Titel: | Ersparniss an Brennmaterial bei allen Feuerungen durch die Umwandlung der Brennstoffe in die Form von Gasen und durch Verbrennung derselben unter einem constanten Volumen; von Paul Charpentier, Civilingenieur in Paris. |
Fundstelle: | Band 212, Jahrgang 1874, Nr. LIV., S. 318 |
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LIV.
Ersparniss an Brennmaterial bei allen Feuerungen
durch die Umwandlung der Brennstoffe in die Form von Gasen und durch Verbrennung
derselben unter einem constanten Volumen; von Paul Charpentier, Civilingenieur in Paris.
(Schluß von S. 445 des vorhergehenden
Bandes.)
Mit einer Abbildung.
Charpentier, über Ersparniß an Brennmaterial bei allen Feuerungen
durch die Umwandlung der Brennstoffe in die Form von Gasen.
Wir haben gesehen, daß die Moleculararbeit bei den permanenten Gasen wohl nicht als
Null zu betrachten ist, obwohl sie in gar keinem Verhältniß steht zu dem Werthe,
welchen sie bei den dichteren Gasen, bei den Flüssigkeiten und endlich bei den
festen Körpern erreicht. Dessenungeachtet habe ich nachgewiesen, daß diese Arbeit
sich äußert, sobald man den Gasen gestattet, sich frei auszudehnen, und daß, wenn
man diese Ausdehnung verhindert, man dadurch einen größeren nützlichen Effect
erzielt.
Sehen wir nun, durch was für praktische Mittel wir dazu gelangen können, eine
Verbrennung zu bewerkstelligen, wo es den Verbrennungsgasen nicht gestattet ist,
sich frei auszudehnen.
Wir kommen hiermit zur Besprechung über allgemeine Anlagen zur Durchführung eines
ökonomischen Heizverfahrens, durch die vollständigste Verbrennung des in Gas
verwandelten Brennmateriales und unter constanten Volumen der Verbrennungsproducte,
sowie zur Beschreibung des neuen Systemes. Dasselbe besteht aus drei
Haupttheilen:
1. dem Gaserzeugungs-Apparat;
2. dem Verbrennungs-Apparat der gebildeten Gase;
2. dem hydraulischen Regenerator.
Der von mir verwendete Gaserzeugungs-Apparat ist schon dem Princip nach
bekannt. Er wird durch ein Gebläse mit Luft versehen und ein Dampfstrom wird den
glühenden Kohlen zugeführt. Dieser Apparat befindet sich so nahe als möglich dem
eigentlichen Flammapparat, um auch seine Wärme wo möglich zu benützen. In gewissen
Fällen behalte ich mir die Möglichkeit vor, zwischen den Gasapparaten und den
Flammapparaten einen regulirenden Gasbehälter einzuschalten
Der Flammapparat oder rauchverzehrende Apparat bildet in Form eines länglichen
Schlauches gleichsam die Fortsetzung des Gasapparates und ist davon nur durch eine
Klappe getrennt; er wird durch die in dem Gasometer erzeugten Gase gespeist. Der
Zweck dieser Vorrichtung ist der, um vor der eigentlichen Flammenentwickelung eine
möglichst innige Mischung zwischen diesen Gasen und der Luft zu bewerkstelligen. Um
dieses zu erreichen, ist die Vorrichtung getroffen, daß die zugeführte Luft immer
die zu verbrennenden Gase von allen Seiten umgibt. Die Luft wird in einem dünnen
Strahl zugeführt; um jedoch diese beiden Gasarten innig zu vermischen, lasse ich sie
durch vorgestellte feine Metallsiebe streichen, so daß dieselben in unendlich kleine
Adern zertheilt sind, welche durch ihre innige Vermischung eine vollständige
Verbrennung ermöglichen und auch keinen Rauch bilden können. Die Form dieses
Verbrennungsschlauches kann je nach Bedarf viereckig, rechteckig oder rund sein. Die
Zuführungsröhren der Luft und des Gases können mehr oder weniger groß sein, je nach
den verwendeten Brennmaterialien.
Ich leite die Luft zum Verbrennen der Gase nach einem bestimmten Winkel, welcher
verändert ist nach der gewünschten Länge der Flamme. Ferner behalte ich mir noch die
Möglichkeit vor, die zugeführte Luft durch Benützung der ausstrahlenden Wärme des
Gaserzeugungsofens zu erwärmen.
Bei Anwendung von Röhrenkesseln mit einem metallenen Feuerherd, wie bei Locomotiven,
wende ich statt der vorerwähnten Schlauchvorrichtung einen gußeisernen oder
blechernen Kasten mit vielen Löchern versehen an, durch welchen die beiden Gasarten
durchströmen müssen aber immer in der Weise, daß die zu verbrennenden Gase in einem
Mantel von Luft sich befinden. Diese Vorrichtung kann horizontal oder vertical
gestellt sein, viereckig oder rund, je nach dem gegebenen Fall.
Der hydraulische Regenerator empfängt die Verbrennungsgase nach ihrem Austritte aus
dem Feuerraum und hat folgende Wirkung:
1. Vollständige Ausnützung der freien Wärme, welche durch die Verbrennungsproducte
nach ihrer Wirksamkeit in dem Feuerraume bei Austritt aus demselben gleichsam
weggetragen wird. Diese Wärmemenge ist verhältnißmäßig sehr bedeutend und wird
bisher ausschließlich zur Erzeugung des kostspieligen Kaminzuges benützt. Dieser
natürliche Zug wird durch die Anwendung von Ventilatoren überflüssig, wodurch eine
Wärme-Ersparniß von 25 Procent hervorgebracht wird.
2. Der Apparat bewirkt auch die Regeneration der gebundenen Wärme, welche in der
Dampfverwandlung des in dem Brennmaterial enthaltenen Wassers enthalten ist, und
auch des durch die Oxydation des Wasserstoffes gebildeten
Wassers. Diese latente Wärme wird durch meinen Apparat in eine freie umgewandelt und
nützlich gemacht.
3. Regenerirung oder Wiedergewinnung jener Wärmemenge, welche bisher durch das
Gestatten der Ausdehnung der Verbrennungsgase bei der dadurch bewirkten höheren
Wärme-Capacität derselben verloren ging. Durch die Verbrennung bei constanten
Volumen wird eben der Uebergang der Wärme in den gebundenen Zustand verhindert; sie
bleibt frei und mithin verwendbar.
4. Wiedergewinnung der Wärme, welche bisher verbraucht wurde bei der inneren
Moleculararbeit der Ausdehnung der Gase, indem dieser Apparat ihnen diese Ausdehnung
nicht gestattet.
5. Der Regenerator kommt dem Verbrennungs-Apparate zu Hilfe und bringt mit ihm
eine vollständige Rauchverzehrung zu Stande.
6. Endlich da das Wasser des Regenerators zur Speisung des Dampfkessels verwendet und
durch die durchpassirenden Verbrennungsgase bis zum Siedepunkte erwärmt wird, so
verliert es dadurch die überschüssige Kohlensäure und mithin die Kalksalze, welche
in denselben in Lösung waren, wodurch der Dampfkessel vor Incrustation geschützt
wird. Diese Wirkung des Regenerators ist von der höchsten Wichtigkeit. Dieselbe
bewirkt folgendes:
Wenn wir in den zu erwärmenden Feuerraum ein gegebenes Gewicht von einem entzündeten
Gasgemenge eintreten lassen unter einem gewissen Druck über dem atmosphärischen, so
wird diese Mischung die Tendenz haben, sich auszudehnen; ihre Spannung wird in Folge
dessen abnehmen und das ist dasjenige, was bei allen industriellen Feuerungen
stattfindet, welche durch einen Kamin in ungehinderter Verbindung mit der Atmosphäre
stehen. Wenn man statt dessen den überschüssigen Druck, welchen das Gasgemenge bei
seinem Austritte aus dem Zuführungsrohre hat, benützt, so zwing man dieses Gemenge
von diesem Rohre bis zum hydraulischen Absperr-Apparate in einem
unveränderlichen Raume zu verbleiben, und zu diesem Behufe führe ich die
Verbrennungsgase aus dem Feuerraum in ein blechernes, mit Wasser gefülltes und durch
eine Scheidewand in zwei ungleiche Theile getheiltes Gefäß.
Die Verbrennungsgase drücken vermöge ihrer Spannung das Niveau des Wassers in A herab, so daß es in B
gehoben wird, und die Differenz der beiden Niveaus dient als Maßstab ihrer
Spannung.
Aus der Skizze dieses Apparates in nachstehendem Holzschnitt ist ersichtlich, daß,
wenn das Wasser in A bis etwas unter dem Siebboden ab gedrückt ist, die durchströmenden Gase vermöge ihres
leichteren specifischen Gewichtes in B ausströmen
werden, indem sie in kleinen Blasen durch die Flüssigkeit treten; um ihre
Vermischung mit dem Wasser so innig als möglich zu bewerkstelligen habe ich diesen
Siebboden angebracht.
Textabbildung Bd. 212, S. 320
Wenn die Fläche sowohl als die Höhe der Wasserschichten gut berechnet sind, so kommt
man zu dem Resultat, daß die bei B austretenden Gase
ihren Wärme-Ueberschuß größtentheils abgegeben haben und daß sie ohne
weiteren Druck in dem Luftraum sich verbreiten. Auf diese Weise geschieht es, daß
für jeden Kubikmeter Gasgemenge, welcher in den Feuerraum eingetreten, 1 Kubikmeter
Verbrennungsgas in derselben Zeit aus dem Feuerraume in dem durch Wasser
abgeschlossenen Raum austritt, wodurch nicht nur die Beständigkeit in ihrer
Dichtigkeit und in ihren Volumen erzielt wird, sondern auch die früheren erwähnten
Wärmemengen zur weiteren Benützung zurückbehalten werden. Es können sich mehrere
Fälle von verschiedener Anwendbarkeit dieser Methode darbieten je nach der Spannung,
welche man in dem Feuerraume zu erhalten wünscht.
Ich werde mich nicht länger aufhalten, diese speciellen Fälle zu beschreiben. Es ist
endlich unnöthig weiter zu sagen, daß die Esse entweder abgetragen oder durch den
Register vollständig abgeschlossen werden kann.
Ich werde in einigen Worten die verschiedenen Bedingungen zu einer guten Heizung
nochmals wiederholen und dabei die jetzt in der Industrie erlittenen Verluste
anführen und darlegen, in welchem Verhältnisse die früher beschriebene Heizmethode
die gewünschten Vortheile mit sich bringt und die bisherigen Nachtheile des alten
Verfahrens beseitigt. Man hat ersehen, daß zu einer guten Verbrennung folgende
Bedingungen gehören:
1. Daß das Brennmaterial sowie das verbrennende Gas mit einander innig gemengt seien.
Wir haben gesehen, daß diese so wichtige Bedingung in dem gewöhnlichen Heizverfahren
nie erfüllt ist. Wir haben auch geschlossen, daß selbst die Gasheizungen bei
gewöhnlichem Zuge, so wie sie in dem Verfahren von Siemens ihren Hauptvertreter haben, eine vollständige Vermischung nicht erreichen konnten,
während man bei dem neuen System im Gegentheil augenblicklich wahrnimmt, daß diese
Mischung eine vollständige ist, indem die zu vermengenden Gase sich unter einem
gewissen regulirbaren Winkel durchkreuzen und jedes Theilchen des zu verbrennenden
Gases mit Sauerstoff umgeben ist.
2. Der zweiten Bedingung jener nämlich, daß der Brenn- und der
Verbrennungsstoff dieselbe physikalische Beschaffenheit haben sollen, ist hier
vollständig Genüge geleistet.
3. Die dritte Bedingung fordert, daß die Gase bei jener Temperatur auf einander
einwirken, bei welcher die Verbrennung eine vollständige ist; diese Bedingung wird
ebenfalls erfüllt, da die Verbrennungsgase sehr heiß aus dem
Gasentwickelungs-Apparate austreten und die Verbrennungsluft ebenfalls
erhitzt wird.
4. Die vierte Bedingung verlangt, daß die Gemenge derartig regulirt werden können,
wie es das Resultat ihrer Verbindung verlangt. Diese letztere Bedingung kann
unmöglich durch ein Rostfeuer erfüllt werden; sie ist sogar bei Anwendung von
gasförmigen Brennmaterialien, bei natürlichem Zug sehr schwer zu erreichen, hingegen
aber sehr leicht durchführbar, wenn die Verbrennungsgase sowie die Luft mit einer
gewissen Spannung eintreten, welche man nach Belieben reguliren kann. Wir werden nun
sehen, inwieferne die früher erwähnten Nachtheile der gewöhnlichen Heizungsmethode
durch das neue Verfahren beseitiget werden.
1. Verluste durch einen Ueberschuß an Luft. Dieser Verlust verschwindet gänzlich
durch die Erfüllung der früher erwähnten vierten Bedingung zu einer guten
Verbrennung.
2. Verlust durch den Zug des Kamines. In dem neuen System verschwindet der Kamin
total und der hydraulische Wärme-Regenerator bringt beinahe die ganze
fühlbare Wärme der verbrannten Gase zur Benützung. Dieser zweite Verlust ist mithin
beseitigt. Es muß wohl hier erwähnt werden, daß die Beseitigung dieses Verlustes
durch einen kleineren Verlust erkauft ist, nämlich durch die Anwendung des
Ventilators.
3. Verlust durch unvollständige Rauchverbrennung. Dadurch, daß die Luft sowie die zu
verbrennenden Gase innig durch einander vermengt werden, ist von einem Rauche keine
Rede.
4. Verlust durch den Abfall von Kohlentheilen durch die Roste. Dieser Verlust ist
ebenfalls unbedeutend, indem die durch den Rost des Gaserzeugers durchfallenden
Kohlen oder Coakstheilchen wieder in denselben geworfen werden.
5. Verlust durch die Verdampfung von 48 Kilogr. Wasser. Dieser Verlust ist ebenfalls
beseitigt durch den Regenerator, indem der durch die Verbrennung von Wasserstoff
erzeugte Wasserdampf durch einen Regenerirungs-Apparat gänzlich condensirt
wird und seine latente Wärme dadurch gewonnen ist.
6. Verlust durch die Wärmeausstrahlung. Bei dem gewöhnlichen Verfahren habe ich nur
vorübergehend davon erwähnt; bei meinem Verfahren beseitige ich den Verlust dadurch,
daß unter dem Roste des Gaserzeugungs-Apparates ein Wasserbehälter sich
befindet, während er selbst von einer Luftschichte umgeben ist jener Luft nämlich,
welche zum Verbrennen verwendet wird. Ich komme nun zu den Verlusten, welche die
Anwendung des neuen Verfahrens begleiten.
7. Verlust, entstanden durch die Verwandlung des Kohlenstoffes in Kohlenoxyd. Diese
Verlustquelle, welche allen Gasheizungen innewohnt und die wir früher auf 2 Proc. in
dem Siemens'schen und analogen Verfahren taxirt haben,
habe ich bei der Besprechung dieses Verfahrens als eine nicht wieder gut zu machende
erklärt. Bei der Anwendung eines Gaserzeugungs-Apparates, welcher unter Druck
steht, hat hingegen die Erfahrung mehrerer Jahre gelehrt so wie die letzten
wiederholt gemachten Versuche in der Eisenhütte von Montataire, daß man auf den Rost
des Gaserzeugungs-Apparates einen Wasserdampfstrahl einströmen lassen kann,
wodurch zwar ein Theil der Wärme verwendet wird, um den Wasserdampf zu zersetzen,
aber zu gleicher Zeit die Verbrennungsgase bereichert werden.Vergl. Dingler's polytechn. Journal 1873, Bd. CXC
S. 233. –
Der Verfasser beschließt seine Betrachtungen durch die Aufzählung der verschiedenen
Vortheile, welche durch die Anwendung des neuen Heizverfahrens angeblich erreicht werden und zwar: Möglichkeit der Benützung aller
denkbaren Brennmaterialien für alle vorkommenden Fälle; – größere Schonung
der feuerfesten Materialien in den Oefen der Hüttenprocesse sowie auch der
Metallröhren bei Tubular-Kesseln, indem in Folge Abwesenheit von Sauerstoff
die Rostbildung vermieden wird; – Möglichkeit einer beliebigen Regulirung der
Flamme und Beseitigung des Rauches u.a.m.