Titel: Kohlfürst's elektrischer Thermowecker; mitgetheilt von H. Preis, Assistent am böhmischen Polytechnicum in Prag.
Autor: H. Preis
Fundstelle: Band 213, Jahrgang 1874, Nr. XCVII., S. 390
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XCVII. Kohlfürst's elektrischer Thermowecker; mitgetheilt von H. Preis, Assistent am böhmischen Polytechnicum in Prag. Mit Abbildungen auf Tab. V. Preis, über Kohlfürst's elektrischer Thermowecker. Bei der am 15. Mai d. J. abgehaltenen Regionalausstellung in Prag wurde Kohlfürst's elektrischer Thermowecker mit dem Staatspreise prämiirt und dürfte dieser Apparat thatsächlich für die mannigfachsten Industriezweige von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit und Anwendbarkeit sein. Es ist die Elektricität wiederholt ausgenützt worden, um bestimmte Temperaturgrade, resp. das Ueberschreiten der Normaltemperatur eines Raumes nach einer entfernten Stelle hin zu signalisiren. Uns ist jedoch nicht bekannt, ob diese Aufgabe bereits anderweitig in gleich glücklicher Weise gelöst wurde als mit dem vorliegenden, vom Ingenieur Ludwig Kohlfürst in Prag construirten und patentirten Apparate. Jedenfalls läßt dieser an Billigkeit, Einfachheit und, wie wir uns selbst zu überzeugen Gelegenheit hatten, an Präcision und Sicherheit, soweit dies in Anbetracht der Verwendung der Elektricität als Motor überhaupt statthaft ist, kaum etwas zu wünschen übrig. Die Weckereinrichtung besteht aus drei Haupttheilen: I. dem Thermometer (Figur 35 und 37); II. dem Wecker mit einem Wechsel und der Batterie (Fig. 36) und III. aus der Telegraphenleitung, welche die beiden Theile I und II mit einander verbindet. Das Thermometer ist ein Quecksilberthermometer, an dessen calibrirte Röhre ein Glasrohr von größerem Durchmesser angeschmolzen ist. Dieses Rohr ist oben mit einer Kapsel k luftdicht verschlossen, durch welche die in einen Platindrahtstift von bestimmter Länge endende Schraube S hindurchgeht. In die Glaskugel des Thermometers ist ein Platinstift p eingeschmolzen, welcher mit der Anschlußklemme d metallisch verbunden ist; ferner ist die Kapsel k und dadurch auch die Schraube S durch einen isolirten Draht mit der Anschlußklemme a in leitender Verbindung. Wenn also die Schraube so tief niedergeschraubt ist, daß ihr Platindrahtfortsatz das Quecksilber in der Thermometerröhre erreicht, so ist eine continuirliche Leitung von a nach b vorhanden. Die Erweiterung am oberen Ende der Thermometerröhre hat also nur den Zweck, der Schraubenspindel bis auf die nothwendigen Tiefen Raum zu gestatten; die Einstellung der Schraube wird mit Hilfe der verschiebbaren Scale bei M bewerkstelligt. Soll das Thermometer z.B. für 20° eingestellt werden, so schiebt man die Scale so lange nach abwärts eventuell aufwärts, bis der 20ger Theilstrich mit der am messingenen Ständer angebrachten Marke Z zusammenfällt; dann wird die Scale durch Anziehen einer Klemmschraube festgestellt und hierauf die Contactschraube in die Höhe geschraubt, bis ihr Kopf K die Scale berührt; damit ist die Einstellung vollzogen. Die Kapsel k ist aus Messing gedreht; in ihrem Deckel befindet sich die Mutter für die Contactschraube. Das Innere der Kapsel ist fast ganz durch ein Kautschukstück G ausgefüllt, durch welches sich die Schraube hindurchwindet; das Kautschukstück selbst wird übrigens durch eine gegen den Deckel gestemmte Feder F auf den Boden der Kapsel niedergedrückt – eine sinnreiche Anordnung, den todten Gang der Schraube zu verhüten. Nach unten ist die Kapsel mit einem Hals versehen, in welchen das Ende der Thermometerröhre einpaßt und luftdicht eingekittet wird. Vor dem Einkitten wird das Quecksilber soweit erwärmt, daß es bis zum Ende der calibrirten Röhre hinaufsteigt, was circa 140° C. entspricht, und inzwischen die fertige Kapsel aufgesteckt. Es wird durch dieses Vorgehen das Thermometer einerseits von jenen Nachtheilen befreit, welche den offenen Thermometern anhaften und anderentheils die zurückbleibende Luft so verdünnt, daß sie selbst bei den höchsten Thermometerständen keinen nennenswerthen Gegendruck auszuüben vermag. Dieser Apparat ist mit einem versperrbaren Holzkästchen umgeben, welches den directen Einfluß der im umliegenden Raume herrschenden Temperatur gestattet, aber das Verstellen der Contactschraube durch einen Unbefugten unmöglich macht. Der Wecker (Figur 36) ist seiner Construction nach ein Selbstunterbrecher und auf einem Kästchen, in welchem sich die Batterien befinden, aufgeschraubt. Beim Wecker ist die Anschlußklemme m mit einem Ende der Multiplication D, die Klemme n mit dem anderen Ende derselben und mit dem Anker A, endlich die Klemme q mit dem Contactständer C verbunden. Der Wechsel W besteht aus isolirt neben einander liegenden Messinglamellen 1, 2, 3, 4 und hat den Zweck, das Thermometer nach Belieben oder vielmehr nach Bedürfniß auf Maximum oder Minimum einschalten zu können. Diese sämmtlichen Bestandtheile des Thermometers sind nun in nachstehender Weise unter einander durch isolirte Drähte verbunden. Die Anschlußklemme m des Weckers zum Kupferpol der Batterie, die Weckerklemme n zur Lamelle 4 des Wechsels und die Weckerklemme q zur Lamelle 2 des Wechsels, die Wechsellamelle 1 zum Zinkpol der Batterie und gleichzeitig zur Klemme d des Thermometers, und endlich die Wechsellamelle 3 zur Thermometerklemme a. Soll der Apparat für ein Temperaturmaximum angewendet werden, so ist zwischen der Wechsellamelle 2 und 3 ein Messingstift einzustecken, welcher also die genannten Klemmen metallisch verbindet. Sowie nun in Folge Ueberschreitung der eingestellten Normaltemperatur das Quecksilber im Thermometerrohr höher steigt, als es soll, und die Platindrahtspitze der Contactschraube berührt, so tritt folgender Stromlauf ein: Vom Kupferpol zur Weckerklemme m durch die Multiplication zur Klemme n, in den Anker A und durch die Contactfeder desselben zur Contactschraube C des Weckers; denn der Weckeranker ist nicht angezogen sondern durch die obere Spiralfeder abgerissen, und die Contactfeder auf die Contactschraube angepreßt. Von C verfolgt der Strom weiter seinen Weg zur Wechsellamelle 2, durch den eingesteckten Stift zur Wechsellamelle 3, von da durch die Drahtleitung zu a und zur Contactschraube des Thermometers, durch die Quecksilbersäule zu dem unten eingeschmolzenen Platindraht p, von hier über b, durch die Drahtleitung zur Wechsellamelle 1 und zum Zinkpol zurück. Der Wecker wird also so lange läuten, als das Quecksilber im Thermometer den oberen Platindraht berührt, resp. die Temperatur höher ist, als der Einstellung des Thermometers entspricht. Eine Stromtheilung von n nach 4 ist nicht möglich, da letztere Wechsellamelle isolirt bleibt. Für die Minimumschaltung ist hingegen ein Stift zwischen den Wechsellamellen 1 und 2 und ein zweiter Stift zwischen 3 und 4 einzustecken; das Loch zwischen 2 und 3 bleibt leer. So lange das Quecksilber über dem eingestellten Minimalgrad steht, ist der Stromweg nachstehender: Vom Kupferpol der Batterie zu m und durch die Multiplication des Weckers zu n, von n zur Wechselamelle 4 durch den Stift zu 3, durch die Drahtleitung zu a, von da zur Contactschraube, durch Vermittelung der Quecksilbersäule zu p und b, durch den Draht weiter zu 1 und zum Zinkpol zurück. Es wird also bei dieser Stellung ein continuirlicher Strom über die Multiplication des Weckers gesendet und dadurch der Elektromagnet magnetisch gemacht, also der Anker angezogen und somit auch die Contactfeder f im Selbstunterbrecher von der Contactschraube C abgerissen. Eine Normaltheilung von 1 durch den eingesteckten Stift zu 2, q und 1 wird wegen der Unterbrechungsstelle zwischen Contactfeder f und Contactschraube C des Weckers unmöglich sein. Ist jedoch die Temperatur unter den angenommenen Minimalgrad gesunken, hat also die Quecksilbersäule den oberen Platindraht verlassen, so ist der vorhanden gewesene Stromschluß unterbrochen worden. Der Elektromagnet hört im Momente dieser Unterbrechung auf magnetisch zu sein, der Weckeranker reißt ab und die Contactfeder desselben drückt sich auf die Contactschraube C. Hierdurch wird nun ein anderer Stromkreis geschlossen nämlich: Vom Kupferpol der Batterie zu m, n, l, zu 2, 1 und zum Zinkpol zurück, welcher den Wecker in normaler Weise selbst als Selbstunterbrecher thätig macht, also zum Läuten bringt. Die Drähte 1b und 3a repräsentiren den dritten Theil des Apparates, nämlich die Telegraphenleitung zwischen Thermometer und Wecker. Diese zwei Drähte können selbstredend ohne Beschränkung überallhin durch Gebäude, Gänge, Fenster, Thürrahmen und durch die Luft auf beliebige Entfernung gezogen werden; nur bedürfen sie, wie jede Telegraphenleitung, einer Befestigungsweise, welche sie der zufälligen oder willkürlichen Beschädigung entrückt und möglichst gut isolirt. Soll der Apparat für Maximum- und Minimumtemperaturen gleichzeitig angewendet werden, so werden Thermometer und Wecker einfach verdoppelt und der Wechsel bleibt dann als überflüssig weg.Die Herstellung und den Vertrieb dieses gelungenen Apparates hat die Firma Alois Kreidel in Prag übernommen.Die Red.

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