Titel: Gewindeschneidmaschine für Muttern und Bolzen (Patent von R. Breitfeld in Erla bei Schwarzenberg); beschrieben von Dr. Hartig.
Autor: Hartig
Fundstelle: Band 212, Jahrgang 1874, Nr. LXXXIII., S. 445
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LXXXIII. Gewindeschneidmaschine für Muttern und Bolzen (Patent von R. Breitfeld in Erla bei Schwarzenberg); beschrieben von Dr. Hartig. Mit Holzschnitt und Abbildungen auf Tab. VII. Hartig, über Breitfeld's Gewindeschneidmaschine. Textabbildung Bd. 212, S. 445 Die Breitfeld'sche Gewindeschneidmaschine, welche auf der Wiener Weltausstellung die volle Anerkennung der Jury sich erwarb, weicht in ihrer Disposition gänzlich von den bekannteren Gewindeschneidmaschinen ab; sie enthält nämlich vier Spindeln (C, C₁ in Fig. 1), vertical gelagert in einem um die gemeinsame Antriebswelle (D) drehbaren Gestelle (F), zu welchem auch ein die Muttern, beziehentlich Schneidkluppen gehöriger Tisch (E) gehört. Hiernach läßt sich das ganze System der Arbeitsspindeln, welche am unteren Ende die Gewindebohrer oder Schraubenspindeln aufnehmen, um die Betriebswelle so herumdrehen, daß sämmtliche Arbeitsorte der Reihe nach vor den Arbeiter kommen, welcher die geschnittenen Muttern oder Bolzen mit ungeschnittenen auszuwechseln und das Werkzeug nach erfolgtem Durchgang wieder in die Anfangsposition zu bringen hat. Diese Anordnung gewährt nicht allein die möglichste Ausnützung der Leistungsfähigkeit des Arbeiters, sondern auch die Annehmlichkeit, daß derselbe das zu verarbeitende Material unmittelbar neben sich haben kann und keine Zeit mit Hin- und Herschaffen verliert. Ursprünglich war die Maschine nur zum Einschneiden des Schraubengewindes in Muttern eingerichtet; das in Wien ausgestellte Exemplar enthielt jedoch auch die erforderlichen Abänderungen zum Gewindeschneiden auf Bolzen. Diese Abänderungen sind es, welche durch die Figuren 1 bis 7 und durch die nachfolgende Beschreibung zur Darstellung gebracht werden sollen. Entsprechend dem Einschneiden des Schraubengewindes in Muttern geschieht auch das Schneiden des Gewindes auf Schraubenbolzen durch einen Schnitt, wobei nach Oeffnen der Schneidkluppe die Schraube herausgenommen werden kann, ohne daß ein Rückgang der Spindel mit dem Schneidbohrer nöthig ist. Dadurch wird – wie für Muttern auch für Bolzen – die Herstellung des Gewindes eine billige und, weil die Maschine dabei ebenfalls mit vier Spindeln zu gleicher Zeit arbeitet, die Leistungsfähigkeit derselben eine sehr große. Die Werkzeuge zum Schraubenschneiden zerfallen nach Natur der Arbeitsvorrichtung in zwei Hauptbestandtheile – diejenigen, welche den mit Gewinde zu versehenden Schraubenbolzen festhalten und demselben zugleich die Bewegung der Arbeitsspindel C, C₁ . . (Fig. 1) mittheilen, und diejenigen, welche das Einschneiden des Gewindes in den sich drehenden Bolzen besorgen, d.h. Einspannvorrichtungen und Schneidkluppen. Die Construction beider Theile ist außer durch die Einrichtung der Maschine bedingt durch die Form des betreffenden Schraubenbolzens an der einzuspannenden Stelle und durch die Länge, auf welche das Gewinde eingeschnitten werden soll. Die Einspannvorrichtungen sind in Fig. 1 und 5 bis 7 in Verbindung mit der Arbeitsspindel für verschiedene Schraubenkopfformen, die Schneidkluppen in drei verschiedenen Constructionen in Fig. 1 bis 4 dargestellt. Vorausgeschickt sei hier, daß die Schrauben- und Mutterschneidmaschine zur Zeit in zwei verschiedenen Größen Nr. I und II ausgeführt wird. Bei der kleineren Maschine Nr. II bleibt über dem Antriebsrad A auf der Hauptwelle D so viel Raum, daß die Räder B, B₁ . . auf den Arbeitsspindeln C, C₁ . . bei Heben der letzteren ganz außer Eingriff mit dem Antriebsrad A gebracht werden können, jede Arbeitsspindel also unabhängig von der anderen während des Ganges der Maschine einzeln ausgerückt und eingerückt werden kann. Um das Einrücken zu erleichtern, sind die dabei in Betracht kommenden Stirnflächen der Nadzähne entsprechend abgerundet. Für die größere Maschine Nr. I wurde diese Anordnung nicht gewählt, damit die Maschine nicht durch zu große Höhe an Leichtigkeit der Bedienung von Seiten des Arbeiters verlieren sollte, welcher Nachtheil bei Maschinen Nr. II vermöge ihrer an und für sich kleineren Dimensionen mit jener im Uebrigen sehr vortheilhaften Einrichtung nicht verbunden ist. Für Maschine Nr. I wurde deshalb die Einspannvorrichtung für glatte Schraubenbolzen und solche mit halbrunden Köpfen selbst mit Ausrückung versehen, um nicht bei jedesmaligen Einspannen eines neuen Bolzen die ganze Maschine ausrücken zu müssen. Eine solche Vorrichtung ist in Fig. 1 mit der Spindel C in Verbindung gezeichnet. Die Kluppe m, welche den Bolzen festhält, wird nach Art eines Feilklobens mittels Mutterschraube und Schlüssel l geöffnet und geschlossen. Sie hängt in einem Gehäuse b und der in diesem befestigte runde Stift verbindet dieselbe mit dem Einsatz a, der von der Arbeitsspindel aufgenommen wird. a und b sind mit Klauen versehen, so daß bei Niederlassen der Spindel beide Theile gekuppelt werden und hiermit die Bewegungsübertragung hergestellt ist. Ist das Gewinde geschnitten, so wird nach Oeffnen der Schneidkluppe die Spindel gehoben, also der Mitnehmer a ausgerückt, so daß sich derselbe mit der Spindel frei auf dem Stifte des Gehäuses b dreht, dieses aber mit der Kluppe m stillsteht, demnach das Herausnehmen des geschnittenen Bolzens, resp. das Einbringen eines neuen gestattet. Für Maschine Nr. II ist dieselbe Einspannvorrichtung ohne Klauenkuppelung zu benützen, wobei das Gehäuse b direct in die Arbeitsspindel eingesetzt wird. Eine andere Vorrichtung zu Maschine Nr. II für Schrauben mit halbrundem Kopf und Nase zeigt Fig. 5. Der Schraubenkopf wird zwischen den Scheiben n und o mittels Schraube und Flügelmutter festgehalten. Für verschiedene Durchmesser der Bolzen werden in den Untertheil o Büchsen p von entsprechender Weite eingesetzt, deren obere Fläche ebenso wie die conische Vertiefung des den halbrunden Schraubenkopf aufnehmenden Obertheiles n mit Feilhieb versehen und gehärtet ist. Zum Einspannen von Schraubenbolzen mit sechs- oder vierkantigen Köpfen, ferner von solchen mit viereckigem Ansatz unter dem Kopfe genügen für beide Maschinen einfache Schraubenkopf-Futter s bezieh. r und q, wie sie Fig. 1 an der Spindel C₁, resp. Fig. 6 und 7 zeigen. Eine Ausrückung ist in diesen Fällen nicht nöthig, weil sich die Bolzen während des Ganges aus den Gesenken herausnehmen und wieder einbringen lassen. Eine Schneidkluppe für solche Schrauben, die nicht auf ihre ganze Länge bis dicht an den Kopf mit Gewinde versehen werden sollen, ist im Längsdurchschnitt in Fig. 1 unter der Spindel C, im Grundriß und Querdurchschnitt in Fig. 2 dargestellt. Die Schneidbacken e sind zweitheilig und werden von dem Gehäuse c aufgenommen, in welches sie nach ihrer Längsrichtung verschiebbar eingepaßt sind. Jeder Schneidbacken trägt einen Stift h, welcher sich in einem Schlitz der um die Mittellinie des aufgespannten Schraubenbolzens drehbaren Scheibe f führt. Die Scheibe selbst hat ihre Führung im Support d und wird ein Heben derselben durch zwei zu beiden Seiten befindlichen, festgeschraubten Ueberlegeisen verhindert. Die beiden Schlitze für die Stifte h sind in bekannter Weise excentrisch angeordnet, so daß durch Drehen des Handgriffes f an der Scheibe den Backen e eine Bewegung in ihrer Längsrichtung ertheilt wird. Zum Fixiren des genauen Maßes dieser Bewegung für einen bestimmten Gewindedurchmesser dient die Stellschraube k mit Schlüssel i, an welche der Handgriff f anstößt. Ein Zurückgehen der Backen wird verhindert durch festes Anziehen des einen Ueberlegeisens, dessen eine Schraubenmutter mit dem Handgriff g versehen ist; dieses Ueberlegeisen trägt auch die Stellschraube k. Damit beim Einspannen eines zu schneidenden Schraubenbolzens nicht darauf geachtet werden muß, daß die Mittellinie desselben genau mit dem Mittel der Schneidkluppe zusammenfällt, ist derselben eine kleine seitliche Bewegung sowohl in der Längs- als in der Breitenrichtung der Backen dadurch gestattet, daß das Backengehäuse c verschiebbar in dem Untertheile d sitzt, welchem letzteren wiederum eine Bewegung in der Richtung der Schlitzlöcher möglich ist. Die Schrauben t, t, welche durch den Arbeitstisch E und den Untertheil d gesteckt sind, verhindern nur die Verschiebung des letzteren nach einer Seite hin und gestatten der Schneidkluppe selbst ein geringes Heben und Senken, so daß sich dieselbe beim Arbeiten ganz der Bewegung des zu schneidenden Bolzens anschließt. Die Bedienung einer jeden Spindel der Maschine bei dem Schraubenschneiden hat hiernach in folgender Weise zu geschehen. Zunächst ist die Schraube k in die bestimmte, dem vorliegenden Gewindedurchmesser entsprechende Stellung zu bringen, wobei dem Verlangen, ob die zum Schraubenbolzen gehörige Mutter leicht oder streng auf das Gewinde passen soll, genügt werden kann. Nachdem hierauf unter Andrücken des Handgriffes f an die Stellschraube k und durch Anziehen des Handgriffes g die Backen e in der betreffenden Lage festgestellt sind, wird der Schraubenbolzen in die zugehörige Einspannvorrichtung eingebracht und mit der Spindel C bis auf die Oeffnung der Schneidbacken niedergelassen. Nach einigen Umgängen der Spindel, während welchen man durch letztere den Bolzen gegen die Backen andrückt, ist das Anschneiden soweit gediehen, daß diese Spindel selbstthätig weiterarbeitet und nun die nächste Spindel bedient werden kann. Ist das Gewinde auf die gewünschte Länge angeschnitten, so werden nach Lüften der Mutter g die Schneidbacken durch einen Druck am Handgriff f geöffnet, die Spindel wird gehoben und die fertig geschnittene Schraube aus der Einspannvorrichtung herausgenommen. Damit der Arbeiter nicht immer von Neuem nachzumessen hat, ob die vorgeschriebene Länge des Gewindes erreicht ist, wurde für jede Spindel eine nach der Länge des Gewindes verstellbare Vorrichtung angebracht, welche zu dem gewünschten Zeitpunkte durch Anschlagen einer – von einem im Spindelkopf befestigten Stift – bei jeder weiteren Umdrehung gehobenen Feder dem Arbeiter hörbare Signale gibt. Das Einsetzen anderer Schneidbacken in die Kluppe ist sehr schnell und einfach zu bewerkstelligen. Die beiden die Excenterscheibe f festhaltenden Ueberlegeisen werden zu diesem Zweck nach Lösen der dem Handgriff f gegenüberliegenden Schrauben so viel um ihre zweite Befestigungsschraube gedreht, daß man die Excenterscheibe, also auch die Backen herausnehmen und andere dafür einschieben kann. Eine Schneidkluppe für Schrauben, auf welche Gewinde bis dicht an den Kopf angeschnitten werden soll, zeigen Fig. 1 unter der Spindel C₁ im Längsdurchschnitt, Fig. 3 im Grundriß und Querdurchschnitt, während Fig. 4 eine Schneidkluppe mit drei Schneidstählen – statt mit zweitheiligen massiven Backen – darstellt, welche ebenfalls durch eine Schlitzscheibe verstellt werden können. Die Maschine wird von der Maschinenfabrik Nestler und Breitfeld in Erla bei Schwarzenberg (Sachsen) in zwei Größen ausgeführt. Auf Nr. I, welche exponirt war, können Schrauben bis 25 Millimeter Durchmesser und Muttern bis zu 38 Millim. Weite geschnitten werden. Die Länge der Schrauben mit prismatischem Kopf kann bis 235 Millim. betragen; Schrauben ohne Kopf oder mit rundem Kopf können 165 Millim. lang sein. Auf Maschine Nr. II können Schrauben bis 25 Millim. Durchmesser und 165 Millim. Länge, sowie Muttern bis 25 Millim. Weite mit Gewinde versehen werden. Die Leistungsfähigkeit der Maschine ist beispielsweise für Muttern von 10 13 16 19 22 25 Millim. Durchmesser ––––––––––––––––––––––– circa 240 220 180 150 100 85 Stück per Stunde, während sie sich für Schrauben sowohl nach dem Durchmesser als auch nach der Gewindelänge richtet.

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Tafel Tab. VII
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