Titel: Luther und Peters' Centrifugal-Mehl-Sichtemaschine; von Hermann Fischer in Hannover.
Autor: Hermann Fischer
Fundstelle: Band 213, Jahrgang 1874, Nr. XCV., S. 387
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XCV. Luther und Peters' Centrifugal-Mehl-Sichtemaschine; von Hermann Fischer in Hannover. Mit Abbildungen auf Tab. V. Fischer, über Luther und Peters' Mehl-Sichtemaschine. Die von dem Mühlenbaumeister Lucas in Dresden erfundeneDingler's polytechn. Journal, 1863 Bd. CLXVII S. 19. und von verschiedenen Constructeuren verbesserte sogenannte Centrifugal-Sichtemaschine hat sich so vortrefflich bewährt, daß sie wohl bald die bisherige Sichtemaschine, die sogenannten Cylinder, verdrängen wird. Ich bin in der Lage, in Figur 31 bis 34 eine genaue Zeichnung der Construction von Luther und Peters in Wolfenbüttel zu bringen. Es ist Figur 31 ein verticaler Längenschnitt, Fig. 32 ein Querschnitt, Fig. 33 eine theilweise Ansicht von der Antriebsseite und Figur 34 die Detail-Darstellung eines sogenannten „Rähmchens.“ Der Behälter zur Aufnahme des zu sichtenden Mahlgutes besteht aus zwei gußeisernen Scheiben a und b mit angegossenen Hohlzapfen, aus den diese beiden Scheiben verbindenden sechs ┴förmigen Eisen c und den zwischen diesen angebrachten, mit Seidengaze überzogenen Rähmchen A (Figur 34). Die beiden Böden a und b und die Eisen c bilden das starre Gerüst dieses den sogenannten Siebcylindern ähnlichen und die Sichtefläche tragenden sogenannten Mantels. Die Hohlzapfen der gußeisernen Böden drehen sich in passenden Lagern; der Zapfen von d ist soweit über sein Lager verlängert, daß Platz zur Anbringung der Betriebsriemenrolle d vorhanden; der Zapfen von a ist bis in den Körper e verlängert, in welchen durch Vermittelung des Holzrohres f das zu sichtende Mahlgut fällt. Die Rähmchen A sind an ihrer schmalen, geraden Seite mit Seidengaze bezogen; nachdem sie an dem Orte ihrer Bestimmung befestigt, bildet ihr Gazebezug ein glattes, 12 eckiges Prisma, welches (wie der Durchschnitt Fig. 32 zeigt) von dem ursprünglich beabsichtigten Cylinder nur wenig abweicht. In der Mitte dieses Prisma dreht sich in besonderen Lagern die Welle g, welche durch die Riemenrolle h gedreht wird. Auf dieser Welle g sind 4 gußeiserne Radsterne i befestigt, die ihrerseits Flachschienen k tragen. Jede dieser 5 Flachschienen k ist mit 8 Flügeln oder Schaufeln l ausgerüstet, die mit je einer Schraube m (Fig. 32) festgehalten werden. Auf g ist ferner eine Schnecke angebracht, welche sich in dem Hohlkörper e dreht. Die Welle g dreht sich (im Durchschnitt Fig. 32 gesehen) rechts herum und macht circa 300 Umdrehungen in der Minute. Der mit Seidengaze bezogene Mantel dreht sich dagegen in umgekehrter Richtung und macht nur circa 30 Umdrehungen pro Minute. Das durch die Zuführung nach e gefallene Mahlgut wird durch die Schnecke der Welle g in den Mantel gezogen und von den Schaufeln l in nahezu tangentialer Richtung gegen die Siebfläche geschleudert. Da die Flügel l gegen die Welle g geneigt sind, so bewirken sie gleichzeitig eine Verschiebung des Mahlgutes in der Längenrichtung, so daß der Rest desselben zuletzt bei dem Boden b anlangt, wo er Gelegenheit hat, durch die nicht mit Gaze bezogene Partien n der Rähmchen (siehe Fig. 34) in das Kleienrohr o zu fallen. Das durch die Seidengaze gefallene Mehl wird dagegen durch die Schnecke q den Mehlröhren p zugeführt. Aus der angegebenen Einrichtung geht hervor: 1) daß die Schrottheilchen viel gleichförmiger und dabei energischer gegen die Siebflächen geführt werden; 2) daß, da in dem fortwährend bewegten Schrot die Theilchen desselben sich nach ihrer specifischen Schwere gruppiren, das Mehl also mehr, die leichteren mit Kleietheilen behafteten Partikelchen aber weniger mit der Siebfläche in Berührung kommen, dagegen energischer durch die Flügel l nach rechts transportirt werden als das schwerere Mehl. Daraus folgen die durch die Erfahrung bestätigten Eigenschaften der Centrifugal-Sichtemaschine: a) dieselbe Größe der Siebfläche bearbeitet ein weit größeres Mahlquantum als bei dem alten Cylinder. Die hier gezeichnete Maschine bewältigt mit Bequemlichkeit – wenn, wie es neuerdings fast allgemein geschieht, eine Vorsichtekiste zur Trennung der groben Kleientheilchen von dem übrigen Schrot angewendet wird – den Schrot von zwei flott arbeitenden Flachmahlgängen, also in der Stunde circa 500 Kilogrm. Während bei gewöhnlichen „Cylindern“ höchstens Gaze Nr. 12 oder 13 verwendet wird, so kann hier Seidengaze Nr. 14 oder 15 zur Anwendung kommen. b) Das Mehl wird weniger leicht bunt als bei gewöhnlichen „Cylindern.“ c) Die Gaze nützt sich rascher ab. Da indessen – wie schon erwähnt – überhaupt weniger Gaze nöthig ist, so gleicht sich dieser Uebelstand wieder aus. Die vorliegende Maschine bietet außer den hier genannten Vortheilen noch einige für den Müller werthvolle Vortheile. Bei wechselndem Getreide ist es erwünscht, das zu Sichtende rascher oder weniger rasch durch die Maschine passiren zu lassen, oder mit anderen Worten den Schrot weniger oder kräftiger zu behandeln; ja zuweilen wird es nothwendig, mit den Gazenummern zu wechseln. Beides erlaubt die Centrifugal-Sichtemaschine, ohne daß große Mühe angewendet zu werden brauchte. Ist ein zweiter Satz Rähmchen vorhanden, welche mit den anderen Gazenummern bezogen sind, so können diese Rähmchen binnen kurzer Zeit in die Maschine eingesetzt werden. Ebenso ist es leicht, bei irgend einer Beschädigung der Gaze ein Rähmchen mit unverletzter Gaze einzuschalten. Oben wurde erwähnt, daß jede der Schaufeln l mittels einer Schraube m auf den Flachschienen k befestigt sei. Diese eine Schraube genügt zur Fixirung der Schaufel nicht vollständig. Es sind vielmehr in den Schienen k für jede Schaufel noch zwei Stifte rr (Fig. 31) befestigt, welche in entsprechende Löcher der Schaufeln greifen. Jede Schaufel enthält aber 6 Löcher, so daß eine Aenderung der Neigung der Schaufeln zu erreichen ist: durch Lösen der erwähnten Schraube, geringes Abheben der Schaufel und Aufstecken auf die Stifte unter Benützung zweier anderer correspondirender Löcher der Schaufel. So kann mit leichter Mühe eine größere oder kleinere Zahl der Schaufeln in eine andere Lage gebracht werden, womit jede gewünschte Veränderung in der Durchgangsgeschwindigkeit des Schrotes zu erreichen ist. Der Preis der Centrifugal-Sichtemaschinen weicht nur wenig ab von demjenigen gleichwertiger sogenannter Cylinder. Hannover, im August 1874.

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