Titel: | Die Fettwaaren auf der Wiener Weltausstellung 1873; von Dr. Heinrich Schwarz, Professor in Graz. |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. LXII., S. 381 |
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LXII.
Die Fettwaaren auf der Wiener Weltausstellung
1873; von Dr. Heinrich Schwarz, Professor in Graz.Aus dem officiellen Ausstellungs-Bericht, Druck
und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1873, mit Genehmigung
des Verfassers aufgenommen.
Schwarz, über die Fettwaaren auf der Wiener
Weltausstellung.
Es ist eine allgemeine Beobachtung, daß in der Entwickelung einzelner Industriezweige
Perioden der Stagnation oder vielmehr des ruhigen Fortarbeitens auf der einmal
gewonnenen Bahn eintreten, die höchstens darin einen Fortschritt bekunden, daß die
als gut erkannten Methoden sich in immer weitere Kreise ausbreiten. Die betreffende
Industrie erscheint eben durch die Erfindungsthätigkeit bis zu einem gewissen Grade
der Vollkommenheit entwickelt. Wenn zumal die Weltausstellungen, diese Paradefelder
der Industrie, in verhältnißmäßig kurzen Zeiträumen auf einander folgen, so bleibt
dem Berichterstatter oft nichts übrig, als mit Befriedigung zu constatiren, daß die
vorhandenen Objecte die möglichst vollkommene Ausführung von schon Bekanntem zeigen.
Es kehren dann von anderen Ausstellungen her schon gut renommirte Fabriken wieder,
deren reicher und reicher sich gestaltende Ausstellungsgegenstände nur beweisen, daß
die betreffenden Fabriken Prosperiren. In einem gewissen Grade ist Obiges auch für
die Fettwaaren-Industrie gültig.
Was die Natur in den verschiedensten Gegenden der Erde an fetthaltigen Substanzen aus
dem Pflanzen- und Thierreiche liefert, war auf der Wiener Weltausstellung in
seltener Vollständigkeit vertreten. Der Norden und Süden Europa's, der Orient, die
verschiedenen Colonialländer, Amerika und Australien brachten wetteifernd ihre
Oelsamen und Oelfrüchte, ihre Thierfette zur Anschauung. Dieß zeigt recht deutlich,
daß das Bedürfniß der Industrie nach Fettstoffen keineswegs gesättigt ist. Wenn auch
die Verwendung derselben zu Beleuchtungszwecken ihr Gegengewicht in der immerfort
steigenden Benutzung der Kohlenwasserstoffe, Petroleum, Photogen, Paraffin,
Leuchtgas gefunden hat, so hat sich dafür der Fettbedarf zur Seifenfabrication, zu
Maschinenschmieren etc. in weit überwiegendem Maaße ausgedehnt. Steigende Cultur,
vermehrter Luxus äußert sich gerade in dem Mehrverbrauch von Fettstoffen am
deutlichsten. Vielleicht wird weniger Brennöl verbraucht, weil die Petroleumlampe
jetzt das Feld beherrscht; dafür aber wird gewiß ein größeres Quantum Stearinlichter
consumirt. Bedenkt man allein die Massen Schmieröl, Talg etc., die unsere
Locomotiven und Eisenbahnwagen, unsere Motoren und Arbeitsmaschinen consumiren, die
Masse Seife, welche in der Gewebeindustrie, der Haushaltung gegen früher verbraucht
wird, so sieht man ein, daß jede neue Quelle von Fettstoffen willkommen seyn muß.
Naturgemäß werden übrigens diese neuen Fettstoffzufuhren nur aus Gegenden mit
weniger intensiv entwickeltem Ackerbau, sowie günstigen Boden- und
Klimaverhältnissen zu erwarten seyn. Das Fett verlangt den Kohlenhydraten, wie
Zucker, Holzfaser, Stärke, gegenüber zu seiner Bildung eine intensivere Vegetation,
eine mächtigere Einwirkung der Sonne, eine weiter getriebene Reduction der
Kohlensäure und des Wassers. Seine Production ist daher nur in Gegenden von wenig
dichter Bevölkerung und in den Tropen hinreichend billig, um rentabel zu seyn.
Im erhöhten Maaße gilt dieß von den Thierfetten, weil nur ein kleiner Theil der
Nahrung schließlich als Fett im Thierkörper abgelagert wird.
Es würde viel zu weit führen, wenn ich die zahllosen Ausstellungsobjecte, die hierher
gehören, im Einzelnen besprechen wollte. Egypten, die Türkei, Indien, die
französischen Colonien, China, Japan u.s.w. brachten die mannichfaltigsten
fetthaltigen Pflanzenproducte zur Ausstellung, wie z.B. die Samen von Raps, Lein,
Sesam,Davon wurden im Jahre 1871 vom Senegal allein 30 Millionen Kilogramme
ausgeführt. Ricinus, Arachisnüsse, Cocosnußkerne, Palmöl, Palmkerne, Baumwollsamen,
Bassia-Carapa,Von diesen berichtet der französische Specialkatalog, daß sie im
französischen Guyana, im Districte Cachipour, nach der Reife eine Strecke
von 60 Kilometer Länge 10 Centimeter hoch bedecken und leicht in jeder
Quantität gesammelt werden könnten. Pachiranüsse u.s.w.
Unter allen diesen fettliefernden Pflanzentheilen haben in der letzten Zeit die
Baumwollsamen und die Palmkerne die größte Bedeutung gewonnen.
Bei der ungeheuren Baumwoll-Production der Erde muß es auffallen, daß man das
in den beim ersten Reinigen der Baumwolle abgeschiedenen voluminösen Samen enthaltene Oel
nicht lange schon zu gewinnen gesucht hat. Selbst in den Südstaaten der Union, die
lange den ersten Platz in der Baumwoll-Production einnahmen und einen:
industriell so hoch stehenden Lande angehören, ließ man bis vor circa 15 Jahren die Baumwollsamen einfach auf dem
Düngerhaufen verfaulen. Jetzt indessen, besonders seitdem man gelernt, das gewonnene
braune Oel durch Behandlung mit starker Aetzlauge zu reinigen und zu entfärben, hat
seine Gewinnung eine hohe Bedeutung erlangt. Durch den amerikanischen Bürgerkrieg
gewann der schon seit alter Zeit betriebene Anbau der Baumwolle in Indien, China,
Egypten, Kleinasien, Brasilien u.s.w. erhöhte Bedeutung. So erschlossen sich neue
Quellen dem Baumwollsamen, und waren solche denn auch fast ausnahmslos in den
Ausstellungen jener Länder zu finden. Die Bienville Oil
Works und Jg. Symanski, beide Aussteller aus
New-Orleans, brachten sehr hübsche Zusammenstellungen von
Baumwoll-Samen und den daraus gewonnenen Producten. Die Schwierigkeit welche
in den feinen Fasern liegt, die an den rohen Samen haften, Oel absorbiren und das
Futter zum Theil unverdaulich machen, ist, wie der Augenschein lehrt, überwunden. Ob
die Entfernung der Fasern durch concentrirte Schwefelsäure erfolgt, wie man
vorgeschlagen hat, lasse ich dahin gestellt. Es scheint mir für die größere Praxis
unwahrscheinlich. Das raffinirte Baumwoll-Samenöl soll übrigens jetzt
vielfältig zum Verfälschen, ja oft zum directen Ersatz des Olivenöles verwendet
werden.
Die Palmkerne, die neuerdings in ausgedehnter Weise in Europa verarbeitet werden,
sind bis vor circa 12 Jahren in ähnlicher Art
vernachlässigt worden. Die Oelpalme, Elais guyanensis,
trägt besenartige Büschel von Früchten, welche in ihrem Fruchtfleische das
eigentliche Palmöl enthalten, das man in Afrika durch Einwerfen der Büschel in
siedendes Wasser, Abschöpfen und Auspressen in sehr roher Weise darstellt. Die Kerne
wurden weggeworfen, obwohl sie ebenfalls sehr fettreich sind, wie man sich leicht
beim Zerschneiden überzeugen kann. Sie werden jetzt in Deutschland in ausgedehntem
Maaße auf Fett und Futterkuchen verarbeitet. G. Wolff in
Groß-Gerau bei Mainz kauft jährlich für 450,000 fl. Palmkerne. Heins und Asbeck in Hamburg
verarbeiten 95,000 Centner davon.
Beide Fabriken brachten die Fruchtbüschel der Oelpalme zur Ansicht. Auch Hirschberg in Itzehoe, Jürgensen,
Krog und Comp. in Felsenburg (Schleswig)
arbeiten mit diesem Material, während unseres Wissens in Oesterreich noch keine
einzige Fabrik dieser Art existirt. Neben den Palmkernen werden auch die Kerne der
Cocosnuß (Coppenah genannt) verarbeitet und auch hier dienen die Preßkuchen als
Futtermittel. Da die Fette ziemlich consistent sind, so muß heiße Pressung
angewendet werden; steigert man die Temperatur successive, so kann man Producte von
verschiedener Härte erhalten.
Italien, Griechenland, Türkei, Egypten, die Nordküste Afrika's, Spanien,
Südfrankreich schließen den Raum ein, wo besonders die Olive gedeiht und ihr Oel für
die mannichfachsten Zwecke, zum Schmalzen der Speisen, zur Beleuchtung, als
Schmieröl, als Seifenmaterial darbietet. Auch in der Krim kommt sie noch fort, wie
eine von Fürst Woronzoff ausgestellte Oelprobe aus Yalta
nachweist. In der Combination eines weichen wasserhaltigen Fruchtfleisches mit einem
harten holzigen Kerne liegt die Schwierigkeit der Oelgewinnung, die noch dadurch
gesteigert wird, daß die Olive weder aufzubewahren, noch weit zu transportiren ist.
Dieß drückt der Olivengewinnung nothwendigerweise den Stempel des Kleinbetriebes,
der Anwendung schwacher mechanischer Kräfte und der successiven Gewinnung sehr
verschiedener Qualitäten auf, wobei ein starker Rückhalt an Oel in den
Preßrückständen kaum zu vermeiden ist. Die Methode, diesen Rest durch
Schwefelkohlenstoff auszuziehen, hat sich besonders in Italien rasch verbreitet. L.
Sarlin und Comp. in Bari
stellten hierzu erzeugten Schwefelkohlenstoff aus. Von den jährlich producirten
200,000 Kilogrm. wird ein Theil in eigener Fabrik zur Extraction des Oeles
verwendet. In Livorno soll eine solche Extractionsanstalt schon seit Jahren mit
Vortheil arbeiten. In gleicher Art wird auch in Griechenland (Corfu) der
Oliven-Preßrückstand mit Schwefelkohlenstoff entfettet; die Probe des
erhaltenen Productes, welche auf der Ausstellung vorlag, zeigte sich stark grün
gefärbt und selbst bei Sommertemperatur butterartig. Dieses deutet einmal auf die
gleichzeitige Lösung des vorhandenen Chlorophylls und auf das Vorwalten des
Margarins im Preßrückstande, was für die Verwendung zu harter Seife nur vortheilhaft
seyn kann. Da diese Extraction mit Schwefelkohlenstoff einmal berührt ist, so will
ich diesen Gegenstand gleich erledigen. Diese Methode ist zuerst in Deutschland von
Deiß vorgeschlagen und naturgemäß auf die dort
vorwaltenden Oelfrüchte, Rübsen, Raps etc. angewendet worden, hat indessen hier nur
einen zweifelhaften Erfolg gehabt, so daß sie nur in wenigen Fabriken, z.B. in der
Heyl'schen Fabrik zu Moabit noch in Verwendung steht.
Bei diesen Materialien liefert das verbesserte Preßverfahren der Neuzeit nur
unbedeutend weniger an Del, und das dabei in den Preßkuchen bleibende Fett wird als
Futter noch genügend bezahlt. Es kommt noch hinzu, daß die erhaltene Kuchenform den
Anforderungen des Handels, der Aufbewahrung und des Transportes besser entspricht
als das nach der Extraction zurückbleibende Pulver. So hält sich der Mehrgewinn an
Oel beim Extractionsverfahren mit den Verlusten an Extractionsmitteln und den damit
verbundenen Gefahren vielleicht nur dann die Wage, wenn das Oel einen
verhältnißmäßig hohen Preis erlangt hat, oder, wie bei den Olivenpreßlingen,
fettigen Lumpen etc., auf keinem anderen Wege passend zu gewinnen ist.
Es scheint übrigens, daß nur die Fabriken Prosperiren,
welche durch Anwendung eines möglichst einfachen Apparates die Gelegenheit zum
Entweichen des so flüchtigen Schwefelkohlenstoffes auf ein Minimum reduciren, selbst
wenn sie etwas mehr davon zum Ausziehen brauchen sollten.
Nach diesem Principe war auch ein hübsches Modell eines
Schwefelkohlenstoff-Extractionsapparates construirt, das von van Haecht zu Molenbeck St. Jean bei Brüssel ausgestellt
wurde. Wir fanden hier zwei höher stehende Extractionscylinder, zwei
Destillationsblasen, zwei Kühlfässer mit doppelten Kühlschlangen, zwei im Boden
eingesenkte Reservoire zur Aufnahme des Schwefelkohlenstoffes, der durch eine
Wasserschichte vor Verdunstung geschützt ist. Eine Mühle zerquetscht den Samen;
derselbe wird in die Extractionscylinder eingefüllt, ein Deckel aufgesetzt und dicht
verschlossen. Eine Pumpe hebt den Schwefelkohlenstoff in den Cylinder, und nachdem
er sich genügend mit Oel gesättigt hat, zieht man die Lösung in die
Destillationsblase ab, um den Schwefel-Kohlenstoff durch
Dampfschlangen-Heizung abzutreiben. Auf gleiche Weise wird der im
Extractionscylinder nach völliger Entfettung bleibende Rest übergetrieben und in der
zweiten Kühlschlange condensirt. Dampfkessel und Dampfmaschine sind durch Mauerwerk
gänzlich von der eigentlichen Fabrik isolirt, um die Gefahr einer Entzündung zu
vermeiden, und die Rohrleitungen so eingerichtet, daß die paarweise vorhandenen
Apparate nach Belieben mit einander combinirt werden können. – Die dritte
Gruppe der vegetabilischen Fettstoffe bilden Rüb- und Leinöl, die in
Deutschland, England, Frankreich, Oesterreich, zum Theil auch in Rußland in der
Production den ersten Platz einnehmen. Es fanden sich dieselben auf der Ausstellung
sowohl in rohem als raffinirtem Zustande nebst den gleichzeitig gewonnenen
Oelkuchen, von zahlreichen Producenten ausgestellt. Da in der Qualität dieser Oele
in Folge der überall uniformen Darstellungsweise kaum ein wesentlicher Unterschied
existirt, genügt es, einige Aussteller namhaft zu machen, die sich durch
Großartigkeit des Betriebes auszeichnen. Wir erwähnen vor allen J. Herz in Berlin, der mit 85 Pferdekräften jährlich für
1,500,000 Thlr. Oelsaaten verarbeitet, die vereinigten Breslauer
Oelfabriken, die Amtsmühle zu Braunsberg bei Elbing (155,000 Thlr.
Oelsaaten), Oppenheimer zu Sportau, Westphalen (243,000 Thlr. Oelsaaten, Specialität: entsäuertes Rüböl als
Ersatz des Baumöles zum Maschinenschmieren), Th. Sievers
in Kiel (227,000 Thlr. Saaten), ferner die Wiener
Oelindustrie-Gesellschaft (Specialität: süßes Speise-,
Leinöl, Klauenfett, helles Rüböl, Maschinenöl), Pols und
Sohn in England (Arachis-, Rüb-,
Klauen- und Baumwoll-Samenöl), endlich K. Ch. Schmidt in Riga, der 39,000 Pud Lein- und Rüböl und 146,000 Pud
Oelkuchen in den Handel bringt.
Speciell neu in dieser Branche erscheint nur das von Johann Friedrich Gärtner
jun. in Rannersdorf (Niederösterreich) neben rohem
Rüböl, Maschinenöl etc. ausgestellte Maisöl. Der Mais ist
als eine der fettreichsten Getreidearten bekannt. Das Korn enthält 6 Proc. Fett, die
sich in den verhältnißmäßig großen Keimen (etwa 1/10 des Korngewichtes)
concentriren. Die eigenthümliche Festigkeit des reinen Maisbrodes, die Verwendung
als Polenta ohne weiteren Fettzusatz, die Fettschichte welche bei der Gährung der
daraus bereiteten Maische obenauf schwimmt, sind auf diesen Fettreichthum der Keime
zurückzuführen. Bei dem verbesserten Verfahren der österreichischen Mehlbereitung
gelingt es leicht, die Keime abzusondern und für sich, wie es hier geschehen, auf
Oel zu verarbeiten. Das Oel ist hellgelb gefärbt und klar. Die dabei abfallenden
Oelkuchen bilden ein vorzügliches Futtermittel, da sie reich an stickstoffhaltigen
Bestandtheilen und Phosphaten sind, sowie noch etwas anhängendes Fett und viel
Stärkemehl enthalten. Da das Mehl durch die Entfernung der Keime zur Brodbereitung
nur verbessert wird, so ist dieser Industrie ein nicht unbedeutender Werth
beizulegen, und dürfte bei allgemeiner Durchführung auch die zu erzielende Menge
Fettsubstanz eine ganz beträchtliche seyn.
An dieser Stelle muß auch die einzige auf der Ausstellung vorhandene Oelpresse
erwähnt werden, welche von Peter Sibree zu Driffield in
England eingesendet wurde. Es ist eine sogen. Tiegelpresse mit vier
Preßplatt-Formen, welche zungenförmige Preßkuchen liefert. Sie ist äußerst
kräftig aus Guß- und Schmiedeeisen construirt und hat einen hydraulischen
Preßkolben von 12'' Durchmesser, der im Falle einer
nöthigen Reparatur leicht herausgenommen werden kann, ohne die ganze Presse
demontiren zu müssen. Die Presse ist auf 300 Tonnen Druck probirt, arbeitet indessen
nur mit etwa 130 Tonnen, was auf die 113 Quadratzoll betragende Fläche der
Preßkuchen vertheilt, mehr als 1 Tonne, genauer 23,6 Zollcentner oder 154
Atmosphären Druck ausmacht. Die Preßplatten, welche den Samen aufnehmen, sind von starkem, innerhalb
cannellirtem Eisenblech gefertigt, mit einem Rande von Filz eingefaßt, der als
seitliche Begrenzung dient, mit Handgriffen auf der breiten Endseite versehen und
auf der entgegengesetzten schmäleren durch Lederstreifen charnierartig verbunden.
Auf diese Art erspart man jedes leicht zerreißende Einschlagtuch, kann den Samen
leicht einfüllen, den fertigen Kuchen leicht entfernen und das ausgepreßte Oel
findet bequem Abfluß. Die erhaltenen Oelkuchen sind sehr fest und scharfkantig. Die
gleichzeitig ausgestellte Betriebspumpe kann sechs Pressen auf einmal bedienen; sie
hat einen Kolben von 2'' Durchmesser und einen von 1''. Beide wirken anfangs, wo die Presse sich rasch
schließt, gemeinsam; später aber wird, sobald das Ventil des großen Kolbens sich
öffnet, die ganze Kraft auf den kleinen Kolben übertragen, bis auch dessen Ventil
durch seine Hebung den erreichten zulässigen Druck zu erkennen gibt. Die Arbeit war
sauber und sehr solid ausgeführt.
Wenn wir uns nunmehr zu den ausgestellten Thierfetten, und zwar zuerst zum Talg
wenden, so spielt hierin Rußland auf der Ausstellung eine der ersten Rollen, die
seiner Bedeutung im Talghandel entspricht. Die Länder auf der Ostküste von
Südamerika, Uruguay und Montevideo mit Rindstalg, Australien mit Hammelstalg,
Nordamerika mit Schweinefett, waren nur schwach oder gar nicht, jedenfalls nicht
entsprechend der Bedeutung ihrer Talgproduction im Welthandel, vertreten. Amerika
zeigte uns wenigstens in sehr hübsch ausgeführten Cartons die Manipulation seiner
großen Schweineschlächtereien in Cincinnati, St. Louis etc. Nach Ablösung der
werthvollen Fleischtheile, Schinken, Speckseiten u.s.w., wird der ganze Rest zur
Fettgewinnung mittelst Dampf ausgekocht. Dieselbe Manipulation wird bekanntlich
jetzt in Australien an den Sitzen der Schafzucht, mit 3–400 Schafen auf
einmal in Anwendung gebracht. Von den russischen großen Talgproducenten und
Ausstellern erwähne ich Panoff, Schaguine u. Comp. in Petersburg, die jährlich 150,000 Pud Talg, im
Werthe von 700,000 Rubeln, Prockhoroff, der in drei
Etablissements zu Belev, Kozlof und Tambof in Südrußland 100,000 Pud, Litinguine zu
Berdiansk und Bolschov, der aus 50,000 Schafen und 1000
Ochsen für 400,000 Rubel Talg erzeugt.
Auch Rumänien, Ungarn und die meisten Großstädte treten als große Talgproducenten
auf, die letzteren besonders, wenn durch Einrichtung von Schlachthäusern eine
rationelle Gewinnung des Talges durch Hochdruck-Dampf in geschlossenen
Gefäßen möglich ist. Dann ist naturgemäß auch die Gewinnung von Blutalbumin damit
verbunden, das wir in der That von mehreren Talgproducenten gleichzeitig ausgestellt
fanden. Auch ein österreichischer Aussteller, Uiblein u.
Sohn in Wien, brachte Rohtalg und gereinigtes
Unschlitt zur Ausstellung. Meist gelangt der Talg bei uns direct in die Hände der
Seifensieder und Stearinfabrikanten. Je frischer der Talg zum Ausschmelzen kommt,
desto besser ist sein Geruch, desto weniger werden die Nachbarn belästigt. Mit
Dampfbetrieb erscheint er weniger gefärbt als beim Ausschmelzen über freiem Feuer.
Wenn er durch Lagern weißer und härter wird, so mag dieß theilweise in einem
freiwilligen Zerfallen der Glycerinverbindung und in der Abscheidung freier
Stearinsäure seinen Grund haben. Dieser Vorgang wird besonders beim Lagern des
unausgeschmolzenen Rohtalges eintreten, wo die beigemischten Fleischtheile in
Fäulniß übergehen und dadurch das Zerfallen einleiten. Solcher Talg ist dann
leichter zu verseifen, und bei der Stearinfabrication erfordert er weniger Kalk. Von
der amerikanischen Production fand Referent nur sogenanntes Ladoril-,
Specköl, ausgestellt, das aus dem geschmolzenen Schweinefett nur dadurch gewonnen
wird, daß man dieses in großen Bassins sehr langsam abkühlen läßt. Es scheidet sich
dann unreines Margarin in Krystallen aus, von denen das Specköl abläuft, respective
durch Pressen getrennt wird.
Die zweite Gruppe der thierischen Fettstoffe bilden die aus Seethieren, Wallfischen,
Robben, den verschiedenen Gadusarten, aus Haifischen, Häringen u.s.w. gewonnenen
Thrane. Die eigentlichen Thrane waren nur sehr schwach vertreten. Wir fanden aus
Grönland conservirten Robbenspeck, und dazu gehörigen, schön hellbraunen
Dreikronen-Thran, eben solchen von Bergen und Hammerfest in Norwegen, ferner
Wallfischthran von Martinique, der von den sich seit einigen Jahren häufig dort
zeigenden Wallfischen stammt; dann Seehunds-Thran von Gebrüder Salina in Kasan, jedenfalls nur Handelsartikel, endlich
von A. Schultz in Astrachan Häringsthran, der ebenso, wie
der ebengenannte Seehunds-Thran aus dem caspischen Meere zu stammen
scheint.
Von einer großen Anzahl Aussteller wurde dagegen Leberthran in besonderer Schönheit
und Reinheit geliefert. Derselbe soll wegen seiner vorwaltend medicinischen
Verwendung hier nur kurz berührt werden. Der beste Leberthran wird aus den frischen
Dorschlebern, am besten durch Auskochen mit Dampf bereitet. Mack aus Tromsoe, Steens vom Nordcap, Pallizer aus Petersburg, die französischen Colonien St.
Pierre und Miquelon
stellten solchen Leberthran aus, der so hell und wenig gefärbt war, wie das Olivenöl
und diesem auch im Geschmacke nahestehen soll. Früher wurden die Dorschlebern an der
Sonne liegen gelassen, bis der Thran austrat, der natürlich ranzig und mit
Fäulnißproducten verunreinigt war. Es mag übrigens auch viel derartiger Thran beim Auskochen der
Fischabfälle zur Bereitung des Fischguano gewonnen, viel dunkler Thran nachträglich
gebleicht werden, was z.B. zu Paris in bedeutender Ausdehnung (450,000 Kilogrm.
jährlich) geschehen soll. Gebrüder Cats in Groningen,
welche das Leberthran-Geschäft in sehr bedeutender Ausdehnung betreiben,
lassen ihr Product auf den Loffodeninseln (Norwegen) ausschließlich nach der zuerst
angegebenen Methode darstellen. Wallrath endlich, das Product des Pottwallfisches,
findet sich in der englischen und amerikanischen Abtheilung nur zu Kerzen
verarbeitet, daneben Wallrath-Oel, das besonders hell, wenn auch nicht gerade
sparsam in Lampen brennen soll.
Wenn auch in physikalischer und chemischer Beziehung etwas abweichend, ist doch das
Wachs der Bienen immer noch zu den Fetten zu rechnen. Man fand auf der Ausstellung
auch das Wachs in zahlreichen Expositionen von rohem und gebleichtem Wachs, von
Wachskerzen und Wachsstöcken, von Wachsblumen und Wachsfrüchten vertreten. Es ist
indessen leicht zu erkennen, daß seine Zeit als Luxuskerzen-Material vorüber
ist. Wenn nicht in den katholischen Ländern die Kirche mit Hartnäckigkeit an reinem
Wachse bei ihren Ceremonien festhielte, würde es noch in viel größerem Maaße seinen
Platz den billigeren Surrogaten haben überlassen müssen. Italienische Aussteller
unterscheiden in der That schon Cere di Chiese, d.h.
reines Wachs, und Cere del Commercio, bei welchem ein
Versatz mit Paraffin etc. zulässig erscheint. Das Rohwachs stammt vorwaltend aus
Ländern mit wenig intensivem landwirthschaftlichen Betriebe. In der reichen Sammlung
von rohem und gebleichtem Wachse, welche Antonio Masotti
von Roveredo ausstellt, findet sich außer hannoverschem und Brandenburger Wachs nur
solches aus dem Orient und Westindien. Gewisse Theile der Lüneburger Haide, der
märkischen Sand- und Kieferflächen lassen eben keinen intensiven
landwirthschaftlichen Betrieb zu. Diese Beobachtung bestätigt sich, wenn wir die
Einzelnausstellungen des Orients, Griechenlands, Afrikas und der Colonien
besichtigen, wo auch stets das Wachs als Ausstellungsobject eine wesentliche Rolle
spielt. Seitdem das Bedürfniß nach Versüßungsmitteln besser und billiger durch
Zucker als durch Honig gedeckt wird, und der Honig selbst da, wo er unentbehrlich
schien, bei der Lebkuchen- und Methbereitung, seinen Ersatz im Stärkesyrup
gefunden hat, ist die Bienenzucht zum Zurückgehen, wenigstens bei uns, verurtheilt.
Wenn die so rationell entwickelte Zeidlerei der Neuzeit auch noch auf
Honigproduction hinarbeitet, so arbeitet sie doch sicher nicht mehr auf
Wachsproduction hin. Die Biene sammelt nicht etwa das Wachs, nein, sie producirt es aus ihrem Körper,
aus dem von ihr verzehrten Honig, natürlich mit großem Verluste. In richtiger
Erkenntniß dieses Umstandes und in Rücksicht darauf, daß die Biene nicht eher Honig
eintragen kann, bis sie dafür die Zellen gebaut, daß endlich der mehrgewonnene Honig
besser bezahlt wird, als sein Physiologisches Aequivalent an Wachs, sucht der
rationelle Bienenzüchter den Waben ihren Honig zu entziehen, ohne ihre Form zu
zerstören, um sie den Bienen zur neuen Füllung darzubieten, und hängt sogar
künstlich erzeugte dünne Wachsblätter mit Zellenanfängen in die Bienenwohnungen ein.
Unter diesen Verhältnissen muß die Menge des gewonnenen Wachses ein Minimum
seyn.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)