Titel: | Die fabrikmässige Gewinnung des Bleichkalkes und die neuesten Veröffentlichungen darüber. |
Fundstelle: | Band 211, Jahrgang 1874, Nr. XCIII., S. 461 |
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XCIII.
Die fabrikmässige Gewinnung des Bleichkalkes und
die neuesten Veröffentlichungen darüber.
Ueber die fabrikmäßige Gewinnung des Bleichkalkes und die neuesten
Veröffentlichungen darüber.
In einer Abhandlung „über das Wesen des Bleichkalkes“ hat C. Göpner
Dieses Journal Bd. CCIX S. 204. vor einigen Monaten Beobachtungen zur Aufklärung der wichtigsten über diesem
Fabrikproduct schwebenden Dunkelheiten veröffentlicht. Dahin gehört die bis dahin so
räthselhafte Erscheinung, die Quelle so vieler Verwirrung in der Anschauung über den
Bleichkalk, – die Erscheinung, daß derselbe auch bei jedem Ueberschuß von
Chlor in der Darstellung neben Chlorcalcium stets freies Kalkhydrat enthält. Göpner hat diese Erscheinung in überzeugender Weise auf
den Gehalt des zur Darstellung des Chlorkalkes dienenden Chlorgases an
Chlorwasserstoff zurückgeführt; indem dieser die Oberfläche der Kalkpartikel in Chlorcalcium
verwandelt, schließt dieses einen Theil des Kalkes so ein, daß er jeder ferneren
Einwirkung des Gasstromes entzogen bleibt.
Diese einfache und natürliche Erklärung Göpner's hat aus
irgend einem Grunde das Mißfallen der Chemiker der Silesia bei Saarau auf sich gezogen. Sie suchen sie in sogen,
„kritischen Beiträgen etc.“
Dieses Journal Bd. CCXI S. 31 ff.
Obige Bemerkungen beschränken sich auf den Schlußabschnitt S. 40 ff., der
jene Erklärung betrifft. Das Uebrige wird gelegentlich einer demnächst
erscheinenden Arbeit von anderer Hand seine Erledigung finden. zu beseitigen, welche die Redaction vermutlich in der stillschweigenden
Absicht aufgenommen hat, um in einem leuchtenden Exempel zu documentiren, wohin es
heut zu Tage mit der Kritik gekommen.
Nach den Chemikern der Silesia ist der wesentlichste
Umstand, der ihnen gegen die Erklärung Göpner's spricht,
ein „verhängnißvoller Zufall, der ihn mit Chlorkalksorten operiren ließ,
die 14 Proc. und darüber Chlorcalcium enthielten“, ein Fall von dem
sie glauben daß er nur selten und nur in mißrathenen oder zersetzten Producten
vorkomme. Ein Betrag von 14 Proc. Chlorcalcium und darüber ist bekanntlich
keineswegs unerhört, aber er ist weder eine Voraussetzung der Erklärung Göpners, noch steht er damit principiell im Widerspruch.
Ganz abgesehen davon ist nun der „verhängnißvolle Zufall“, der
Göpner mit solchen
„Chlorkalksorten“ operiren ließ lediglich in der Einbildung
der Chemiker der Silesia vorhanden. Nirgends, auf keiner
der 23 Seiten der Göpner'schen Abhandlung ist ein
Bleichkalk von 14 Proc. Chlorcalcium und mehr irgend erwähnt. Wer sich die Mühe
geben will, den Ursprung dieses doch wohl bona fide
begangenen Mißgriffes und Spieles der Einbildung zu suchen, der findet den Anlaß S.
208A. a. O. der Göpner'schen Abhandlung. An dieser Stelle,
und nur hier, findet sich etwas von 14 Proc. Es handelt sich daselbst – nicht
um „Bleichkalksorten“, sondern – um 6
Laboratoriumspräparate, von denen constatirt wird, daß sie auf 100 Gewichtstheile
wirksames Chlor enthalten bezüglich:
I.
II.
...
VI.
14,68
15,68
...
25,98
Gewichtstheile unwirksames Chlor (im Chlorcalcium.) Es ist
also von Chlorcalcium überhaupt schlechterdings keine Rede und mithin ebenso wenig
die Rede von Procenten des Chlorcalciums im Bleichkalk. Für die höhere Kritik ist
natürlich das Verhältniß des wirksamen Chlors zum unwirksamen Chlor eines und
dasselbe mit Procenten des Bleichkalkes an Chlorcalcium!
Derselbe Mangel an Urtheil und ernsterem Eingehen in die Sache, der die Kritiker der Silesia zu vorstehendem Mißgriff verführt, spinnt sich
von Punkt zu Punkt fort.... So heißt es weiter, Güpner
„stützt sich darauf daß es ihm durch Behandlung von Kalthydrat mit
Chlorwasserstoff nur gelungen 58 Proc. desselben (soll heißen des Kalkhydrates)
in Chlorcalcium umzuwandeln, während die übrigen 42 Proc. intact
blieben.“
S. 42 a. a. O. Auch dieß besteht nur in der Einbildung der Kritiker; Göpner stützt sich aber in keiner Weise auf den Umstand, daß die Menge des
Kalkhydrates die mit Chlorwasserstoff ungesättigt blieb, 42 Proc. betragen. Sein
Experiment besagt klar und deutlich lediglich das eine, nämlich daß selbst pures
Kalthydrat mit purer gasförmiger Chlorwasserstoffsäure auch beim größten Ueberschuß
niemals vollkommen gesättigt werden kann. Denn die quantitativen Verhältnisse sind
von den Nebenumständen des Versuches, dem Gehalt des Hydrates an hygroskopischer
Feuchtigkeit, der Zertheilung des Kalkes u.s.w. bedingt.
Wenn die Kritiker weiter einwenden, daß Göpner
„von einer steinfesten Masse“ spricht, „welche er bei
Behandlung des Kalkhydrates mit Chlorwasserstoff erhielt, während ein frisch
bereiteter guter Chlorkalk ein trockenes Pulver ist“, – so hat
Göpner selbst diesen Einwand nicht nur bereits
gemacht, sondern auch sogleich, nämlich 6 Zeilen weiter erledigt. Denn nachdem er S.
209 gesagt „diese Erscheinung“ (unvollständige Sättigung des
Kalkhydrates mit Chlorwasserstoff in obigem Versuch), „mochte von dem
Zusammenbacken des Chlorcalciums zu einem festen Kuchen herrühren“,
reibt er das Kalkhydrat mit dem 20fachen Gewicht Quarzmehl an und weist mit der
Waage nach, daß auch in diesem Fall, wo alles ein loses Mehl bleibt, noch 42 Proc.
Kalthydrat der Sättigung durch Chlorwasserstoffgas entgehen. „Es begreift
sich“, sagt Göpner, „ebensowohl,
daß größere Zertheilung die Wirkung des Chlorcalciums nur mildern, nicht
beseitigen kann, denn auch staubförmiges Kalkhydrat besteht immer noch aus
Massetheilchen nicht aus Molecülen etc.“ Die höhere Kritik weiß auch
Unbequemes zu verschweigen, wie man sieht.
Die Unfähigkeit einer richtigen Auffassung der Sache, die Unfähigkeit zu
unterscheiden zwischen der Quantität Chlorcalcium die gebildet wird und der Form in
der es sich anlegt und Kalkpartikeln isolirt, – diese Unfähigkeit verdichtet
sich in den Köpfen der Kritiker der Silesia zu folgender
Regel de tri, die sie in Gedanken ansetzen: Wenn 87 Gewichtstheile Chlorcalcium
erforderlich waren um 42 Gewichtstheile Kalkhydrat zu schützen, wie viel braucht man
zum Schutz von dem durchschnittlichen Gehalt des Bleichkalkes an Kalkhydrat, nämlich
20 Proc. des letzteren? Da gelangen sie dann zu dem Ergebniß, dazu würde viel viel
mehr Chlorcalcium gehören, als 1 Proc. Dieses 1 Proc. ist nämlich der Betrag an Chlorcalcium den sie
für ihre Zwecke im Bleichkalk, im Widerspruch mit der Wirklichkeit, anzunehmen für
gut finden. Nichts natürlicher daher, als daß die Herren „schlechterdings
nicht begreifen“ wie 20 Proc. Kalkhydrat im Bleichkalk ätzend bleiben
können, denn sie haben überhaupt nicht begriffen um was es sich handelt. Ihre Logik
ist dieselbe, wie die jenes ungläubigen Müllers, dem der Maschinenbauer für sein
verpfuschtes Kropfrad eine kleinere lege artis
construirte Turbine mit doppeltem Nutzeffect einsetzen wollte. Wenn das alte Rad,
– so lautete der Ansatz des Müllers – bei 9 Fuß Durchmesser 3 Gänge
trieb, wie will die neue Turbine mit 2 1/2 Fuß Durchmesser 6 Gänge treiben?!
Einige Kenntniß der Literatur hätte die Kritiker leicht auf dem Wege der Analogie zur
richtigen Erkenntniß dessen bringen können was sie „schlechterdings nicht
begreifen“ können. So zieht z.B.Wolters: dieses Journal Bd. CXCVI S. 343. zu Brei gelöschter Kalk in einer Atmosphäre von purer Kohlensäure, wenn er
darin nicht trocknen kann, auch nach vielen Tagen nicht mehr als 2 1/2 Proc. an.
Warum? Weil sich mit der ersten Einwirkung des Gases eine dünne Hülle von Carbonat
auf der Oberfläche bildet, hinreichend die übrigen 79 1/2 Proc. Aetzkalk im Inneren
dauernd zu schützen, gerade wie das Chlorcalcium beim Bleichkalk.
Um ihren Einwänden einiges Relief zu geben, drücken die Kritiker der Silesia alle Werthe, auf die es ihrer Meinung nach
ankommt, willkürlich herab. So soll der Bleichkalk der Fabriken selten bis zu 2
Proc. Chlorcalcium enthalten. Fresenius z.B. fand in dem
von ihm untersuchten Bleichkalk, den er nicht als zersetzt bezeichnet, 25,5 Proc.
Chlorcalcium! So soll der gelöschte Kalk, wie er zur Chlorkalkfabrication angewendet
wird, lufttrocken seyn und in diesem Zustande nur selten über 1 bis 2 Proc.
hygroskopisches Wasser enthalten, in mit Wasserdampf gesättigter Atmosphäre
„circa 1,15 Proc.“ Wasser
anziehen; so soll Kalkhydrat mit 8 Proc. freiem Wasser „effectiv
feucht“ und darum unbrauchbar seyn. Daß Kalkhydrat mit 8 Proc. Wasser
feucht sey, ist einer der wenigen gelungenen Schlüsse der Kritiker; aber sie meinen
wohl naß. In einer von uns angestellten Gegenprobe zog reines Kalkhydrat (aus weißem
Marmor) an der Luft 3,64 Proc., über Wasser unter einer Glocke bei 16° 6,17
Proc. Wasser an; es bedurfte derselbe Kalk 50 Proc. Wasser um ein sichtbar feuchtes
Pulver und 80 bis 90 Proc. Wasser um einen dicken nassen Brei zu bilden. Nach den
Kritikern soll ein Kalk mit 8 Proc. Wasser ein unbrauchbar nasses Material seyn,
während das halbe
Gewicht Wasser ihn noch lange in keinen Brei, sondern nur in eine sich ballende an
der Gefäßwand anhängende Masse verwandelt. Ueber die Brauchbarkeit des Kalkhydrates
mit 8 Proc. Wasser wollen sich die Kritiker in dem von einem gewiegten Praktiker
herrührenden Artikel „Bleichkalk“ im Handwörterbuch der Chemie
unterrichten.
Die Chemiker der Silesia, nachdem sie in der
charakterisirten Weise über Göpners Erklärung von dem
ständigen Gehalte des Bleichkalkes an Kalkhydrat den Stab gebrochen, machen nun zum
Schluß den Versuch eigene Ideen zu Markt zu bringen. Ihrer Meinung nach ist der
Grund, warum ein Theil Kalkhydrat sich der Umwandlung in Chlorkalk entzieht, in der
Thatsache zu suchen „daß ein von Feuchtigkeit vollkommen freies Kalkhydrat
von Chlor nicht im geringsten angegriffen wird“; bei der
Chlorkalkbildung soll nun das Kalkhydrat in den Zustand absoluter Trockenheit durch
das Auftreten anderer Substanzen versetzt werden, welche das Wasser stärker
anziehen, als das Kalkhydrat selbst.
Vor allen Dingen ist der Vordersatz nicht richtig; denn die wissenschaftlich
feststehende Thatsache lautet: der Angriff des Chlors auf Kalkhydrat bedarf
schlechterdings der Vermittelung von freiem Wasser, gleichviel aus welcher Quelle
dieses dem Proceß zugeführt werden mag, ob durch feuchtes Kalkhydrat, oder feuchtes
Chlor oder sonst wie. Wenn daher eine im Laufe der Chlorkalkbildung eintretende
absolute Austrocknung des Kalkhydrates den Fortgang der Chlorkalkbildung abschneiden
sollte, so müßte mindestens – von anderen Bedingungen einstweilen abgesehen
– das zugeleitete Chlor absolut trocken seyn. Davon ist aber bei dem
fabrikmäßigen Betrieb auf Chlorkalk schlechterdings keine Rede. Das Chlor wird nur
sehr unvollkommen gewaschen, und an Trocknen desselben ist nicht zu denken. Die
Schlüsse der Herren setzen also Bedingungen voraus die in der Praxis ganz und gar
ausgeschlossen sind; sie sind für die Chlorkalkfabrication – und die ist es
ja die allein erklärt werden soll – ganz unanwendbar. Somit zerfällt die
ganze Aufstellung von vornherein in sich selbst und es läge im Interesse der Sache
kein Grund vor, weiter darauf einzugehen, wenn nicht zur Kennzeichnung der Art wie
die Kritiker der Silesia zu Werke gehen einige
Bemerkungen am Platze wären.
Um ihrer Aufstellung – bis dahin eine bloße Conjectur – eine Art
experimenteller Stütze zu geben, bringen die Herren einen einzigen, nicht
wiederholten und möglichst unklar gedachten Versuch bei. Abgesehen von der
fehlerhaften Logik und Ausführung im Einzelnen, könnte der Versuch im günstigsten
Falle nur den längst feststehenden Satz nochmals beweisen: bei absoluter Abwesenheit
von Feuchtigkeit keine Chlorkalkbildung.
Der Versuch könnte dagegen niemals beweisen, daß bei der Chlorkalkfabrication in
irgend einem Stadium jene absolute Abwesenheit von Feuchtigkeit wirklich zu Stande
kommt. Nach der von den Herren citirten, aber sehr oberflächlich studirten
Abhandlung von Tschigianjanz, Fricke und Reimer steht fest, daß eine Quantität von 0,4 Proc.
Feuchtigkeit des Kalkhydrates im Bereich des Processes für die Bildung des
Chlorkalkes hinreicht; daß die Chlorwasserstoffsäure im Chlor auch durch ein 3 Schuh
langes Rohr mit Braunstein nicht völlig, sondern nur soweit entfernt werden kann,
daß immer noch eine Gewichtszunahme von gegen 1 Proc. des Kalkhydrates eintritt;
ferner, daß die durch die Bindung des Chlors frei werdende Wärme die Umwandlung des
Kalkhydrates in Chlorkalk bewirkt, auch wenn nur Spuren von Feuchtigkeit im Spiel;
endlich daß alle diese Erscheinungen mit dem Freiwerden von Wasser aus dem
Kalkhydrat bei seiner Umwandlung in Chlorkalk zusammenhängen; denn, wenn die
Chlorkalkbildung auch nur durch die kleinste Menge von Feuchtigkeit eingeleitet
wird, so pflanzt sie sich durch das frei werdende Hydratwasser auf die benachbarten
Theilchen des Kalkhydrates und so von Schichte zu Schichte fort.
Wie verhält es sich, diesen Thatsachen gegenüber mit dem Versuche der Herren von der
Silesia? Sie mischen einem Kalkhydrat von 1,25 Proc.
Feuchtigkeit scharf getrocknetes Chlorcalcium in wachsender Menge (von 1 bis 5
Proc.) zu und leiten über feuchten Braunstein und Chlorcalcium streichendes Chlor
darüber. Das Kalkhydrat gehört, wie die Herren selbst sagen, nicht zu den
hygroskopischen Körpern, das Chlorcalcium in hohem Grade. Was hätten die Kritiker
nun diesen ihren eigenen Voraussetzungen zufolge erwarten müssen? Gewiß nichts
weiter, als daß das Chlorcalcium den einzig vorhandenen Vermittler der
Chlorkalkbildung, jene 1,25 Proc. Feuchtigkeit, vor allen Dingen hygroskopisch binde
und so schon von vornherein alle Wirkung des Chlors unmöglich mache. Oder warum
sollte das Chlorcalcium zuwarten und seine absorbirende Kraft auf das Wasser erst
geltend machen, nachdem 24 Proc. Chlor absorbirt sind? Das Ergebniß hätte ihnen
sagen müssen, daß der Versuch unlogisch gedacht ist, daß er das Entgegengesetzte von
dem beweist was sie darthun wollen. Es hätte ihnen sagen müssen, daß die Wasser
absorbirende Kraft des Chlorcalciums nicht zureicht, daß sie durch eine andere Kraft
gelähmt wird; bei Tschigianjanz etc. hätten sie finden
können, daß diese Kraft die durch die Bindung des Chlors entwickelte Wärme ist, eine
Erscheinung die sie gänzlich übersehen oder ignoriren. Weisen nicht die Erfahrungen
von Tschigianjanz, Fricke und Reimer nach, daß die Elimination des Wassers, als Vermittler der
Chlorkalkbildung, zu den schwersten, die äußerste Umsicht erheischenden Experimenten gehört? Hatten ihre
Beobachtungen nicht dargethan, daß es durch keine Maßregel gelingt, die Menge des
absorbirten Chlors auf 1/2 Proc. herabzudrücken? Haben nicht die Versuche von Ebell
Bei Göpner a. a. O. S. 215. den Beweis geliefert, daß über concentrirter Schwefelsäure abgesperrtes
Chlor bei 120° C. getrocknetes Kalkhydrat in Bleichkalk und zwar in
Bleichkalk von 29,3 bis 35,6 Proc. wirksamem Chlor verwandelt? Würde nach diesen
Erfahrungen nicht jeder gewissenhafte Forscher Wiederholung des Versuches und
Controlle unerläßlich gefunden haben? Die Kritiker der Silesia sind begnügsamer und da sie sich mit der Wiederholung nicht
belästigt haben, so haben wir uns zum Ueberfluß dieser Mühe selbst unterzogen und
zwar ganz nach ihrer Angabe, nur mit dem Unterschied, daß das Chlor nicht bloß über
Braunstein und Chlorcalcium, sondern auch noch über Schwefelsäure geleitet war.
Während sie bei Zumischung von 5 Proc. Chlorcalcium nur noch verschwindende
Absorption von Chlor bemerkt haben wollen, erhielten wir bei 5 Proc. nicht bloß,
auch bei 10 und 15 Proc. noch Producte überreich an bleichender Verbindung.
Den handgreiflichsten Beweis dafür, daß ihr Versuch von vorn herein falsch gedacht
ist, hätte den Kritikern der Silesia die auf der Hand
liegende und doch von ihnen unterlassene Controlle liefern müssen. Wenn die von
ihnen gewagte Ansicht richtig ist, daß bei der Bildung von Bleichkalk ein Theil des
Kalkhydrates lediglich aus Mangel an Feuchtigkeit der Einwirkung des Chlors entzogen
bleibt, – so muß auch das Umgekehrte wahr seyn und das Kalkhydrat bei
dauernder und hinreichender Zufuhr von Feuchtigkeit einen von Aetzkalk absolut
freien Bleichkalk liefen:. Dieß wird jedoch, als aller Erfahrung zuwider, wohl
Niemand im Ernste behaupten wollen. Aber für die Kritiker der Silesia ist nichts unmöglich; sie verstehen ja einen Bleichkalk zu machen
aus 80 Proc. bleichender Verbindung und 20 Proc. Kalkhydrat,A. a. O. S. 45. also frei von Chlorcalcium, warum nicht einen Bleichkalk frei von
überschüssigem Kalk! Das Verhalten des Chlors gegen Kalkmilch kann hier
selbstverständlich nicht in Betracht kommen, denn es beweist nach jeder Seite und
darum nichts.
Man vermißt in den sonst anerkennenswerthen Bestrebungen der Chemiker der Silesia nur allzusehr die Reife des Urtheils die vor
vorgefaßten Meinungen bewahrt. Wir schließen mit dem Rache des Weisen im A. T.:
„Geht nach Jericho bis euch der Bart wächst und dann kehrt
wieder.“
F. K.