Titel: | Untersuchungen über Metall-Legirungen; von Alfred Riche. |
Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. XLI., S. 150 |
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XLI.
Untersuchungen über Metall-Legirungen; von
Alfred
Riche.
Aus den Annales de Chimie et de Physique; 4. série,
t. XXX p. 351.
Riche, Untersuchungen über Metall-Legirungen.
Seit einer Reihe von Jahren sind verschiedene sehr wichtige Arbeiten über die
Metalllegirungen veröffentlicht worden, so von Wertheim,
Levol, Calvert und Johnston, Matthiessen u.a.
Indessen sind wir noch weit davon entfernt, die Eigenschaften der wichtigsten
Classen von diesen Körpern, wie z.B. namentlich der Bronzen und der Messingarten,
ihrer Gesammtheit nach hinlänglich genau zu kennen, und ich machte es mir deshalb
zur Aufgabe, eine dieser Lücken möglichst auszufüllen. In der nachstehenden ersten
Abhandlung beschäftige ich mich eingehend mit den Kupferzinnlegirungen und untersuche dieselben bezüglich ihrer
Schmelzbarkeit, ihrer Saigerungsverhältnisse und in Hinsicht auf die Veränderungen
ihres Volums, welche durch das Härten, das Anlassen und die mechanische Bearbeitung
hervorgebracht werden. Dann rede ich, allerdings kürzer gefaßt, vom Kupfer, von
dessen Legirungen mit dem Zink, dem Aluminium, dem Nickel, dem Eisen und vergleiche
schließlich diese verschiedenen Körper in Hinsicht auf die Volumveränderungen,
welche sie beim Härten und Anlassen erleiden, mit dem Stahl, dem Stabeisen und dem
Glase.
Es blieb dann noch die Bestimmung der mechanischen Eigenschaften übrig. Da ich die
dazu erforderlichen Apparate nicht zur Verfügung hatte, so wendete ich mich an Hrn.
Tresca, welcher im Conservatoire des Arts et Métiers für diese Art von Untersuchungen
eine ganz besondere Abtheilung eingerichtet hat. Demnächst werde ich in Gemeinschaft
mit Hrn. Alfred Tresca den zweiten Theil dieser Arbeit
veröffentlichen, welcher Untersuchungen über die mechanischen Eigenschaften des
Kupfers, des Zinnes, des Zinks und der vorzüglichen, nach stöchiometrischen
Verhältnissen zusammengesetzten Legirungen dieser Metalle umfaßt.
A. Die
Schmelzbarkeit einiger Metalle und Metall-Legirungen. – Das
Saigern der Bronze.
Zur Bestimmung der Schmelzbarkeit der erst bei hohen Temperaturen in Fluß kommenden
Metalle probirte ich verschiedene Mittel und Apparate. Nur einer von den letzteren
erschien mir einer praktischen Benützung werth und fähig, hinlänglich exacte
Resultate zu liefern; es ist dies das im Wesentlichen aus einem, mit einem
Palladiumdrahte verbundenen, Platindrahte bestehende thermoelektrische Pyrometer, jener sinnreiche Apparat, der von Becquerel d. Ae. im Jahre 1835 erfunden und von Edm. Becquerel im Jahre 1863 genauer studirt wurde. Dieses
Instrument gestattet eine Bestimmung der Temperatur durch Vergleichung der im
Momente der Erstarrung oder des Schmelzens der zu untersuchenden Substanz erzeugten
Ablenkung der Magnetnadel mit der bei Bädern von bekannter fixer oder constanter
Temperatur beobachteten Ablenkung. Dieses auf solche Weise graduirte Pyrometer
vermag dem Chemiker und dem Industriellen große Dienste zu leisten. Ruhmkorff, welcher diese Apparate construirt, hat
verschiedene Exemplare derselben in Metallgießereien und in Porzellanfabriken
aufgestellt. Bei den für industrielle Zwecke bestimmten Becquerel'schen Pyrometern ist die Nadel eine gewöhnliche Magnetnadel. Bei
Präcisionsinstrumenten wendet man eine Weber'sche Nadel
an, wie dies auch bei dem von mir benützten Apparate der Fall war. Die einzige
Schwierigkeit, und zwar eine solche von sehr ernster Art, besteht darin, ein Local
zur Verfügung zu
erhalten, in welchem durchaus keine Erschütterungen stattfinden.
Ich arbeite mit mindestens einem Kilogramm der zu untersuchenden Legirung. Schmilzt
dieselbe bei einer wenig hohen Temperatur, so erhitzt man sie in einem
Schmelztiegel, welcher das das Pyrometer umschließende Porzellanrohr enthält. Liegt
ihr Schmelzpunkt bei einer sehr hohen Temperatur, so erhitzt man sie zunächst in
einem scharf ziehenden Windofen zu einer etwas höheren Temperatur und setzt hierauf
den das Schmelzgut enthaltenden Tiegel in einen (selbstverständlich vorher genügend
geheizten) Laboratorium-Windofen, in welchem man es langsam erkalten läßt.
Das vorher erhitzte Pyrometerrohr wird dann in das Bad gestellt und man notirt
sorgfältig in dem Augenblicke, in welchem das Metall erstarrt, die stattfindende
Nadelablenkung.
Alle Kupferzinnlegirungen – mit Ausnahme derjenigen, deren Zusammensetzung der
Formel SnCu₃ und SnCu₄ entspricht, – erleiden im Momente ihres
Erstarrens eine Saigerung (d.h. es scheidet sich eine an Zinn reichere Legirung aus,
so daß an verschiedenen Stellen verschiedene Zusammensetzungen gefunden werden). Bei
der Legirung, in welcher Zinn und Kupfer in dem Verhältniß von 1 : 5 enthalten sind,
ist diese Saigerung nur gering, bei sämmtlichen übrigen Kupferzinnlegirungen aber
bedeutend, so daß es nur möglich ist, die Schmelzbarkeit der Legirungen SnCu₃
und SnCu₄ zu bestimmen.
Ich führte drei Versuchsreihen aus. Bei der zweiten und dritten Reihe war der um den
Rahmen des Magnetometers gewickelte Draht weit länger und von einem zehnmal
kleineren Querschnitte, als der bei der ersten Versuchsreihe benützte. Ich
modificirte den Apparat in dieser Weise aus dem Grunde, um den Widerstand des
thermoelektrischen Stromkreises, ohne die Empfindlichkeit des Instrumentes
abzuschwächen, zu vermehren und durch dieses Mittel den aus der Veränderung des
Leitungsvermögens des Stromkreises durch die Schwankungen der Temperatur
resultirenden Fehler abzuschwächen. Täglich bestimmte ich, sowohl bei Beginn als
auch bei Beendigung der Versuche, die Ablenkung im Dampfe von siedendem Wasser und
betrachtete nur diejenigen Resultate als hinlänglich genau, welche ich erhalten
hatte, wenn die Ablenkung bei diesen beiden Proben ziemlich dieselbe war.
Edm. Becquerel hatte die Güte, die hauptsächlichsten der
von mir erzielten Resultate mit meinem Pyrometer zu controlliren; er fand dieselben
den von ihm selbst bei denselben Metallen mit seinem eigenen Apparate beobachteten
Ergebnissen proportional.Vergl. Annales du Conservatoire des Arts et
Métiers, April 1864.
Textabbildung Bd. 213, S. 153
Constante Temperaturen; Beobachtete
Ablenkungen; Verhältniß der Versuche; Siedepunkt des Wassers; Erstarrungspunkt
des Zinns; Bleies; Siedepunkt des Quecksilbers; Schwefels; Erstarrungspkt. d.
Antimons; Becquerel; der Legirung; Siedepunkt des Cadmiums; annähernd;
Erstarrungspunkt des Silbers von 899 Feingehalt; Erstarrungspunkt der
Geschützbronze; Erstarrungspunkt des Goldes; von 899 Feingehalt;
Erstarrungspunkt des Kupfers
Ich führte eine große Anzahl von speciellen Untersuchungen zur Bestimmung der
vergleichsweisen Schmelzbarkeiten der aus Zinn und Kupfer bestehenden Legirungen
aus. Für die Legirung SnCu₄, besonders aber für SnCu₃ fielen dieselben
stets sehr übereinstimmend aus, sehr unregelmäßig aber für die übrigen Legirungen.
Dieses letztere rührt von der im Momente des Erstarrens stattfindenden Saigerung der
Legirungen her.
Um zu bestimmen, innerhalb welcher Grenzen Kupfer und Zinn aus ihren Legirungen sich
abscheiden, war es zuerst meine Absicht, aus den letzteren nach dem Vorgange von Levol in einer Gießform sphärische, etwas voluminöse
Stücke zu gießen, von verschiedenen Stellen dieser Kugeln Proben zu nehmen und diese
zu analysiren; allein ich bedachte einerseits, daß das Saigern dieser Legirungen
nicht sehr bedeutend ist, andererseits, daß die Methoden zur Bestimmung der beiden
Metalle nicht die Schärfe der Probirmethoden für Goldsilberlegirungen haben und sah
mich nach einer Anzahl von erfolglosen Versuchen genöthigt dieser Absicht zu
entsagen. Ich führte demnach zwei Reihen von Proben aus.
1) Ich schmolz 500 bis 700 Grm. Legirung in cylindrischen Thonröhren von 3 Centim.
Durchmesser und 70 Centim. Länge ein, erhielt das Schmelzgut in diesen Röhren zehn
Stunden lang in flüssigem Zustande und ließ dann die letztere, mit Asche bedeckt, in
der Mitte des Ofenschachtes langsam erkalten. Zur Vermeidung jeder Oxydation wurden
die Röhren in einen großen, aus Thon angefertigten Kasten eingeschlossen und in demselben durch
Holzkohlenlösche von einander getrennt; überdies legte ich in jedes Rohr eine
Holzkohle, welche aus der Oberfläche des Bades schwamm. Nach dem Erkalten des Zains
zerschlug ich die Röhren und nahm von jeder Legirung vom Kopfe und vom Fußende des
Zains eine Probe.
2) Von jeder Legirung schmolz ich in einem Thontiegel 500 bis 700 Grm. ein und rührte
das flüssige Metall während seines Erstarrens ununterbrochen mit einem Thonstabe um,
so daß der noch flüssige Antheil nicht von dem bereits starr gewordenen
eingeschlossen werden konnte; dann goß ich den flüssig gebliebenen Antheil aus und
unterwarf denselben der Analyse.
Die nachstehende Tabelle gibt den Beweis, daß, wie bereits oben bemerkt wurde,
sämmtliche Kupferzinnlegirungen saigern, mit Ausnahme der beiden den Formeln
SnCu₃ und SnCu₄ entsprechenden. Aus diesem Verhalten wird die
Unmöglichkeit erklärlich, den Schmelzpunkt einer anderen Legirung, als einer von
jenen beiden, zu bestimmen. Bei den zinnreicheren Legirungen ist die Saigerung
stärker als bei denen, in welchen das Kupfer vorwaltet, denn nur bei den ersteren
war es möglich, verschiedenartige Verbindungen am Kopfende und am Fußende der eine
sehr lange Zeit hindurch unterhaltenen und mit langsamer Erkaltung beendigten
Schmelzung zu beobachten.
Textabbildung Bd. 213, S. 154
Zusammensetzung der Legirung;
Procentaler Zinngehalt am unteren respect.; oberen Ende; Procentaler Zinngehalt
des zuletzt erstarrten Productes; Physikalische Eigenschaften; Unten; Oben;
Zinngrau; Weich wie Zinn, nicht krystallinisch; Bei langsam. Erkalten
krystallisirend; Krystallisirt; ziemlich hart; Weißgrau; Krystallisirt; spröde;
Verunglückter; Versuch; Bläulichgrau; Dem Zinke ähnlich, stark krystallinisch;
sehr spröde; Vor der Schmelzung; Nach vier Schmelzungen bei Luftzutritt;
Bläulich; Feinkörnig; läßt sich im Mörser zerreiben; Weiß; blättrig;
Zerbrechlich wie Glas; Weiß, bereits mit gelblichem Reflex; Krystallinisch; sehr
hart.
Textabbildung Bd. 213, S. 155
Physikalische Eigenschaften;
Zusammensetzung der Legirung; Procentaler Zinngehalt am unteren respect.; oberen
Ende; Procentaler Zinngehalt des zuletzt erstarrten Productes; Unten; Oben;
Gelblich; Von feinem Korne; sehr hart; bei Dunkelrothglut hämmerbar;
Physikalische Eigenschaften der vorigen Legirung; Physikalische Eigenschaften
der beiden vorhergehenden Legirungen; Deutlicheres Gelb; Außerordentlich zähe;
Geschützbronze
B. Dichtigkeit der Kupferzinnlegirungen.
Meine ersten Versuche über die Dichtigkeit dieser Verbindungen stellte ich mit Zainen
oder Stäben von verschiedenen Legirungen an; es ist aber zu bemerken, daß es selbst
unter der Voraussetzung, daß beim Gusse jede Blasenbildung vermieden wurde,
unmöglich ist, unter sich vergleichbare Resultate zu erzielen und – zwar in
Folge der bedeutenden Schwankungen, welche die Textur der Bronzen zeigt. Manche
Bronzen sind nicht krystallisirt, andere besitzen ein sehr feines Korn und wieder
andere zeigen sich großblätterig-krystallinisch. Die Stäbe, mit welchen ich
bei dieser ersten Versuchsreihe experimentirte, wogen 60 bis 70 Grm. per Stück. Sie waren in einer und derselben Form
gegossen worden.
Bei der zweiten Versuchsreihe wurde von den Zainen, welche zu den vorstehenden
Experimenten benützt waren, Proben in Pulverform sowohl am oberen, als am unteren
Ende genommen, um für jede Legirung zwei unter sich vergleichbare Bestimmungen
machen zu können. Dieses Pulver wurde mittels einer neuen Feile von den Stäben
weggenommen und dann mit Hilfe eines Magnetstabes von den Eisentheilchen befreit,
die sich möglicherweise von der Feile losgelöst haben konnten. Die Dichtigkeit wurde
nun bei dieser Versuchsreihe mit Hilfe des bekannten
„Fläschchens“ bestimmt. Sobald das Pulver in dieses Gefäß
eingetragen war, wurde das in demselben enthaltene Wasser zum Sieden erhitzt; dann
ließ ich es mehrere Stunden im Vacuum stehen, bevor ich zu den Wägungen schritt.
In der nachstehenden Tabelle sind diese verschiedenen Volumgewichtsbestimmungen
zusammengestellt:
Textabbildung Bd. 213, S. 156
Procentale Zusammensetzung;
Dichtigkeit der Probestäbe; Dichtigkeit der Legirung in pulverförmigem Zustande;
Differenz derselben; Berechnete Dichtigkeit
Ich beabsichtigte, diese specifischen Gewichte oder Dichtigkeiten auf die Temperatur
von 0° zu reduciren; allein die bezüglich des Werthes der
Ausdehnungscoefficienten der Metalle herrschende Ungewißheit sowie die Differenzen,
welche diese Werthe je nach dem Zustande, in dem sich das freie oder verbundene
(legirte) Metall befindet, zeigen können, veranlaßten mich, die Zahlen so
wiederzugeben, wie das Experiment sie darbot.
Diese Zahlenergebnisse bestätigen die bekannte Thatsache, daß Kupfer und Zinn sich
beim Legiren contrahiren. Wenn dagegen die Menge des Zinnes sehr bedeutend ist, so
scheint die umgekehrte Erscheinung stattzufinden; doch ist die Differenz eine nur
sehr geringe. Daraus ergibt sich eine unbestreitbare Thatsache – nämlich die,
daß die Contraction bis zur Legirung SnCu₂ hinab unbedeutend ist und
regelmäßig erfolgt, sowie daß sie von diesem Punkte ab plötzlich stärker wird und
ihr Maximum erreicht,
wenn Kupfer und Zinn in dem Verhältnisse von 3 zu 1 legirt werden.
Die Existenz dieses Contractionsmaximums war schon früher von Calvert und Johnston
Moniteur scientifique, 1862 t. IV p. 255. behauptet worden und zwar im Widerspruche mit der Ansicht anderer
Experimentatoren, welche den Satz aufgestellt hatten, daß die Zusammenziehung mit
der Menge des Zinns stärker wird.Briche, im Traité
de Chimie appliquée aux Arts von Dumas, t. III, p. 517. Die in Beziehung auf diesen Punkt obwaltenden Irrthümer sowie die zwischen
manchen von Calvert und Johnston einerseits und von mir andererseits angegebenen Zahlen
vorhandenen Divergenzen werden aus dem später unter D
und E Gesagten, ferner aus dem Umstande erklärlich, daß
die früheren Experimentatoren, sowie auch jene beiden trefflichen englischen
Chemiker selbst, mit Zainen und nicht mit Metallpulver gearbeitet haben.
Von der Legirung SnCu₃ an nimmt die Dichtigkeit anfänglich ab, steigt aber
dann in beinahe regelmäßigem Gange; allein die Dichtigkeit der an Kupfer reicheren
Legirungen – wie Geschützbronze – ist geringer als jene der Legirung
SnCu₃, welche doch nur 61,79 Proc. Kupfer enthält.
Die im nachstehenden Holzschnitt verzeichnete Curve gibt eine Vorstellung von diesen
Dichtigkeitsdifferenzen.
Wie man sieht, habe ich gerade mit der Legirung SnCu₃ zahlreiche Versuche
ausgeführt und stimmen dieselben alle überein; auch werden die mit dem Metalle in
Korn- und in Pulverform erhaltenen Resultate durch die für dieselbe Legirung
in Stabform gefundene Dichtigkeit bestätigt. Die übrigen Eigenschaften dieser
Legirung SnCu₃ sind gleichfalls exeptionelle. Während die dieser letzteren
vorhergehenden Legirungen sämmtlich die graue Zinnfarbe besitzen, die nach ihr
folgenden aber weiß oder gelblich sind, unterscheidet sich sie selbst von ihnen
durch eine bläuliche Farbe. Sie erleidet keine Saigerung; denn nach vier successiven
Schmelzungen zeigt das zuletzt erhaltene Product nach dem Erstarren die
Zusammensetzung, welche es vor dem Gusse hatte. Demzufolge repräsentirt die Legirung
SnCu₃ in der Reihe der Kupferzinnlegirungen dasselbe Glied wie die Legirung
Ag₃Cu₄ in der Reihe der Kupfersilberlegirungen, wie schon Levol in seiner lehrreichen Abhandlung dargethan
hat.Levol, in den Annales de
Chimie et de Physique, 3. série,
t. XXXVI, p. 193.
Textabbildung Bd. 213, S. 158
C. Härte.
Zur Vergleichung der verschiedenen Kupferzinnlegirungen unter sich in Bezug auf ihre
Härte versuchte ich verschiedene Methoden; doch keine derselben gab mir so genügende
Resultate, daß ich die relative Härte der Legirungen durch Zahlen festzustellen im
Stande gewesen wäre. Schließlich benützte ich einen vom Ingenieur Magna erfundenen Apparat, welcher seit der Ausführung
meiner Versuche auf der französischen Ostbahn zur Prüfung der Schienen eingeführt
ist.
Dieser Apparat besteht aus einem Gewichte, welches ohne merkliche Reibung in einer
eisernen Röhre gleitet, in der man es von einer beliebigen aber bestimmten Höhe
herabfallen lassen kann. Dieses Gewicht schlägt auf einen aus gehärtetem Stahl
angefertigten Dorn, welcher auf der auf seine Härte zu untersuchenden Probe
aufliegt. Letztere wird auf einem mit dem Eisenrohre verbundenen und auf einem
Holzklotze ruhenden Stahlblocke unbeweglich befestigt. Die Vergleichungen fallen nur
sehr unvollkommen aus, indem ein und derselbe Schlag bei einer weichen Legirung eine
beträchtliche, bei harten Legirungen hingegen nur eine fast unmerkliche Vertiefung
hervorbringt, deren Tiefe sich sehr schwierig bewerthen läßt. Führt man zur
Vermeidung dieser Schwierigkeit eine größere Anzahl von Schlägen aus, so wird das
Metall hart und Hitzen von 30 bis 60 Schlägen bringen nur unbedeutende Resultate
hervor.
Man darf die Wirkung des Hartwerdens beim Schlagen nicht durch Nachlassen
ausgleichen, indem dadurch die Tiefe der im Metalle hervorgebrachten Vertiefung
modificirt und die Oberfläche, welche eben und parallel sein muß, in nachtheiliger
Weise verändert wurde. Man kann mit Hilfe dieses Mittels, wie wir später sehen
werden, höchstens Metalle mit einander vergleichen, die in der Härte wenig von
einander differiren. Alles, was ich in dieser Beziehung von meinen Wahrnehmungen
sagen kann, besteht darin, daß die Härte, soweit sie auf die angegebene Weise
bestimmt werden konnte, vom reinen Zinn ab bis zu der Legirung, in welcher Kupfer
und Zinn im Verhältnisse der Aequivalente enthalten sind, zunimmt. Von dieser
Legirung ab bis zu der durch die Formel SnCu₅ repräsentirten Legirung ist das
Metall zu spröde, um mit der beschriebenen Vorrichtung auf seine Härte geprüft
werden zu können. Die zur Anfertigung von musikalischen Instrumenten
(Blechinstrumenten) bestimmte Bronze ist so hart, daß die Punze selbst bei 100
aufeinanderfolgenden Schlägen keinen merklichen Eindruck hervorbringt, wenn nicht
etwa dieses Metall unter diesen Schlägen bricht. Von dieser Legirung an bis zum
reinen Kupfer nimmt die Härte wieder ab.
Wir gehen jetzt zur speciellen Untersuchung der gebräuchlichen Bronzearten über.
(Fortsetzung folgt.)