Titel: | Locomobile mit Schemioth und Head's Strohfeuerung. |
Fundstelle: | Band 211, Jahrgang 1874, Nr. XLVI., S. 251 |
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XLVI.
Locomobile mit Schemioth und Head's Strohfeuerung.
Nach Engineering, Mai 1873, S. 357 und August 1873, S.
147.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Locomobile mit Schemioth und Head's Strohfeuerung.
In vielen Gegenden scheitert die Einführung der Dampfkraft zu Agriculturzwecken an
den Schwierigkeiten der Beischaffung des Brennmateriales: Holz oder Kohlen. Die
dießfällige Verwendung von Stroh, Maisstengeln etc., nöthigt zur Anlage einer
stabilen Feuerung, mit welcher die Locomobile durch einen gemauerten Canal verbunden
werden muß. Aber gerade dadurch geht die beliebige Verstellbarkeit der Locomobile
und durch die Erhöhung der Zufuhrkosten des Getreides zur Dampfmaschine, aller
Vortheil der Maschinenarbeit verloren.
Um diesen Uebelstand zu beseitigen, entwarf der russische Ingenieur Schemioth den Plan einer Feuerungsanlage für Stroh in
directer Verbindung mit der Locomobile und selbstthätige Zuführung des Brennstoffes.
Insbesondere sollte das Stroh in dünnen Schichten in die Feuerstelle eingebracht
werden, um dessen rasche und möglichst vollkommene Verbrennung zu bewirken, da bei
Anwendung von Stroh in gepreßtem Zustand das Feuer nur träge fortbrennt.
Diese Idee wurde in der Maschinenfabrik Ransomes, Sims und
Head in Ipswich aufgenommen und nach mannichfachen
Versuchen glücklich zur Ausführung gebracht. Anfangs stellten sich allerdings
Schwierigkeiten ein, welche aber schließlich überwunden wurden. So verlegte sich der
Rost allzuleicht mit der viel Kieselerde enthaltenden Asche des Strohes und der
Zutritt der erforderlichen Luftmenge ward dadurch erschwert. Deßhalb erhielten die
Roststäbe bis 4 Zoll Abstand und behufs zeitweiliger Reinigung wurden zwischen je
zwei Roststäben eiserne Messer eingesetzt, welche der Maschinist von Zeit zu Zeit
längs der Rostspalten zu verschieben hat. Damit die glühende Asche und etwa noch
brennende Strohhalme bei windigem Wetter keinen Schaden verursachen können, wird von der Speisepumpe
durch ein enges Röhrchen Wasser in den Aschenkasten eingespritzt.
Die Zuführung des Strohes oder dergleichen erfolgt durch ein Paar grob gezahnter
Walzen, welche beim Anheizen freilich von Hand gedreht werden müssen, später aber
den Antrieb durch einen Riemen von der Locomobile erhalten. Der durchschnittliche
Verbrauch an Brennstroh wird mit dem 4- bis 5fachen Gewicht von Kohle
angegeben, d.h. zum Dreschen von zehn Garben Weizen ist eine Garbe Brennstroh zu
rechnen.
Nach dem vorstehend Gesagten ist die Abbildung der Strohfeuerungsanlage in Fig. 12 und
13,
Längsschnitt und Querschnitt, mit einigen Worten zu erledigen.
Durch Drehung der Walzen a – von Hand durch eine
aufgesteckte Kurbel oder durch Riementrieb auf die Scheibe b – wird das auf dem Zuführtrog j von
einem Arbeiter regelmäßig aufgelegte Stroh in dünnen Lagen in die Feuerbüchse
eingeführt. Der Rost liegt etwas tiefer wie gewöhnlich und zwischen den einzelnen
Roststäben befinden sich die Putzklingen c, welche
sämmtlich auf der Querstange d befestigt sind. Letztere
erhält rechts und links Führung durch die parallel eingesetzten Schienen e und kann daher der ganze Putzapparat durch den Griff
f bequem vorwärts gezogen und dann wieder
zurückgeschoben werden, um die Aschenkruste zu brechen und dadurch zum Niederfallen
in den Aschenkasten i zu veranlassen. In diesen Kasten
mündet das Röhrchen h, welches zum sofortigen Ablöschen
der Gluth Wasser von der Speisepumpe herbeiführt.
Im Uebrigen hat die Locomobile die gewöhnliche Construction; nur die Siederohre
wurden etwas enger gewählt. Es läßt sich also im Bedarfsfalle die Feuerung mit Kohle
und Holz betreiben, weßhalb auch die Strohzuführung an der Seite am Scharnier k befestigt ist, daher leicht abgenommen und durch eine
gewöhnliche Feuerthür ersetzt werden kann.
Interessant ist die Mittheilung der mit der Strohfeuerung veranstalteten Proben,
welche im Monate Mai in Ipswich und später im August in Wien vorgenommen wurden.
Bei dem in Ipswich angestellten Versuche (wie in Wien mit einer 10pferdigen
Locomobile) wurde zunächst auf dem Rost in der Feuerbüchse ein Feuer entzündet und
durch Handdrehung der Speisewalzen gewöhnliches Stroh – d.h. ohne
vorhergegangene Trocknung – in den Verbrennungsraum gebracht. Nach 32 Minuten
erreichte der Dampfdruck 20 engl. Pfund, worauf das Blasrohr im Schornstein geöffnet
wurde. Die Dampfspannung stieg in weiteren 8 Minuten auf 31 Pfund und es konnte die
Locomobile angelassen werden. Das Blasrohr wurde wieder geschlossen, die
Zuführung aber statt durch Handbetrieb durch einen aufgelegten Riemen von der
Maschinenwelle aus bewerkstelligt.
Jetzt kam der Dampfdruck in den nächsten 11 Minuten – also nach 51 Minuten vom
Beginne des Versuches – auf 60, später auf 70 Pfund, wobei ein am Schwungrade
angebrachter Brems-Dynamometer 20 effective Pferdestärken bei 140 Umdrehungen
nachwies. Unter dieser Belastung wurde der Dampfdruck sehr leicht aufrecht erhalten.
Das Stroh verbrannte vollkommen und nur wenig halbverbrannte Strohhalme fielen in
den Aschenkasten. Der Rost wurde mit Leichtigkeit durch gelegentliche Verschiebung
der Putzmesser rein gehalten. Der ganze Versuch verlief in der zufriedenstellendsten
Weise.
Von der bei Clayton und Shuttleworth in Wien mit einer Ransomes, Sims
und Head'schen Locomobile für Strohfeuerung – im
Monate August 1873 – angestellten Probe wird ebenfalls Günstiges berichtet.
Die Maschine war mit 19 Pferdestärken gebremst; 355 Pfd. gemischtes Roggen –
und gebrochenes Weizenstroh wurden in 46 Minuten verbrannt, was ca. 24,4 Pfd. Stroh per
Stunde und Pferdekraft ergibt. Der Dampfdruck stand während des regelmäßigen Laufes
fest auf 70 Pfund.