Titel: | Bestimmung der salpetrigen Säure im Trinkwasser; von Ferdinand Fischer. |
Autor: | Ferd. Fischer |
Fundstelle: | Band 212, Jahrgang 1874, Nr. LXXVII., S. 404 |
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LXXVII.
Bestimmung der salpetrigen Säure im Trinkwasser;
von Ferdinand Fischer.
Fischer, über Bestimmung der salpetrigen Säure im
Trinkwasser.
D. Price
Dingler's polyt. Journal Bd. CXXIV S. 76; Pharmaceutical Journal, October 1851. versetzt die auf salpetrige Säure zu untersuchende Flüssigkeit mit
Stärkekleister, einigen Tropfen Jodkaliumlösung und verdünnter Salzsäure. Schon 1
Milligrm. salpetrige Säure im Liter Wasser erzeugt unmittelbar eine violette
Färbung; 0,2 Milligrm. erst nach einigen Minuten.
SchönbeinZeitschrift für analytische Chemie 1. S. 13; Journal für praktische Chemie
84. S. 227; vergl. auch Dingler's polytechn.
Journal Bd. CCX S. 292 u. 480. versetzt mit Jodkaliumstärkekleister (aus 1 Th. KJ, 20 Th. Stärke und 500 Th. Wasser) und verdünnter Schwefelsäure; er
gibt die Empfindlichkeit auf ein Milliontel an.
LerschZeitschrift für analytische Chemie Bd. 1. S. 244. bewies nach dieser Methode, daß die Burtscheider Thermen bei Aachen
salpetrige Säure enthielten, glaubt aber, daß diese nicht ursprünglich im Wasser
vorkomme sondern sich erst beim Aufbewahren durch Reduction der Nitrate oder durch
Oxydation von Ammoniak bilde.
TrommsdorffZeitschrift für analytische Chemie Bd. 8, S. 358 und Bd. 9 S. 168. kocht nach einer Vorschrift von Richter 5 Grm.
Stärke, 20 Grm. Chlorzink (ZnCl₂) und 100 Kub. Centim. Wasser einige Stunden
unter Ergänzung des verdampfenden Wassers, setzt 2 Grm. Jodzink (ZnJ₂) hinzu,
verdünnt bis zum Liter und filtrirt. Diese Lösung hält sich im Dunkeln längere Zeit
ohne Zersetzung. – 50 Kub. Centim. Wasser werden mit 1 Kub. Centim.
verdünnter Schwefelsäure und ebensoviel dieser Jodstärke versetzt, die blaue Farbe
wird mit derjenigen verglichen, welche in einer Kaliumnitritlösung von bekanntem
Gehalt entsteht.
KämmererDaselbst Bd. 12 S. 377. gibt an, daß beim Ansäuern mit Schwefelsäure falsche Resultate erhalten
werden können, da durch die organischen Stoffe im Wasser die freigewordene
Salpetersäure zu salpetrige Säure reducirt werde. Er säuert daher nur mit Essigsäure
an. Aeby
Daselbst Bd. 12 S. 379. glaubt, daß die Bildung der Jodstärke bei Anwendung von
Jodzinkstärkekleister und verdünnter Schwefelsäure in der Mehrzahl der Fälle nicht
auf die Gegenwart von Nitrit sondern von fein suspendirtem humussaurem Eisen
zurückzuführen sei.
Verfasser hatte schon mehrfach Gelegenheit eisenhaltige Torfwässer zu untersuchen,
welche mit Jodkaliumstärke und Schwefelsäure selbst nach einer Stunde keine Färbung
zeigten; desgleichen ein Brunnenwasser, welches so starke Zuflüsse aus einem Abort
hatte, daß es beim Ausgießen stark schäumte und mehr als das gleiche Volumen
Fünfzigstel-Kaliumpermanganat entfärbte. In die naheliegende Abortsgrube
gebrachtes Chlorlithium ließ sich schon nach 12 Stunden spectralanalytisch im
Brunnenwasser nachweisen. Da diese Erfahrungen nicht mit den Angaben von Kämmerer und Aeby stimmten, so
wurde destillirtes Wasser, dasselbe mit 5 Proc. Harn sowie eisenhaltiges, stark
gefärbtes Wasser aus einem Torfmoore für sich und mit verschiedenen Mengen
salpetrigsauren Kaliums versetzt auf salpetrige Säure geprüft, indem 50 Kub. Centim
in einem Cylinder mit 1 K. C. Stärkekleister, 0,5 K. C. Jodkaliumlösung (1 : 200)
und 1 K. C. verdünnter Schwefelsäure, Salzsäure oder concentrirter Essigsäure
versetzt wurde. Die Färbungen wurden beobachtet, indem man von oben durch die etwa
15 Centim. hohe Flüssigkeitsschichte auf ein Blatt weißes Papier sah. Die Resultate
ergeben sich aus folgender Zusammenstellung.
Textabbildung Bd. 212, S. 406
1 Liter wurde versetzt mit;
Destillirtes Wasser; Desgl. mit 5 Proc. Harn; Torfwasser; Reaction tritt ein in
Minuten; Wird undurchsichtig nach Minuten; Schwefelsäure; sehr schw. violett;
Salzsäure; desgl.; Essigsäure; Mllg. KNO₂; schwach violett; violettblau;
augenblicklich blau; sofort; sofort blau
Das Verfahren von Kämmerer ist also unbrauchbar, weil zu
wenig empfindlichVergl. Zeitschrift für analytische Chemie Bd. 12 S. 427.; auch die colorimetrische Bestimmung nach Trommsdorff ist nicht zuverlässig, weil organische Stoffe –
namentlich thierischen Ursprungs – die Reaction ganz bedeutend verzögern, ja
völlig verhindern. – Bei einem anderen Versuche gab ein nitritfreies aber
salpetersäurehaltiges Brunnenwasser mit Harn versetzt am anderen Tage eine sehr
starke Reaction auf salpetrige Säure, offenbar durch Reduction der Nitrate.
Beim Ansäuern mit Salzsäure ist die Reaction ebenfalls weniger empfindlich als mit
Schwefelsäure, aber wohl zuverlässiger, da die letztere unter Umständen auch aus
reinem Jodkalium Jod abscheidet.Mohr: Titrirmethode. 4. Aufl. S. 343.
Schon Lersch
Zeitschrift für analytische Chemie Bd. 1 S. 244. erwähnt, daß die Burtscheider Wässer mit Schwefelsäure angesäuert ein
Destillat geben, von dem wenige Tropfen zur Bildung blauer Jodstärke genügen, und
Wildenstein
Daselbst Bd. 1 S. 245. bewies, daß dieser das Jodkalium zersetzende Stoff in der That salpetrige
Säure war; das chlorfreie Destillat entfärbte übermangansaures Kalium und gab mit
Eisenvitriol die bekannte bräunliche Färbung. Fresenius
Daselbst Bd. 12 S. 428. zeigt jetzt, daß die salpetrige Säure aus Lösungen, welche im Liter nicht
mehr wie etwa 6 Milligrm. enthalten, auf Zusatz von etwas Essigsäure ohne Zersetzung
überdestillirt und im Destillat durch übermangansaures Kalium genau bestimmt werden
kann.
FeldhausZeitschrift für analytische Chemie Bd. 1 S. 426. bestimmte die salpetrige Säure zuerst mit Chamäleon in stark verdünnter
saurer Lösung; ein Kub. Centim. Normalpermanganat entspricht 0,5
Milligrammenäquivalent = 19 Milligrm. N₂O₃ (NO₃) und 42,5 Milligrm. KNO₂ (KO,
NO₃). Das Verfahren wurde von Gille
Journal für praktische Chemie Bd. 73 S. 473. verbessert und von Kubel
Daselbst Bd. 102 S. 229. – Anleitung zur Untersuchung von Wasser S.
75. auf Wasseruntersuchungen angewendet. 100 K. C. Wasser werden mit einem
Ueberschuß von Chamäleonlösung und mit 5 K. C. verdünnter Schwefelsäure versetzt,
durch Eisenlösung entfärbt und mit Chamäleon austitrirt.
Zur Prüfung dieser Angaben wurde 1 Liter destillirtes Wasser, dasselbe mit 5 Proc.
Harn, sowie Torfwasser mit je 10 resp. 100 Kub. Centim. einer Kaliumnitritlösung
versetzt. Von diesen Lösungen wurden je 200 K. C. mit Essigsäure angesäuert, etwa
100 K. C. abdestillirt und mit Chamäleon titrirt. Der Destillationsrückstand gab
keine Reaction auf salpetrige Säure. Ferner wurden 200 K. C. mit 5 K. C. verdünnter
Schwefelsäure und Fünfzigstelchamäleon bis zur starken Röthung versetzt, dann mit
Eisenammoniumsulfat entfärbt und mit Chamäleon bis zur schwachen Röthung austitrirt.
200 K. C. erforderten Fünfzigstelpermanganat:
Vor der Destillation
Das Destillat
Reine Lösung
4,54 K. C.
= 3,859 Mgrm. KNO₂
4,50 K. C.
= 3,825 Mgrm. KNO₂
Mit Harn
29,55 „
3,92 „
= 3,332
„
„
Mit Torf
8,90 „
3,80 „
= 3,230
„
„
Reine Lösung
0,50 „
= 0,425
„
„
0,45 „0,42 „
= 0,333
„
„= 0,357
„
„
Mit Harn
20,50 „
0,25 „
= 0,213
„
„
Mit Torf
4,85 „
0,32 „
= 0,272
„
„
Reine Lösung
8,87 „
= 7,539
„
„
8,34 „
= 7,089
„
„
Das Verfahren von Kubel ist also bei Gegenwart leicht
zersetzbarer organischer Stoffe durchaus ungenügend, die von Fresenius empfohlene Destillation mit Essigsäure gibt dagegen sehr gute
Resultate.
Auch die Empfindlichkeit der letzteren Methode ist bemerkenswerth. 20 Kub. Centim.
einer reinen Kaliumnitritlösung, welche im Liter nur 0,213 Milligrm. KNO₂
enthielt und mit Jodkaliumstärke erst nach 10 Minuten eine schwach violette Färbung
gab, mit 200 K. C. Wasser verdünnt, wurde mit Essigsäure angesäuert und destillirt.
Das zuerst übergegangene Destillat von 2 Kub. Centim. wurde mit Jodkaliumstärke und
verdünnter Schwefelsäure schon nach 5 Minuten violett, nach 40 Minuten tief
blau.
200 Kub. Centim. eines Brunnenwassers, welches mit Essigsäure angesäuert selbst nach
6 Stunden keine, mit Schwefelsäure nach 10 Minuten eine schwach violette
Jod-Färbung zeigte, wurden mit 2 K. C. Essigsäure destillirt. Die zuerst
übergehenden 3 K. C. wurden mit Jodkaliumstärke und Salzsäure schon nach 3 Minuten
violettblau, nach 30 Minuten tief blau.
Da beim Destilliren mit Essigsäure nur die Nitrite zersetzt werden, so ist dieses
Verfahren nicht nur das zuverlässigste sondern auch das
empfindlichste aller bisher bekannten.
SchönbeinZeitschrift für analytische Chemie Bd. 1 S. 319. empfiehlt ferner das auf Nitrite zu untersuchende Wasser mit verdünnter
Schwefelsäure anzusäuern und mit Brenzgallussäure zu versetzen; salpetrige Säure
bräunt die Flüssigkeit. Die Methode hat offenbar keine besonderen Vorzüge, ist viel
weniger empfindlich als die mit Jodstärke und wurde daher auch nie allgemeiner
angewendet.
E. Kopp
Jahresbericht des physikalischen Vereines zu Frankfurt. 1873, S. 19. versetzt etwa 2 Kub. Centim. einer Lösung von Diphenylamin in concentrirter
Schwefelsäure mit einem Tropfen des zu untersuchenden Wassers. Enthält dasselbe auch
nur Spuren einer salpetrigsauren oder salpetersauren Verbindung, so entsteht fast
augenblicklich eine schön lasurblaue Färbung. Da Nitrate dieselbe Reaction geben, so
ist das Verfahren zur Prüfung auf salpetrige Säure in Brunnenwässern nicht
brauchbar.
GrießLiebig's Annalen der Chemie, Bd. 154 S. 333;
Zeitschrift für analytische Chemie Bd. 10 S. 92. versetzt 100 K. C. Wasser mit 0,5 K. C. einer kalt gesättigten Lösung von
schwefelsaurer Diamnidobenzoesäure und säuert mit Schwefelsäure an. Nach 10 bis 15
Minuten färbt sich die Flüssigkeit, wenn sie salpetrige Säure enthält, mehr oder
weniger gelb. Die colorimetrische Bestimmung derselben geschieht durch Vergleichung mit
Lösungen von bekanntem Gehalt.
MohrTitrirmethode. 4. Aufl. S. 343. versetzt mit Jodkaliumlösung, verdünnter Salzsäure und Stärke und mißt die
entstandene Bläuung durch 1/100 unterschwefligsaures Natrium.
Auch diese Methoden sind weder so empfindlich noch zuverlässig – weil von
organischen Stoffen u.s.w. beeinflußt – wie die Destillation mit
Essigsäure.
Für gewöhnliche Untersuchungen städtischer Brunnenwässer
genügt daher meist folgendes Verfahren. Man versetzt 50 K. C. des frisch geschöpften
Wassers in einem 2 bis 2,5 Centimeter weiten Glascylinder mit 1 K. C. verdünnter
Salzsäure, 0,5 K. C. Jodkaliumlösung (1 : 200) und 1 K. C. Stärkekleister (bei
häufigen Untersuchungen auch wohl Jodzinkstärke), schüttelt um und beobachtet die
entstehende Färbung von oben durch die 12 bis 15 Centimeter hohe
Flüssigkeitsschicht. Es werden 3 Gehaltsgrade unterschieden. Eine erst nach 10 bis
15 Minuten eintretende violette Färbung bezeichnet man mit 1; erscheint dieselbe
sofort mit 2 und wird das Gemisch augenblicklich blau mit 3.
Genaue Untersuchung. Erscheint bei der angegebenen
Prüfung nach 15 Minuten gar keine oder nur eine schwach violette Färbung, so werden
250 bis 500 K. C. Wasser mit Essigsäure angesäuert und destillirt. Die zuerst
übergehenden 3 bis 4 K. C. versetzt man mit einem Tropfen verdünnter Salzsäure,
wenig Stärke und zwei bis drei Tropfen Jodkaliumlösung. Auch die geringsten Spuren
von salpetriger Säure werden durch die violette oder blaue Färbung erkannt
werden.
War die Färbung bei der Vorprüfung dagegen violettblau oder blau, so werden 100 bis
150 K. C. abdestillirt, mit verdünnter reiner Schwefelsäure angesäuert und mit
soviel Fünfzigstel-Chamäleon versetzt, daß die Flüssigkeit noch nach 10
Minuten schwach röthlich gefärbt ist. 1 K. C. Fünfzigstelpermanganat entspricht 0,01
Milligrammäquivalent = 0,38 Milligramm N₂O₃ (NO₃), 0,47 Milligramm HNO₂ (HO,
NO₃,) oder 0,85 Milligramm KNO₂ (KO,
NO₃).