Titel: | Zur Fleischmehl-Fabrication; von Dr. Franz Hulwa. |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. LXIV., S. 392 |
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LXIV.
Zur Fleischmehl-Fabrication; von Dr.
Franz
Hulwa.
Hulwa, über Fleischmehl-Fabrication.
Seitdem die chemische Forschung festgestellt hat, daß das Wachsthum der Pflanzen
abhängig ist von dem Vorhandenseyn einer Reihe gewisser Nährstoffe im Boden, und
seitdem der Landwirth weiß, daß besondere Gaben dieser Stoffe, vornehmlich von
Stickstoff und Phosphorsäure, in zweckentsprechender Form dem Boden einverleibt, die
Erträge der Culturpflanzen wesentlich erhöhen, ist die Industrie bemüht, die Quellen
dieser Gaben aller Orten wie in allen Naturreichen zu erschließen und dieselben auf
chemischem wie physikalischem Wege in eine für die Aufnahme der Pflanzen geeignete
Form zu bringen.
Ein ganzer Knochen in den Boden gelegt, verbleibt lange Jahre darin in seiner
ursprünglichen Form, ohne befruchtend auf das umgebende Erdreich zu wirken; dasselbe
Stück Knochen in feines Mehl verwandelt, verschwindet jedoch schon nach kurzer Zeit
aus dem Boden, um, zu
Pflanzenorganen gestaltet, in den lebendigen Kreislauf des Stoffes zu treten.
Die Form bestimmt also den landwirthschaftlichen Werth der Pflanzennährstoffe, und
Nachdenken, sowie jahrelanges Mühen sind oft erforderlich, um hier die geeignetsten
Werthe zu schaffen.
Es war mir Gelegenheit gegeben, in letzter Zeit den Einblick in eine Fabrication zu
gewinnen, welcher es u.a. mit großer Meisterschaft gelingt, aus rohem,
widerspenstigem Stoff ein landwirthschaftlich werthvolles Düngerpräparat
darzustellen, welches die glückliche Mitte zwischen Knochenmehl und Guano hält und
wie diese berufen ist, für die Pflanzencultur allgemeine Aufnahme und Verwendung zu
finden.
Das Präparat bezeichnet der Fabrikant als Leipziger Fleischmehl. Die Fabrik desselben
liegt circa 3/4 Stunden von Leipzig in Eutritsch, mitten
in Ländereien, welche durch den Stand ihrer Früchte schon vor dem Eintritt in's
Etablissement den hohen Werth des darin gefertigten Düngestoffes bekunden. Der
Rundgang durch die Fabrik zeigt in jeder Abtheilung zweckmäßige Anlage, sowie
rationellen und soliden Betrieb.
Die zerstückten Thiere, Fleisch, Knochen, Horn wandern in Dämpfer und werden hier vom
Fett, von einem Theil des Leimes und überhaupt vom flüssig werdenden Extract
befreit, welches letztere unter dem englischen Namen „Bonesize“ einen sehr gesuchten Artikel
für Baumwollwebereien und Tuchfabriken abgibt.
Eine weitere Reihe von Darren, zweckmäßig eingerichteter Stampfmahlwerke und
Kollergänge verarbeiten darauf, unterstützt durch verschiedene chemische Processe,
den durch das Dämpfen seiner Zähigkeit beraubten Rohstoff in solch vollkommener Art,
daß Fleisch- und Hornmassen sich schon durch den Druck der Hand in eine
pulverige Masse zerkleinern lassen.
Diese gelungene Methode der mechanischen und chemischen Verarbeitung, sowie die
unausgesetzte, chemische Controlle der hierbei gewonnenen Massen, machen es möglich,
daß die genannten Bestandtheile des Thierkörpers endlich in ein braungelbes, feines,
leicht ausstreubares, im Gehalt stets gleichmäßiges Düngepräparat verwandelt werden
können.
Bonesize also für die bezeichneten Industrien, –
Knochenschrot in allen Nummern für die Zuckerfabriken, – Knochenmehl und
Fleischmehl, ersteres mit garantirtem Gehalt von Stickstoff 3 1/2 Proc. und
Phosphorsäure 21 Proc., letzteres mit Garantie von Stickstoff 7 Proc. und
Phosphorsäure 8 bis 10 Proc., als Werthe für die Landwirtschaft sind sonach die
Endresultate der Fabrication, deren Besichtigung sowohl das regste Interesse
gewährt, als auch Zeugniß ablegt von dem redlichen, gewissenhaften Streben des
Besitzers, seiner Aufgabe, den Ansprüchen der Zeit gemäß, gerecht zu werden, ein
Streben, dem die Aufmerksamkeit des landwirthschaftlichen Publicums zuzuwenden,
Zweck des vorliegend gezeichneten Bildes ist. (Industrieblätter, 1873 S. 320.)