines Gummi's Erwähnung, welches unter dem Einflusse
einer besonderen Gährung aus dem Rübensaft auf Kosten des Zuckers entsteht. Dasselbe
ist nicht identisch mit dem vorhin besprochenen, und der Verfasser unterscheidet es
daher von diesem durch die Benennung „Gährungsgummi“,
während er das erstere als „normales
Rübengummi“ bezeichnen möchte.
Ueberläßt man Rübensaft sich selbst, so wird er nach einiger Zeit schleimig und
fadenziehend; bei weiterem Stehen verflüssigt er sich wieder, und es tritt nun eine
ausgesprochene, je nach der Temperatur mehr oder weniger rasch verlaufende Gährung
ein, welche man als die „schleimige“,
„Milchsäure-“ oder
„Mannitgährung“ bezeichnet, und bei welcher sich
Kohlensäure und Wasserstoffgas entwickeln. Der Verfasser fand in dem bei dieser
Gährung zu Anfang sich entwickelnden Gasgemische 14 bis 15 Volumprocente
Wasserstoffgas. Das späterhin sich entwickelnde Gas ist stets ärmer an Wasserstoff,
und ganz zuletzt besteht das Gas nur aus Kohlensäure. Hat die Gährung nach einigen
Stunden ihr Ende erreicht, so klärt sich die Flüssigkeit, und man findet dann in
derselben ein Gummi, welches durch Alkohol daraus gefällt werden kann, Mannit, sowie
einen anderen, flüssigen Zucker, Milchsäure etc., die im Alkohol gelöst bleiben. Der
Mannit kann leicht durch Verdampfen der Lösung in Krystallen erhalten werden. Das
Gährungsgummi besitzt die Zusammensetzung des arabischen Gummi's (Kircher, Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. XXXI S.
337). Das bei der Milchsäure-Darstellung entstehende Gummi dreht nach Brüning (Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CIV S.
197) die Polarisationsebene rechts, was der Verfasser für das aus Rübensaft
gewonnene ebenfalls bestätigen kann. Es unterscheidet sich ferner vom Arabin auch
noch dadurch, daß es mit Fehling'scher Lösung einen
blauen, stockigen Niederschlag gibt und bei der Einwirkung verdünnter Schwefelsäure
einen Zucker liefert, welcher zwar die Fehling'sche
Lösung reducirt, aber keine Arabinose auskrystallisiren läßt, sondern syrupförmig
bleibt. Der Verfasser beabsichtigt in nächster Zeit weitere Mittheilungen über das
für die Zuckertechniker nicht minder wichtige Gährungsgummi zu machen und erinnert
für jetzt nur daran, daß es ohne Zweifel häufig während der Fabrication bei
vernachlässigtem Betriebe auftritt und manchen Rohzuckern anhaftet; letztere erkennt
man daran, daß ihre wässerigen Auflösungen mit Fehling'scher Kupferlösung einen blauen, flockigen Niederschlag geben. (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1873 S. 612.)