Titel: | Wood's verbesserte Corliss-Steuerung. |
Fundstelle: | Band 211, Jahrgang 1874, Nr. XXXI., S. 161 |
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XXXI.
Wood's verbesserte Corliss-Steuerung.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Wood's verbesserte Corliss-Steuerung.
Die von der Firma J. und E. Wood in Bolton (England)
construirte und mit ihrer verbesserten Corliß-Steuerung versehene Maschine von 400 indicirten Pferdestärken
ist im Engineering vom 21. November 1873, S. 421 mit
mehreren Zeichnungen beschrieben worden, welchen wir die Skizzen in Figur 14–18 entnehmen.
Die Maschine selbst ist zweicylindrig mit Hochdruck- und Expansionscylinder,
aber mit um 90 Grad versetzten Kurbeln, weßhalb zwischen den beiden Cylindern ein
Dampfsammler angebracht werden muß, welcher den vom Hochdruckcylinder ausgestoßenen
Dampf aufnimmt, ehe derselbe im Niederdruckcylinder zur Wirkung gelangen kann. Die
in Figur 14
und 15 resp.
16 und 17 beigefügten Diagramme des Hochdruckcylinders beziehentlich des
Niederdruckcylinders erläutern die dadurch entstehende Dampfvertheilung, welche
entschieden ungünstiger wie bei dem Woolf'schen Systeme
erscheint, und lassen zugleich die Wirkung des Steuerungsmechanismus
beurtheilen.
Derselbe ist bei dem Niederdruckcylinder ein einfacher Muschelschieber, bei dem
Hochdruckcylinder jedoch, wie erwähnt, eine von Wood
modificirte Corliß-Steuerung, welche im Folgenden
näher beschrieben werden soll.
Die Welle a (Fig. 18), von welcher die
Bewegung der Corlißhähne ausgeht, ist quer vor dem
Dampfcylinder in einem eigenen Gestelle gelagert und erhält mittelst Zahnräder ihre
rotirende Bewegung von der Schwungradwelle mit gleicher Umdrehungszahl. Ein Excenter
b, welches auf der Welle a mit dem gewöhnlichen Voreilungswinkel aufgekeilt ist, (der Dampfkolben
steht für die bezeichnete Stellung auf seinem todten Punkte rechts) bewegt mittelst
der Zugstangen l und m die
beiden Dampfaustrittshähne A und A' in der erforderlichen Weise. Die Dampfeintrittshähne B und B' aber stehen mit dem
sie bewegenden Excenter
c und c' durch die Hebel
d, d', die Stangen e,
e', die Klauen f, f' und die Schubstangen g, h und g, h' nur in einer
beliebig auslösbaren Verbindung, mittelst deren die verschiedenen Expansionsgrade
geregelt werden. Sobald nämlich die Stange e, an deren
vorderem Ende die Klaue f angebracht ist, nach aufwärts
gehoben wird, verlieren deren Zähne den Eingriff mit den correspondirenden Zähnen
der an der Schubstange g befestigten Klaue, die Feder
i kommt zur Wirkung, zieht die Schubstangen g und h nach links und
schließt damit den Dampfeintrittshahn B. Um dabei Stöße
zu vermeiden, ist, wie bei allen Corliß-Steuerungen, ein Luftbuffer zwischen den Schubstangen g und h angebracht.
Es bleibt noch zu zeigen, in welcher Weise die oben erwähnte Ausrückung der Klauen
f (resp. f')
stattfindet. Zu dem Ende tragen die Stangen e und e' vorn je eine Rolle, welche beim Vorwärtsschreiten auf
eine schiefe Ebene aufläuft, durch welche schließlich der Eingriff der Klauen f und f' aufgehoben wird.
Indem nun diese keilförmigen Stücke, welche das Auslösen der Steuerung bewirken,
durch Zugstangen und Hebel mit einer Welle K verbunden
sind, welche durch die Schubstange r vom Regulator aus
hin und her gedreht werden kann, so ist leicht ersichtlich, wie beim Steigen des
Regulators die Welle K und damit die auslösenden
Keilstücke nach links bewegt werden, wodurch sodann ein früheres Auslösen und
kürzere Admission des Dampfes erzielt wird.
Im gegentheiligen Falle finden beim Sinken des Regulators immer größere Admissionen
statt. Würde aber durch einen unglücklichen Zufall während des Ganges der Maschine
der Regulator ganz herabsinken, so ist auch hierfür noch Sorge getragen, damit die
Maschine am Durchgehen verhindert wird. Es wird nämlich dann mittelst eines
Gewichthebels die Welle K soweit nach rechts gedreht,
daß eine zweite schiefe Ebene zur Wirkung gelangt, welche die Klauen f und f' vollkommen aushebt
und dadurch die Maschine abstellt. Damit dasselbe nicht aber bei einem absichtlichen
Stillstande der Maschine eintrete und dadurch das Anlassen derselben verhindere, so
wird vor dem Abstellen der Maschine ein Anschlag eingerückt, welcher den Ausschlag
der Welle X nach rechts begrenzt.
Die Skizze in Fig.
18 stellt den Hochdruckcylinder dar, wie der Kolben gerade von rechts nach
links zu treiben beginnt und die Steuerwelle a in der
Richtung des Pfeiles rotirt. Das Excenter c hat nur um
wenige Grade die Horizontale überschritten, wenn die Kurbel auf dem todten Punkte
steht, gerade weit genug, um den Steuerhahn um die Größe der Ueberdeckung aufgedreht
zu haben, so daß also der Dampfeintrittsquerschnitt zunächst sehr klein ist und erst
mit wachsendem Umdrehungswinkel zunimmt, bis endlich, kurz vor dem zweiten todten
Punkte der Steuerhahn seinen größten Ausschlag erreicht hat, wenn er nicht früher
schon ausgelöst worden ist. Dasselbe findet selbstverständlich mit dem zweiten
Excenter c' statt, welches zur Steuerung des Hahnes B' bestimmt ist.
Es ist klar, daß auf diese Weise alle Füllungsgrade von 0 bis nahezu 100 Procent
erzielbar sind, wie dieß überhaupt bei Anwendung auch von nur zwei Excentern zur Corliß-Steuerung ohne Schwierigkeit zu erreichen
ist. Bei der hier vorliegenden Anordnung scheint allerdings noch der Nachtheil einer
zu langsamen Eröffnung in der Nähe des todten Punktes des Excenters bedingt zu seyn;
das angezogene Diagramm aber, abgenommen bei einer Kolbengeschwindigkeit von über
zwei Meter pro Secunde, widerlegt diese Besorgniß
wenigstens in dem betreffenden Falle vollkommen.
M-M.