Titel: | Verticale Dampfmaschine mit Head's automatischer Expansionsregulirung. |
Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. LXXXII., S. 365 |
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LXXXII.
Verticale Dampfmaschine mit Head's automatischer
Expansionsregulirung.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Verticale Dampfmaschine mit Head's
automatischer Expansionsregulirung.
Die englische Zeitschrift Engineering bringt in der Nummer vom 3. Juli 1874, S. 4
u.s.f. Beschreibung und Zeichnungen einer verticalen Dampfmaschine,
welche von der englischen Firma Alexander und Sohn in Cirencester gebaut und von dem bekannten
Ingenieur J. Head construirt ist und manches Interessante
in Construction und Ausführung darbietet. Die Figuren 1 bis 9 stellen diese
Dampfmaschine in ihren Haupttheilen dar, und man sieht daraus zunächst die
vollkommen symmetrische Anordnung der Maschine, welche nicht sowohl einen günstigen
äußeren Eindruck hervorruft, als auch im Interesse des ruhigen Ganges und einer
möglichst gleichmäßigen Abnützung nur zu empfehlen ist. Daß dabei die Kurbelwelle,
welche rationeller Weise große Laufflächen darbietet, in 4 Lagern läuft, wird durch
den Umstand, als derartige Motoren zur Vermeidung von Riemen und
Zahnrad-Transmissionen direct in die Transmissionswelle eingeschaltet werden,
vollkommen gerechtfertigt. Auf beiden Seiten ist zwischen je zwei Lagern ein
Excenter aufgekeilt, von denen das rechtsseitige (vergl. Figur 1) direct den
Vertheilungsschieber antreibt, während das auf der linken Seite befindliche Excenter
mittels einer im Fußgestelle liegenden Querwelle w (Fig. 2) den
Expansionsschieber bewegt. Ebenso erhält der Regulator seinen Antrieb von einer
zweiten Querwelle v, welche an beiden Seiten
Riemenscheiben aufgesetzt hat und durch zwei gleich große Riemenscheiben die
zwischen den äußeren Lagern und den Schwungrädern sitzen, mit der Kurbelwelle in
Verbindung steht.
Das Gewicht der Kurbel sowie die halbe Treibstange sollen durch Gegengewichte in den
Schwungrädern ausbalancirt sein, welche der Kurbel diametral gegenüber stehen
müßten, in Figur
2 aber nicht ersichtlich gemacht sind, wenn man nicht annehmen will, daß
der Schwungring theilweise mit Blei ausgegossen ist.
Das Gestell ist in praktischer Weise aus vier Hohlgußtheilen zusammengesetzt und
verbindet möglichste Gewichtsersparniß mit genügender Steifigkeit. Die Anbringung
der Führungslineale mag vielleicht nicht ganz glücklich erscheinen, ist aber
theilweise durch die Disposition der Steuerexcenter bedingt und gestattet, sowie die
ganze Disposition überhaupt, leichte Zugänglichkeit aller bewegten Theile. Der obere
Rahmen, welcher die beiden Seitenwände des Gestelles verbindet, muß
selbstverständlich in der Mitte ausgebogen sein, um freies Spiel für die Kurbel zu
gestatten; der Sockel ist hoch genug und das Fundament so weit ausgenommen, daß der
Maschinist Raum hat, um auch unterhalb des Cylinders arbeiten zu können. Der
Cylinder selbst ist nur mit der Sockelplatte verbunden, dient somit nicht zur
Versteifung des Gestelles, hat aber andererseits auch nicht an dessen Schwankungen
theilzunehmen, so daß die hier gewählte Anordnung noch eher als Vortheil angesehen
werden kann.
Der Cylinder-Durchmesser beträgt 22 Zoll englisch (559 Millim.), der Hub 24
Zoll (610 Mm.), der Kesseldruck 5 Atmosphären und die Tourenzahl 120 Umdrehungen pro Minute. Der Hub, welcher zwar bei dieser
Umdrehungszahl einer Kolbengeschwindigkeit von 2,44 Meter pro Secunde entspricht, mag im Verhältnisse zum Durchmesser noch etwas
klein erscheinen, ist aber selbstverständlich durch die Höhe der Transmissionswelle
in ziemlich engen Grenzen gegeben. Und so kann die äußere Disposition dieser
Maschine mit vollem Rechte als ein hervorragendes Beispiel englischer
Maschinentechnik angeführt werden, wobei wir nur wünschen könnten, demselben gleich
gelungene Muster des deutschen Maschinenbaues an die Seite zu stellen.
Was die Steuerung und die automatische Expansionsregulirung (System J. Head) betrifft, so dürfte sich dieselbe im Allgemeinen
vielleicht weniger empfehlen. Die Steuerung rangirt, wie aus Figur 3, 8 und 9 ersichtlich ist, unter
die Doppelschieber-Steuerungen, bei welchen aber der Vertheilungsschieber m (Fig. 5) als Kolbenschieber
angeordnet ist, in dem sich der cylindrische Expansionsschieber 1 (Fig. 6) dampfdicht
abschließend bewegt. Ringförmige Ruthen auf den sorgfältig eingeschliffenen
Schieberflächen bewirken den dampfdichten Abschluß und sollen während des
einjährigen Ganges dieser Maschine ihrem Zwecke bestens entsprochen haben; sollte
später trotz der vollkommenen Entlastung Abnützung eintreten, so wird beabsichtigt,
wie in Figur 5
und 6 schon
angedeutet ist, eine Anzahl von Löchern in die Schieber zu bohren und dieselben nach
ihrer Längsachse zu spalten, so daß der Dampfdruck die federnden gußeisernen
Schieber auseinanderpressen und fest abdichten kann. Die Anordnung der Dampfcanäle entspricht ganz
der gewöhnlichen Disposition der Doppelschieber-Steuerungen mit festem
Expansionsschieber. Die mittlere Höhlung des Vertheilungsschiebers communicirt mit
der Dampfaustrittsöffnung a (Fig. 3) und verbindet
dieselbe abwechselnd mit einem der beiden Canäle des Dampfcylinders; der Dampf tritt
durch die Oeffnung o in's Innere des Schiebergehäuses
ein und gelangt von da zum Dampfcylinder, wenn die schwarz schraffirten Oeffnungen
des Expansionsschiebers 1 mit denen des Vertheilungsschiebers m zusammenfallen. Diese Communication wird bekanntermaßen um so früher
unterbrochen, je kleiner der Hub des Expansionsschiebers ist, und so hat man in der
Veränderung dieses Hubes ein einfaches Mittel die Expansion – jedoch nur
innerhalb enger Grenzen zu variiren.
Zu diesem Zwecke ist die Stange, welche das Expansions-Excenter mit der Welle
w – und mittels eines zweiten darauf
befindlichen Hebels mit der Stange r des
Expansionsschiebers l verbindet, in zwei Theile L und L' (Fig. 4) geschnitten, deren
Enden in den Schlitzen einer auf- und abgehenden Coulisse geführt werden und
in denselben während des Excenterhubes schwingen müssen, da sie gleichzeitig durch
die Arme p und p' mit den
Enden eines doppelarmigen Hebels H verbunden sind.
Construirt man sich die Lagen, welche die Endpunkte der Stangen L und L' unter der
gezwungenen Bewegung des Excenters bei Festlegung des Hebels H in verschiedenen Stellungen annehmen müssen, so ergibt sich eine
Verkleinerung des Hubes für die Verstellung des Hebels nach rechts im Sinne des
Pfeiles – eine Vergrößerung jedoch, wenn der Hebel in einer nach links
verdrehten Stellung festgehalten wird. Verbindet man somit das horizontale Ende
dieses Hebels mit der Hülse des Regulators, so wird das Aufsteigen der Kugeln
erhöhte Expansion, das Herabsinken späteren Dampfabschluß bedingen. In ähnlicher
Weise ist hier der Hebel durch einen kleinen Kreuzkopf mit dem Deckel eines
rotirenden Cylinders verbunden, welcher durch die Zugarme des Regulators über einem
auf der Regulatorspindel befestigten Kolben auf- und abgeschoben wird. Der
Cylinder dient in bekannter Weise als Buffer und Bremsvorrichtung und ist auf beiden
Seiten des Kolbens statt mit Oel mit Kreosot gefüllt, welches die Gefäßwandungen
nicht angreift und der Gefahr des Gefrierens nicht ausgesetzt ist. Durch Stellung
eines kleinen Hahnes kann die Communication zwischen beiden Cylinderenden
erleichtert oder erschwert und damit die Empfindlichkeit des Regulators variirt
werden.
M.