Titel: | Oesten's Patent-Heizmesser. |
Fundstelle: | Band 212, Jahrgang 1874, Nr. XIX., S. 135 |
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XIX.
Oesten's
Patent-Heizmesser.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Oesten's Patent-Heizmesser.
Der Heizmesser hat den Zweck jene Zahl von Wärmeeinheiten zu messen und durch ein
Zählwerk anzugeben, welche in einer Flüssigkeit (z.B. Wasser) durch den Apparat
hindurchgehen.
Ein solches Instrument ist daher von Wichtigkeit für Wasserheizungen und zwar
zunächst als Controlapparat für den Kohlenverbrauch der
Feuerung resp. für die Qualität der Feuerungsanlage – denn mit Hilfe
des Heizmessers, von welchen je einer im Zulauf- und Ablaufrohr eingeschaltet
ist, kann stets festgestellt und selbstthätig registrirt werden, wie viel
Wärmeeinheiten aus dem verbrauchten Quantum Brennmaterial erzeugt worden sind
–; sodann ermöglicht der Apparat bei gemeinschaftlicher
Centralheizung für mehrere Interessenten die genaue Feststellung der von jedem derselben consumirten Wärmeeinheiten, wenn
sowohl im Zulauf- als im Rücklaufrohr je ein Heizmesser eingeschaltet ist.
Die Differenz der Ablesungen beider Zählapparate gibt nämlich die nutzbar gemachte
resp. die in der bezüglichen Abtheilung verbrauchte
Wärmemenge. In dieser Beziehung dürfte der Apparat der Anlegung von
Central-Wasserheizungen ein neues Feld eröffnen, da man nunmehr in den Stand
gesetzt ist, eine gemeinschaftliche Feuerungs-Anlage für viele
Heizungssysteme, für ganze Gebäude-Complexe anzulegen und jedes beliebige
Quantum Wärme an einzelne Abnehmer zu verkaufen, ganz analog der Versorgung
einzelner Privaten mit Wasser, mit Gas u.a.m.
Der Apparat ist in allen Staaten einschließlich Preußen patentirt.Hr. Ingenieur Oesten (Berlin S. W. Tempelhoferberg, Nr. 4) ist geneigt, die
Patente für mehrere Staaten zu verkaufen. D. Red. Zur Beschreibung dieses in Figur 28 und 29 in etwa 1/2
Naturgröße dargestellten Apparates übergehend, so besteht derselbe im Wesentlichen
aus einem Gehäuse, durch welches die Flüssigkeit hindurchgeht, ferner aus einem im
Gehäuse gelagerten Flügelrädchen mit selbstthätig
verstellbaren Flügeln, welches durch die Flüssigkeit in Rotation versetzt
wird, und endlich aus einem unterhalb dieses Rädchens angebrachten
Metallthermometer, welches je nach der Temperatur der denselben umspülenden
Flüssigkeit die Flügel des rotirenden Rädchens mehr oder weniger schräg stellt und in Folge dessen die
Tourenzahl des letzteren variirt.
A bezeichnet ein gußeisernes Gehäuse mit der Zu-
und Abflußöffnung a und b.
Im Gehäuse befinden sich, wie aus dem Schnitt in Figur 28 deutlich zu
entnehmen ist, zwei messingene Einsatzstücke B, B',
welche eine ringförmige, conisch sich verengende Durchflußöffnung für das
zuströmende Wasser bilden.
Unterhalb dieser Einsatzstücke B, B' sitzt fest auf der
verticalen Spindel D das Flügelrad C mit sechs Flügeln, welche um ihre Zapfen drehbar in
dem Radkörper eingelagert sind. Auf der verlängerten Nabe des Flügelrades steckt ein
Ring E, welcher um einen gewissen Winkel vor-
oder rückwärts gedreht werden kann und welcher hiebei mit seiner oberen rauhen
Fläche eine entsprechende Drehung der geriffelten Zapfen der Flügel hervorruft; um
die erforderliche Reibung zwischen dem Ringe E und den
Flügelzapfen zu erzielen, drückt eine Spiralfeder von unten gegen E.
Diese Spiralfeder ruht auf der cylindrischen Metallbüchse G, welche auf der Spindel D festsitzt und eine
Compensations-Spirale F enthält, von welcher das
eine Ende an der Wand der Büchse G befestigt ist,
während das andere entsprechend verlängerte Ende durch einen Schlitz des Deckels der
Büchse G hindurchgeführt ist und zwischen zwei in den
Ring E eingeschraubte Stifte greift. Die Welle D läuft unten in einem mittels der Schraube i vertical verstellbaren Spurlager, welches von dem
untersten Einsatzcylinder H (aus Messing) getragen wird.
Dieser Einsatz H ist durchbrochen, um dem Wasser freien
Durchgang zur Abzugsöffnung b zu gestatten.
Das Spiel des Apparates ist nun folgendes. Die Flüssigkeit tritt durch eine
Rohrleitung bei a in den Apparat und trifft auf die
Flügel des Rades C. Wenn diese Flügel vertical, also
parallel zur Strömungsrichtung stehen, wird eine Drehung des Flügelrades nicht
stattfinden; dagegen dreht sich das Flügelrad, sobald die Flügel einen Winkel mit
der Stromrichtung bilden, und zwar wird die Umdrehungsgeschwindigkeit des Rades um
so größer sein, je stärker die Flügel gegen die Verticale geneigt werden.
Die Stellung der Flügel geschieht selbstthätig durch die Compensationsspirale F, welche aus zwei verschiedenen Metallen von ungleicher
Wärmeausdehnung hergestellt ist und deren inneres freies
Ende jedesmal eine der Flüssigkeitstemperatur entsprechende Lage einnimmt oder, mit
anderen Worten gesagt, mit wechselnder Temperatur – analog wie die Spirale eines
Metallthermometers – eine bestimmte Bewegung ausführt.
Der Apparat ist nun derart adjustirt, daß für eine bestimmte Minimaltemperatur die
Flügel vertical, also auf Null stehen, eine Drehung des Flügelrades beziehungsweise
des Zählwerkes bei Z nicht stattfindet; dagegen wird für
eine bestimmte Maximaltemperatur die Schrägstellung der Flügel und damit die
Tourenzahl des Rades C bei einer und derselben
Geschwindigkeit der Flüssigkeit ein Maximum. Es wird daher auch für alle
zwischenliegenden Temperaturen eine andere Flügelstellung und eine derselben
entsprechende Umdrehung des Rades c eintreten. Da nun
diese Tourenzahl auch im directen Verhältnisse zu der Geschwindigkeit der
durchströmenden Flüssigkeit beziehungsweise zur Menge derselben steht, so wird der
Zeigerweg des Zählwerkes stets proportional dem Producte aus Temperatur und Quantum
der Flüssigkeit sein und daher eine Zählung der durchfließenden Wärmeeinheiten
stattfinden.
Es ist zum Schlusse noch zu bemerken, daß die in der Zeichnung dargestellte Form des
Apparates eine zufällige und durch Benützung eines Siemens'schen Wassermessers entstanden ist.
Berlin, 15. März 1874.