Titel: | Zur Kritik der neueren telegraphischen Gegensprecher; von Dr. Eduard Zetzsche, Professor in Chemnitz. |
Autor: | Professor Doktor Karl Eduard Zetzsche [GND] |
Fundstelle: | Band 212, Jahrgang 1874, Nr. XVII., S. 111 |
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XVII.
Zur Kritik der neueren telegraphischen
Gegensprecher; von Dr. Eduard Zetzsche, Professor in
Chemnitz.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Zetzsche, zur Kritik der neueren telegraphischen
Gegensprecher.
In den letzten Jahren sind die Versuche, die auf den Telegraphenleitungen jetzt mehr
als je sich häufenden Mengen von Telegrammen durch Anwendung des telegraphischen
Gegensprechens erfolgreicher zu bewältigen, auf das Ernsteste wieder aufgenommen
worden. Die sich darüber verbreitenden Zeitungsberichte rühmen, daß diese Versuche
der jüngsten Zeit in höherem Grade gelungen seien als jene älteren, vor etwa 20
Jahren angestellten Versuche und melden, daß demzufolge die Gegensprecher besonders
in Amerika und England bereits eine große Verbreitung erlangt hätten. Nun gingen
jene älteren Vorschläge zum Gegensprechen von Deutschland aus und wurden in jener
Zeit in außerdeutschen Ländern überhaupt nur wenig gefördert. Daher muß sich gerade
der deutsche Telegraphen-Ingenieur angeregt fühlen, die wesentlichen Vorzüge
der jetzt zum Gegensprechen benutzten Apparate und Einschaltungen vor jenen älteren
zu erforschen, um damit zugleich die Ursachen kennen zu lernen, denen das Mißlingen
der älteren und das Gelingen der neueren Versuche zuzuschreiben ist.
Zu diesem Behufs sollen im Nachfolgenden die Gegensprechmethoden von Vaes, Stearns, Preece und Winter der Reihe nach einer prüfenden Erörterung und einer Vergleichung
mit den älteren Methoden unterworfen werden. Es wird sich dabei zugleich Gelegenheit bieten, ein helleres
Licht über die Geschichte der Erfindung des telegraphischen Gegensprechens da zu
verbreiten, bis wohin entweder eine genauere Kenntniß jener Partie der Geschichte
der Telegraphie überhaupt noch nicht gedrungen ist, oder wo sie im Laufe der Zeit
sich wieder verflüchtigt hat. An der Hand der Thatsachen wird festzustellen sein,
durch wen und wodurch jene Erfindung gefördert wurde, und wenn sich etwa an den
neueren Methoden nur unbedeutende Vorzüge erkennen lassen sollten, so muß noch
untersucht werden, aus welchen anderen Ursachen wohl ein günstigerer Erfolg der in
der neuesten Zeit angestellten Versuche erklärt werden könnte.
I. Der Gegensprecher von
Vaes.
Nach einer im Jahre 1872 in Rotterdam unter dem Titel „System zum
Gegensprechen mit Morse- und Hughes'schen Apparaten“ erschienenen
Abhandlung sucht der Telegraphenbeamte J. F. Vaes in
Rotterdam den Grund des Mißlingens der älteren Gegensprech-Versuche darin,
„daß der Widerstand der Ketten in den verschiedenen telegraphischen
Momenten immer variirt, wodurch die Regulirung der Apparate schon auf sehr
kurzen Linien äußerst schwer wird und eine geringe Abänderung in dem
Leitungswiderstand der Linie genügt, um das Arbeiten ganz unmöglich zu
machen.“ Durch Beseitigung dieses Uebelstandes behauptet Vaes das Gegensprechen auf Linien von beliebiger Länge
mit Morse- und Typendruck-Telegraphen
ermöglicht zu haben. Eine in der zweiten Hälfte des Jahres 1868 auf einer
oberirdischen Linie von etwa 300 Kilometer Länge angestellte Prüfung seines Systems
entsprach seiner Erwartung und veranlaßte Vaes sein
System zu Anfang des Jahres 1869 zur Kenntniß der Hauptdirection der
niederländischen Telegraphen zu bringen.
An dem Empfangsapparate nun für das Gegensprechen mit dem Morse hat Vaes nichts verändert; vielmehr
benutzt auch er als solchen ein Relais mit einer doppelten Umwickelung der
Elektromagnetkerne und läßt ebenfalls jeden abgesendeten Strom in zwei gleichstarken
Zweigströmen durch die beiden Windungen dieses Relais gehen und sich in demselben in
ihrer magnetisirenden Wirkung auf die Kerne aufheben, indem der Zweigstrom in der
einen Windung die entgegengesetzte Richtung von dem die andere Windung durchlaufende
Zweigstrome hat.
Dagegen fügte Vaes dem Taster einen einarmigen Hebel bei, um nicht bei drei verschiedenen Lagen des Tasterhebels (nämlich
während der Taster ruht, schwebt oder arbeitet, d.h. der Tasterhebel auf dem Ruhecontact 3, auf
keinem der beiden Contactständer oder auf dem Arbeits- oder
Batterie-Contacte 1 aufliegt) verschiedene Stromläufe zu erhalten, sondern
nur zwei Tasterlagen – das Ruhen und das Arbeiten – unterscheiden zu
müssen. Die Verbindung dieses einarmigen Hebels h mit
dem Taster T, die Einschaltung des letzteren und der
Telegraphir-Batterie B, des Relais R und des Ausgleichungswiderstandes W wird aus Figur 18 der beigegebenen
Abbildungen ersichtlich. Die Achse 6 des einarmigen Hebels h ist mit dem Vereinigungspunkte c der beiden
Relaiswindungen verbunden, von denen die innere mit der Leitung L, die äußere mit dem Widerstände W und über a mit der Erde E in leitende Verbindung gesetzt ist. Eine kräftige
Feder f drückt den Hilfshebel h in seinem Ruhezustande auf einen nach der Erde E abgeleiteten Contactständer 5 nieder, von welchem der Hilfshebel h am Ende der Bewegung des Tasterhebels T plötzlich abgehoben wird.
Die aus der Leitung L kommenden Ströme gehen dann (mit
Ausnahme eines unbedeutenden, auch durch die äußeren Windungen und durch W gehenden Stromzweiges) blos durch die inneren
Windungen des Relais R, und zwar nehmen sie bei ruhendem
Taster ihren Weg von c über 6, 5 und a zur Erde E, bei
arbeitendem Taster dagegen über 6, 4 und die Tasterachse 2 durch die Batterie B nach E. Der von der
Batterie B entsendete Strom geht unverzweigt einerseits
bis a, andererseits über 2, 4 und 6 bis c; zwischen a und b aber verzweigt er sich, und es geht der eine Zweig
durch die äußeren Windungen des Relais R und den
Widerstand W, während der andere Zweig durch die inneren
Windungen in die Leitung L eintritt und aus dieser durch
die Apparate der anderen Station zur Erde gelangt. Die Zeichengebung beginnt
hiernach in dem Augenblicke, wo das hintere Ende des Tasterhebels T den Contact 4 des Hilfshebels h erfaßt und den letzteren von dem Contacte 5 abhebt. Damit aber die
beiden Zweige des entsendeten Stromes in beiden Tasterlagen der fremden Station
gleiche Stärke besitzen und sich in ihrer Wirkung auf das eigene Relais ausgleichen,
schaltet Vaes auf beiden Stationen zwischen dem Contacte
5 und dem Punkte a noch einen Widerstand K ein, welcher dem Widerstande der Batterie B gleicht.
Die übrige Einschaltung von Vaes gleicht vollkommen jener
von Siemens und Halske und
jener von Frischen
Frischen's Gegensprecher arbeitete zuerst am 26.
Mai 1854 auf der Linie Göttingen-Hannover. Anfang Juni 1854 verkaufte
Frischen seine Erfindung an Ruyssenaers, am 10. October 1854 an Newall und Gordon für
England, und Newall nahm noch in demselben Jahre
in England ein Patent darauf. – Siemens
und Halske hatten sich schon 1849 mit der Aufgabe
des Doppelsprechens beschäftigt (engl. Patent vom 23. October 1849); im
Sommer 1854 gaben sie unabhängig von Frischen
einen Gegensprecher an, und bei der wesentlichen Uebereinstimmung ihrer
Methoden verschmolzen sie schon im September 1854 ihre Interessen in Betreff
des Gegensprechers mit denen Frischens. –
Im Texte ist nur die Einschaltung bei Anwendung eines gewöhnlichen Relais besprochen; bezüglich der anderen
Einschaltungsweisen verweise ich auf mein Werkchen: „Die
Copirtelegraphen, die Typendrucktelegraphen und die
Doppeltelegraphie“ (Leipzig 1865) S. 118 ff., welche in Figur 19
skizzirt ist. Vaes selbst findet ja seine Verbesserung des
Gegensprechers lediglich in der Einschaltung des Widerstandes K und in der Zugabe des Hilfshebels h zum
Taster T. Nun ist aber Vaes
offenbar in einem Irrthume befangen, wenn er (wie auch Andere) das Schweben des
Tasterhebels beim Gegensprecher von Siemens-Halske
und Frischen als einen Grund zur Unbrauchbarkeit dieses
Gegensprechers ansieht. Bei der Methode von Dr. W. Gintl (1853) freilich war während des Schwebens des
Tasters die Linie völlig unterbrochen. Bei der Methode von Siemens-Halske und Frischen dagegen
bleibt auch, gerade so gut wie bei der Methode von Vaes,
bei schwebendem Taster dem aus L kommenden, die inneren
Relaiswindungen durchlaufenden Strome von c aus noch ein
Weg durch die äußeren Windungen und den Ausgleichungswiderstand W zur Erde E. Es ist ferner
auch richtig, daß, wenn der Widerstand W dem Widerstande
der Linie L gleicht, die Stärke des aus L ankommenden Zweigstromes auf die Hälfte herabsinkt,
wenn der Taster der empfangenden Station die Ruhelage mit dem Schweben vertauscht;
allein dabei ändert sich die magnetisirende Wirkung dieses Zweigstromes auf das
Relais der empfangenden Station sicher nicht, weil der halb so starke Zweigstrom
dafür durch doppelt so viele Windungen und in derselben Richtung läuft. Es kann
demnach der Uebergang vom Ruhen oder Arbeiten zum Schweben auf der Station, auf
welcher er eintritt, das eben erscheinende Zeichen nicht unterbrechen, also auch das
Gegensprechen in keiner Weise stören. Aber auch für die andere Station ist dieser
Uebergang keine Fehlerquelle, wenn nicht etwa das Schweben bei einer
unbeabsichtigten Tasterbewegung auftritt. Die Tasterbewegung zum Zwecke der
Zeichengebung setzt sich nämlich aus drei Abschnitten zusammen: dem Schweben nach
dem Verlassen des Ruhecontactes, dem Aufliegen des Tasterhebels auf dem
Arbeitscontacte 1 und dem Schweben nach dem Verlassen des Arbeitscontactes. Gibt nun
die fremde Station während der Dauer des Schwebens des anderen Tasters Strom, so
wird ihr in die Leitung L eintretender Zweigstrom durch
das Schweben zwar auf die Hälfte geschwächt, der Zweigstrom in dem localen
Schließungskreis der fremden Station wird überwiegen und die Relaiskerne magnetisiren;
erscheinen aber dabei dieselben Magnetpole an den nämlichen Kernenden, an welchen
sie ein aus der Leitung L kommender Strom entstehen
läßt, so ist in der fremden Station die Wirkung die nämliche, wenn ihr Taster
arbeitet und der andere gleichzeitig schwebt, oder wenn ihr Taster ruht und der
andere gleichzeitig schwebt; es kann also auch der Uebergang des einen oder des
anderen Tasters vom Schweben zum Arbeiten und umgekehrt das Gegensprechen, etwa
durch Ausbleiben von Punkten oder Zerreißen von Strichen, nicht stören, weil dabei
keine Umkehrung der Magnetpole vor sich geht. Eine solche Störung tritt somit nicht
ein, wenn in den äußeren Relaiswindungen der eigene und der fremde, aus L kommende Zweigstrom gleiche Richtung haben, wenn also
die Batterien B
beider Stationen mit gleichnamigen Polen zum Arbeitscontacte 1 ihrer Taster T geführt werden. Dann wird endlich zugleich, sofern
beide Batterien gleichstark und die Linie L vollkommen
isolirt sind, die Linie in der Zeit, während beide Taster T gleichzeitig auf ihren Arbeitscontacten liegen, gänzlich stromfrei sein,
und es werden während dieser Zeit ebenfalls die Ausgleichungsstromzweige in den
äußeren Windungen die beiden Relais R ansprechen lassen
und wiederum werden in keinem Falle die Magnetpole erst umgekehrt; ebenso stört ein
Uebergang des einen Tasters vom Arbeiten zum Schweben oder Ruhen und umgekehrt in
keiner Weise.
Ist es hiernach bei der Einschaltung von Siemens-Halske und Frischen keineswegs
nothwendig, das Schweben des Tasters zu beseitigen, dessen Dauer ja
übrigens selbst beim Handtaster verhältnißmäßig so sehr kurz ist, so wäre es bei
dieser Einschaltung zugleich auch ganz überflüssig oder
gar nachtheilig, den von Vaes
zwischen a und 5 vorgeschlagenen Widerstand K zwischen a und dem
Ruhecontact 3 des Tasters T einzuschalten, weil eben
beim gleichzeitigen Arbeiten beider Taster die Linie stromfrei ist, dieser
Widerstand also blos ohne Noth den Widerstand in dem L
enthaltenden Zweigstromkreise vermehren würde. Dagegen aber bringt das von Vaes vorgeschlagene Mittel zur Beseitigung des Schwedens
einen wirklichen Uebelstand mit sich, insofern sowohl
beim Niederdrücken wie beim Wiederemporgehen des Tasterhebels die zugehörige
Batterie eine Zeit lang kurz geschlossen wird, so lange nämlich als der Contact bei
4 und 5 zugleich hergestellt ist. Bedingen aber diese zahllosen kurzen Schlüsse
einen größeren Verbrauch an Batteriematerial, so würde eine Vertauschung der beiden
Contracte 4 und 5 in ihrer Lage am Hilfshebel h sich
empfehlen, damit der den einarmigen Hebel h dann in
dessen Mitte erfassende Tasterhebel T ein rascheres
Abheben des Endes des einarmigen Hebels h von dem
dortigen Contacte und so
eine raschere Unterbrechung des kurzen Schlusses bewirke.Auch die in Schellen
„der elektromagnetische Telegraph“ (5. Aufl. S. 682)
angeführte Anordnung des Tasters von Vaes ist in
dieser Beziehung nicht merklich besser.
Es ist aber endlich auch weder der von Vaes gemachte
Vorschlag, das Schweben zu beseitigen, noch das dazu von ihm vorgeschlagene Mittel
neu. Schon im Jahre 1863 beseitigte Maron in Berlin bei seinem Gegensprecher, bei welchem als
Empfangsapparat ein in die Diagonale einer Wheatstone'schen Brücke eingeschaltetes gewöhnliches Relais diente, das
Schweben zunächst dadurch, daß er (wie schon Dr. W. Gintl im Mai 1855, Dr. J. Bosscha in Leyden im October 1855 und im Februar 1856 Dr. A. Kramer in Berlin) der
Batterie einen kurzen Schluß während des Ruhezustandes des Tasters gab; um aber
diesen lange dauernden kurzen Schluß zu vermeiden, verlegte Maron (wie es Dr. E. Schreder in Wien schon 1861 bei seinem Doppelsprecher vorgeschlagen hatte)
den Ruhe- und Arbeitscontact des Tasters auf einen einarmigen Hebel, durch
welchen die mit der Linie verbundene Tasterhebelachse in demselben Augenblicke von
der Erde getrennt wurde, in welchem sie mit dem Batteriepole in Verbindung trat, so
daß also nur noch ein momentaner kurzer Schluß auftrat. (Vergl. Zetzsche, Copirtelegraphen etc. S. 127 und 165.) Und noch
in demselben Jahre 1863 trat F. Schaack mit einem
Gegensprecher auf, bei welchem eine Unterbrechung der Linie während des Schwebens
dadurch verhütet werden sollte, daß der Tasterhebel mit zwei Contactfedern
ausgerüstet wurde, welche in der horizontalen Lage des Tasterhebels gleichzeitig auf
dem Ruhe- und Arbeitscontacte auflagen. Endlich habe ich selbst 1865
(polytechn. Centralblatt, 1865, S. 818) ein paar ähnliche Tastereinrichtungen
angegeben, mittels deren sich das Gegensprechen mit dem Doppelsprechen verbinden
ließe, jedoch mit kurzem Schluß während des Schwedens. Vollständig die nämliche
Einrichtung wie der Taster von Vaes (nur mit der
zweckmäßigen Vertauschung der Contacte 4 und 5) hat der von mir im November 1864
(polytechn. Centralblatt, 1865, S. 1 und 417) vorgeschlagene, in Figur 20 skizzirte
Taster, mittels dessen eine längere Unterbrechung der Leitung verhütet werden
sollte, welche sich bei leitender Verbindung des Punktes e mit dem Ruhecontacte 3 einstellen würde; die Einschaltung der Batterie
ist aber bei meinem Taster deshalb eine andere als bei Vaes, weil durch dieselbe die Unterdrückung der Wirkung des Stromes im
eigenen Relais auf eine andere Weise beabsichtigt wurde, weshalb auch die
Unterbrechung der
leitenden Verbindung bei 5 der Herstellung einer solchen bei 1 kurz vorausgehen
mußte, um nicht einen momentanen kurzen Schluß der Batterie durch die äußeren
Windungen hindurch zu bewirken.
Beim Gegensprechen mit dem Hughes braucht Vaes auf jeder Station zwei Apparate; den einen mit
doppelter Umwickelung zum Empfangen, den andern mit blos einfacher Umwindung zum
Absenden von Telegrammen. Der abgesendete Strom geht vom Apparatkörper des
Absendungsapparates nach dem Körper des Empfangsapparates und dann von dem
Correctionsdaumen des letzteren Apparates in zwei entgegengesetzten Zweigen um die
Elektromagnetkerne dieses Apparates; der ankommende Strom geht blos durch die eine
Windung des Empfangsapparates, und zwar bei nicht gehobenem Schlittenarm des
Absendungsapparates durch den Körper des letzteren Apparates unmittelbar zur Erde,
bei gehobenem Schlittenarm dagegen durch die von der niedergedrückten Taste gehobene
Platine und durch die Batterie zur Erde.
II. Der Gegensprecher von
Stearns.
Zu Anfange des Jahres 1868 hat Joseph Barker Stearns in
Boston, damals Vorsitzender der Franklin Telegraph
Company, einen Gegensprecher in Vorschlag gebracht und denselben zuerst auf
einer Linie der genannten Gesellschaft nämlich zwischen New-York und Boston
probirt. Stearns erlangte auch am 11. November 1872 in
England ein Patent (Specification Nr. 3344) auf seinen Gegensprecher, welcher nach
den Zeitungsberichten inzwischen auch auf vielen oberirdischen Linien in Amerika und
England und ebenso auf vielen unterseeischen Telegraphentauen Anwendung gefunden
haben soll.Journal télégraphique Bd. II S.
68, 160 und 307; Times vom 27. August 1873; Daily Telegraph vom 17. Januar
1873.
Auch bei diesem von Stearns unter dem Namen „Duplex-Telegraph“ eingeführten
Gegensprecher liegt das Neue und Charakteristische keineswegs in dem
Empfangsapparate; denn als solchen verwendet Stearns in
erster Stelle ein „Differential-Relais“ mit doppelter
Umwicklung der Elektromagnetkerne. Dasselbe gleicht nicht nur in seiner wesentlichen
Einrichtung dem Relais von Siemens-Halske und Frischen vollständig, sondern es wird von Stearns auch in genau derselben Weise wie letzteres (nach
Fig. 19)
in den Stromkreis der eigenen Batterie eingeschaltet. Stearns hat zwar, und dazu kann er verschiedene Beweggründe gehabt haben,
in sein Patent noch eine große Anzahl von Abänderungen des Relais und der
Einschaltung desselben aufgenommen. Es sind indeß diese Abänderungen (welche ich in Bd. II Nr. 29 u. 30
des Journal télégraphique aufgeführt habe)
größtentheils von ganz untergeordneter Natur oder selbst höchst unzweckmäßig.
Stearns hat nun auch in allen seinen Abänderungen dieses
Empfangsapparates an dem Grundgedanken festgehalten, die Wirkung des
Telegraphirstromes im eigenen Relais dadurch zu unterdrücken, daß jener Strom in
zwei einander entgegengesetzten Zweigen durch das Relais geführt wird.Bei der einen Einschaltungsskizze finden sich zwei Hilfshebel verwendet,
damit durch dieselben beim Niederdrücken des Tasterhebels (ähnlich wie bei
der Methode von Dr. Gintl) zwei verschiedene Batterien gleichzeitig geschlossen
werden, deren Ströme durch zwei, zu beiden Seiten des ihnen beiden
gemeinschaftlichen Ankers aufgestellte, einfache Relais gesandt werden und
sich in ihrer Wirkung auf den Anker aufheben. In Bezug auf den angeblich schädlichen oder störenden Einfluß des Schwebens
des Tasterhebels dagegen ist er in demselben Irrthume befangen, wie Vaes u.a. und deshalb bemüht er sich ebenfalls, den
Taster so einzurichten und einzuschalten, daß das Schweben des Tasterhebels keine
Aenderung in den Stromläufen herbeiführt. Auch Stearns
sucht dies durch Anwendung eines einarmigen Hilfshebels h zu erreichen, welchen er zum Theil auch ähnlich einschaltet wie Vaes (vergl. Fig. 18), nur daß er dann
wahrscheinlich, mit Rücksicht auf die in Amerika bei weitem vorwiegenden
Ruhestromlinien – einen Klopfer (sounder) in den Schließungskreis des localen
Zweigstromes einschaltet, damit der Telegraphist seine eigenen Zeichen hören kann.
Lieber jedoch verbindet Stearns den Hilfshebel nicht
unmittelbar mit dem Taster, sondern er sendet nach der in Figur 21 skizzirten Weise
mittels des Tasters T den Strom einer Hilfsbatterie b durch einen Klopfer M,
welcher dann erst seinen auf einem Winkelhebel k₁
k₂ (oder auf einem an dessen Stelle tretenden
einarmigen Hebel) sitzenden Anker anzieht, so daß sich dann der Arm k₁ des Hebels k₁ k₂ bei dessen Drehung um die
Achse x an eine Contactschraube 4 des Hilfshebels h anlegt und darauf die an diesem Hilfshebel h befindliche Contactschraube 5 von deren Contactständer
n abhebt, wodurch die Linienbatterie B, wieder nach vorübergehendem kurzen Schlusse, in den
bei a und bei c sich
gabelnden Stromkreis eingeschaltet wird.
Es gilt natürlich von dieser letzteren Einschaltung gerade so gut wie von den
anderen, mehr mit der Einschaltung von Vaes
übereinstimmenden Einschaltungen von Stearns alles das,
was über und gegen die Einschaltung von Vaes gesagt
werden mußte; zu jenen Einwänden tritt aber bei der von Stearns bevorzugten Einschaltung nach Figur 21 noch der Vorwurf
hinzu, daß durch die Zugabe des Klopfers
M und seiner Batterie b
nebst Taster T die Apparate ohne Noth und Nutzen noch
weiter vermehrt und ihr Zusammenwirken noch verwickelter gemacht worden ist. Mittels
des Klopfers sollen zwar wiederum dem Telegraphisten die von ihm selbst gegebenen
Zeichen hörbar gemacht und zugleich ein festerer und regelmäßigerer Contact bewirkt
werden, als sich mit dem Taster allein erzielen ließe. Wie aber soll der Klopfer M mit dem Taster T gegebene
schlechte Zeichen verbessern? Höchstens wird der mitarbeitende Klopfer, der unsere
deutschen Telegraphisten gewiß eher stören als in ihrer Arbeit unterstützen wird, zu
einem langsameren und reineren Telegraphiren nöthigen; also wird der Klopfer auch
die Geschwindigkeit des Telegraphirens nicht zu erhöhen vermögen. Zwar können beim
Gegensprechen unter Translation die Klopfer die Stelle besonderer Translatoren mit
ausfüllen, wenn auf der Translationsstation jeder der beiden Klopfer nebst der zu
ihm gehörigen Batterie b in bekannter Weise mit dem
Ankerhebel des in dem Linien-Stromkreise des andern Klopfers liegenden Relais
verbunden wird. Auch dieser Vorzug ist indessen nur ein scheinbarer, weil zur
Translation (und zu dem der Translation in gewissem Sinne verwandten
Selbst-Collationiren) auch beim Gegensprechen überhaupt gar keine besonderen
Translatoren erforderlich sind, vielmehr die Translation z.B. beim Gegensprecher von
Siemens-Halske und Frischen sich genau so wie bei dem einfachen Sprechen mittels des
Schreibhebels bewerkstelligen läßt.
Dazu schaltet Stearns nun ferner die Linienbatterien nicht
so ein, wie es doch oben als bei Benützung des Siemens
und Frischen'schen Gegensprechers zweckmäßig nachgewiesen
worden ist. Stearns führt nämlich auf den beiden
Stationen I und II nicht die gleichnamigen, sondern die
entgegengesetzten Pole dieser Batterien an die Achse
x des Winkelhebels k₁ k₂, in I etwa mit dem positiven,
in II dagegen mit dem negativen Pole. Und dabei begnügt sich Stearns dann noch nicht
einmal damit, das vermeintlich gefährliche Schweben des Tasterhebels beseitigt zu
haben, sondern er hält es weiter für nöthig, die Widerstände in den beiden Wegen von
c über 5 oder 4 nach a
gleich groß zu machen, welche sich dem aus der Linie L
ankommendem Zweigstrome bei ruhendem oder bei arbeitendem Tasterhilfshebel h darbieten. Stearns verfällt
hierbei darauf, zwischen n und a einen geeigneten Widerstand w₂
einzuschalten, also auf dasselbe Mittel, durch welches auch Vaes denselben Zweck zu erreichen strebt, dessen Anwendung jedoch, wie
schon oben dargethan wurde, bei dem Siemens und Frischen'schen Gegensprecher gänzlich überflüssig wäre;
allein um zugleich auch noch die Abnützung der Linienbatterie B zu vermindern, welche der bei jedem Spiele des Tasters T und des Hebels k₁ k₂ sich wiederholende zweimalige kurze Schluß im
Gefolge hat, fügt Stearns auch zwischen x und a noch einen
Widerstand w₁ in den Stromkreis der kurz
geschlossenen Batterie B ein und macht dann zur
Ausgleichung w₂ um die Größe von w₁ größer als den Widerstand der Batterie B. Durch die Einfügung dieser beiden neuen Widerstände
wird indessen leider zugleich auch der Gesammtwiderstand in dem die Leitung L enthaltenden, eigentlichen Telegraphirstromkreise
vermehrt, welchen man doch sonst allgemein möglichst klein zu machen pflegt, um die
wirksame Stromstärke nicht ohne Noth zu schwächen.
Es konnte somit bis hierher auch nicht eine der Veränderungen, welche Stearns an dem Gegensprecher vorgenommen hat, als eine
Verbesserung gegenüber den älteren Gegensprechern bezeichnet werden; vielmehr steht
der Gegensprecher von Stearns, wegen der beiden unnützen
oder gar schädlichen Widerstände w₁ und w₂ und wegen der ebenfalls überflüssigen
Localbatterie b nebst Zubehör, sogar noch hinter jenem
von Vaes zurück. Als ein wirkliches Verdienst dagegen ist
Stearns die Zugabe zu seinem Gegensprecher
anzurechnen, deren Besprechung jetzt noch zu folgen hat, nämlich der in den Kreis
des localen Zweigstromes parallel zu dem Ausgleichungswiderstande W zwischen p und q (Fig. 21) eingeschaltete
Condensator
C. Zwar kann Stearns nicht
die Einführung des Condensators in die Telegraphie als sein Verdienst in Anspruch
nehmen; denn der Condensator wurde zuerst (am 22. Mai 1858 unter Nr. 1152) für Isham Baggs patentirt, von Dr. Ernst Werner Siemens dagegen zuerst beim
Telegraphiren wirklich benützt und zwar, ohne daß Siemens, welcher schon im Herbst 1858 mit der Kabelexpedition nach dem rothen
Meere abreiste, Kenntniß von jener Idee von Baggs hatte.
Im Jahre 1859 legte nämlich Siemens in Aden eine große
Leydener Flasche (ein isolirtes Stück des für die Fortsetzung der Linie nach Indien
bestimmten Kabels) anstatt der Erde am Ende des Kabels, auf welchem telegraphirt
werden sollte, an und bildete dadurch den sogenannten „elektrischen Sack“. Es wird ferner im
Telegraphic Journal (Bd. I, S. 60 und 162) und ebenso im Daily Telegraph (vom 17.
Januar 1873 S. 5) sogar behauptet, daß für Baggs schon
die Anwendung des Condensators beim Gegensprechen patentirt worden sei; in dem schon
erwähnten Patente Nr. 1152 ist indessen davonIn diesem Patente findet sich zwar – unter fünftens – auch ein
Vorschlag zur gleichzeitigen Beförderung mehrerer Telegramme auf demselben
Drahte nämlich unter Anwendung von Strömen, welche sich in Quantität und
Intensität unterscheiden und auf verschiedenen Empfangsapparaten
verschiedene Zeichen hervorrufen (z.B. Nadelablenkungen, elektrochemische
Zersetzungen, Durchbohrung von Papierstreifen mittels überspringender
Funken); diese gleichzeitige Beförderung wird indessen in keinerlei
Verbindung mit dem Condensator gebracht. keine Andeutung zu finden, und deshalb bleibt Stearns das Verdienst der Hinzufügung des
Condensators zum Gegensprecher und der Parallelschaltung des Condensators C zu dem Ausgleichungswiderstande W.
Freilich ist aber der Condensator, wie Stearns selbst
ausspricht, nicht unbedingt zum Gelingen des Gegensprechens nöthig. Vielmehr
bezeichnet Stearns die Anwendung des Condensators nur als
vortheilhaft für unterseeische oder für sehr lange Landleitungen, wo er den
störenden Einfluß der Rückströme zu beseitigen bestimmt ist, sich aber auch durch
eine oder mehrere Inductionsrollen ersetzen läßt; für die Einschaltung der letzteren
gibt Stearns in seinem Patente ebenfalls einige
Einschaltungsskizzen. Den Condensator C bildet Stearns übrigens aus abwechselnden Lagen von Metallfolie
und Papier und zwar in einer solchen Anzahl, daß seine Capacität jener der Leitung
L gleicht, damit der aus L durch die inneren Windungen des Relais R
gehende Entladungsstrom durch den die äußeren Relaiswindungen in entgegengesetzter
Richtung durchlaufenden Strom aus dem Condensator ausgeglichen werde.
Außer den bisher besprochenen Einschaltungen für das von ihm beim Gegensprechen
bevorzugte Differentialrelais mit doppelten Windungen skizzirt Stearns in seinem Patente Nr. 3344 vom Jahre 1872 noch die Einschaltung
eines gewöhnlichen Relais mit einfacher Umwickelung der Elektromagnetkerne in die
Diagonale der Wheatstone'schen Brücke zum Zwecke des
Gegensprechens und stellt auch hierbei im localen Stromkreise einen Klopfer auf,
sofern nicht dem Taster ein Klopfer als Zeichengeber beigegeben wird. Wie schon
erwähnt wurde, ist auch diese Einschaltung seit langer Zeit bekannt; denn sie wurde
bereits 1863 von Maron vorgeschlagen. Minder vortheilhaft
als Maron wählt indeß Stearns
die Widerstände Y₁ und Y₂ in den beiden zwischen der Diagonale und der Linienbatterie
liegenden Seiten der Brücke gleich groß und muß dann natürlich auch den in der
dritten Seite liegenden Ausgleichungswiderstand W dem
Widerstande der Linie L gleichmachen. An Stelle einer
einzigen Linienbatterie zeichnet Stearns in einer zweiten
Skizze zwei getrennte Batterien, welche beim Niederdrücken des Tasters unter
Vermittlung zweier getrennten Hilfshebel ihre Ströme von demselben Pole aus in die
beiden mit den Widerständen Y₁ und Y₂ ausgerüsteten Seiten der Brücke nach deren
Diagonale hin senden.
Ein paar weitere Skizzen über die Einschaltung von Nebenstationen und Mittelstationen
beim Gegensprechen sind nicht von besonderer Bedeutung, lassen dabei aber auch in
Beziehung auf Klarheit manches zu wünschen übrig.
Von den angeblichen Verbesserungen, welche Stearns am
Gegensprechen angebracht hat, kann also, wie im vorhergehenden nachgewiesen worden
ist, mit Ausnahme des Condensators keine als neu oder zweckmäßig anerkannt werden; zum Gelingen des
Gegensprechens war aber keine dieser Veränderungen, sogar mit Einschluß des
Condensators nöthig. Unter diesen Verhältnissen drängt sich aber die Ansicht auf,
daß Stearns zur Aufstellung der 16 claims in seinem Patente vom 11. November 1872 nur gelangen konnte, wenn
entweder die bereits viele Jahre früher veröffentlichten Gegensprechmethoden und
deren Wesen ihm wirklich gänzlich unbekannt geblieben waren, oder wenn er dieselben
absichtlich unberücksichtigt ließ, um seine eigene Erfindung dadurch um so
werthvoller erscheinen zu lassen. Im Einklang damit trägt Stearns kein Bedenken in einem vom 30. August 1873 datirten Brief an den
Herausgeber der Times (welcher in dieser Zeitung am 1. September abgedruckt wurde
und auch in andere Zeitungen übergegangen ist) in Betreff seines Gegensprechers zu
schreiben:
„Weil nun das fragliche System von mir und von mir allein erfunden worden
ist, so kann ich nicht dulden daß die Ehre der Erfindung, wenn auch
unabsichtlich, Anderen zuerkannt wird. . . . . . Das System ist mir in
Großbritannien und den englischen Colonien, in fast allen Staaten Europa's und
in den Vereinigten Staaten Nordamerikas patentirt.“. . . . .
Auf alle Fälle aber muß es überraschen, daß das American
Institute of New-York es für gerechtfertigt erachtete, Stearns mit der großen Ehrenmedaille für die Erfindung
des Duplex-Telegraphen zu belohnen!
III. Der Gegensprecher von
Preece.
In einer Reihe von Artikeln über das Gegensprechen, welche W. H. Preece in Southampton im ersten Bande des Telegraphic
Journal veröffentlicht hat, beschreibt derselbe (a. a. O. S. 277) auch eine von ihm
im Jahre 1855 erfundene Methode, mit welcher er 1856 zwischen Southampton und Cowes
einen Versuch anstellte, jedoch ohne günstigen Erfolg. Dies bezeichnet Preece als einen der Gründe, welche ihn bestimmten, über
seine Methode nichts zu veröffentlichen. Erst im November 1872 nahm Preece die Versuche mit seinem Gegensprecher wieder auf, zunächst auf der
Linie London-Rugby, dann zwischen Southampton und Penzance in Cornwall,
später noch auf zwei längeren Linien, nämlich London-Birmingham und
London-Liverpool. Preece fand sich durch diese
Versuche befriedigt.
Das Charakteristische der von W. H. Preece vorgeschlagene
Methode des Gegensprechens (the leakage principle) liegt
darin, daß sich nicht zwei Zweigströme in ihrer Wirkung auf das Relais der eigenen
Station ausgleichen, sondern der unverzweigte Strom mit
dem einen seiner Zweigströme. Die Einschaltung dazu zeigt Figur 22 zwar nicht so,
wie sie von Preece angegeben wird, sondern in der Form,
in welcher sie sich am bequemsten mit den in den übrigen Figuren von mir skizzirten
Einschaltungen vergleichen läßt. Wäre nun R in Fig. 22 ein
gewöhnliches Relais mit doppelter Umwickelung des Kerns und mit gleicher Anzahl der
Windungen in beiden Umwickelungen, so würde, wenn zunächst die Zweigleitung cWa nicht vorhanden wäre, jeder Strom –
welcher entweder beim Niederdrücken des Tasters T von
der Batterie in die Leitung L gesendet wird oder aus
letzterer bei ruhendem Taster über dessen Ruhecontact 3 zur Erde E geht – beide Windungen in gleicher Stärke, aber
in entgegengesetzter Richtung durchlaufen, also auch den Relaiskern nicht magnetisch
machen und den Relaisanker nicht anziehen lassen. Wird dagegen die Ableitung cWa hinzugefügt und ist deren Widerstand eben so
groß als der Widerstand in dem jenseits c gelegenen
Theile der Linie L, so wird der von der Batterie B beim Niederdrücken des zugehörigen Tasters T abgesendete Strom unverzweigt durch die äußeren
Windungen des eigenen Relais gehen, während von c aus
durch die inneren Windungen nur ein dem unverzweigten Strome entgegenwirkender
Zweigstrom in die Linie eintritt, dessen Stärke blos halb so groß ist als die des
unverzweigten Stromes; auf der anderen (Empfangs-) Station dagegen wird sich
der aus L ankommende Zweigstrom bei c nochmals und zwar im umgekehrten Verhältnisse zu den
Widerständen cva und cWa verzweigen, und es wird dabei der durch cva gehende Zweig dem unverzweigten Strome entgegenwirken. Um mittels
dieser Einschaltung das Gegensprechen möglich zu machen, hätte man demnach nur dafür
Sorge zu tragen, daß die Wirkung sowohl des durch die äußeren Windungen gehenden
unverzweigten Stromes (auf der eigenen Station) als das durch eben diese Windungen
gehenden Zweigstromes (auf der fremden Station) möglichst geschwächt werde, damit
das Relais der eigenen Station schweigt, das Relais der fremden Station aber
anspricht.
Zu diesem Behufe wendet Preece nicht ein Relais mit
doppelter Umwickelung an, sondern er überträgt, wie die Skizze in Figur 23 es anschaulich
macht, dem einen (z.B. dem linken) Schenkel des Relaiselektromagnetes die Rolle der
äußeren, dem andern (dem rechten Schenkel) die Rolle der inneren Windungen, indem er
die Ableitung cWa an den Verbindungsdraht der
Umwickelung beider Schenkel legt; er versieht dann den Kern jedes Schenkels mit
einem Polschuhe und legt zwischen die beiden Polschuhe eine permanent magnetische
Zunge z, entfernt jedoch mittels einer Stellschraube den
linken Polschuh etwa doppelt so weit von der Zunge z als
den rechten Schuh. Sind dabei die Windungen der beiden Schenkel so gewickelt, daß
derselbe Strom in beiden Schuhen der Zunge z gegenüber
gleichnamige Pole entstehen läßt, so wird der
unverzweigte Strom im eigenen Relais ebenso stark wirken, wie sein auch noch den
Kern des rechten Schenkels umkreisender und dann in die Linie L eintretender Zweigstrom, und daher wird das eigene Relais nicht
ansprechen; auf der fremden Station dagegen wird die Wirkung des aus der Linie L kommenden, den rechten Schenkel durchlaufenden und
sich dann erst bei c wieder verzweigenden Zweigstromes
durch dessen auch noch durch die Windungen des linken Schenkels gehenden Zweig wegen
der größeren Entfernung des linken Polschuhes jetzt nur halb so stark geschwächt,
und es kann deshalb das fremde Relais ansprechen.
Wenn aber die Tasterhebel beider Stationen zugleich auf ihren Arbeitscontacten
liegen, so soll (wie Preece verlangt) der Strom jeder
Station in dem rechten Schenkel durch den von der anderen Station kommenden und
denselben Schenkel umkreisenden Zweigstrom geschwächt werden und der nun
überwiegende Strom in dem anderen Schenkel das Relais ansprechen lassen, damit schon
begonnene Zeichen nicht unterbrochen sondern mit der nämlichen Kraft fortgesetzt
würden, mögen beide Stationen zugleich oder nur eine allein telegraphiren.
Das letztere setzt voraus, daß die Batterien B beider
Stationen mit gleichnamigen Polen zur Erde geführt
werden, und es wird um so eher gelingen, je merklicher die Stärke des von c aus durch den linken Schenkel von R über v 2 1 und B nach a und E gehenden Zweiges des aus der Leitung L von der fremden Station kommenden Zweigstromes hinter
der Stärke des eben erwähnten, noch nicht wieder verzweigten Zweigstromes im rechten
Schenkel zurücksteht, d.h. je größer der Widerstand in dem Wege cv 2 1 Ba gegen
den Widerstand in cWa ist. Dann würde aber in dem
einen Falle – nämlich wenn die fremde Station allein spricht – der
fremde Strom in dem rechten Schenkel, in dem anderen Falle dagegen – wenn
beide Stationen zugleich sprechen – der jenem entgegengesetzt gerichtete eigene Strom
in dem linken Schenkel die Relaiszunge z an den
Arbeitscontact 7 der Localbatterie legen müssen; und deshalb gerade war ein
polarisirtes Relais und die erwähnte Windungsrichtung anzuwenden. Preece deutet die eben erwähnte Bedingung für die
Widerstände zwischen c und a
dadurch an, daß er am Schlusse hinzufügt: die angenommene Gleichheit der Widerstände
in W und L sei nicht
wesentlich; je kleiner W genommen werde, desto größer
würden die Unterschiede der Wirkungen der Ströme in den beiden Schenkeln; W müsse größer als Null, doch noch nicht unendlich
groß sein; dagegen dürfe der Widerstand zwischen v und
a nicht zu kleinZu diesem Behufe scheint nach der von Preece
gegebenen Einschaltungsskizze auch zwischen 3 und a noch ein Widerstand w eingefügt
werden zu sollen. sein; der günstigste Erfolg lasse sich erzielen, wenn die drei Widerstände
in L, in W und in cvBa gleich groß seien.
Bei Gleichheit dieser drei Widerstände besitzt aber der von c aus in die Leitung L eintretende Zweigstrom
nur zwei Fünftel von der Stärke des noch unverzweigten Batteriestromes; in beiden
Stationen muß also die Stellung der Polschuhe von der Zunge so regulirt werden, daß
sich dieser Zweigstrom mit dem unverzweigten Strome ausgleicht; auf der empfangenden
Station geht jener in die (vollkommen isolirte) Linie L
eingetretene Zweigstrom zwar unverzweigt durch den rechten Schenkel, verzweigt sich
aber alsdann bei c wieder in zwei gleichstarke, sich
entgegenwirkende Zweige, und es kommen daher jene zwei Fünftel des ursprünglichen
Batteriestromes nicht einmal ganz in dem empfangenden Relais zur Wirkung.
Während der Taster der empfangenden Station schwebt, geht in dieser zwar der (ganze)
ankommende Zweig blos durch den rechten Schenkel; seine Stärke beläuft sich indessen
jetzt nur auf ein Drittel des jetzigen und auf drei Zehntel des früheren
Gesammtstromes. In diesen beiden Tasterstellungen ist also bei einer solchen
Einschaltung und Anordnung der Widerstände die Ausnützung der Batterien eine
unvollkommenere als bei anderen Gegensprechern, z.B. bei dem von Siemens-Halske und Frischen. Noch unvortheilhafter aber gestaltet es sich, wenn etwa (worüber
sich Preece nicht klar ausspricht) dem zwischen v und a einzuschaltenden
Widerstande sein Platz zwischen der Tasterachse 2 und v
angewiesen wird, weil dann die Stärke des Gesammtstromes durch diesen Widerstand
noch weiter herabgedrückt wird. An Stelle dessen würde es alsdann wohl zweckmäßiger
gewesen sein, wenn Preece den zwischen a und dem Ruhecontacte 3 des Tasters T angedeuteten Widerstand
w unendlich groß genommen, d.h. die leitende Verbindung
zwischen 3 und a ganz weggelassen hätte; dann ginge
während des Ruhens und Schwebens des Tasterhebels der empfangenden Station der
wirksame Zweigstrom nur durch den rechten Schenkel, beim gleichzeitigen Arbeiten
beider Taster aber würde bei gleichstarken Batterien auf beiden Stationen und bei
vollkommener Isolation der Leitung L zwar ein Strom von
doppelter Stärke, allein durch den weiter entfernten Polschuh des linken
Relaisschenkels auf die Relaiszunge z wirken.
Preece bezeichnet es als einen Vorzug seiner Methode, daß
bei ihr jede in der Telegraphenleitung L auftretende
(zufällige) Aenderung des Widerstandes zugleich mit der Stärke des nach dem
Durchlaufen beider Windungen in die Leitung eintretenden Zweigstromes nicht blos
dessen Wirkung in dem rechten Schenkel des Relais sondern auch und zwar in demselben
Sinne (freilich in etwas niedrigerem Grade) in dem linken Schenkel schwächt oder
verstärkt, und daß deshalb sein Gegensprecher weniger von der Veränderlichkeit des
durch die Witterungsverhältnisse beeinflußten Isolationszustandes der Leitung
abhängig sei. Auf die Möglichkeit, jede solche Veränderlichkeit des Widerstandes und
der Stromstärke in dem einen Zweigstromkreise (in der einen Relaiswindung) durch
eine gleichzeitig mit auftretende Veränderung der Stromwirkung in der anderen
Relaiswindung wenigstens theilweise ausgleichen zu lassen, hat indessen nicht Preece allein hingewiesen. Ich selbst habe diesen
Gedanken zuerst in der Zeitschrift des deutsch-österreich.
Telegraphen-Vereins (Jahrg. XII S. 29) und kurz darauf in meinem Werkchen
„Die Copirtelegraphen etc.“ (S. 141) bestimmt
ausgesprochen, auch zwei Einschaltungen zu seiner Verwirklichung mit nicht
polarisirtem Relais und verschiedenen Windungszahlen in beiden Umwickelungen
angegeben, welche rücksichtlich der Batterieausnützung der Preece'schen vorzuziehen sind. Die schon auf S. 116 erwähnte, eine bessere
Ausnützung der Batterien bezweckende Einschaltung von Schaack aber, bei welcher während des Schwebens blos eines Tasters der
unverzweigte Strom sich mit dem stärkeren seiner Zweigströme ausgleichen sollte,
beim gleichzeitigen Arbeiten beider Taster dagegen überhaupt gar keine Zweigströme
vorhanden sind, führte mich (wie auf S. 116 schon angeführt wurde) 1864 auf die
durch Fig. 20
wiedergegebene Skizze, in welcher der Batteriestrom ganz unverzweigt durch die Leitung L nach der
anderen Station gesendet werden sollte; das bei dieser Einschaltung zu befürchtende
Zerreißen der Zeichen in Folge der beim Schweben vorhandenen Unterbrechung der
Leitung sollte entweder der dem Taster T beigegebene
Hilfshebel h verhüten helfen (wobei jedoch der
Abhebstift i isolirt sein mußte), oder es sollte dazu ein
besonderer Taster angewendet werden, in welchem Falle die Batterie B bei ruhendem Tasterhebel kurz geschlossen war; die
inneren Windungen des Relais R hätten übrigens dabei
doppelt so zahlreich sein müssen als die äußeren, und die Batterien beider Stationen
wären mit entgegengesetzten Polen an die Arbeitscontacte 1 ihrer Taster zu führen
gewesen. Ich glaube auf die letzteren Ideen des theoretischen Interesses halber um
so eher hinweisen zu dürfen, als ja Preece selbst es
ausspricht, daß er seine (übrigens auch von den meinigen einigermaaßen abweichende)
Methode früher nicht bekannt gemacht hat, mir also jedenfalls die frühere
Veröffentlichung der Idee bleibt, wenn auch an deren Ausführbarkeit, welche ich
durch Versuche nachzuweisen nicht in der Lage war, nach Maaßgabe der älteren
Versuche mit dem Gegensprecher von Preece Zweifel gehegt
werden können.
IV. Der Gegensprecher von
Winter.
In seinem Patente Nr. 761 vom 1. März 1873 schlägt George Kift
Winter vor, die Batterien beim Gegensprechen so einzuschalten, daß sie von
beiden Seiten her einen Ruhestrom in die Leitung L
senden, daß aber diese beiden Ruheströme sich in ihrer Wirkung aufheben, so lange
beide Taster ruhen; die Batterien sind also gleich stark zu nehmen und mit gleichnamigen Polen zur Erde E zu führen. Der Empfangsapparat R wird dabei
nach Figur 24
zwischen der Batterie B und der Linie L eingefügt. Der Arbeitscontact 1 des Tasters T soll mit der Erde, die Tasterachse 2 bei c mit der Relaisumwickelung verbunden werden jedoch so,
daß der größere Theil (0,9) der Windungen zwischen c und
L liegt und nach der Skizze die innere Windung
bildet, während der kleinere Theil (0,1) von c aus nach
der Batterie B hin liegt und sich als äußere Umwickelung
darstellt, hinter welcher aber nach B hin noch ein
Widerstand W eingeschaltet wird, welcher etwa 1/9 von
dem Widerstande der Linie L ausmacht.
Wenn nun die Linie vollkommen isolirt wäre, so würden sich bei gleicher Stärke die
Ströme beider Batterien, während die beiden Taster ruhen, gegenseitig aufheben
können, da sie beide unverzweigt und zwar in entgegengesetzter Richtung beide
Windungslagen durchlaufen. Wird hierauf der eine Taster niedergedrückt, so stellt er
in dem Augenblicke, wo sein Tasterhebel den Arbeitscontact 1 erreicht, für die
eigene Batterie einen kürzeren Schluß her in einem Stromkreise, in welchem der
Widerstand W (= 1/9 L) und
blos die äußeren Relaiswindungen liegen; der Strom in diesem nur 0,1 der sämmtlichen
Windungen enthaltenden Schließungskreise hat zwar die neunfache Stärke, magnetisirt
aber die Kerne des
eigenen Empfangsapparates R nur 0,9 mal so kräftig, wie
es ein die Gesammtzahl der Windungen durchlaufender Strom von einfacher Stärke und
beim Widerstande L thun würde; gleichzeitig werden aber
auch noch die inneren Windungen des Relais R von dem
jetzt ebenfalls auf dem kürzeren Wege c 2 1 r zur Erde E gehenden
fremden Strome durchlaufen, dessen Stärke neun Zehntel jenes Stromes von einfacher
Stärke beträgt, weil der Widerstand in seinem Stromkreise wesentlich von der Linie
L und einem
Ausgleichungswiderstande W gebildet wird; die
magnetisirende Kraft dieses fremden Stromes beläuft sich daher im Relais der
sprechenden Station auf 0,81, in dem Relais der fremden (empfangenden) Station
dagegen auf 0,9, weil dieser Strom in dem letzteren Relais sämmtliche Windungen
durchläuft; deshalb werden sich in der sprechenden Station auch jetzt noch die
beiden Stromwirkungen (fast) ausgleichen, auf der empfangenden Station dagegen wird
das Relais ansprechen. Während endlich beide Stationen zugleich ihre Taster
niederdrücken, sind beide Batterien kürzer geschlossen, die Linie L und die inneren Windungen der beiden Relais stromfrei,
und beide Relais sprechen auf die Ströme in den äußeren Windungen mit der
magnetisirenden Kraft 0,9 an.
Wenn dagegen auf einer mangelhaft isolirten Linie gearbeitet werden soll, so wird
– nach Winter's Meinung – ein schwacher Strom durch das Relais in die Leitung gehen;
daß aber dieser Strom auf dem eigenen Relais ein Zeichen hervorbringe, solle man
dadurch verhüten, daß man dem Relais eine gleichgroße Neigung gebe, ein Zeichen
erscheinen zu lassen, aber im entgegengesetzten Sinne wie jener Stromverlust, was
bei polarisirten Relais ganz leicht sei. Die Stärke jenes Stromverlustes wird
indessen ganz wesentlich durch die Summe und Lage der Ableitungen auf der Linie L bedingt sein, und deshalb könnte wohl unter Umständen
die Möglichkeit seiner Ausgleichung im eigenen Relais fraglich werden.
Der Grundgedanke dieser Winter'schen Einschaltung ist
übrigens ebenfalls nicht neu; ich lernte ihn in seiner Verwendung für das einfache
Sprechen bei Benützung der in Figur 25 gezeichneten,
übrigens leicht verständlichen Skizze schon Anfang 1856 in Wien kennen.
Eine (von ihm selbst als minder vollkommen bezeichnete) Abänderung seiner Methode
erhält Winter dadurch, daß er von einem Punkte u des die Tasterachse 2 mit dem Punkt c verbindenden Drahtes eine Nebenschließung nach der
Eintrittsstelle s der Luftleitung L in das Relais R führt, wobei der Widerstand
der Nebenschließung us etwa vier- oder fünfmal so groß genommen
werden soll als der Widerstand der Relaiswindungen.
Winter zeigt sodann noch, wie diese beiden Einschaltungen
für polarisirte oder nicht polarisirte Relais einfach für Zwischenstationen
anzuwenden wären, welche mit anderen Zwischenstationen oder den Endstationen in's
Gegensprechen eintreten sollen.
Endlich gibt Winter an, wie durch die Zugabe einer
Hilfsbatterie, welche durch den Taster gleichzeitig mit der Telegraphirbatterie
geschlossen wird, ihren Strom aber durch die primären Windungen einer
Inductionsspule sendet, die Ladungen und Entladungen der Linie unschädlich gemacht
werden können, ferner wie sich derselbe Zweck auch durch Inductionsbatterien,
Inductionsrollen oder Condensatoren erreichen lassen und wie letztere beiden auch
durch eine der Wheatston'schen Brücke ähnliche
Inductionsbrücke zu ersetzen wären. –
Die im Vorhergehenden enthaltene eingehende Besprechung der Gegensprecher von Vaes, Stearns, Preece und Winter und die Vergleichung derselben mit den älteren Gegensprechern hat
folgende Ergebnisse geliefert:
1) Der Fehler, mit welchem Vaes, Stearns und Andere die
von Siemens-Halske und von Frischen angegebene Methode des Gegensprechens behaftet glauben, hängen
dieser Methode gar nicht an. Daher sind natürlich die von Vaes und Stearns zur Beseitigung jenes
vermeintlichen Fehlers, welcher in dem Schweben des
Tasters liegen soll, angewendeten Mittel zunächst völlig überflüssig; da
aber diese Mittel zugleich dem Apparate seine Einfachheit rauben, so sind sie nicht
blos durchaus unnöthig zum Gelingen des Gegensprechens, sondern es ist sogar gewiß
nicht ihr Verdienst, wenn das Gegensprechen jetzt ohne Anstand gelingt und sich
ausbreitet, während es früher sich nicht einzubürgern vermochte.
2) Es mag ferner der Klopfer, welchen Stearns in
Verbindung mit dem Taster bei seinem Gegensprecher anwendet, ein Zugeständniß an
amerikanische Verhältnisse sein, zum Gegensprechen nöthig oder nur förderlich ist er
aber nicht. Daß auch ihm demnach der Gegensprecher von Stearns seinen Erfolg nicht zu verdanken hat, läßt sich um so weniger
bestreiten, als ja Stearns diesen Klopfer manchmal auch
wegläßt und statt seiner dann einen (noch unschuldigeren) Klopfer im localen
Stromkreise einschaltet.
3) Der Condensator, mit welchem Stearns (und in anderer Weise auch Winter)
seinen Gegensprecher ausrüstet, bedingt ebenfalls nicht den jetzigen Erfolg beim
Gegensprechen; denn Stearns sagt ja ausdrücklich, der
Condensator sei nur auf längeren oberirdischen und auf unterirdischen Linien von
wesentlichem Nutzen.
4) Noch weniger endlich liegt sicherlich in den von Stearns benützten Widerständen
w₁ und w₂
(Fig. 21)
oder in dem von Vaes angewendeten Widerstande
K (Fig. 18) eine
Verbesserung des Gegensprechers von Siemens und Frischen; denn diese Widerstände fügen Stearns und Vaes nur ein, um
einen Nachtheil ihres Hilfshebels h, nämlich den
momentanen kurzen Schluß desselben, unschädlich zu machen und zugleich einen anderen
Uebelstand auszugleichen, womit die von ihnen gewählte Einschaltung der Batterien (mit entgegengesetzten Polen zur Erde) behaftet
ist, während auch dieser Uebelstand bei der Batterieeinschaltung von Siemens und Frischen gar nicht
vorhanden ist. Und dabei nimmt Stearns die Stromschwächung durch diese Widerstände obendrein mit in
den Kauf.
5) Da außerdem noch das Relais von Vaes und von Stearns dem einen Relais von Siemens und Frischen, beziehungsweise dem
Relais von Maron vollständig gleicht, so dürfen, wenn die
Gegensprecher von Vaes und Stearns wirklich vorzüglich und besser als die älteren arbeiten, die
Ursachen nur in außerhalb der Apparate selbst liegenden
Umständen gesucht werden; in diesem Falle würden aber dieselben Umstände offenbar
auch den Gegensprechern von Siemens-Halske, Frischen,
Maron u.a. in ganz gleicher Weise zu statten kommen.
6) Durch die Ausgleichung zwischen dem unverzweigten
Strome und dem einen seiner Zweigströme könnte
Preece wohl neben dem Nachtheile der unvollkommeneren
Batterieausnützung den Vortheil erreicht haben, daß jede Aenderung des Widerstandes
in dem von der Linie gebildeten Zweigstromkreise zugleich die Stärke des in diesem
Kreise vorhandenen Zweigstromes und des unverzweigten Stromes zur Folge hat, und es
könnte sich deshalb seltener ein Bedürfniß dazu fühlbar machen, die Schwankungen im
Isolationszustande der Linie durch Abänderung und Regulirung der
Ausgleichungswiderstände auszugleichen. Allein trotzdem wollte doch der
Gegensprecher von Preece früher ebenfalls nicht
zufriedenstellend arbeiten.
7) Der Winter'sche Vorschlag endlich erinnert zugleich an
Gintl's Gegensprecher (insofern bei ihm die
Ausgleichung im eigenen Relais durch die Ströme zweier verschiedenen Batterien
erzielt wird) und an die von Dr. J. B. Stark in Wien und Dr. E. Edlund in Stockholm befürwortete Abänderung des
Gegensprechers von Siemens-Halske
und Frischen (insofern den sich ausgleichenden Strömen
Schließungskreise von verschiedenem Widerstande angewiesen werden und dafür der
stärkere Strom nur in einer geringeren Anzahl von Windungen magnetisirend auf die
Kerne wirkt). Es wird daher auch diese Methode, über deren praktische Anwendung ich
keine Kunde erlangt habe, weder von etwaigen Veränderungen in den beiden Batterien,
noch von der Veränderlichkeit des Widerstandes in der Linie unbeeinflußt bleiben,
sie wird aber dazu noch mit den Mängeln behaftet sein, welche Dr. E. W. Siemens an dieser ihm schon vor Stark patentirten Ausgleichungsweise gefunden und
nachgewiesen hat (vergl. Poggendorff's Annalen, Bd.
XCVIII, S. 127 und Bd. XCIX, S. 312).
Hat sich somit herausgestellt, daß diese neueren Gegensprecher
nicht vollkommener sind als die älteren, daß also die Erfindung selbst zur
Zeit noch keiner größeren Vollendung entgegengeführt ist als vor fast 20 Jahren, daß
man sie vielmehr mit voller Berechtigung damals ebenso fertig nennen konnte wie
jetzt, dann muß die von den Zeitungen berichtete Thatsache, daß das Gegensprechen
jetzt besser wie früher gelingt, in anderen Ursachen ihren Grund haben. Und solche
Ursachen lassen sich auch auffinden:
Zunächst ist der Linienbau in den letzten zwanzig Jahren nicht unwesentlich
vervollkommnet worden. Obgleich nämlich Nebenschließungen, so lange sie unverändert
bleiben, den Betrieb des Gegensprechers nicht stören, so machen doch heftige
Schwankungen in den Nebenschließungen oder wechselnde Stromübergänge von einer
Leitung zu einer daneben liegenden anderen Leitung ein wiederholtes Reguliren der
Ausgleichungswiderstände nöthig und erschweren so das Gegensprechen wesentlich.
Gerade solche Schwankungen sind aber durch diese bessere Isolation unserer jetzigen
Leitungen merklich vermindert worden, und dies kommt natürlich dem Gegensprechen
sehr zu statten.
Es ist ferner die möglichst vollkommene Ausnützung der Linien jetzt ein bei weitem
dringenderes Bedürfniß als in früheren Zeiten.
Dazu kommt, daß der Gegensprecher minder einfach ist als ein gewöhnlicher Morse und daß daher auch sein Verständniß und seine
Bedienung ein höheres Maß von Kenntnissen und Aufmerksamkeit voraussetzt und
erfordert; trotz seiner größeren Leistung (die indessen das doppelte eines einfachen
Apparates nicht erreicht, so lange nicht das Doppelsprechen mit dem Gegensprechen
vereinigt werden kann) vermochte sich daher der Gegensprecher damals noch nicht Bahn
zu brechen. Das jetzige, wesentlich besser durchgebildete und durch das Arbeiten am
Hughes, an den automatischen Apparaten u.s.w. an eine
höhere Leistung gewöhnte Telegraphenpersonal dagegen wird den Gegensprecher einfach
und anziehend genug finden, um sich an seiner Einführung mit willigem Entgegenkommen
zu betheiligen.
Endlich wird auch die eine oder die andere der inzwischen eingetretenen Umwandlungen
in der Betriebsweise des Telegraphen die Einbürgerung des Gegensprechers
begünstigen, so besonders die Festsetzung von Uebernahmsstationen, welche in
passenden Entfernungen von einander liegen und alle bis zu ihnen gelangenden
Telegramme aufzunehmen haben; denn mit dem öfteren Wechsel der mit einander
verkehrenden Stationen fällt auch die dabei erforderliche, umständliche und das
Gegensprechen erschwerende Abänderung der Ausgleichungswiderstände weg.
Nur die sorgfältiger gebauten Leitungen, das besser geschulte und eingeübte Personal
und die zwingende Notwendigkeit einer vollständigeren Ausnützung der Linien sind es
demnach, welche dem Gegensprecher jene nunmehr zwanzig Jahre alte deutsche Erfindung zu der ihr gebührenden Geltung und
Anerkennung gelangen lassen; diese Anerkennung aber in allen Stücken an den Namen
der wahren Erfinder zu knüpfen, ist eine Forderung der
Gerechtigkeit und geschichtlichen Wahrheit.