Titel: | Die Raffinirung und Entsilberung des Bleies durch Wasserdampf. |
Fundstelle: | Band 211, Jahrgang 1874, Nr. LXXIII., S. 352 |
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LXXIII.
Die Raffinirung und Entsilberung des Bleies durch
Wasserdampf.
Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1874, Nr. 6.
Ueber die Raffinirung und Entsilberung des Bleies durch
Wasserdampf.
Ueber diesen metallurgischen Proceß, welcher bekanntlich eine Vervollkommnung des
Pattinsonirens ist, enthalten die „Annales des
mines, 2me livraison de 1873“ einen interessanten
Aufsatz, in welchem sich die Ergebnisse einer Campagne mit 5398 Tonnen spanischem
Wertblei verzeichnet finden, wovon das Wichtigste im Folgenden mitgetheilt werden
soll.
Die Wirkung des Wasserdampfes, heißt es im Eingange jener Relation, ist im
Wesentlichen eine mechanische. Die chemische Einwirkung, wenn sie auch nur schwach
seyn kann, insofern es sich dabei um solche Metalle handelt, welche den Dampf bei
einer Temperatur von etwa 330°, bei der man arbeitet, nicht zerlegen (Blei,
Kupfer, Silber, Antimon), macht sich dennoch bemerkbar, indem das Blei in dieser
Operation eine Reinigung erfährt, unabhängig von derjenigen, welche es während der
Schmelzung in dunkler Rothgluth erleidet, die der Krystallisation vorausgeht. Man
kann selbst für mittelmäßig harte Bleie jede vorläufige Raffinirung ersparen; nur
die sehr harten Bleie müssen einer solchen Raffinirung unterworfen werden.
Wollte man keinerlei chemische Einwirkung des Wasserdampfes statuiren, so könnte man
die Reinheit des Kaufbleies, zu der man ohne vorhergehende Raffinirung gelangt,
lediglich der Reihe partieller Raffinirungen zuschreiben, denen das Blei durch
vielfach wiederholte Umschmelzungen bei dunkler Rothgluth ausgesetzt ist. Aber eine
Thatsache, welche geeignet ist, dem Wasserdampf eine thätige Rolle bei der
Raffinirung zuzuschreiben, liegt in dem Umstande, daß die Oxyde, welche sich bilden,
im Anfange der Operation gelb und erdig, gegen das Ende hin schwarz und stark
kupferig werden, eine Erscheinung, welche bei dem gewöhnlichen Pattinsoniren nicht
bemerkt wird. Auf diese Weise findet sich das Blei gegen das Ende einer jeden
Operation seines Kupfergehaltes beraubt, während der Dampf noch in der Flüssigkeit
brodelt, in welcher zugleich mit dem Silber das Kupfer, Antimon und Arsen
concentrirt sind.
Was das Antimon betrifft, so zeigt es keine ähnliche Erscheinung und wird nach und
nach ausgeschieden durch die oxydirende Einwirkung der äußeren Luft während der
verschiedenen Umschmelzungen, denen man das Blei unterwirft. Man hat selbst bemerkt,
daß die weicheren Sorten von Werkblei eine größere Menge Oxyde geben als die
härteren, namentlich die antimonhaltigen, was den Beweis liefert, daß das Antimon in
Gegenwart von Blei sich zuerst oxydirt und das letztere theilweise vor der Oxydation
schützt.
Möge man nun die Wirkung des Wasserdampfes bei der Raffinirung erklären wie man
wolle, so steht so viel fest, daß dieselbe entschieden stattfindet und sehr wirksam
ist; es ist eine Thatsache, daß die durch diesen neuen Proceß erhaltenen
Handelsbleie vollkommen weich sind; ihr Silbergehalt wechselt von 1,2 bis 2 Grm. in
Maximo in 100 Kilogram. Der Silbergehalt des Reichbleies, welches zum Treiben kommt, stellt sich auf 1600
bis 2000 Grm. in 100 Kilogrm., je nach der Natur und dem Gehalt der verarbeiteten
Werkbleie. Wenn auch diese Silbergehalte in einigen Pattinsonhütten erreicht werden,
so glauben wir, daß dieß nur durch eine größere Zahl von Operationen möglich war.
Der hohe Gehalt des Reichbleies ist nicht ohne Einfluß auf den Gesammtkostenbetrag
der Entsilberung, den wir später mittheilen werden. Die Vortheile des neuen
Processes sind folgende:
Verminderung und, für die spanischen Bleie, völlige Ersparniß der Kosten einer
vorgängigen Reinigung.
Geringere Oxydation des Bleies und in Folge dessen geringere Kosten und Verluste bei
der Reduction.
Man erzeugt nur 200 bis 220 Kilogrm. Oxyde anstatt 400 bis 550 beim Pattinsoniren auf
die Tonne verarbeiteten Bleies.
Ersparniß an Zeit und an Arbeitslohn; diese wird erreicht nicht allein durch die
größere Schnelligkeit der Arbeit (man krystallisirt in kürzerer Zeit als beim
Pattinsoniren, im Verhältniß von 13 bis 16 gegen 9 bis 10) und durch Verminderung
des Personals, sondern auch durch schnellere Anreicherung auf der einen und
Gehaltsverminderung auf der anderen Seite.
Ein Krystallisations- und Entsilberungs-Apparat für 15 bis 16 Tonnen
kostet 14,000 Francs, nämlich:
an Gußeisen (2 Kessel und verschiedene Platten) 13331
Kilogrm. à 35 Frcs. pro 100
Kilogrm
4500
Frcs.
Eisen und Mauerwerk
3000
„
Dampfkrahn nebst Zubehör
3500
„
Dampfgenerator, Röhren etc.
3000
„
––––––––––––
14000
Frcs.
Ein großer Kessel (15 bis 16 Tonnen haltend) für die Krystallisation ist 7 Monate
lang im Gebrauch und wiegt 2200 Kilogrm.
Ein kleiner Kessel (9 bis 10 Tonnen haltend und 1000 Kilogrm. schwer) für die
Einschmelzung bleibt 1 1/2 Monate in Gebrauch. Im Ganzen werden jährlich bei einem
Apparat höchstens 2 große und 8 kleine Kessel verbraucht.
Mit einem Apparat können in 24 Stunden aus Werkblei von 123 Grm. Silberhalt per 100 Kilogrm. 6 bis 7 Tonnen Kaufblei erzeugt werden.
Die Spannung des Wasserdampfes ist 3 bis 3 1/2 Atmosphären.
Folgendes sind die Gestehungskosten per Tonne
verarbeitetes Werkblei, abgeleitet aus einer Campagne mit 5398 Tonnen, von 123 Grm. Silber in 100
Kilogrm.
Arbeitslöhne
Brennstoff
Eisen undGußeisen
Unterhaltung
Total
Francs
Francs
Francs
Francs
Francs
Krystallisations-ApparatReinigungAbtreibenReduction
der Oxyde
7,450,251,631,36
6,950,541,562,75
1,64–––
0,810,140,210,53
16,85 0,93 3,40 4,64
Total
10,69
11,80
1,64
1,69
25,82
Bleiverlust:
2,10
Proc.
Silberverlust:
1,50
Proc.
Dagegen betrugen die Kosten beim Pattinsoniren per Tonne
Werkblei von 134 Grm. Silberhalt, 46,54 Frcs.; der Bleiverlust 3 Proc. und der
Silberverlust 1,5 Proc.