Titel: | Ueber die Vertheilung der durch den Stoss entwickelten Wärme; von Tresca. |
Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. XCIX., S. 399 |
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XCIX.
Ueber die Vertheilung der durch den Stoss
entwickelten Wärme; von Tresca.
Aus den Comptes rendus, t. LXXVIII p. 1607, Juni
1874.
Tresca, über die Vertheilung der durch den Stoß entwickelten
Wärme.
Während des Schmiedens des mit Iridium legirten PlatinstabesVergleiche die Mittheilung im vorhergehenden Heft, S. 337. machte ich die Beobachtung, daß unter der Wirkung des Hammers einigemal
leuchtende Streifen in schräger Richtung auf den Seitenflächen des erkaltenden
Stabes entstanden, wenn dieser noch dunkelrothglühend war. Ich machte Herrn Fizeau gelegentlich auf einige dieser Lichteffecte
aufmerksam; allein sie waren damals unvollständig, und erst später ist es mir
gelungen, die Erscheinung näher zu beobachten und über ihren Charakter bestimmten
Aufschluß zu gewinnen.
Wenn man eine Metallstange mit Hilfe eines mächtigen Hammers auf einem Ambos von der
Gestalt einer Hammer-Finne streckt, so erzeugt bekanntlich jeder Schlag oben
und unten symmetrische Eindrücke. Die kleinen Wülste, welche sich vor und hinter den
successiven Hammereindrücken auf der oberen und unteren Fläche des Arbeitsstückes
bilden, zeigen sich in einem gewissen Momente auf den Seitenflächen durch
Lichtlinien verbunden, welche zusammen das Aussehen eines X in feuriger Schrift darbieten. Das Phänomen ist nur bei einer gewissen
Temperatur der in Bearbeitung begriffenen Stange sichtbar; dann aber bringt jeder
Schlag unabänderlich sein Zeichen hervor, und in Folge des Uebereinandergreifens der
Hammereindrücke sieht man auch diese leuchtenden Kreuze einander theilweise sich
überdecken. Die lichtschimmernden Streifen erschienen im Momente des Stoßes,
verschwanden aber nicht sofort, sondern hielten lang genug an, um uns in den Stand
zu setzen, sechs leuchtende Kreuze, welche durch eben so viele successive
Hammerschläge hervorgebracht worden waren, auf einmal zu überblicken.
Obgleich sich uns die Schenkel dieser Kreuze ganz geradlinig darstellten, und wir sie
nicht anders, als mit zwei Systemen sich kreuzender Parallellinien vergleichen
konnten, so glaubten wir doch ihre Gestalt durch ein geeignetes Verfahren genauer
bestimmen und auf das sorgfältigste untersuchen zu müssen. Man wußte recht gut, daß
durch das Hämmern in den bearbeiteten Körpern Wärme entwickelt wird; die
thermodynamische Theorie lehrt uns, daß diese Wärmeausflüsse als das Resultat der während des Stoßes
entwickelten mechanischen Arbeit (oder halben lebendigen Kraft) betrachtet werden
müssen; aber man hatte noch nicht die genaue Stelle gesehen, in welcher jene
Wärmeentwickelung vor sich geht.
Für uns – wir zögern nicht, diese Behauptung auszusprechen – ist die
aufleuchtende Zone diejenige, längs welcher hauptsächlich das Gleiten der Materie im
Momente der Formveränderung nach einem Gesetze erfolgt, welches wir in unseren
früheren Untersuchungen über die molecularen Verschiebungen unterscheiden konnten.
Würde sich diese erste Andeutung bestätigen, so erhielte man auf diese Weise eine
genauere Kenntniß von der Art der durch das Schneiden bestimmten Formveränderung,
und das in Rede stehende Phänomen würde offenbar ein neues wissenschaftliches Band
zwischen der Thermodynamik und der Frage bilden, mit der wir uns früher unter dem
Titel „das Fließen der festen Körper“ (l'écoulement des corps solides) beschäftigt haben.
Das Phänomen ist voraussichtlich für alle Metalle das gleiche, und wir dürfen schon
einige Betrachtungen über die eigenthümlichen Ursachen seines glänzenden Auftretens
beim Platin wagen, da es unseres Wissens sonst beim Schmieden noch nicht beobachtet
worden ist.
Die ausnehmende Härte des mit Iridium legirten, bis zum Dunkelrothglühen abgekühlten
Platins verlangt für eine gleichmäßige Formveränderung eine Arbeit, welche
wenigstens der beim Schmieden des Stahles erforderlichen Arbeit äquivalent ist. In
Folge der relativ geringen Wärmecapacität jener Legirung muß sich diese Arbeit
wieder in localisirteren und intensiveren Wärmeerscheinungen äußern. Ueberdies ist
die Substanz homogener als Eisen und zeichnet sich durch eine auffallende Art von
Transparenz aus, als ob das Auge die Nüance des Roths bis zu einer gewissen Tiefe
verfolgen könne. Die ganze Erscheinung tritt daher deutlicher hervor, zumal da sie
weder von einem Austreten einer im Inneren des Metalles eingeschlossenen, noch von
einer Oxydation der Oberfläche begleitet ist. Alle diese Umstände begünstigen die
Beobachtung, welche ein glücklicher Zufall uns machen ließ, außerordentlich –
eine Beobachtung, welche einmal bei dem Platin constatirt, gewiß auch bei den
übrigen Metallen, wenn auch in minder hervorragender Weise wie mit der Legirung von
Deville und Debray,
gemacht werden kann. Wir beschränken uns für diesmal auf einen gedrängten Bericht
über eine Entdeckung, welche vielleicht dazu berufen ist, unseren Physikern neue
Bahnen auf dem Forschungsgebiete der Molecularmechanik und der mit diesen
zusammenhängenden Wärmeerscheinungen zu eröffnen.
Die Platinstange ist bereits in die Form eines 4,5 Meter langen Stabes von
quadratischem Querschnitte geschmiedet. Man sollte es nicht versäumen, die
Beobachtungen bei den folgenden Schmiedearbeiten, denen sie noch unterworfen werden
soll, fortzusetzen; denn die Gelegenheit wird sich vielleicht später nicht mehr
darbieten.
P.