Titel: | Der Kupferrubin und die verwandten Gattungen von Glas; von Paul Ebell. |
Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. C., S. 402 |
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C.
Der Kupferrubin und die verwandten Gattungen von
Glas; von Paul
Ebell.
Aus dem chemisch-technischen Laboratorium
des Collegium Carolinum zu
Braunschweig.
(Fortsetzung von Seite 326 des vorhergehenden Heftes.)
Ebell, über den Kupferrubin und die verwandten Gattungen von
Glas.
II. Von den mit Silber gefärbten
Gläsern.
Die Kunst Glas mit Silberzubereitungen zu färben ist an sich und der noch sehr
üblichen Behandlung nach alt und geht in die frühen Zeiten der kirchlichen
Glasmalerei zurück. Diele Kunst – ausschließlich als Lasuren geübt und
bezeichnet – ist durch eine besondere Eigenthümlichkeit dem Glasmaler so
nützlich geworden, die Eigenthümlichkeit nämlich, daß die Färbung mittels
Silberpräparaten auf die fertige, ja geschliffene und polirte Waare ohne die
leiseste Gefährdung der Form kann angebracht werden, während sie doch in dem Glase
selbst und nicht (wie die Muffelfarben) auf der Oberfläche desselben ihren Sitz
hat.
Die Empfänglichkeit des Glases für die Färbung durch Silber ist in der That über alle
Erwartung groß und bei Hitzgraden ausführbar, bei denen man jede Aufnahme von Farbe
ganz und gar für unmöglich halten sollte. Die Farbe des Glases durch Silberpräparate
ist ein angenehmes vollkommen durchsichtiges Gelb, je nach der Intensität der
Färbung Heller und dunkler bis in's Orange gehend. Der überlieferte Kunstgriff ist
höchst einfach und bequem in der Ausführung: man zerreibt Chlorsilber mit Thon und
Wasser zu einem gleichmäßig dünnen Brei, den man wie eine Deckfarbe auf das Glas
aufträgt. Es genügt, das Glas mit dem getrockneten Ueberzug eine oder einige Stunden
einer Glühhitze auszusetzen, bei welcher das Glas kaum oder noch nicht erweicht.
Der Ueberzug, der bei jener Temperatur nirgends anhaftet, läßt sich leicht wegwaschen
und die damit überzogene Fläche bleibt ohne die geringste Beeinträchtigung von
Spiegel und Glanz des Glases rein und gleichmäßig gefärbt zurück. Ein weiterer
großer Vortheil liegt darin, daß durch Auftragen des Chlorsilberbreies mit dem
Pinsel sich die Färbung topisch nach jeder gegebenen Zeichnung ausführen läßt.
Sollen ganze Flächen gefärbt werden, wie z.B. bei Tafelglas, so gießt man den Brei
einfach auf das Glas und verbreitet ihn durch kurze Stöße über den Spiegel. Die
Behandlung ist einfach, erfordert wenig Uebung und der Erfolg von leicht zu
erfüllenden Bedingungen abhängig. Diese sind: die Art des Silberpräparates, innige
und gleichmäßige Berührung mit dem Glas und die Temperatur beim Einbrennen in der
Muffel.
Bei der wissenschaftlichen Untersuchung der Färbung des Glases durch Silber handelte
es sich neben der klaren Erkenntniß dieser Bedingungen vor allem um Feststellung der
bislang ganz unbekannten Natur der Färbung. Die Entstehung derselben kann von
vornherein auf verschiedene Weise aufgefaßt werden. Denn entweder gehen Theile der
aufgetragenen Mischung in das Glas über und bewirken darin die Färbung, oder die
aufgetragene Mischung bewirkt durch die Berührung mit dem Glase in der Hitze, ohne
in dieses einzugehen, eine Veränderung der Bestandtheile des Glases, in Folge
welcher dieses gelb erscheint.
Was die zur Färbung des Glases geeigneten Silberpräparate anlangt, so ist neben
Chlorsilber auch das Silberoxyd schon in der Praxis hie und da angewendet. In den im
Folgenden mitgetheilten Versuchen ist neben diesen noch das metallische Silber
zugezogen. Die Versuche sind in einer Muffel (26 Centim. weit, 13 Centim. hoch und
40 Centim. tief) des hiesigen Laboratoriums und zwar bis auf wenige Ausnahmen mit
Scheiben von gewöhnlichem Tafelglas ausgeführt.
Eine Tafelglasplatte mit einem Gemenge von frisch gefälltem Chlorsilber und Thon
überzogen erschien nach stundenlangem Glühen gleichmäßig gelb. Die Muffel entsprach
in ihrer Leistung mithin den Anforderungen der Silberlasur. Eine ebensolche
Glasplatte mit einem Brei aus Chlorsilber und Thon nebst Eisenoxyd anderthalb
Stunden bei niederer Rothglut erhitzt, kam mit scharf schneidenden Kanten und Ecken
(buchstäblich die Finger verwundend) aus dem Feuer. Nach dem Reinigen der Oberfläche
von der rückständigen Mischung erschien die Glasplatte zwar nicht gleichförmig
gefärbt, aber mit zahlreichen dunkelgelben Punkten bedeckt. Demnach findet bereits
Färbung durch Chlorsilber bei einer dunklen Rothglut statt, bei welcher die
schneidenden Kanten noch nicht im mindesten stumpf werden; vollständige Färbung
erfolgt bei etwas höher Temperatur, bei der jedoch noch keine Verbiegung der
Glastafel stattfindet. Ob das Chlorsilber mit Thon allein, oder gleichzeitig mit Eisenoxyd angerieben
wurde, machte keinen Unterschied. Der Ueberzug haftete nirgends an der Glastafel an
und konnte leicht durch Waschen entfernt werden; er enthielt noch Chlorsilber. Als
man die einmal gefärbten Glasplatten wiederholt derselben Operation unterwarf, nahm
die Farbe anfangs zu, ging mehr in's Orangegelbe; bei der dritten Operation zeigte
die Farbe einen bläulichen opalartigen Schein, wie von einer Trübung herrührend.
Ganz ähnliche Ergebnisse erhielt man mit Silberoxyd, aus salpetersaurem Silber mit
Baritwasser gefällt. Solches Silberoxyd, ebenso aufgebracht wie das Chlorsilber, gab
dieselbe gelbe Färbung, je nach den Umständen schwächer oder stärker. Aus
vergleichenden Versuchen ging aber hervor, daß die färbende Kraft des Silberoxydes
unter gleichen Umständen größer ist als jene des Chlorsilbers. In zwei verschiedenen
Versuchen überzog man die Glastafel zur Hälfte mit einer Mischung aus Chlorsilber,
zur anderen Hälfte mit einer solchen aus Silberoxyd. In beiden Fällen war die
Färbung auf der Seite des Silberoxydes bedeutend stärker. Bei dem einen Versuch war
die Temperatur so niedergehalten, daß das Glas schneidende Kanten behielt, dabei
zeigte die Seite des Chlorsilbers nur gelbe Punkte und kleine Flocken, während die
Seite des Silberoxydes zusammenhängend und tief gefärbt war.
Soweit handelt es sich nur um Bestätigung und Erweiterung in der Praxis bestehender
Erfahrungen. Eine Frage von rein wissenschaftlichem Interesse ist die, ob das Silber
auch im metallischen Zustande eine färbende Kraft besitzt. Die ersten Versuche in
dieser Richtung sind mit versilbertem Glase vorgenommen; ein Uhrglas mit Aldehyd,
Stücke Tafelglas nach Liebigs's Methode versilbert (vier
verschiedene Proben) gaben ein schönes aber schwieriger hervorzubringendes Gelb. Ein
vergleichender Versuch, wobei zwei Platten – eine versilberte und eine mit
Chlorsilbermischung überzogene – nebeneinander in der Muffel lagen, ergab
volle Färbung für das Chlorsilber, nur gelbe Punkte für die Versilberung.
Immerhin lassen sich zusammenhängende Färbungen durch Versilberung bei angemessenerangmessener Behandlung, namentlich bei nicht zu schwacher Versilberung, hervorbringen.
Die Schwierigkeit ist nämlich sehr äußerlicher Art. Denn die Versilberung –
eine nicht nur dünne, sondern auch wenig dichte Metallhaut – schwindet im
Feuer, ehe sie Zeit gefunden, auf das Glas zu wirken; sie zerreißt und liegt dann
nur noch in getrennten Fetzen auf dem Glase. Indem diese Fetzen das Glas nur zum
Theil und, wo sie es thun, sehr unvollkommen berühren, entsteht die Neigung zu
fleckenförmiger Färbung. Bei einem Versuch mit sehr dünner Versilberung, war diese nach dem
Glühen völlig verschwunden unter fleckiger Färbung des Glases, sonst stets noch ein
Rückstand von mattem Silber auf dem Glase. Um den Uebelstand des Schwindens der
Metallhaut bei der Versilberung zu beseitigen, ersetzte man bei einer zweiten Reihe
von Versuchen die Versilberung durch einen Ueberzug von niedergeschlagenem
metallischen Silber (aus salpetersaurem Silber mit Traubenzucker). Das Silber in
dieser Form für sich gab zusammenhängende aber leichte Färbung; der größte Theil des
Silbers blieb mattweiß zurück auf der Platte. Zur besseren Vertheilung mit Thon
abgerieben, gab das niedergeschlagene Silber zusammenhängende, gute, zum Theil tiefe
und dunkle Färbungen.
Nach der Feststellung der Fähigkeit des metallischen Silbers, das Glas ebenso wie
Chlorsilber und Silberoxyd zu färben, blieb noch zunächst zu entscheiden, ob die
Mitwirkung von Luft, bezieh. Sauerstoff, dabei erforderlich. Man verdrängte zu dem
Ende aus einer inwendig versilberten Glasröhre die Luft vollkommen durch einen Strom
von Wasserstoff und erhitzte die Röhre eine Zeit lang hinreichend stark. Die Röhre
erschien ebenso gelb gefärbt wie bei Zutritt der Luft. Es genügt mithin zum Färben
des Glases metallisches Silber, innige Berührung mit dem Glase und eine gewisse
Temperatur vorausgesetzt.
Die Natur des Glases ist zur Hervorbringung der Farbe von keinem Einfluß; sie gelingt
auf Tafelglas, Spiegelglas, böhmischem und Blei-Krystall. Besonders
strengflüssige Gläser scheinen jedoch eine Ausnahme zu machen, wenigstens bei der
Temperatur der Muffel. Ein porzellanener Tiegeldeckel ließ sich weder mit einer
Mischung aus niedergeschlagenem Silber, noch aus Chlorsilber (beide mit Thon)
färben. Manche Glassorten des Handels zeigen übrigens ein eigenthümliches Verhalten
bei längerem Glühen in der Muffel. So erschien z.B. die Oberfläche einer mit
Chlorsilber dunkelgelb gefärbte Platte aus geschliffenem Spiegelglas nach dem Glühen
mit einer eigenthümlichen Ausscheidung an der Oberfläche, die sich mit destillirtem
Wasser rein abspülen ließ und neben überschüssigem Chlorsilber schwefelsauren Kalk
enthielt. Diese Erscheinung ist übrigens von der Färbung ganz unabhängig und nur
ausnahmsweise einmal beobachtet. Einen bestimmten Einfluß auf das Gelingen der Farbe
hat die Beschaffenheit der Oberfläche. Eine absichtlich rauh geschliffene Platte
gab, gleichzeitig mit einer nicht geschliffenen eingesetzt, (beide versilbert)
geringere Färbung; wie zu erwarten, stört die rauhe Fläche die innige Berührung des
Silbers mit dem Glase, namentlich bei Versilberung.
Bei der einfachen Färbung mit Silber in der einen oder der anderen Art scheint die
Färbung auf die Kante einer durchschnittenen Platte rein oberflächlich zu sein, ohne
wahrnehmbare Dicke. Unter Vergrößerung dagegen sieht man deutlich, daß die Färbung
in eine gewisse Tiefe der Glasstärke eingeht. Wiederholt man die Färbung derselben
Glastafel mehrmals, so nimmt die gelbe Schichte eine auch mit bloßem Auge sichtbare
deutliche Stärke der Glastafel ein.
Die Versuche, bei denen die Vehikel zum Auftragen des Silberpräparates ausgeschlossen
blieben, insbesondere die mit versilbertem Glas, liefern den Beweis, daß nicht etwa
Bestandtheile des Vehikels, sondern daß Silber selbst die Färbung bewirkt. Die
qualitativ chemische Untersuchung einer (unter leichter Versilberung gefärbten)
Glasplatte lieferte davon weiteren Beweis. Um nicht mit dem ganzen Ballast des
ungefärbten Theils der Glasplatte – gegen 20 Grm. Substanz – behelligt
zu werden, brachte man die gelbgefärbte Schichte allein, durch Aetzen der Oberfläche
mit Fluorwasserstoff, in Lösung. Die so gewonnene Lösung gab einen entschiedenen
Gehalt an Silber zu erkennen. Es geht also Silber beim Färben, der sehr niederen
Temperatur ungeachtet, in das Glas und zwar auf erkennbare Tiefen ein und die
Färbung hängt unmittelbar mit diesem Eingehen des Silbers in das Glas zusammen.
Was die quantitativen Verhältnisse bei der Aufnahme von Silber durch das Glas
anbelangt, so mußten sich diese als Gewichtszunahme der Glasplatten bestimmen lassen
– unter der Voraussetzung, daß die Platte an sich bei derselben Temperatur
und Dauer ihrer Einwirkung keine Gewichtsveränderung erleiden. Um sich dieser
Voraussetzung zu versichern, sind zwei Vorversuche mit Tafelglasplatten ohne
färbenden Ueberzug aber sonst gleicher Behandlung in der Muffel angestellt worden
mit folgendem Ergebniß:
1.
2.
Gewicht vor dem Glühen
20,856
20,030
Grm.
Gewicht nach dem Glühen
20,855
20,029
„
––––––
–––––––––––
Unterschied
0,001
0,001
Grm.
entsprechend 0,048 bis 0,049 Proc.
Das Gewicht des Glases ist daher als gleichbleibend anzusehen.
In den beiden folgenden Fällen ist lediglich das Verhältniß des zum Färben
angewendeten Silbers zu dem in das Glas eingegangenen Theil (der Gewichtszunahme der
Glasplatte) bestimmt. In beiden Fällen diente zum Färben mit Traubenzucker aus dem
Nitrat niedergeschlagenes Silber a) für sich, b) mit Thon gemengt. Man erhielt:
Gewichtszunahme der Glasplatte:
Silberrest im Ueberzug:
Summe:
a)
0,0110 Grm.
0,6648 Grm.
0,6758 Grm.
b)
0,0105 „
1,4040 „
1,4145 „
Das vom Glas aufgenommene Silber (Gewichtszunahme der Platte) beträgt daher bei a)
1,62, bei b) 0,74 Procent; der von Glas nach 1 1 1/2stündigem Glühen nicht
aufgenommene Rest des Silbers bei a) 98,38, bei b) 99,26 Proc. des vor dem Brennen
aufgebrachten Silbers. Es gehört mithin sehr wenig Silber dazu, um eine starke gelbe
Färbung zu erzeugen.
In einer anderen Reihe von Versuchen ist die Gewichtszunahme der Platte, also die
Menge des aufgenommenen Silbers bestimmt im Verhältniß zum Umfang der gefärbten
Fläche. Zugleich ist Bedacht genommen auf den Fall mehrerer aufeinanderfolgender
Färbungen:
I. Tafelglasplatte; erste Färbung mit Chlorsilber und Thon bei dunkler Rothglut (eine
in der Muffel daneben liegende versilberte Spiegelplatte hatte in derselben Zeit
noch keine Färbung angenommen).
– zweite Färbung bei dunkler Rothglut; dabei liegende
Spiegelplatte mit Versilberung nur mit gelben Punkten;
– dritte Färbung bei starker Rothglut; dabei liegende
halb versilberte und halb mit Chlorsilber überzogene Spiegeltafel auf der
Chlorsilberseite stark, auf der versilberten Seite nicht gefärbt; nach der dritten
Färbung erschien die Tafelglasplatte mit gelber Glasschichte wie überfangen.
II. Tafelglasplatte mit Chlorsilber und Thon; sechsmal hintereinander gefärbt bei
dunkler Rothglut. Die Farbe wird anfangs dunkler, von der vierten Färbung an
bläulicher opalartiger Schein, in den folgenden Färbungen zunehmend.
III. Tafelglasplatte versilbert nach Liebig; beim ersten
Glühen in der Muffel bei eben beginnender Glühhitze weder Färbung noch
Gewichtszunahme; in der zweiten Operation (mit Nr. IV zusammen im Feuer) Färbung;
die Platte auf Porzellanstückchen ruhend etwas durchgebogen, also bis zur Erweichung
geglüht.
IV. Tafelglasplatte versilbert und in der Muffel behandelt wie III.
V. Tafelglasplatte versilbert, mäßige Rothglut.
VI. Tafelglasplatte versilbert auf beiden Seiten, auf Porzellanstückchen ruhend;
mäßige Rothglut.
VII. Tafelglas halb mit Chlorsilber, halb mit Silberoxyd bei niederer Rothglut 1 1/2
Stunden geglüht; die Kanten schneidend geblieben; die Hälfte mit Chlorsilber mit
braungelbem Punkte, die Hälfte mit Silberoxyd gleichmäßig stark gefärbt.
VIII. Tafelglasplatte mit unveränderter Oberfläche; ebensolche rauhgeschliffen; beide
mit Chlorsilber in demselben Feuer.
Textabbildung Bd. 213, S. 407
Nummer des Versuches; Größe der
gefärbten Fläche Qu. Centim.; Gewichtszunahme Platte Milligramm; Auf 100 Qu.
Centim, kommen Milligrm. Silber; 1 Milligram Silber färbt Qu. Centim.; Gewicht
der Platte für sich. Gramm; Erste Färbung; Zweite; Dritte; Vierte; Fünfte;
Sechste; Glatte Fläche; Rauhe
* Auf beiden Oberflächen zusammen.
Die Ergebnisse dieser übersichtlich zusammengestellten Versuche stellen die
Bedingungen vollkommen klar, von denen die Menge des aufgenommenen Silbers abhängt.
Diese Bedingungen sind:
1) Vor allem die Temperatur. In Versuch I steigt die Zunahme des Gewichtes einer und
derselben Platte von 18 Milligrm. in der zweiten Färbung bei dunkler Rothglut auf
128 Milligrm. in der dritten Färbung bei starker Rothglut, d.h. auf das 7fache. Wie
die Versuche I und II mit demselben Silberpräparat und sonst gleicher Behandlung
zeigen, ist die Gewichtszunahme der Platte ungemein empfindlich gegen
Temperaturunterschiede; denn die Abweichungen können im wesentlichen nur von solchen
Unterschieden herrühren, welche das Auge nicht mehr unterscheidet. Die Färbung mit
Silber könnte insofern ein scharfes Pyroskop oder Pyrometer abgeben, wenn nicht die
übrigen Bedingungen so schwierig gleich zu machen wären.
2) Die Innigkeit der Berührung des Silberpräparates mit der Glasfläche und Erhaltung
dieses Zustandes während der Dauer des Brennens. Die ungleiche Befähigung der
verschiedenen Silberpräparate, von denen sich Silberoxyd am besten, Chlorsilber
etwas weniger, metallisches Silber bedeutend weniger bewährt, ist nur das
Spiegelbild von der ungleichen Zertheilbarkeit und Adhäsion derselben gegen das
Glas. Namentlich stark
springt dies in die Augen bei III bis VI incl. Nur durch langsamste Steigerung der
Temperatur kann man verhindern, daß die Versilberung durch Schwinden in lose
anhängende Fetzen zerreißt; auch im günstigsten Fall ist die Versilberung immer mehr
geneigt von der Glasfläche loszugehen, als sich zu befestigen. Nur diesem Umstände
ist die Verschiedenheit des Ergebnisses von Versuch III und IV, beide mit
Versilberung und in einem Feuer gebrannt, zuzuschreiben. Natürlich hat auch die
Stärke der Versilberung ihren Einfluß.
3) Beschaffenheit des Glases und seiner Oberfläche, im engsten Zusammenhang mit der
2ten Bedingung. Je glatter und unveränderlicher die Oberfläche des Glases im Feuer,
um so gedeihlicher für die Färbung. Unter gleichen Bedingungen nahm von zwei
gleichen Glasplatten die rauh geschliffene nur halb soviel auf als die glatte
(Versuch VIII). Die rauhe Oberfläche ist der innigen Berührung von Ueberzug und Glas
ebenso ungünstig, als die Entstehung von Incrustation durch Veränderung der
Glasoberfläche.
Färben des Glases durch Zusammenschmelzen mit Silberpräparaten kennt die
Glasmacherpraxis nicht. In der That bieten solche Gläser, wie sie in der Regel
erhalten werden, ihrer unansehnlichen ja unangenehmen und unreinen Farbe wegen kein
Material für die ausübende Kunst, wohl aber für das wissenschaftliche Studium.
Bleifreie sowohl als bleihaltige Gläser nehmen Silberpräparate im feurigen Fluß auf
– und zwar Chlorsilber, Silberoxyd und gefälltes metallisches Silber ohne
Unterschied. Die Schmelzproducte finden sich nach dem Erkalten im Tiegel stets mehr
oder weniger getrübt, von sehr verschiedener Färbung, bald unrein weiß in's Gelbe
und Graue gehend, emailartig; bald mehr durchscheinend schwächer getrübt von
bräunlichem Grau, braungrün, bläulich oder gelbbraun. Die Trübung pflegt, wenigstens
wenn dichter und emailartig, nicht gleichmäßig vertheilt sondern von Adern aus
durchscheinender Glasmasse durchsetzt zu sein. Auch metallisches Silber in Kügelchen
ausgeschieden findet sich vor. Sehr gewöhnlich ist die Glasmasse im Tiegel an
verschiedenen Stellen von ungleicher Beschaffenheit in Farbe und in Dichte der
trübenden Ausscheidung.
Bleiglas mit 2 Proc. Silberoxyd 1 1/2 Stunden im tragbaren Windofen geschmolzen und
so heiß als möglich in viel Wasser gegossen, erstarrte und zersprang im Erstarren zu
theils farblosen, theils schön gelben Körnern von reiner und satter Farbe. Wird das
so abgeschreckte Glas gelinde bis zur Temperatur erhitzt, bei der sich die Kanten
abrunden so dunkelt die Farbe bedeutend bis zur Tiefe des dunkelsten Bernsteins von
einem vollen reichen, in's Rothe gehenden Ton. Stärker geglüht bis zum beginnenden Schmelzen, trübt
sich das Glas mehr oder weniger. Das nicht abgeschreckte Glas ist emailartig opak,
von unrein gelbweißer Farbe, streifig mit durchsichtigen orangegelben Adern. Als
Ueberfang in einer Glasröhre eingeschmolzen und aufgeblasen, erscheint es im
durchfallenden Licht klar, je nach der Dicke der gefärbten Glasschichte gelb bis
abendroth; im auffallenden Licht als schöner bläulicher Opal.Vielleicht ist der ausgezeichnete Opal der modernen venetianischen
Glasarbeiten, denen er sehr nahe kommt, auf diese Weise hergestellt. Zu einer Perle geschmolzen und im Wasser abgeschreckt, erstarrt es zu einem
klaren gelben oder graulichen Glase. Unter dem Mikroskop in kleinen Splittern bei
durchgehendem Lichte gesehen, erscheint das weiße emailartige Glas rauchgrau getrübt
mit gelben Stellen; im auffallenden Lichte hellgelbweiß mit äußerst feiner, wenig
dichter, durchscheinender Trübung, wie ein hellbeleuchteter Eisblock von unklarem
Eis. So bei schwacher 80facher Vergrößerung. Bei starker 500–800facher
Vergrößerung beginnt der lichte Nebel sich aber in eine Granulirung in gelber
Grundmasse zu lösen; darin finden sich hie und da isolirte größere Körperchen, von
hohem Glanz, weiß, blitzend, ohne Zweifel krystallinisch, in Aureolen, zuweilen in
Reihen angeordnet. Die Aureolen sind ungefärbte, durch Aufzehrung des Gelbs der
Grundmasse entstandene Flecken. – Läßt man mit Silberpräparaten geschmolzenes
Glas langsam in der Art erkalten wie das Glas zu Aventurin (Bedecken mit Asche
etc.), so ändert es für das bloße Auge seine Beschaffenheit nur in soweit, als das
Glas an vielen Stellen hellere lichte durchscheinende, nur noch ganz leicht getrübte
Adern zeigt. Im durchfallenden Lichte bei schwacher Vergrößerung gesehen, bestehen
diese aus einer farblosen Grundmasse mit schwach gelblichen, bläulich opalisirenden
Nebelflecken, in denen grobe schwarze Punkte eingebettet liegen. Diese letztere sind
dünngesäet weitspurig, aber sehr gleichmäßig vertheilt, von auffallend gleicher
Größe und bilden in der Projection Figuren, von denen keine Dimension überwiegt; bei
stärkerer Vergrößerung läßt sich zwar keine bestimmte geometrische Gestalt aber doch
soviel erkennen, daß sie eckig sind. Im auffallenden Lichte erscheinen die Punkte
weiß, hochglänzend mit Reflexen die ihrer spitzen Form nach nicht von kugelförmigen
Körpern herrühren können. Um jedes Korn ist die Färbung des Glases in einem gewissen
Umkreis verschwunden, augenscheinlich aufgezehrt durch das Korn selbst. Die Körner
sind offenbar Krystalle und zwar in der Beschaffenheit, soweit die Beobachtung geht,
ganz übereinstimmend mit den bei v. Pettenkofer's
Hämatinon beschriebenen.
Ueberhaupt gehen die Erscheinungen beim Silberglas Schritt für Schritt den
Erscheinungen beim Kupferglas parallel. Ganz wie bei diesem besteht das
durchsichtige Glas in einem farblosen und in einem gefärbten Zustande (gelb bis tief
orange), das erstere durch Anlaufen in das letztere übergehend; ganz wie beim
Kupferglas treten Ausscheidungen auf, von der Zartheit des schönsten Opal an, durch
die dichte emailartige Trübung kaum in glänzende Pünktchen lösbar, bis in deutlich
getrennte gröbere Krystallkörner. Wie die vorletzten dem Hämatinon, so entsprechen
letztere dem Aventurin – abgesehen von der weißen Farbe noch mit dem
Unterschiede, daß blätterige Krystallformen bei Silberglas nicht beobachtet
wurden.
Die Thatsachen von der Aufnahme des metallischen Silbers durch das Glas, die weiße
Farbe sammt dem Metallglanz der Ausscheidungen im silberhaltigen Glase, endlich die
Analogie seines Verhaltens mit dem Kupferglas lassen wenig Zweifel, daß auch das
silberhaltige Glas eine Lösung von Metall als solchen im Glase ist. Die Zweifel
schwinden vollkommen vor einer Erscheinung, der man öfter beim Versilbern des Glases
begegnet. Entleert man eine Röhre z.B. unmittelbar nach Eintritt der allerersten
Anfänge der Ablagerung von Metall, so findet man einen Ueberzug auf dem Glase, der
im durchfallenden Licht gelb, im zurückgeworfenen bläulich opalisirend erscheint und
aus einer Haut von bloßem Silber besteht, welche sich mit Papier abwischen läßt.
– Obwohl das Silber keine so tiefen Töne liefert wie das Gold oder Kupfer, so
ist seine tingirende Kraft doch sehr bedeutend; nach den mitgetheilten Versuchen
über das Lasiren reicht 1 Milligrm. Silber hin, um nahe 31 Qu. Centim. Tafelglas zu
färben und kann die Verdünnung sicherlich noch viel weiter getrieben werden. Die
Löslichkeit des Silbers ist lange nicht so groß als jene des Kupfers, aber doch viel
größer als beim Golde. Was zunächst die Lasuren betrifft, so hat eine 6mal
hintereinander gefärbte Glastafel (Nr. II der mitgetheilten Tabelle) im Ganzen 0,430
Grm. Silber aufgenommen. Die Tafel wog vor dem Lasiren 71,280 Grm.; ihre Stärke war
2,25 Millim. und nach der mikroskopischen Messung in einer 0,55 Millim. starken
scharf abgeschiedenen Schichte gelbgefärbt. Das Gewicht der gefärbten Schichte
berechnet sich nach der Dicke zu 0,55/2,25 × 71,280 = 17,428 Grm.; von diesem
Betrage an Glas waren demnach 0,430 Grm. oder 2,467 Proc. Silber aufgenommen. Aus
dem bereits eingetretenen gelinden Opalisiren des Glases, von beginnenden
Ausscheidungen herrührend, läßt sich schließen, daß sich das Glas im Zustande der
Sättigung befand. Bei den aufeinanderfolgenden Operationen in der Muffel rückt die Imprägnation mit
Silber stufenweise durch eine Art Cementation in dem beinahe starren Glase vor. Die
Temperatur des Lasirens ist der niederste Grad von Glühhitze, also eine Temperatur
bei der das Silber nur färbend auftritt. Denn auch das Silber geht in zweierlei
molecularen Zuständen in das Glas – ganz wie Kupfer und Gold. Bei der
Darstellung des silberhaltigen Glases durch Schmelzen scheint nicht mehr Silber
aufgenommen zu werden als beim Lasiren; denn das färbende Molecül des Silbers geht
besonders leicht, weit leichter als jenes des Goldes oder Kupfers, in's Glas.
Gehen die Silberpräparate nicht als solche, sondern nur als metallisches Silber in
das Glas, so müssen sie reducirt werden. Beim Silberoxyd begreift sich dies leicht,
da es in der Hitze in Metall und Sauerstoff zerfällt. Beim Chlorsilber muß es
dahingestellt bleiben, ob dies von den in der Muffel diffundirenden Feuergasen, ob
von dem Vehikel (Terpentinöl) oder im Glase von den Alkalien geschieht.
(Schluß folgt.)