Titel: | Der Dampfpflug im Jahre 1873; von Ingenieur Max Eyth. |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. LXV., S. 401 |
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LXV.
Der Dampfpflug im Jahre 1873; von Ingenieur
Max Eyth.
Vortrag desselben, gehalten am 3. Juli 1873 im
österreichischen Ingenieur- und Architektenverein. – Aus der Zeitschrift dieses
Vereines, 1873 S. 252.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Eyth, der Dampfpflug im Jahre 1873.
Das Areal, welches in Europa alljährlich zur Erzeugung der Nahrungsstoffe, d.h. zur
Erhaltung der physischen Existenz seiner Bewohner nothwendig geworden, beträgt circa 250 Millionen Hektaren Landes. Angenommen daß
diese gesammte Fläche im Jahre nur einer zweimaligen Bearbeitung des Bodens mit
irgend einem Ackergeräthe unterworfen werden muß, um ihrem Zwecke zu dienen, und daß
eine durchschnittliche Bodencultur die Kraft von zwei Paar Pferden Tage lang per Hektare in Anspruch nimmt – Annahmen, die
jedenfalls eher zu niedrig als zu hoch gegriffen sind – so müssen der
Agricultur während der 100 im Jahre durchschnittlich für derartige Arbeiten zu
verwerthenden Tage nicht weniger als 20 Millionen Pferdekräfte zur Verfügung
gestellt werden.
Dieses einfache Rechenexempel genügt, meine Herren, um Ihnen die Bedeutung einer der
Aufgaben nahezulegen, welche sich der landwirtschaftlichen Technik, dieses
Stiefkindes unserer gemeinschaftlichen alarma mater zur
Lösung aufdrängt. Des Stiefkindes! – Erinnere ich mich doch aus eigenster
Erfahrung, wie vor kaum einem Jahrzehnt der gewiegte Ingenieur von der Höhe der
glatten Fabrikssäle, der weltumgürtenden Schienenwege und Dampfer auf den Empiriker
herabsah, der an Sense und Dreschflegel, an Saatbeutel und Pflugschar herumdocterte.
Dieß ist nun allerdings anders geworden. Die Breite der Basis, auf welcher der
landwirthschaftliche Maschinenbau ruht, sicherte ihm eine ungeahnte commercielle
Bedeutung. Die Schwierigkeit der gestellten Probleme, bei welchen der Techniker mit
den heterogensten und antipathischsten Elementen zu kämpfen hatte, steigerte und hob seine Leistungen.
So sieht er sich heute im Ausstellungsraume, der die Welt repräsentirt, zwar nicht
in den geheiligten Hallen des eigentlichen Maschinenbaues, dagegen in Räumen, wie
sie sich kaum ein anderer specieller Zweig der industriell technischen Productivität
zu erringen und würdig auszufüllen versuchte. Dieß ermuthigt mich, Sie mit einer
Specialität aus jenen Räumen zu beschäftigen, der ich mit vielen anderen durch eine
Reihe von Jahren den größeren Theil meiner Kraft und Arbeit zu widmen Gelegenheit
hatte, und die es sich zur Aufgabe gestellt hat, die letzte große Errungenschaft
unserer modernen Zeit, die Dampfkraft, auf die erste, primitivste und gerade deßhalb
nahezu wichtigste Arbeit jedes Culturvolkes anzuwenden.
Ich spreche von der Dampfcultur. Es wird im Kreise meiner HHrn. Collegen keiner
Entschuldigung bedürfen, wenn ich hier die technische und mechanische Seite der
Sache betone, und ihre rein landwirtschaftliche Bedeutung nur vorübergehend berühre.
Die Entwickelung, das Keimen und Wachsen einer Erfindung – wenn wir die
Combination von Dutzenden bald alter, bald neuer mechanischer Hülfsmittel und
Gedanken so nennen dürfen – bietet für uns gar häufig interessante Momente
genug, welche bei der Betrachtung des gelösten Problemes übersehen werden. Diese zu
fixiren, soweit es in der kurzen Stunde möglich ist, in welcher ich mir erlaube Ihre
Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen, habe ich mir heute zur Aufgabe gemacht.
Der alte treue Pflug, welcher die Menschheit aus ihrer fast vergessenen Kindheit
heraus geleitet und genährt, hat bis in unsere neueste Zeit seine Grundform bewahrt.
Die Einführung des Wendens der Ackerkrume brachte vor Jahrhunderten da und dort die
einzige große Revolution in diesem primitivsten der menschlichen Geräthe hervor. Die
weit später erfolgte Anwendung des Eisens in seinen Hauptconstructionstheilen hat
nichts Wesentliches geändert, sondern ihm nur die Form und den Schliff der heutigen
Civilisation aufgedrückt. So lange das Zugthier die einzig verwendbare Kraft war,
blieb auch der Pflug eine einfache wenig variirte Combination von Schaar,
Pflugmesser und Streichbret.
Aber von dem Augenblicke an, als es den Vorkämpfern unseres modernen Fortschrittes
klar geworden, daß uns die Natur eine neue fast unerschöpfliche Quelle von Kraft zu
erschließen im Begriff war, wurde auch der 20 Millionen Pferdekräfte gedacht, welche
ich Ihnen heute in Erinnerung rief. Watt war der Erste,
der, wenn auch keine mechanische Lösung des Problemes gebend, jedenfalls dessen
Lösbarkeit bestimmt aussprach, und bald keimte aus diesem Samenkorn eine Reihe von Ideen, welche keck
den kürzeren oder längeren Kampf um's Daseyn aufnahmen.
Die erste Frage war natürlich die Form des Motors und die Uebertragung der gewonnenen
Kraft auf das Ackergeräthe. Wie zur Zeit der Entstehung der Eisenbahnen der
Schienenweg sowohl als die Maschine sich in den wunderlichsten Formen und Gestalten
versuchten, so finden wir in vielleicht noch mannichfaltigerem Grade auch hier ein
buntes Allerlei von Plänen und Ideen, welches das Suchen nach einem praktischen
Systeme stets charakterisirt Nur zwei Hauptgruppen jedoch sind wirklich in's Stadium
der Experimente, nur eine in das der praktischen Anwendung getreten. Wir müssen uns
bei dem erdrückenden Reichthum des vorliegenden Materiales auf eine kurze
Charakterisirung dieser beschränken. Das Herausgreifen von irgend welchen aus der
unendlichen Masse englischer, amerikanischer, französischer und deutscher Patente,
welche im Laufe der letzten 40 Jahre genommen wurden und gar häufig und sehr irriger
Weise den Berichten über die Anfänge der Dampfpflügerei zu Grunde gelegt werden, ist
zum Glück auch hier und anderwärts nicht vom geringsten praktischen Werthe.
Von Watt an strebten die ersten Dampfculturversuche stets
eine directe Nachahmung der Arbeit des Zugthieres an. Eine Straßen- oder wie
ich sie lieber nenne (denn der Unterschied ist ein wesentlicher) eine
Feldlocomotive, dem Ackergeräthe vorgespannt, oder mit demselben direct verbunden,
sollte das Gespann des Bauern ersetzen. Hinter derselben folgten bald Pflüge von
gewöhnlichem Typus, bald rotirende Cultivatoren, bald Schrauben und geneigte
Scheiben auf sich drehenden Achsen, bald Hauen und Spaten, die sich wie Hämmerwerte
in Bewegung setzten. Die Dutzende von Versuchen, welche namentlich in Amerika, in
Philadelphia, New-York, Cincinnati, Chicago bis hinab in Louisiana und Texas
und neuerdings sogar in Californien in dieser Richtung gemacht wurden, scheiterten
alle nicht am Ackergeräthe, auf welches sich gewöhnlich die Schlauheit des Erfinders
concentrirte, sondern an der Dampfmaschine, die sich hartnäckig weigerte
Pferde- und Ochsendienste zu versehen. Boydells
sogenannte endlose Eisenbahn, bei der bewegliche Schienenschuhe um das und mit dem
Triebrad der Feldlocomotive rotiren, und so demselben eine ähnliche Wirkung
gestatten, wie auf einer wirklichen rohgelegten Eisenbahn, machte am Ende der 50er
Jahre viel von sich reden und auch die Dampfpflüger bemächtigten sich sofort der
neuen Idee. Sie verhalf Romaine, dem letzten
bedeutenderen Amerikaner, der muthig sein Vermögen an die Sache gewendet hat, zu
einem Apparate der wenigstens soweit ging, daß wissenschaftliche Proben mit
demselben vorgenommen
werden konnten. Das Ackergeräthe war ein rotirender Zinkencultivator, von der Breite
der Maschine und hinter derselben so angebracht und mit Kettenübertragung in
Bewegung gesetzt, daß der Widerstand der Zinken im Boden die Fortbewegung der
Maschine unterstützte. Das zu bearbeitende Feld wurde von der Maschine umkreist, bis
dieselbe, sich in immer engeren Kreisen drehend, schließlich die ganze Fläche
bearbeitet hatte. Die Vorzüglichkeit der Bodenbearbeitung des Apparates war
eclatant. Zwei minder erfreuliche Resultate ergaben sich jedoch sofort. Für's Erste
war der Kohlenverbrauch per Joch ein ganz enormer, so
daß ein lucratives Arbeiten nicht in Aussicht stand, und dann war Boydells Maschine bei aller Ingenuität eben kein Apparat,
der dem Zweck entsprach. Die Abnutzung, selbst das Zerbrechen der Schuhe oder
Schienen erwies sich auf unebenem Grunde als eine nicht zu überwindende
Schwierigkeit, denn es gelang nicht dieselben mittelst eines brauchbaren
Universalgelenkes an das Rad zu befestigen. Sodann blieb die Maschine um kleine
Curven, wie sie einer Feldlocomotive zugemuthet werden müssen, einfach nicht
steuerbar. Die Schienenschuhe fixirten gewissermaßen die geradlinige
Vorwärtsbewegung. Eine Wendung konnte nur auf Kosten des unnatürlichsten Gleitens
und Drehens derselben stattfinden, welches den sinnreichen Mechanismus in wenigen
Wochen zu Grunde richten mußte.
Die öffentlichen Versuche mit Romaine's Apparat im Jahre
1861 und ein noch weniger erfolgreicher Anlauf, welcher um 1864 von Garignan in Paris gemacht wurde, waren die letzten in
dieser Richtung, bis vor 2 Jahren die alte Idee sich plötzlich wieder belebte. Es
gehört nicht hierher, die Verhältnisse zu schildern welche die Thomson'sche Kautschukradlocomotive momentan zur Dampfpflugmaschine der
Zukunft stempelte. Man hatte die Erfahrungen vergessen, die man vor 10 Jahren
gemacht und theuer bezahlt hatte. Das Kautschukrad erschien einigen enthusiastischen
Dilettanten als die Lösung eines längst aufgegebenen Problemes, und ein Jahr lang
wurde für eine Sache mit seltener Energie Reclame gemacht, die nicht eine Chance auf
wirklichen Erfolg in sich trug. Einige Worte über die Kautschukräder wird meine
Ansicht rechtfertigen, die sich auf eine Reihe von Experimenten stützt, welche ich
mit denselben als Straßenlocomotiven sowie als Pflugmotoren vorzunehmen Gelegenheit
hatte.
Das unbedeckte nackte Kautschukrad, die ursprüngliche Idee des Erfinders, welcher in
demselben die Vortheile einer enorm vermehrten Adhäsion, eines elastischen Lagers
für die Maschinen und einer Verbreiterung der Auflagefläche für dieselbe sah, mußte nach sehr kurzer Zeit modificirt werden. Die Abnutzung
des kostspieligen Kautschukringes und die Unmöglichkeit, denselben auf der glatten
eisernen Radfelge festzuhalten, führten zur Anwendung des den Kautschuk schützenden
Panzers, dessen einzelne Platten, durch Kettengelenke verbunden, dem Mißstande der
raschen Abnutzung einigermaßen begegnen, ohne daß dadurch die Vortheile ganz
verloren gehen, welche der Kautschuk durch seine Elasticität und seine Abplattung
auf hartem Boden gewährt. In weichem und namentlich auf nassem Grund ist das
Kautschukrad jedoch übler daran, als irgend eines der existirenden starren eisernen
Räder. Es hört auf sich abzuplatten und verbietet das Ansetzen von sogenannten
Sporen. Dabei ist sein Preis so enorm, daß man nur bei den andererseits
überwiegendsten Vortheilen an seine Anwendung denken kann. Die Kautschukringe für
eine 8pferdige Maschine im Werthe von 5000 fl. kosten allein circa 2500 fl. und keiner dieser Ringe konnte, trotz eines förmlichen
Schwarms von darauf bezüglichen Erfindungen, in einer Weise geschützt und befestigt
werden, so daß man mit Sicherheit auf eine einjährige Dauer rechnen könnte.
Ueber das verfehlte Princip, welches den Dampfpflugsystemen dieser Gattung zu Grunde
liegt, hilft übrigens kein Rad weg. Auf einem verhältnißmäßig weichen Boden ist die
Zugkraft einer Straßenlocomotive zu mehr als der Hälfte für die Bewegung der
Maschine selbst erforderlich. Diese Kraft wird in unserem Falle zunächst dazu
vergeudet, den zu pflügenden Boden festzudrücken und damit die Arbeit um weitere 20
bis 30 Procent zu erschweren. Hierdurch bleibt bei selbst günstigen Verhältnissen,
d.h. ebenem, nicht allzuweichem Boden, für die bezweckte Culturarbeit noch circa 1/4 der gegebenen Kraft übrig, Verhältnisse,
welche dem System einfach den Hals brechen, und die nie andere werden können, so
lange wir mit der Dampfmaschine, wie sie ist, mit einer bestimmten Proportion
zwischen Gewicht und Kraft einerseits und Adhäsion und Gewicht andererseits zu
operiren haben.
So hörte auch Thomson's Pflugmaschine vor 2 Jahren,
nachdem sie zwar viel Lärm gemacht, aber doch kaum den Moment ihrer Geburt zu
überleben im Stande gewesen, zu existiren auf, und bewegt nur noch, wie es mit
derartigen Dingen zu gehen pflegt, in abgelegeneren Theilen der Erde da und dort
einen Verirrenden. Daß man trotzdem, d.h. trotz der so einfach nachzuweisenden, so
oft erprobten, mit hundert sachlichen und praktischen Nebengründen zu belegenden
Untauglichkeit des verführerischen Gedankens, aus der Dampfmaschine einen Ochsen zu
machen, denselben immer wieder, selbst gelegentlich von Fachmännern, als die
Hoffnung der Zukunft berührt sieht, gehört wohl zu den Geduldsproben, die uns in unserem öffentlichen
Wirken eine unerforschliche Vorsehung gelegentlich in den Weg legt.
Der erste gesunde Schritt zur Lösung des Problemes der Dampfcultur geschah von
verschiedenen Betheiligten fast gleichzeitig um die Mitte der 50er Jahre mit der
Anwendung von Drahtseilen. Die Locomobile hatte um diese Zeit in England ihre
endgültige Form gefunden und fing an sich im Dienst der Dreschmaschine zu verbreiten
und den Landwirth mit dem neuen Motor bekannt zu machen. Die directe Anwendung
derselben zum Pflügen war deßhalb in England mehr als anderswo ein naheliegender
Gedanke und führte sofort auf eine Anzahl Systeme, von denen das sogenannte
Umkreisungssystem eine weite Verbreitung fand. Wer – ob John Fowler von Bristol oder Smith
von Wolftone – den ersten Drahtseilapparat in Gang setzte, ist merkwürdiger
Weise noch heute eine vielumstrittene Frage. Es handelt sich dabei um eine nach
Wochen zu messende Priorität. Erst später nahm die Firma Howard dieses System unter ihre besondere Protection, weßhalb es auf dem
Continente häufig das Howard'sche genannt wird, obgleich
es ab und zu von einer Anzahl von Etablissements cultivirt wurde und noch jetzt
unter gewissen Verhältnissen die Beachtung verdient, die es vor 10 Jahren allgemein
und in hohem Grade erregte.
Der Apparat (Fig.
1) besteht aus einer gewöhnlichen Locomobile von 8 bis 12 Pferdekräften,
welche hier keiner weiteren Beschreibung bedarf. Sie treibt die getrennte
Windevorrichtung, im Wesentlichen aus 2 verticalen Seiltrommeln bestehend, welche
das circa halbzöllige Stahldrahtseil auf- und
abwinden. Von ihnen aus wird das Seil um die 4 Seiten des zu bearbeitenden Feldes
herumgeführt, indem es in den Ecken um horizontale, wohlverankerte Seilscheiben
geleitet wird. Zwischen zweien dieser Scheiben, und zwar entlang der der Locomobile
am fernsten gelegenen Seite des so umkreisten Viereckes, bewegt sich das
Ackergeräthe hin und her, indem bald die eine, bald die andere der Windetrommeln das
Seil aufwindet, wobei selbstverständlich die unthätige Trommel sich jedesmal von
selbst entleert. Die beiden Ankerscheiben werden nach jedesmaligem Auf- und
Abgang des Geräthes versetzt, so daß dasselbe seitlich im Verhältniß zur geleisteten
Arbeit vorrückt, und schließlich das ganze ursprünglich umspannte Feld vom Pfluge
berührt wird.
Als Typus eines des einfachsten und gewöhnlichsten Windewagen gelte uns der Howard'sche. Derselbe besteht aus einem hölzernen
Wagengestell auf zwei Rädern mit Doppeldeichsel. Auf denselben, getragen von 2
gußeisernen Ständern und einer festen horizontalen Verbindungsachse sitzen zwei verticale
Windetrommeln, mit an den Manischen angegossenen Zahnkränzen. In diese greifen 2 auf
einem Vorgelege darüber festgekeilte Getriebe. Dieses endlich liegt in solcher Höhe,
daß es leicht mittelst einer mit kräftigen Universalgelenken versehenen kurzen
Verbindungswelle mit der Kurbelwelle der Locomobile gekuppelt werden kann. Das
Ausrücken der einen oder anderen der beiden Trommeln geschieht durch das Drehen
einer excentrisch gebohrten Hülse, auf der die Trommeln laufen, und die dieselben
dadurch hebt oder senkt, so daß die Zähne des entsprechenden Radkranzes entweder in
das Treibrad auf dem Vorgelege eingreifen oder unter demselben frei durchlaufen.
Diese Drehung geschieht mittelst eines Handhebels. Zugleich verhindert ein Bremsband
auf jeder Winde das zu rasche Rückwärtslaufen der Trommel, während sich das Seil
abwindet, was natürlich nicht ohne einen gewissen Kraftverlust vor sich gehen kann.
Das Befestigen von Locomobile und Windewagen geschieht mittelst eingeschlagener
Pflöcke und gespannter Ketten und war von jeher eine derjenigen Operationen, die der
Nützlichkeit des Systemes am meisten Eintrag thaten, indem sie das Ingangsetzen des
Apparates verzögert und erschwert und das häufige Versetzen desselben höchst
beschwerlich macht.
Fowler's Windewagen für dasselbe System und auch der
mehrerer anderen Firmen weicht von dem beschriebenen nicht wesentlich ab. Das
Aus- und Einrücken der Trommeln geschieht hier durch eine Klauenkuppelung.
Während einiger Jahre bediente sich Fowler einer
sinnreichen Vorrichtung, um den Zug im ablaufenden Seil, das durch die erwähnte
Bremse einigermaßen gespannt gehalten werden muß, auf die arbeitende Trommel zu
übertragen und so den durch die gewöhnliche Bremse erzeugten Kraftverlust zum
größeren Theile zu vermeiden. Die Complication der Vorrichtung oder vielmehr das
additionelle Gewicht der dazu nothwendigen Theile führte neuerdings jedoch auf die
einfachere Form zurück.
Ein alter, in England wohlbekannter Windewagenfabrikant ist Hayes, der seinen Apparat auf 4 Räder stellt und die verhältnißmäßig
kleinen Trommeln mittelst eines Riemens und einer losen und 2 festen Riemenscheiben
treibt oder ausrückt. Er hat dadurch das Stillstehen der Maschine vermieden und eine
Verbindung mit derselben hergestellt, welche heftige Stöße bei Unfällen mit dem
Ackergeräthe durch das Gleiten des Riemens für dieselbe unschädlich macht. Dagegen
hat er andererseits durch den Gebrauch eines Riemes in freiem Felde und bei jedem
Wetter sich in Schwierigkeiten gestürzt, welche seinen Apparat nie auf einen grünen
Zweig kommen ließen.
Fast sämmtliche neuerdings construirten Windewagen sind auf 4 oder wenigstens 3
Rädern aufgebaut, was deren Transport und Feststellung erleichtert. Tuxford und Söhne brachten so
vor wenigen Jahren einen sehr hübschen Apparat in's Feld, bei dem das Getriebe auf
der Vorgelegewelle ein auf der gemeinsamen Windetrommelachse lose laufendes Rad
treibt, welches mittelst Frictionskuppelungen bald mit der einen bald mit der
anderen Trommel verbunden wird. Leider fiel die Construction, welche eine Menge
Vortheile vereinigt, in die Zeit der allgemeinen Decadence der Umkreisungssysteme
und konnte sich so nur wenig Geltung verschaffen.
Die Länge des angewendeten Seiles beträgt gewöhnlich circa 800 Meter auf jeder Trommel. Diese sehr beträchtliche Länge
gestattet die Umspannung von circa 9 Joch, so daß nach
der Bearbeitung eines solchen Areals der Apparat oder wenigstens ein großer Theil
desselben versetzt werden muß.
Vor dem Windewagen, von dem aus die beiden Seile direct in's Feld ablaufen, liegt in
einer Distanz von circa 15 Metern beim Howard'schen Arrangement der sogenannte
Doppel-snatch-block. Es ist dieß ein horizontaler, im Boden
festgekeilter Holzrahmen, welcher 2 Seilscheiben trägt, um die sich die beiden Seile
in rechten Winkeln abbiegen, um dann den zwei entgegengesetzten Richtungen der
Anwand des Feldes zu folgen. Eine dritte Scheibe, durch Federn angedrückt, berührt
den Umfang der beiden anderen, oder vielmehr des in deren Gruben laufenden Seile,
und dient dazu, das Schlaffwerden des abwickelnden Seiles zu verhindern. Zwischen
dem Windewagen und diesem snatschblock, welcher den Gegnern des Systemes ein
besonderer Dorn im Auge ist, befindet sich der zur Bedienung des Windewagens
nothwendige Mann, welcher das richtige Aufwickeln des Seiles mittelst eines
Handhebels unterstützt und das abwechselnde Ein- und Ausrücken der Trommeln
versieht.
Keiner der anderen Umkreiskünstler, wie Fowler, Balmford,
Hayes, Tuxford etc. bedient sich dieses Doppel-snatch-blocks,
der leicht durch zwei einfache Ankerscheiben ersetzt wird.
Die letzteren, das eigentliche Crux des Systemes, bestehen aus einer Seilscheibe auf
einem horizontalen Holzkreuz, das mittelst Ketten an einem oder zwei doppelklauigen
Ankern befestigt ist, welche sich wie Schiffsanker durch den Zug, dem die Scheibe zu
widerstehen hat, in den Boden einhacken. Solche Ankerscheiben sind natürlich bei
jeder Abbeugung des Seiles anzubringen, und bezeichnen namentlich die 4 Eckpunkte
des umspannten Feldes. Zwei derselben, zwischen denen das Ackergeräthe hin-
und hergeht, müssen nach
einer jedesmaligen Tour desselben um die Breite des gepflügten Streifens versetzt
werden. Dieß geschieht auf jeder Seite durch einen Mann, welcher gewöhnlich mit
einer doppelten Anzahl von Ankern versehen ist, so daß er die eine Hälfte seines
Apparates placirt, während die andere in Thätigkeit ist, und er so im entscheidenden
Augenblicke nur die Scheibe mit dem Seile zu verschieben hat. Die Arbeit bleibt
trotzdem eine sehr beschwerliche, das Nachgeben und Ausreißen der Anker ist ein
beständiges Hinderniß, namentlich wenn es sich um Tiefcultur handelt, wobei gar
häufig die Anker das Geschäft der Bodencultur übernehmen und das Ackergeräthe in
unliebsamer Weise zum Anker wird.
Ein in richtiger Weise, d.h. senkrecht zur Pfluglinie, selbstbeweglicher Anker war
ein Bedürfniß, dem durch viele Jahre Fowler's Ankerwagen
zu genügen suchte. Derselbe besteht aus einem schmiedeeisernen, auf niederen Rollen
ruhenden Rahmen, der an einer verticalen Spindel, so nahe am Boden als möglich, eine
horizontale Seilscheibe trägt. Sechs verticale Stahlscheiben, wie Räder angebracht,
schneiden auf 5 bis 6 Zoll in den Boden ein und widerstehen so dem seitlichen Zug,
dem der Anker durch das Drahtseil ausgesetzt ist. Entlang der Richtung, in welcher
sich derselbe zu bewegen hat, liegt ein Hülfstau aus Eisendraht, am entfernten Ende
auf gewöhnliche Weise verankert oder sonstwie befestigt, und auf dem Ankerwagen auf
eine kleine Seiltrommel gewunden. Diese Seiltrommel wird mit der während der Arbeit
sich drehenden Hauptseilscheibe mittelst einer Bremskuppelung in Verbindung gebracht
und schleppt, das Hülfsseil aufwindend, so den Ankerwagen vorwärts. Die Steuerung um
die Curven eines unregelmäßigen Feldes wird durch das Verstellen der einschneidenden
Räderscheiben erzielt, während bei der Bewegung von Feld zu Feld der ganze Apparat
mit Wagenrädern und Deichseln versehen und gewöhnlich von Pferden transportirt
wird.
Dieser Ankerwagen fand seine ausschließliche Verwendung zunächst bei dem später zu
beschreibenden Clipdrumsystem. Erst neuerdings, nach Ablauf des denselben
monopolisirenden Patentes, fanden ähnliche Vorrichtungen bei dem eigentlichen
Umkreissystem Eingang, eine Bewegung, welche durch den vor 3 Jahren erschienenen
Anker von Campain eingeleitet wurde. Beim
Umkreisungssystem hat der Zug, welchem eine Eck-Ankerscheibe zu widerstehen
hat, die Tendenz, dieselbe in der Richtung vorwärtszutreiben, in der sie versetzt
werden muß. Es handelt sich also nur darum, die seitliche Bewegung des Ankers zu
sistiren und zu verhindern, daß er zu weit vorwärts läuft. Das Erste erreicht Campain durch die Adoption der Fowler'schen Scheibenräder, das Zweite durch eine horizontale Welle,
welche mit langen Zinken ausgestattet ist, die bei ihrer Drehung in den Boden
einhauen, und wenn angehalten auch die Vorwärtsbewegung des Ankers verhindern. Fowler, sowie Howard, suchen
neuestens diese einhauenden Ankerzinken, welche in hartem Boden schwer eindringen
und in loser Erde nicht genügend festhalten, durch ein weiteres Hülfsseil zu
vermeiden, das nach rückwärts verankert, sich von einer kleinen Windetrommel
abhaspelt. In all' diesen Fällen wird versucht, die Ankerleute entbehrlich zu
machen, wodurch jedoch nur einem der kleineren Nachtheile des Umkreisungssystemes,
dem verhältnißmäßig großen Bedarf an Handarbeit begegnet wird.
Es ist wohl am Platze hier ein Wort über Seilträger zu sagen, welche bei dem Systeme,
das die relativ größte Seillänge benöthigt, von wesentlicher Bedeutung sind. Es sind
dieß kleine eiserne Gestelle auf 2 oder 3 Rädern, welche eine Seilrolle mit hohen
Flantschen tragen und alle 30 bis 40 Meter aufgestellt das Drahtseil vor der
Berührung mit dem Boden und dadurch vor Abnutzung und Kraftverlust schützen sollen.
Auf der Linie, entlang welcher der Pflug geht, haben dieselben vor dem Ackergeräthe
entfernt, und hinter demselben wieder untergestellt zu werden, was zwei flinke
Jungen in Anspruch nimmt. In flachem und steinfreiem Lande ist der Gebrauch dieser
Apparate bei den neueren Dampfpflugsystemen fast ganz abgekommen. Hier mit fast 800
Metern Seil in Bewegung sind sie noch heute ein nothwendiges Uebel geblieben.
Das Streben, gewöhnliche Locomobilen zum Dampfpflügen zu verwenden, wurde in England
durch mehr als ein Jahrzehnt namentlich von der Royal
Agricultural-Society unterstützt und gehegt. Es bietet in dieser
Hinsicht einen interessanten Beitrag zur Geschichte der Verirrungen, in welche das
Preis- und Prämiensystem selbst unter der tüchtigsten Führung zu leiten
geneigt ist. In diesem Falle rief es eine Reihe von Erscheinungen hervor, die nie
von praktischer Bedeutung wurden und werden konnten, verwirrte das Urtheil des
weiteren Publicums und erschwerte dadurch den Fortschritt auf dem richtigen Wege,
der nun einmal nicht in der Anwendung der Dreschlocomobile zum Pflügen gelegen
ist.
Fowler selbst stellte z.B. im Anfang der 60er Jahre in
der sogenannten Eddington-Winde eine gewöhnliche Locomobile auf ein
Wagengestell, das den nöthigen Mechanismus zur selbständigen Vorwärtsbewegung und
ein Clipdrum trug, und so in Verbindung mit einem Ankerwagen nach Art des
sogenannten Clipdrumsystemes arbeiten sollte. Einige Jahre später glaubte dieselbe
Firma die Lösung des Problemes in der Anwendung zweier Ankerwagen gefunden zu
haben, von denen der eine statt der gewöhnlichen Seilscheibe ein Clipdrum trug und
die direct angehängte Locomobile mit sich schleppte. Die Uebertragung der Kraft von
dieser Maschine auf den Anker geschah mittelst eines nunmehr bekannten, aus
keilförmig zugeschnittenen Gelenken bestehenden Lederriemens, der in entsprechend
ausgedrehte Nuthenscheiben greift und gestattet, daß die treibende und getriebene
Welle zwischen gewissen Grenzen unrichtig stehen können.
Vor circa 5 Jahren machte endlich Fiskin's Manillaseilsystem in dieser Richtung mehr und nachhaltigeres
Aufsehen. In demselben wird direct vom Schwungrad der Maschine aus, in welches eine
entsprechende Nuthe eingedreht ist, ein Hanfseil in Bewegung gesetzt, welches das
ganze zu bearbeitende Feld im Viereck umspannt, und auf einer Anzahl fester
Seilträger läuft. Dieses Seil umschlingt Seilscheiben auf 2 sich vis-à-vis stehenden Ankerwagen,
ähnlich den beschriebenen Fowler'schen. Dieselben sind
jedoch mit gewöhnlichen Drahtseilwindetrommeln versehen, mittelst deren sie das
Ackergeräthe zwischen sich hin- und herziehen, während sie sich selbst
langsam entlang der Anwand und des sie bewegenden Hanfseiles fortschleppen. Die
große Anzahl der Maschinentheile, die dabei über das ganze Feld zerstreut
aufgestellt werden müssen, und die Complication der Bewegungselemente combiniren in
dem System jedoch ziemlich vollständig die Nachtheile aller anderen Apparate, so daß
an eine weitere Verbreitung des eigenthümlichen Versuches wohl nie ernstlich zu
denken war und derselbe hier nur als geschichtliche Thatsache Erwähnung findet.
Fast gleichzeitig mit den ersten Umkreisungsapparaten, in der Mitte der 50er Jahre,
construirte Fowler das System, welches später den Namen
des Clipdrumtackels erhielt. In demselben trat zuerst die selbstbewegliche
Feldlocomotive in ihrer heutigen Bedeutung auf. Sie bewegte sich an der einen Anwand
des Feldes entlang, gegenüber dem selbstbeweglichen Anker, während das Ackergeräthe
zwischen beiden hin- und hergezogen wird. Unter dem Bauch des
Locomotivkessels befanden sich anfänglich drei horizontale Seilscheiben, von denen
die mittlere mit 3 Seilnuthen versehen war und direct von der Maschine in Bewegung
gesetzt wurde. Um diese 3 Scheiben schlang sich das Seil und lief dann, ein endloses
Band bildend, in 2 parallelen Linien über das Feld, am jenseitigen Ende die
Seilscheibe des Ankerwagens umkreisend. Auf dem Ackergeräthe, an dem seine beiden
Enden befestigt waren, befand sich eine kleine Windetrommel, mittelst deren die
nöthige Straffheit erzielt wurde, und dieses Geräthe wurde durch einfaches Umsteuern
der Maschine entweder gegen dieselbe oder gegen den Anker über das Feld gezogen.
Die Erfindung des Clipdrums ersetzte die 3 Drahtseilscheiben, mit welchen endlose
praktische Schwierigkeiten verbunden gewesen, und gab dem System eine Abrundung, die
nicht nur wissenschaftlich sehr bestach, sondern auch die ersten entschieden
erfreulichen praktischen Resultate der Dampfpflügerei lieferte. Das Clipdrum ist
eine Seilscheibe, deren Umfang, statt des gewöhnlichen starren Flantschenrandes, aus
beweglichen Klappen besteht, die sich durch den in radialer Richtung entstehenden
Druck des Seiles selbst schließen, und dasselbe genau in Proportion mit dem zu
übertragenden Zuge festkneifen. Die Einfachheit und Wirksamkeit seiner mechanischen
Elemente hat ihm auch jetzt, nachdem es in der Dampfpflügerei fast entbehrlich
geworden, die ausgedehnteste Anwendung beim Betrieb von Seilbahnen in Bergwerken, im
Gebiete der Seilschifffahrt, für einfache Kraftübertragung auf große Distanzen, bei
Seillaufkrahnen etc. erhalten. Dazu kam die Erfindung des sogenannten slackgears,
eine Vorrichtung auf dem Ackergeräthe, die selbstthätig die Länge des endlosen
Seiles der wechselnden Breite des Feldes entsprechend regulirt, und in demselben die
nöthige Spannung erhält. Mit diesen Verbesserungen erhielt denn auch Fowler's Apparat 1861 seine ersten durchschlagenden
Erfolge, gegen welche eine Anzahl anderer Modificationen nicht aufzukommen
vermochten, die sich sämmtlich der Idee der Feldlocomotive bemächtigten und sie in
mannichfaltiger Weise zu verwenden suchten.
Wir erwähnen hier nur die wesentlichsten. Robei
construirte eine Maschine, bei der zwischen Hinterrad und Kessel, auf der
gemeinsamen Achse der Hinterräder zwei Windetrommeln angebracht waren, die in
ähnlicher Weise wie beim Umkreisungssystem, aber mit Vermeidung des getrennten
Windewagens, arbeiten sollten. Die Idee, an sich nicht übel, scheiterte an den
übrigen Nachtheilen des Umkreisungssystemes.
Coleman befestigte an der Seite einer Feldlocomotive 2
verticale Windetrommeln, mit denen er, in Verbindung mit einem Fowler'schen Ankerwagen, aber mit Vermeidung des Clipdrums arbeiten
wollte. Der Gedanke ging einestheils an den kleinen Trommeln zu Grund, welche das
Seil zu sehr abnutzen, theils auch an der Schwierigkeit, das Seil bei beliebiger
Stellung der Maschine zur Pfluglinie richtig aufwickeln zu können.
Auch Fowler hat neuerdings, im Drange nach billigen
Dampfpflügen, eine Maschine mit zwei horizontal gelegten Windetrommeln construirt,
welche in derselben Weise benutzt werden und die Mängel des Coleman'schen Planes vermeiden. Der Apparat erhielt bei der letzten großen
Dampfpflugconcurrenz die ersten Preise als billigster Apparat. Was aber überhaupt von
billigen Dampfpflügen zu halten ist, weiß man zum Glücke nachgerade selbst in
weiteren Kreisen.
In ähnlicher Weise suchte auch Howard neuerdings
vorzugehen, erschwerte sich aber die Aufgabe durch die Beibehaltung der verticalen
Stellung der Windetrommel und die ganz eigenthümliche Construction seiner
Kessel.
Savorey endlich legte die Coleman'schen verticalen Trommeln nicht wie dieser an die Seite, sondern
ganz um den Kessel herum. Diese originelle Construction mit all' ihren nicht zu
vermeidenden Mängeln, hatte wenigstens die gute Folge, im Jahre 1862 die alte Idee
der Doppelmaschine wieder zu beleben, welche Fowler im
selben Jahre, in dem sein Clipdrumsystem officiell für den besten Dampfpflugapparat
erklärt wurde, aufgriff.
Da das nunmehr erscheinende System die Sache endlich aus dem experimentellen Stadium
gerissen und in eine einigermaßen feste Form gegossen hat, da es überdieß den
Dampfpflügen auf dem Continente und fast jedem Lande der Erde wirkliche praktische
Anwendung gesichert hat, so wird es nicht unpassend seyn, auf dasselbe etwas näher
einzugehen.
Zunächst zeichnet sich der Arbeitsplan durch seine primitive Einfachheit aus. Zwei
Feldlocomotiven, jede mit einer Windetrommel versehen, bewegen sich an zwei
gegenüberliegenden Anwänden des Feldes langsam vorwärts und ziehen, abwechselnd
arbeitend, mittelst ihres Drahtseiles das Ackergeräthe zwischen sich hin und her.
Damit ist Alles gesagt.
Die zur Verwendung kommenden Maschinen variiren in ihrer Stärke zwischen nominell 8
und 30 Pferdekräften. Die gewöhnlich gebräuchlichen Stärken sind 12, 14 und 20
Pferdekräften, wobei die Maschinen, wenn doppelcylindrig einen Cylinderdurchmesser
von 7 1/2 bis 9 Zoll, einen Hub von 12 Zoll, Dampfspannung von 100 Pfd. Ueberdruck,
1/4 bis 3/4 variabler Cylinderfüllung, eine Umdrehungszahl von 180 bis 150 Touren
erhalten und eine effective Maximalleistung von resp. 40 bis 90 Pferdekräften
nachweisen. Neuerdings wurden für sämmtliche Stärken unter 20 Pferdekraft
eincylindrige Maschinen vorgezogen, die, obgleich Anfangs etwas schwieriger zu
handhaben, nach genauen Experimenten eine Kohlenersparniß von 7 bis 10 Proc. ergeben
haben. Die Kessel haben den Typus von Locomotivkesseln, mit verhältnißmäßig weiten
Röhren und großer Feuerbüchse. Die Seitenplatten der letzteren sind nach hinten und
bei manchen nach oben verlängert, um die Lager für die Hinterachse und die
nothwendigen Vorgelege zu tragen. Der Cylinder liegt dem Rauchkammerende des Kessels zu in einem
gußeisernen Dampfdom; fast der einzige Theil der Maschine, welcher aus diesem
Material besteht. Die Schieberbewegung geschieht durch eine Stephenson'sche Coulissensteuerung, die eine Veränderung der
Cylinderfüllung von 1/4 bis 3/4 des Hubes gestattet. Die Kurbelwelle ist aus Stahl
und ruht in 2 getrennten Lagerböcken aus Gußstahl. Hinter der Feuerbüchse, und an
dieselbe angehängt, befindet sich eine Plattform für den Maschinisten, deren untere
Partie den Wasserbehälter, die obere den Kohlenvorrath enthält. Von der Kurbelwelle
erfolgt auf der eilten Seite mittelst zweier Vorgelege und entsprechender
Stirnräder, und mit einer Klauenkuppelung ausrückbar, die Bewegung der Hinterachse,
welche die beiden los aufsitzenden Hinterräder mittelst Bremsbänder mitnimmt. Diese
Räder aus Schmiedeeisen, mit eingegossener Nabe, sind 20–30'' breit bei einem Durchmesser von 5 1/2 bis 6 1/2'. Das Vordergestell bildet eine schmiedeeiserne, in
einer Pfanne drehbare Achse mit ähnlichen Rädern. Die Achse steht in Verbindung mit
einem Steuerrad auf dem Tender, mittelst dessen die Maschine gewendet und in Curven
geführt wird. Die Geschwindigkeit der auf diese Weise erzielten Straßenbewegung
beträgt circa 1/2 Meile per
Stunde, Curven von 30' Radius und Steigungen von 1 : 10
können auf gewöhnlichen Feldwegen mit einer angehängten Last von 300 Centnern
befahren werden, während sich die Maschine selbst auf frisch- und
tiefgepflügtem Felde wo kaum ein Gespann durchkommt, ohne Anstand fortbewegt, so
lange wenigstens ein fester Untergrund vorhanden ist.
Unter dem Kessel, zwischen den Vorderrädern und der Feuerbüchse liegt die horizontale
Seilwindetrommel. Der an ihrer oberen Flantsche angegossene Zahnkranz wird durch ein
Getriebe am unteren Ende einer verticalen Welle in Bewegung gesetzt, welche selbst
durch ein Paar conischer Räder mit der Kurbelwelle in Verbindung steht. Auch diese
Bewegung ist durch eine Klauenkuppelung auszurücken. Ein Winkelhebel, das Seil
zwischen kleinen Führungsrollen haltend, bewegt sich vor der Seiltrommel auf und ab,
das richtige Aufwickeln des Seiles vermittelnd. In horizontalem Sinn ist derselbe
vollständig freischwingend, so daß das Seil ohne weitere Abbiegung von der Trommel
aus in jeder beliebigen Richtung ablaufen kann, was den wesentlichen Vortheil
horizontaler Trommeln bildet.
Die Länge des angewendeten Drahtseiles beträgt circa 400
Meter. Dieß wäre demnach das Maximum der Distanz zwischen beiden Maschinen oder die
Breite des auf einmal zu pflügenden Feldes. Die Strecke wird vom Ackergeräthe in circa 5 Minuten zurückgelegt, was eine
Normalgeschwindigkeit von 1 1/4 Meter per Secunde indicirt. Zum regelmäßigen
Betrieb sind auf jeder Maschine 1 Mann, auf dem Ackergeräthe ein, unter Umständen
zwei Leute erforderlich. Nach Beendigung der Arbeit in einem Felde werden die Seile
einfach vom Instrument losgehakt und aufgewunden, die Apparate an die
Feldlocomotiven angehängt und ohne weitere Beihülfe von Leuten oder Zugthieren Alles
in wenigen Minuten in das nächste zu bearbeitende Feld gezogen, wo ohne Verzug die
Arbeit in derselben Weise wieder beginnen kann.
Wir fassen die Vortheile des Systemes, wie sie sich nach mehr als zehnjähriger
Erfahrung festgestellt haben, in wenigen Worten zusammen. Simplicität des
Arbeitsplanes und compacte Form der Maschinerie – Minimum der Zahl der
Bedienungsmannschaft – Einfachheit der Manipulationen derselben –
directer Zug des Seiles ohne Abbeugungen zwischen Ackergeräth und Maschine und
geringst mögliche Länge desselben, daher reducirte Abnutzung und ein Minimum von
Kraftverlust – beliebige Richtung der Pfluglinie – absolute
Selbstbeweglichkeit des Apparates – rasches und müheloses Ingangsetzen und
Versetzen desselben – und schließlich, aber keineswegs von geringster
Bedeutung, abwechselndes Stillstehen der Maschine.
Der letzte Punkt verdient eine erläuternde Bemerkung, weil er gerade dem System
gelegentlich zum Vorwurf gemacht wird. Jeder Ingenieur weiß aus den statistischen
Nachweisen des Eisenbahnwesens wie kurz verhältnißmäßig die wirkliche tägliche
Arbeitszeit einer Locomotive ist. Ganz in ähnlicher Lage befinden sich auch
Dampfpflugmaschinen. Es wird von denselben während der Arbeit stets die extremste
Leistung gefordert, welche Dampfkraft und Material gestatten. Die Hauptaufgabe ist
auch hier, aus einem gegebenen Gewicht ein Maximum von Kraft herauszupressen. Dabei
soll der Dampfpflugapparat von früh bis spät, 10 bis 15 Stunden per Tag aufenthaltslos im Gange bleiben. Dieß ist
factisch nur durch das abwechselnde Stillstehen beider Maschinen möglich, welches
dem Führer Zeit gibt, das Feuern, Schmieren und etwaige kleine Reparaturen –
das Anziehen einer Mutter, das Nachtreiben eines Keiles – zu besorgen, ohne
den Gang des Ganzen zu stören.
Hierin namentlich und in der leichten Versetzbarkeit der Apparate liegt der Grund
ihrer unverhältnißmäßig größeren Jahresleistung, die bei bloßen Experimenten kaum so
auffallend hervortritt. Seine weite Verbreitung gewann das System dagegen namentlich
durch die Leichtigkeit, mit der es sich den mannichfachsten localen Verhältnissen
und Bedürfnissen anpassen läßt. Die durch diese Erfolge angeregten Nachbildungen
desselben verdienen kaum eine eingehendere Berührung. Das bloß zwecklos Originelle (wie
z.B. die Querkessel, welche vor 5 Jahren von sich sprechen machten, oder die in
diesem Falle durchaus verfehlte Anwendung der Wasserröhrenkessel für
Feldlocomotiven) hat nur so lange Lebensfähigkeit, als es neu ist. Jedes Jahr bringt
in dieser Richtung seine Eintagsfliegen.
Wir haben uns nun zu den vom Drahtseil bewegten Ackergeräthen zu wenden, in deren
erster Linie der eigentliche Pflug steht.
Bekanntlich wendet der Pflug die vom Schar und Pflugmesser losgetrennten
Furchenschnitte nach einer Seite hin – gewöhnlich nach rechts – so
daß, wenn am Ende der Furche Pflug und Pflüger umkehren, die frische Schnitte nach
der anderen Richtung des Feldes hin umgelegt wird. Deßhalb arbeiten gewöhnliche
Pferdepflüge stets in Beeten und erfordern an den Anwänden bei jedem Umwenden eine
der Breite des Beetes entsprechende seitliche Bewegung. Diese verbietet sich beim
Dampfpflügen aus triftigen Gründen; man wendet deßhalb stets zweierlei, rechte und
linke Pflüge an, die abwechslungsweise beim Hin- und Hergang des Instrumentes
in Thätigkeit sind und das Feld mit Vermeidung der Beete vollständig flach nach
einer Seite hin wenden. Dieß führte auf den Balancepflug, der bis jetzt trotz einer
Reihe von Versuchen in anderer Richtung der Typus sämmtlicher eigentlicher
Dampfpflüge geblieben ist.
Ein starrer schmiedeeiserner Rahmen, symmetrisch nach vorn und hinten gebaut, ruht
auf zwei Mittelrädern und ist so abgebogen, daß, wenn die eine Hälfte horizontal
herabgedrückt wird, die andere sich unter einem Winkel von circa 36 Grad nach aufwärts richtet. Jede dieser Hälften trägt eine Anzahl
eigentlicher Pflugkörper, an der Seite des Rahmens angeschraubt, welcher, den
gemeinschaftlichen Pflugbaum bildend, durch seine diagonale Richtung die Stellung
der einzelnen Pflüge hinter und seitlich nebeneinander von selbst ergibt. Das
getrennte, die Achsen der Mittelräder verbindende verticale Gestell trägt die Welle,
auf der sich die zwei Hälften des Pflugapparates balanciren, woher der Name.
Befindet sich die eine Hälfte arbeitend im Boden, so wird die andere freischwebend
in der Luft getragen. Am Ende der Furche angekommen, wird statt des Wendens das
Instrument einfach umgekippt und um seine totale Furchenbreite seitlich gesteuert.
Die Tiefe der Arbeit wird durch die verstellbare Position der beiden Mittelräder und
eines dritten am hinteren Ende des Pfluges befindlichen Schuhes oder Rades bedingt.
Die Mittelräder dienen zugleich zum Steuern des Ganzen, wodurch die Bewegung des
Apparates zwischen gewissen Grenzen unabhängig von der Richtung des Seiles ist.
Hierzu befindet sich ein Mann auf dem Pfluge. Natürlich werden die Pflüge selbst, je
nach den Bedürfnissen des Bodens und der Culturarbeit mannichfach variirt.
Namentlich dient der Rahmen in vortrefflicher Weise für Instrumente zu
Untergrundarbeiten und zu Combinationen von gewöhnlichen Pflügen mit tiefer
Unterackerung; während seine Anwendung für sehr seichte Arbeit weniger geeignet
erscheint. Die bis jetzt ausgeführten Größen von Balancepflügen schwanken zwischen 1
und 10 Furchenpflügen. Am gebräuchlichsten sind für Tiefcultur 3 und 4 Furchen, für
mittlere Arbeit 5 bis 7 Furchenpflüge. Die durchschnittliche quantitative Leistung
kann per Stunde und Pflugkörper auf 0,1 Hektare
angenommen werden.
Die zweite Hauptgattung der ersten Bodenbearbeitung ist das Grubbern oder Extirpiren,
bei dem, wie bei den allerältesten Ackergeräthen ein bloßes Aufreißen und kein
Wenden des Bodens bezweckt wird. Coleman und Smith waren die ersten welche diese Art von Arbeit in
England wieder populär machten. Die Smith-Coleman'schen Dampfcultivatoren bestehen aus einem auf 3 Rädern
stehenden, mit gebogenen Zinken versehenen Rahmen, der sich an den Feldenden durch
das Anziehen des nunmehr arbeitenden Seiles, mit den Zinken im Boden, umwendet. Fowler construirte kurz nach Erscheinen dieses zwar
einfachen, aber nur in kleinen Dimensionen möglichen Geräthes seinen
Balancecultivator nach dem Princip des Balancepfluges, während Howard mit einem Apparate erschien – dem besten Dampfpfluggeräthe,
welches aus diesem Etablissement hervorgegangen – bei dem die Zinken, ohne
umzuwenden einfach hin- und herarbeiten, indem sie nach beiden Seiten hier
mit Schneiden versehen sind.
Keiner dieser Apparate gestattete es jedoch, demselben Dimensionen zu geben, wie sie
bei der verhältnißmäßig leichteren Arbeit des Cultivirens verlangt werden mußten,
wenn die Kraft der Maschinen ausgenutzt werden soll. Smith's konnte an den Feldenden nicht gewendet werden, Howard's verlor alle Steuerbarkeit und Fowler's wurde so schwer und schwankend, daß er keine
regelmäßige Arbeit ergab. Dieß gelang erst mit der Construction der Fowler'schen Wendecultivatoren. Auch hier ruht der
Hauptrahmen des Instrumentes, ungefähr von Dreiecksform, auf 3 Rädern, von denen das
vordere zum Steuern dient. Die beiden Hinterräder stecken auf einer gemeinsamen
Achse, welche in 2 am Rahmen festgeschraubten Lagern ruht und außerhalb derselben,
an beiden Enden kurbelartig abgekröpft ist, so daß sozusagen der Kurbelzapfen die
Achse des Rades bildet. Eine Drehung dieser Welle wird, wie leicht zu sehen, ein
Heben oder Senken des Rahmens und damit ein Ausheben oder Eingreifen der an
demselben befestigten Cultivatorzinken zur Folge haben. Nun sind die beiden
Seilenden an den Enden eines doppelarmigen Zughebels befestigt, der in horizontalem
Sinne um einen festen, hinter dem Steuerrad gelegenen Zugzapfen drehbar ist. Die
relative Lage des Zugzapfens und Steuerrades ergab die Möglichkeit des Steuerns
selbst der breitesten Instrumente und bildet eines der wesentlichsten Elemente in
dieser Classe von Apparaten. Die Form des Zughebels führt das nach rückwärts
liegende, nichtarbeitende Seil am Instrumente vorbei und legt es nahezu in die
Linie, in der der Rückgang erfolgt. Wenn am Ende des Feldes angelangt, die zweite
Maschine zu arbeiten anfängt, so dreht sie zunächst den Zughebel in eine Position
senkrecht zur Mittellinie des Kultivators. Diese Bewegung durch eine Kette und ein
Segment auf die Welle der Hinterräder übertragen, dreht dieselbe um circa 100 Grad und hebt dadurch in der angedeuteten
Weise die Zinken aus dem Bogen. Jetzt dreht der Apparat, vollständig frei auf 3
Rädern stehend, nicht nur um, sondern schwingt zugleich seitlich vorwärts. Dabei
kommt der Hebel wieder in seine normale Stellung, gestattet das Zurückdrehen der
Hinterachse und das erneute Eingreifen der Zinken in den Boden.
Die wesentlich neuen Elemente des Apparates sind hiernach seine Steuerbarkeit durch
die relative Lage des Steuerrades und Zugzapfens, das Ausheben der Ackerwerkzeuge
beim Wenden durch den Zug des Seiles und das seitliche Verrücken des ganzen
Instrumentes durch das Wenden. Die Art und Anzahl der Zinken wird in der
mannichfachsten Weise variirt und das Princip für Häufelpflüge, Rübenheber, 16 Fuß
breite Grubbereggen, selbst für Combinationen von Säemaschinen und Cultivatoren
angewendet. Es bot nach langem Suchen die Möglichkeit, dem Ackergeräthe jede
beliebige der Kraft der Maschine entsprechende Breite zu geben und damit auch die
leichteren Operationen der Landwirthschaft in den Bereich der Dampfcultur zu
ziehen.
Ich muß befürchten, Sie bereits zu sehr mit Details ermüdet zu haben. Ich würde
diesen unangenehmen Erfolg sicher erreichen, wollte ich Sie mit der Beschreibung von
Specialgeräthen hinhalten, wie Walzen und Eggen, Drainagepflüge und Grubenzieher,
Wurzel- und Steinexstirpatoren, und was sonst auf diesem breiten Gebiete
bereits versucht und geleistet worden. Genüge es zu sagen, daß das Fowler'sche Doppelmaschinensystem in den letzten 10
Jahren die praktische Möglichkeit geboten und erprobt hat, sämmtliche
landwirthschaftlichen Bodenarbeiten durch die Kraft des Dampfes vollziehen zu
lassen, von der Urbarmachung des Waldbodens, dem Entwurzeln und Ausreißen von
Bäumen, dem Ausziehen von Steinen und losen Felsblöcken, vom ersten Aufbrechen alter Hutweiden oder
struppiger Präriematten, dem Ziehen von Drainageröhren und Bewässerungsgräben, bis
zum Pflügen und Cultiviren des gartenartig aufgelockerten Bodens, dem Eggen und
Walzen und selbst dem Säen und schließlichen Bestellen des Feldes. Wenn auch in
manchen Theilen, wie alles in der Welt, noch mannichfacher Verbesserung fähig und
fortwährend einer Menge durch locale Verhältnisse gebotener Modificationen bedürftig
– die breite Thatsache steht fest, daß die Bodenbearbeitung durch Dampfkraft
im Laufe der letzten 20 Jahre ein gelöstes Problem geworden ist.
Ueber den Werth der Dampfcultur gestatten Sie mir an dieser Stelle nur wenige Worte.
Denselben einzig nach den directen Kosten der Operation zu berechnen, wie es noch
immer häufig geschieht, wo man die Sache nur theoretisch kennt, ist eine ebenso
kurzsichtige als unrichtige Auffassung. Der Werth einer Sache, namentlich eines
Mittels zu bestimmten Zwecken, bestimmt sich nur einestheils nach ihren Kosten,
vielmehr aber nach ihrer Wirkung, ihren Resultaten, und in diesen liegt die
wirkliche raison d'être der Dampfcultur.
Die Vertiefung der Ackerkrume ist für die Landwirthschaft, was die Vermehrung des
Betriebscapitals für ein blühendes industrielles Geschäft ist. Sie kann nur durch
die Anwendung einer Kraft erzielt werden, welche bisher dem Landwirthe nicht zu
Gebote stand, denn die Multiplication der Zugthiere vor dem Pfluge verbietet sich
aus hundert praktischen Gründen.
Diese Vertiefung der Ackerkrume gibt nicht nur der Pflanze ein größeres Material, aus
dem ihre Wurzeln die nöthige Nahrung ziehen, sie wirkt auch in Betreff der
Nässenverhältnisse und der Temperatur der Ackerkrume überaus wohlthuend. Die
aufgebrochene Schichte des Bodens bildet gemäß ihrer losen Beschaffenheit einen
Schwamm, der in trockenen Jahren die Feuchtigkeit länger anhält, als bei seichter
Ackerung, während er in nassen Jahren umgekehrt dem überschüssigen Wasser einen
rascheren Abfluß nach unten öffnet. Auf diese Weise wirkt die Dampfcultur den zwei
Hauptursachen von Mißernten entgegen.
Ein anderer wesentlicher Vortheil derselben liegt in der Vermeidung der Fußtritte der
Zugthiere auf den zu bearbeitenden Feldern. Bei tiefem Pflügen mit Ochsen fallen auf
ein Joch circa 460,000 Fußtritte, welche
selbstverständlich die Tendenz haben, die Erde und den nie berührten Untergrund
namentlich zu consolidiren. So hat sich im Laufe von Jahrhunderten in jedem
wohlcultivirten Felde eine festgetretene Schichte unter der eigentlichen Ackerkrume
herangebildet, die dem verticalen Eindringen der Wurzeln die schädlichsten
Hindernisse entgegensetzen. Nicht allein dieß. Betrachtet man einen zertretenen und
zerfahrenen Feldweg nach einem Regenschauer, so erscheint derselbe voll von Pfützen,
das Bild einer regellosen Vertheilung des Wassers, während das danebenliegende Feld
ein verhältnißmäßig trockenes Aussehen hat. Eine ganz ähnliche Pfützenwirthschaft
würde es jedoch dem Auge darbieten, könnte dasselbe durch die Ackerkrume auf die
zerstampfte Pflugsohle desselben dringen. Derartige unregelmäßige Vertheilungen von
Wasser aber wirken im höchsten Grade nachtheilig auf die gleichförmige Temperatur
des Bodens, welche eine der ersten Bedingungen für ein geregeltes Gedeihen der
Culturgewächse ist, und die nur mit der Vermeidung von Zugthieren, durch eine
förmliche Gartencultur herzustellen wäre, wenn die Dampfcultur nicht dasselbe Ziel
erreichen würde.
Daß aus diesen Gründen die Wirkung der Dampfcultur durch die Vertiefung der
Ackerkrume, die Vermeidung der Fußtritte, die Drainage des nassen Bodens, das
Feuchthalten trockener Felder und schließlich durch die ermöglichte rasche und
rechtzeitige Ausführung der Culturarbeiten sich in den Erträgen nachweisen muß,
werden wenige praktische Landwirthe zu bezweifeln geneigt seyn. Hierdurch aber wird
die Allerweltsfrage: Was kostet das Dampfpflügen? auf ihren wahren Werth reducirt.
Was bringt das Dampfpflügen? Ein Plus von 10 bis 25
Procent ist eine erfahrungsgemäß festgestellte Thatsache. Ich kenne persönlich Fälle
– alte Zuckerrohrplantagen – wo der Mehrertrag 80 bis 90 Procent
betrug. So nahm es mich auch keineswegs Wunder, als ein praktischer Landwirth, dem
mehrjährige Erfahrungen in der Dampfcultur zu Gebote stehen, auf die Frage, was
kostet Sie eigentlich das Dampfpflügen? erwiederte – entre nous – es kostet mich eigentlich gar nichts. Es war dieß die
einzig richtige Antwort. Wo die Mehrerträge eines dampfgepflügten Feldes die Kosten
des Dampfpflügens nicht mehr als decken, gehört der
Dampfpflug allerdings nicht hin. Ich suche aber, bei richtiger Behandlung, dieses
Feld noch heute umsonst.
Um übrigens dennoch Anhaltspunkte über die directen Kosten des Dampfpflügens zu
geben, so muß vor Allem vorausgeschickt werden, daß dieselben in sehr beträchtlicher
Weise mit den Verhältnissen wechseln. In vielen Fällen sind sie geringer als der nur
selten richtig berechnete Preis der animalischen Arbeit, in anderen stellen sie sich
gleich, in wieder anderen müssen sie sich entschieden höher stellen. Die größere
oder geringere Schwierigkeit des Terrains, die Bodenbeschaffenheit, die Art der
Cultur, die Kosten des Personals und des Brennmateriales, die Zufuhr des Wassers,
der landesübliche Zinsfuß, die Zahl der jährlichen Arbeitstage, die etwaige
anderweitige Verwerthung der Maschinen – all' das sind Punkte, welche die Jahresbilanz
eines Dampfpfluges beeinflussen müssen, welche die Anwendung der Dampfcultur
erleichtern oder erschweren, gebieten oder unmöglich machen können. Es wäre Thorheit
zu behaupten, daß es sich heute darum handelt, die Millionen von Pferden, die wir
oben vorführten, in Ruhestand zu versetzen, gerade wie es unsinnig ist, dem
Dampfpfluge den stereotyp gewordenen Vorwurf zu machen, „daß er eben doch
noch nicht überall anwendbar sey.“
Anwendbar – ohne die nöthigen oft zu kostspieligen Vorarbeiten – ist er
nicht, wo das nöthige Land fehlt, um ihn zu beschäftigen, wo dieses Land gar zu
gebirgig und zerrissen – wo die Felder mit großen Steinen und Felsen besäet
sind – wo der Grund ein derart sumpfiger ist, daß auch entlang der Anwände
kein sicherer Standpunkt für die Maschinen gefunden werden kann – wo die
einzelnen Parzellen allzuklein und zerstückelt sind und bleiben müssen, wo häufige
Canäle und Flüsse, ohne die nöthigen Brücken, die Bewegung der Maschinen unmöglich
machen – wo kein Wasser – oder wo kein Brennmaterial für die Maschinen
zu schaffen und schließlich, wo kein Capital oder wo kein Unternehmungsgeist für
nützliche und sich rentirende Anlagen vorhanden ist – überall, wo die eine
oder andere dieser Bedingungen in hervorragender Weise auftritt, wird das Gebiet dem
Ochsen nicht streitig gemacht werden können.
Dagegen anwendbar ist die Dampfcultur überall, wo immer sich eine intensive
Wirthschaft anbahnt, wo der Werth der Tiefcultur erkannt wird, wo Wasser und
Brennmaterial und die wenigen intelligenteren Arbeiter zu beschaffen sind, welche
eine Schaar der bornirteren Classe zu ersetzen haben, wo entweder der
Großgrundbesitz oder die Combination kleinerer Landwirthe über das nöthige Capital
verfügt. Der so abgegrenzte Bereich aber ist mehr als genügend für eine große
volkswirthschaftliche Neuerung.
Doch zurück zur directen Preisfrage, die sich in Kürze nur durch ein specielles
Beispiel abwickeln läßt. Auf englischem, mittelschweren Boden, bei englischen
Kohlenpreisen und Lohnverhältnissen stellt sich Leistung und Preis derselben
inclusive Interessen und Amortisation eines 14pferdigen Apparates beiläufig wie
folgt:
14- bis 16zölliges tiefes Pflügen circa 3/4 Joch
per Stunde. Kohlenverbrauch 3 bis 4 Centner per Joch, Kosten der Arbeit per Joch 10 bis 14 fl.
8- bis 10zölliges tiefes gewöhnliches Pflügen 1 bis 1 1/4 Joch per Stunde, Kohlenverbrauch 1 1/2 bis 2 1/2 Centner per Joch, Kosten 4 bis 8 fl. per Joch.
14zölliges tiefes Cultiviren 1 bis 1 1/4 Joch per Stunde,
Kohlenverbrauch 1 1/2 bis 2 1/2 Ctr. per Joch, Kosten 5
bis 9 fl. per Joch.
7- bis 10zölliges Cultiviren 1 1/2 bis 2 1/2 Joch per Stunde, Kohlenverbrauch 1 bis 2 Ctr. per
Joch, Kosten 3 bis 5 fl.
4- bis 5zölliges Cultiviren 3 bis 4 Joch per
Stunde, 1/2 bis 1 Ctr. Kohle per Joch, Kosten 2 bis 3
fl.
Eggen und Walzen 3 bis 4 Joch per Stunde, 1/2 Ctr. Kohle
per Joch, 1 1/2 bis 2 fl.
Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß in England fast jede Art von Dampfcultur direct
billiger ist, als die entsprechende Pferdearbeit. In Frankreich und Deutschland kann
die mittlere und tiefe Cultur als direct billiger mit Dampf herzustellen betrachtet
werden. In Oesterreich ist es jedenfalls die eigentliche Tiefcultur. Wie wenig aber
hierin der wirkliche Maaßstab für den Werth der Sache liegt, habe ich oben
nachzuweisen gesucht.
Zum Schlusse erlauben Sie mir, einige Worte über die factische Verbreitung des
Dampfpfluges beizufügen. England, seine eigentliche Geburtsstätte, ist natürlich
trotz mannichfach ungünstiger Verhältnisse bis jetzt seine bevorzugte Heimath
geblieben. Der hügelige, häufig nicht tiefgrundige Boden des Landes, die kleinen,
unregelmäßig umzäunten Felder, die keineswegs großen Güter der einzelnen Pächter und
Gutsbesitzer, der zähe Conservatismus des Bauern, welcher keineswegs dem Neuen so
hold ist, als man sich auf dem Continente einbildet, all' das war der Sache im
Anfang ebenso hinderlich, als die Reihe von Fehlgriffen, die im technischen Gebiete
während der Entstehungszeit des Dampfpfluges unvermeidlich waren, und für welche der
englische Landwirth wie der englische Maschinenbauer zunächst schweres Lehrgeld zu
bezahlen hatten. Dagegen förderlich war dort die Neigung und das angeborene Talent
jeder Classe der Bevölkerung für Alles, was Maschinen heißt; die Mittel, der Muth
und die Ausdauer, die dort einer großen, schwer durchzuführenden Idee, wie in
wenigen anderen Ländern zu Gebote stehen, und die Möglichkeit, durch den Welthandel
sofort fast jedes ackerbauende Land der Erde bis zur thätigen Theilnahme für die
Sache zu interessiren. Förderlich und nicht zu unterschätzen war ferner das
ermuthigende Interesse welches die landwirthschaftlichen Gesellschaften besonders
die Royal agricultural Society of England dieser, wie
jeder fortschrittlichen Bewegung entgegenbrachten. So hatten sich selbst vor der
Erfindung der Doppelmaschinenapparate eine beträchtliche Anzahl der größeren Güter
des Landes auf Dampfcultur eingelassen, während mit dem letzten großen Schritt die
praktische Möglichkeit des Miethpflügens geboten war, die derzeit von über 100
Gesellschaften und Unternehmungen, von welchen Einzelne mehr als 20 Dampfpflüge
beschäftigen, in blühendem Schwunge erhalten wird.
Selbst in der ersten Zeit regte sich in den englischen Colonien, vor Allem in
West-Indien und dem südamerikanischen Festlande dringend das Bedürfniß nach
Dampfcultur. Unter den Tropen ist das Zugthier für harte Arbeit werthlos. Tiefcultur
dagegen ist namentlich für das Zuckerrohr von höchstem Werthe und muß häufig durch
die kostspieligste Handarbeit erzielt werden. Kein Wunder daher, daß die
intelligenteren Pflanzer des Westens gierig nach dem gebotenen Mittel griffen, die
Gabel und Haue des theueren Negers zu ersetzen und sich nicht sobald durch locale
Schwierigkeiten abschrecken ließen. Demerara bot den
ersten Angriffspunkt. Hier, wo die flachen tiefliegenden Felder von hundert
Entwässerungscanälen durchschnitten sind, wurden die Pflugmaschinen in Barten
montirt, um das Ackergeräthe zwischen zwei Canälen hin- und herzuziehen. Auf
den westindischen Inseln, wo das Rohr, wie die Reben am Rhein an den vulcanischen
Bergen hinaufwächst, hatte ich vor 4 Jahren Gelegenheit Felder zu cultiviren, die
mir eher für die Gemsenjagd geeignet schienen, und doch bilden diese Inseln heute
eine regelmäßige Abzugsquelle für Dampfculturgeräthe. Aus ähnlichen Gründen hat in
den letzten Jahren auch Peru und über Buenos Aires auch Bolivia und Paraguay eine
nicht unbeträchtliche Zahl von Apparaten eingeführt.
Weniger Glück hatte der Dampfpflug in den Vereinigten Staaten. Im Westen auf den
ausgedehnten Präriefarmen ist das übliche landwirthschaftliche Raubsystem jeder
intensiven Cultur feind. Dabei existirt auf den großen Complexen nicht das nöthige
Capital, ohne welches die Dampfcultur sich einfach verbietet. Im Süden, in den
Baumwoll- und noch mehr in den Zuckerdistricten wären die
landwirthschaftlichen Verhältnisse der Sache überaus günstig. Dort aber erschweren
die seit dem Kriege herrschende und noch immer nicht überwundene allgemeine
Verarmung der größeren Besitzer und die unsinnigen Zollverhältnisse die Einführung
der englischen Apparate, während die amerikanischen Versuche sich bis vor Kurzem
noch auf experimentellen Irrwegen bewegten und nie auf einen grünen Zweig gekommen
sind.
Ein in so vielen anderen Beziehungen merkwürdiges Land wurde es auch für den Absatz
von Dampfpflügen. Im Jahre 1862 hatte ich Veranlassung in Aegypten den ersten
Doppelapparat – den zweiten, der überhaupt gebaut wurde – in Gang zu
setzen, nachdem wenige Monate zuvor eine Clipdrummaschine daselbst ein nicht sehr
glückliches Debut gemacht hatte. Bald, in Folge der damaligen enormen
Baumwollpreise, einer
das Land verwüstenden Rinderpest und des thätigen Interesses, welches Halim Pascha,
der Onkel des Vicekönigs und dieser selbst an der Sache nahm, gingen buchstäblich
Hunderte von Dampfpflugmaschinen nach Aegypten, von denen allerdings nicht alle ihre
Thätigkeit begannen und viele sie nach wenigen Jahren wieder eingestellt haben. Man
muß die dortigen Verhältnisse näher kennen, um dieß zu begreifen. Mit dem Sinken der
Baumwollpreise nach dem amerikanischen Kriege nahm das Agriculturwesen des ganzen
Landes eine andere Richtung. Kaum errichtete Fabriken wurden abgeschlossen und
vergessen. Ganze Districte versanken wieder in Sand und Klee. Jetzt ist es das
Zuckerrohr, das auf den kolossalen Besitzungen des Vicekönigs auch dem Dampfpflug
wieder einen neuen Impuls gibt, so daß trotz der Hunderte in diversen Theilen des
Landes thätigen oder stehenden Dampfpflugapparate erst vor 12 Monaten wieder 22
derartiger Maschinen in Aegypten abgeliefert werden konnten.
In Deutschland zwar etwas hingehalten durch die Kriegsperiode, hat die Sache seit dem
Jahre 1869 ernstlich und unbestreitbar Boden gefaßt. Nahe an 50 Apparate sind in
diesem Augenblick in verschiedenen Theilen des Reiches thätig, namentlich in den
Rübenculturdistricten, wo eine tiefe Bearbeitung des Bodens unumgänglich nothwendig
geworden und wo der industrielle Betrieb der Wirthschaften eine richtige Auffassung
der Sache angebahnt hat. So sind, am Rhein entlang, trotz der Zerstückelung der
Complexe 7, an der Oder, trotz der schwierigen Terrainverhältnisse 8 und um
Magdeburg und Halberstadt nicht weniger als 19 Dampfpflüge im Betrieb. Dieß,
namentlich der letztere, sind Districte, wo man notorisch zu rechnen weiß. Dort
gerade aber schreckt die Anlage eines verhältnißmäßig großen Capitals, dessen
Rentabilität sich nachweislich feststellt, weniger ab, als in rein
landwirthschaftlichen Gegenden, in denen man häufig und leider noch viel zu sehr von
der Hand in den Mund lebt.
Auch Oesterreich schließt sich diesem landwirthschaftlichen Fortschritte des
Nachbarlandes an. Besonders war es die Administration Sr. kgl. Hoheit des Erzherzogs
Albrecht, die muthig für die wohlerkannten Interessen der heimischen Landwirthschaft
mit gutem Beispiel voranging, ein Schritt, der sich auch, wie zu erwarten, vom
einfachen Standpunkte des Soll und Habens gerechtfertigt hat. Bereits sind 3 der
größten Apparate auf den erzherzoglichen Gütern in Thätigkeit, während der vierte,
für die Altenburger Complexe bestimmt, in der Ausstellung als, wie ich hoffe, nicht
unwürdiger Repräsentant englischer technischer Productivität und österreichischen
landwirthschaftlichen Unternehmungsgeistes figurirt. In ähnlicher Weise wird auch auf den Gütern
Sr. Maj. des Kaisers Ferdinand, sowie von einigen der hervorragendsten
landwirthschaftlichen Größen Böhmens und Mährens, wie Schöller in Czakovitz, Robert in Selowitz und
Ritter v. Horsky, vorgegangen.
Spanien und Rußland, Rumänien und die Walachei, sowie Ost-Indien und
Australien haben alle in reger Weise begonnen, das Beispiel, das der Westen Ihnen
gibt, nachzuahmen. Jedes dieser Länder bietet Veranlassung zu besonderen Studien,
zur Bekämpfung besonderer Schwierigkeiten. Hier ist es das eigenthümliche
Brennmaterial, dort der Mangel von Wasser, hier das Personal, dort außerordentliche
Terrainverhältnisse, aber überall und mit jedem Tage mehr wachsen die Verhältnisse
einem Bedürfnisse entgegen, das in allen Zweigen des technischen, industriellen und
landwirthschaftlichen Lebens das Reich des Dampfes, des eigentlichen Motors unseres
Jahrhunderts erweitert. Wenn ich im Dienste dieses Meisters, der zugleich der
treueste und geschäftigste Diener der arbeitenden Menschheit geworden, Sie meine
Herren länger als billig in Anspruch genommen, so werden Sie mir's vergeben müssen,
als Collegen und Mitarbeiter am großen Werke, um der 20 Millionen Pferdekräfte
willen, die uns auf dem besprochenen Gebiete zum Kampfe herausfordern.