Titel: | Ueber die Krystallisation des Glases; von Eugen Peligot. |
Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. LXXVIII., S. 329 |
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LXXVIII.
Ueber die Krystallisation des Glases; von
Eugen
Peligot.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juli 1874 S. 342.
Mit einer Abbildung.
Peligot, über die Krystallisation des Glases.
In der Hrn. Chagot zu Blanzy (Departement der Saône
und Loire) gehörigen Flaschenglashütte wird zum Schmelzen des Glassatzes statt der
gewöhnlichen Häfen ein großer Siemens'scher Wannenofen
(mit Gasfeuerung) benützt.Die Beschreibung und Abbildung dieses Ofens findet sich in diesem Journal,
1872 Bd. CCIV S. 190. Dieser Ofen wurde von dem Director Videau, unter
Beihilfe des Civilingenieurs Clémandot erbaut; er
wird mit Gas geheizt und hat bei 2 Met. Breite eine Länge von 6,50 M. In der 0,45 M.
tiefen Wanne werden bei jeder Operation 12000 Kilogrm. Glas geschmolzen. Zwölf in
den Wandungen angebrachte Arbeitsöffnungen dienen den Flaschenbläsern zum Aufnehmen
der Külbchen (Ballen) und zur weiteren Verarbeitung des Glases. Als dieser Ofen vor
einigen Monaten in Folge eines Unfalles kalt gelegt wurde, ließ Videau mit dem Schöpflöffel das noch flüssige Glas in die
schrägen Theile der Wanne ziehen; bei dieser Arbeit wurden die in der Glasmasse entstandenen Krystalldrusen
blosgelegt. Dieselben wurden mir nebst Stücken von dem amorph und durchsichtig
gebliebenen Glase – gewissermaßen der Mutterlauge dieser krystallinischen
Gebilde – sowie mit Fragmenten einer aus Reproduction nach einer Photographie
des derselben Glasmasse unter krystallinischen Gebilde – sowie mit Fragmenten
einer aus derselben Glasmasse unter normalen Verhältnissen angefertigten Flasche von
Hrn. Videau mit der wohl ganz richtigen Bemerkung
zugesendet, daß die eingehende Untersuchung dieser Producte zur Aufhellung der Entglasung oder Devitification
des Glases wohl einiges beizutragen im Stande sein werde.
Textabbildung Bd. 213, S. 330
Reproduction nach einer
Photographie des krystallisierten Glases
Die Krystalle entstanden zuerst in den Ecken des Ofens, welche die Glasmasse
zerfressen hatte, wodurch kleine Erhabenheiten gebildet wurden; die Krystalle
breiteten sich auf der ganzen Oberfläche aus und bildeten eine Kruste, welche
nach dem Wegschöpfen des flüssigen Glases in festem Zustande zurückblieb.
Alle diese Krystalle zeigen sich sowohl in Bezug auf ihr
Aussehen als hinsichtlich ihrer Bildungsweise von allen Exemplaren von entglastem
Glase, welche mir bisher zu Gesicht gekommen sind, sehr verschieden; diese letzteren
sind theils undurchsichtig und homogen und haben das Ansehen einer Art von feiner
Geschirrmasse (sie gleichen dem Reaumur'schen Porzellan);
theils erscheinen sie in
der Form nadelförmiger Prismen oder weißer Warzen, die von der Glasmasse, aus
welcher sie sich abgeschieden haben und von der sie sich durchaus nicht vollständig
trennen lassen, umschlossen werden. An den genannten merkwürdigen Exemplaren dagegen
zeigen sich die Krystalle vollständig freistehend, also nicht mit durchsichtigem
Glase vermischt; es sind Prismen von zuweilen 30 bis 30 und mehr Millim. Länge. Sie
haben sich gleich den Krystallen von Schwefel und Wismuth, deren Darstellung in den
Laboratorien so leicht gelingt, aus der noch flüssigen Grundmasse abgeschieden
– mit dem Unterschiede jedoch, daß diese Masse von derselben Natur, von
derselben gleichen Beschaffenheit ist wie die von ihr gelieferten Krystalle;
wohingegen in Bezug auf das Glas es gerade diese Frage einer solchen Gleichartigkeit
der Substanz ist, auf deren Feststellung beziehungsweise Zurückweisung es
ankommt.
Bekanntlich sind seit den ersten von Reaumur im Jahre 1727
veröffentlichten Versuchen über die Entglasung oder Devitrification des Glases
zahlreiche Untersuchungen über diese merkwürdige Erscheinung angestellt worden. Ohne
auf alle die Forschungen näher einzugehen, will ich nur daran erinnern, daß
gegenwärtig zwei verschiedene Ansichten bezüglich der Entstehungsweise des
entglasten Glases sich geltend machen. Nach der einen derselben nimmt man an, daß
die Devitrification von einer Vertheilung der Bestandtheile des Glases herrührt, die
zur Entstehung eines nach bestimmten Verhältnissen zusammengesetzten Silicates Anlaß
gibt, welches sich inmitten der zurückbleibenden Masse in krystallinischer Form
ausscheidet, daß diese Masse folglich eine Zusammensetzung besitzt, welche von jener
der Krystalle abweicht. Der anderen Ansicht zufolge ist das entglaste Glas von
derselben Natur und derselben chemischen Zusammensetzung wie das durchsichtige Glas,
aus welchem es ausgeschieden wurde; es ist das Resultat einer physikalischen
Umwandlung der Glasmasse – ähnlich derjenigen, welche die arsenige Säure beim
Uebergange aus dem glasigen in den porzellanartigen Zustande erleidet.
Die chemische Untersuchung der oben erwähnten drei Glasproducte bestätigt diese
letztere Ansicht nicht. Deren Zusammensetzung ist nach der Tabelle auf S. 332
folgende:
Die drei Proben von einem aus denselben und in denselben Mengenverhältnissen
angewendeten Rohmaterialien fabricirten Glases zeigen in Bezug auf ihre chemische
Zusammensetzung nur wenig beträchtliche Differenzen; das normale Glas III und das
Glas II haben fast ganz dieselbe Zusammensetzung, was sich auch voraussehen ließ, da
die Menge dieses Glases II gegen die Menge der aus demselben abgeschiedenen
Krystalle sehr bedeutend ist.
Bestandtheile.
I. Entglastes Glasin
isolirtenKrystallen.
II. Mutterlauge.DurchsichtigesGlas, aus dem
dieKrystalle abgeschiedenwurden.
III. NormalesGlas. Bruchstückeiner
Flasche.
Kieselsäure
62,3
61,8
62,5
Kalkerde
22,7
21,5
21,3
Magnesia
8,4
5,4
5,6
Eisenoxyd
3,2
3,0
3,0
Thonerde
2,5
2,1
2,1
Natron
0,9
6,2
5,5
––––––––––––––
–––––––––––––––––––
––––––––––––––
100,0
100,0
100,0
Das krystallisirte Glas dagegen weicht in seiner Zusammensetzung von den beiden
anderen Producten mehr ab; es enthält mehr Magnesia, während sein Natrongehalt ein
sehr geringer ist. Es zeigt also das entglaste Glas, wie auch Dumas früher gefunden hat, nicht dieselbe Zusammensetzung wie das
durchsichtige Glas. Freilich sind die Differenzen weit weniger bedeutend, als die
von dem genannten Chemiker gefundenen, was vielleicht daher rührt, daß die
Zusammensetzung des Glases von Blanzy der eines nach bestimmten Proportionen
zusammengesetzten Silicates näher kommt; überdies enthielten die von Dumas und später von Le Blanc
analysirten Glassorten keine Magnesia.
Die von mir analysirten Krystalle besitzen nach den Winkelmessungen von Des Cloizeaux die Form des Pyroxens (Augits). Die von Lechartier ausgeführte Analyst eines krystallisirten
Glases ist in des Ersteren „Manuel de
Minéralogie,“
t. I., p. 52 mitgetheilt.
Dieses Product, welches er als einen Natron-Diopsid betrachtet, enthält auch Magnesia; seine Abstammung
ist nicht angegeben; seine Zusammensetzung ist von jener des Glases von Blanzy sehr
verschieden. Dieses letztere gleicht mehr einem von Terreil analysirten krystallisirten Glase, welches aus einer
Flaschenglashütte in Clichy herrührte, in der zum Satze ein dolomitischer Kalkstein
verwendet wurde. Auch Terreil vergleicht dieses
krystallisirte Glas mit einem Pyroxen, in welchem ein Theil der Magnesia durch
Natron ersetzt ist; dieses Product enthält wirklich 9,1 Procent Alkali. Der genannte
Chemiker hat auch das die Krystalle begleitende durchsichtige Glas (die
Krystallmutter) analysirt; er ist der Ansicht, daß die Zusammensetzung desselben, da
es im Hafen vollständig krystallisirt, sich beim Entglasen nicht verändert hat (Comptes rendus, t. XLV, p.
693). Bekanntlich war diese Ansicht bereits früher von Berzelius und Pelouze ausgesprochen worden;
auch Bontemps theilt dieselbe.
Pelouze, dem wir eine wichtige Arbeit über diese Frage
verdanken, bemerkt, indem er seine Ansicht auf die von ihm ausgeführten zahlreichen
Analysen stützt, hinsichtlich dieses Punktes Folgendes:
„Der einfachste und entscheidenste Versuch, um zu beweisen, daß die
Entglasung lediglich in einer physischen Veränderung des Glases besteht, ist
folgender: man bestimmt von Glastafeln, welche sich auf der Sohle eines
Kühlofens befinden, fortwährend ihr Gewicht, bis die Entglasung vollständig
eingetreten ist, was meistens in 24, höchstens in 48 Stunden der Fall ist; man
findet dann, daß ihr Gewicht constant dasselbe bleibt, und wenn man eine gute
Sorte weißen Glases anwendete, so ist es ganz unmöglich, etwas anderes als
Krystalle in der entglastenenlglasten Masse zu erkennen.“ (Dies Journal, 1855 Bd. CXXXVII S.
182.)
Als diese Abhandlung von Pelouze in der Akademie vorgetragen wurde, machte ich ihn
darauf aufmerksam, daß in der Masse der in Rede stehenden Glasplatten ein Silicat
von bestimmter chemischer Zusammensetzung sich gebildet habe, und daß dasselbe von
seiner Mutterlauge oder seiner Krystallmutter unter solchen Verhältnissen
eingeschlossen werde, daß das Gewicht und die chemische Zusammensetzung der Masse
nicht verändert sein könnten. Ich hatte schon seit längerer Zeit die Beobachtung
gemacht, daß entglastes Glas an der Luft sich rasch verändert; in einem Muffelofen
devitrisicirte Streifen von Kalifensterglas werden nach Verlauf einer gewissen Zeit
feucht; in einer hinlänglich geneigten Stellung sickern die alkalisch reagirenden
Tröpfchen von kohlensaurem Kali aus, welche in einer Schale gesammelt nach und nach
Krystalle von zweifach-kohlensaurem Kali geben. Ein von Pelouze selbst erhaltenes Stück entglastes Spiegelglas von
Saint-Gobain bedeckt sich rasch mit Ausblühungen von kohlensaurem Natron.
Dieselbe Platte zeigte noch eine andere Eigenthümlichkeit, auf die ich aufmerksam
mache, obgleich sie Folge einer rein physikalischen Veränderung ist, welche
wahrscheinlich von einer faserigen Textur bedingt wird: nämlich die Fähigkeit, sich
mit der Zeit bei unvollkommener Unterstützung unter dem Einfluß ihres eigenen
Gewichtes zu biegen. Bei den erwähnten Veränderungen des entglasten Glases an der
Luft wurde ein Zerfallen der Bestandtheile des Glases durch den Ueberschuß an
Alkali, welchen der glasig gebliebene Theil desselben enthielt und welcher löslich
geworden war, augenscheinlich gemacht; es ist dies eine Ergänzung der durch die
Untersuchung der Krystalle, welche sich unter anderen Umständen von diesem Antheile
trennen lassen, erzielten Ergebnisse. Freilich zeigt die Mutterlauge des
krystallisirten Glases von Blanzy das oben angeführte Verhalten nicht; allein es ist
in Erwägung zu ziehen, daß die normale Varietät dieses Glases an sich selbst eine
nur sehr geringe Menge Natron enthält – in der That so wenig, daß ich selbst
an der Richtigkeit meiner Analysen so lange zweifelte, bis ich von der Zusammensetzung
des auf der gedachten Glashütte verwendeten Glassatzes specielle Kenntniß erlangt
hatte: zu diesem Satze, dessen Schmelzung übrigens eine sehr hohe Temperatur
erfordert, wird eine nur sehr geringe Menge von schwefelsaurem Natron verwendet.
Zum Beweise dafür, daß das krystallisirte Glas nicht von derselben chemischen
Beschaffenheit ist wie das gewöhnliche Glas, läßt sich noch eine andere Thatsache
anführen; das erstere erfordert zur Schmelzung eine weit höhere Temperatur als das
letztere. Des Clemandot erhitzte in einem
Krystallglas-Ofen gleichzeitig Stücke von krystallisirtem Glase von Blanzy,
beziehentlich Stücke von Flaschenglas in zwei verschiedenen Tiegeln; die Schmelzung
der ersteren erfolgte nur sehr unvollständig, während das normale Glas vollkommen
flüssig wurde. Clemandot machte dabei die Beobachtung,
daß die vorher undurchsichtigen Krystalle in Folge der Einwirkung der hohen
Temperatur durchsichtig wurden; wodurch sie sich mehr den natürlichen Pyroxen
nähern. Die Ergebnisse dieses Versuches scheinen mit Beobachtungen von Pelouze im Widerspruche zu stehen, daß nämlich eine
Spiegelglasplatte nach der Entglasung dieselbe Schmelzbarkeit darbietet wie vorher;
allein dieser Widerspruch ist eben nur scheinbar, denn in diesem Glase waren die
Krystalle von einer leichter flüssigen Glasmasse eingeschlossen und das Gemenge
mußte sonach ziemlich denselben Grad der Schmelzbarkeit zeigen wie das nicht
entglaste Glas.
Obgleich bei den meisten Analysen von durchsichtigem und von entglastem Glase die
Magnesia nicht aufgeführt ist, so muß doch die Gegenwart dieses Körpers in den
leicht zu devitrificirenden Gläsern in ernsten Betracht gezogen werden, weil das
Glas in Folge dieses Magnesiumgehaltes sich in ein dem Pyroxen (Augit)
entsprechendes Silicat umwandelt. Denn bekanntlich ist Magnesia in mehr oder weniger
beträchtlicher Menge in allen den verschiedenen Mineralgattungen enthalten, welche
ihrer Krystallform und ihrer allgemeinen chemischen Constitution nach der Familie
der Pyroxene (Augite) und der Amphibole (Hornblenden) angehören. Die Ansichten der Mineralogen bezüglich
der chemischen Constitution dieser Mineralspecies, sowie hinsichtlich der den
Resultaten ihrer Analysen zu gebenden Deutung stimmen keineswegs überein. In den
Augiten soll das Verhältniß des Sauerstoffes der Kieselsäure zu dem Sauerstoffe der
Basen = 2 : 1 sein, ist aber häufig ein anderes. Müssen Thonerde und
Eisenoxyd-Körper, welche in diesen Mineralen fast stets in ziemlich großer
Menge vorhanden sind, als zufällige, der reinen oder gereinigten Substanz
ursprünglich fremdartige Bestandtheile betrachtet werden, oder aber sind sie
isomorph mit der Kieselsäure, oder müssen sie als die Rolle von Basen spielende Oxyde
angesehen und bei Aufstellung der Constitutionsformel, beziehentlich des
Sauerstoffverhältnisses zwischen Kieselsäure und Basen den letzteren zugerechnet
werden? Noch sind diese Fragen ungelöst; es liegt auch keineswegs in dem mir
vorgezeichneten Plane, dieselben hier näher zu erörtern. Indessen will ich doch
daran erinnern, daß Lechartier in einer unter der Leitung
und nach den Methoden von Deville ausgeführten und in der
Sammlung der „Mémoires de l'École
Normale“ veröffentlichten, sehr beachtenswerthen Abhandlung,
entgegen den Schlußfolgerungen Rammelsberg's, angibt, daß
Amphibol und Pyroxen eine verschiedene chemische Constitution haben: in der
letzteren Mineralgruppe verhält sich der Sauerstoffgehalt der Säure zum
Sauerstoffgehalt der Basen wie 2 : 1; in der Hornblendegruppe ist dies Verhältniß =
9 : 4.
Das krystallisirte Glas von Blanzy ist reicher an Kieselsäure, insofern das
Sauerstoffverhältniß nahezu = 3 : 1 ist; bei Annahme der älteren Formel für die
Kieselsäure (SiO₃) würde seine Formel eine höchst
einfache sein, nämlich RO, SiO₃, wenn RO der Ausdruck für sämmtliche in diesem Glase
enthaltene Oxyde ist. Bei Annahme der neueren Kieselsäureformel (SiO₂) würden wir für das in Rede stehende
krystallisirte Glas den Ausdruck 2RO, 3SiO₂ erhalten. Es enthält 2 Aequiv. Kalkerde auf
1 Aequiv. Magnesia; bei den der Pyroxen oder Augitgruppe angehörenden
Mineralgattungen sind diese Verhältnisse häufig die umgekehrten.
Diese analytischen Resultate sind nur annähernde, insofern Natron, dessen Gegenwart
ich zuverlässig nachgewiesen habe, ferner Thonerde, Eisenoxyd und ein Theil der
Kieselsäure als der eigentlichen Constitution des krystallisirten Productes fremd
betrachtet werden könnten, wenn es gelänge, dasselbe im Zustande völliger Reinheit
darzustellen.
Schließlich noch eine Bemerkung. Ist es, da sich unter den gewöhnlichen Bedingungen
der Schmelzung eines Alkaliglases ein der Gruppe des Pyroxens (Augits) angehörendes
Silicat gebildet hat, nicht gestattet, die Frage aufzuwerfen, ob nicht bei den so
zahlreichen Analysen der dahin gehörenden Mineralspecies die Aufsuchung der Alkalien
– des Kalis und des Natrons – ein wenig vernachlässigt worden ist?
Wenn die Pyroxene und die Amphibole auf dem Wege feuerflüssiger Schmelzung und unter
Verhältnissen, die denen analog sind, welche die Entglasung des Glases bedingen,
krystallisirt sind, so mußten diese Minerale von mehr oder weniger alkalihaltigen
Muttergesteinen begleitet werden; überdies müssen die Krystalle dieser Substanzen
noch Spuren von ihrer Mutterlauge enthalten, welche somit auf ihre Entstehungsweise
hindeuteten. In
beinahe allen Analysen dieser Minerale werden Verluste aufgeführt, welche
„nicht bestimmten“
Substanzen zugeschrieben werden, unter denen vielleicht die gedachten Alkalien sich
befinden; ebenso möglich ist es, daß diese Verluste in der Anwendung unsicherer,
stets schwierig auszuführender analytischer Methoden ihren Grund haben. Indessen
wird doch zuweilen die Gegenwart sehr geringer Mengen von Alkali angegeben; so fand
z.B. Lechartier in einem norwegischen Tremolith –
einem derselben Gruppe angehörenden Minerale – Spuren von Alkali; eine nach
dem von ihm beschriebenen Reinigungsprocesse nicht behandelte Probe gab 0,47
Procent; in der Hornblende, welche er als ein Gemisch von reiner Amphibolsubstanz
mit einem fremdartigen Körper betrachtet, fand er bis zu 5,8 Proc. Alkali.
Von welcher eigentlichen Beschaffenheit ist nun diese fremdartige Substanz?
Circuliren die in derselben ursprünglich vorhanden gewesenen Alkalien heutzutage in
löslicher Form an der Erdoberfläche? Diese Fragen scheinen mir der Aufmerksamkeit
der Geologen wohl werth zu sein. Wer übrigens alle die mit derartigen Analysen
verbundenen Schwierigkeiten, namentlich was die Nachweisung und die quantitative
Bestimmung des Natrons anlangt, näher kennt, den wird es nicht überraschen, daß
dieser letztere Körper in Substanzen aufgefunden worden ist, in denen er gar nicht
existirt, wie z.B. in den meisten Pflanzenaschen, während seine Gegenwart in
Mineralien, welche ihn enthalten, unerkannt blieb.
Ich komme auf das technische Object dieser Abhandlung zurück. Ohne irgendwie in
Abrede stellen zu wollen, daß alle Glassorten sich entglasen können, halte ich doch
dafür, daß diejenigen Gläser, welche reich an Kalk und an Magnesia sind, sich am
leichtesten zersetzen. Ich schreibe eine wesentliche Rolle bei der Entglasung
besonders der Magnesia zu, welche dem Glassatze durch Sand oder Kalkstein zugeführt
wird. In Blanzy wird ein Kalkstein von Auxey benützt, welcher nicht weniger als 20
Proc. kohlensaure Magnesia enthält. Obgleich an sich unschmelzbar, trägt die
Magnesia doch zur Schmelzbarkeit der das Glas zusammensetzenden Silicate bei und
diese Schmelzbarkeit ist um so größer, je mehr verschiedene Basen vorhanden sind;
wenn nun aber einerseits die Anwendung solcher dolomitischen Kalksteine in Bezug auf
Brennmaterialersparniß vortheilhaft ist, so macht dieselbe andererseits eine sehr
rasche Verarbeitung des Glases nöthig, um zu verhüten, daß dasselbe krätzig werde,
daß es in Folge der Ausscheidung von Pyroxen, der sich bei zu lange fortgesetzter
Schmelzung der Glasmasse bildet, sich zu entglasen anfange.