Titel: | Zwei neue Erweiterungs- (Nachnahme-) Bohrer; von R. Helmhacker. |
Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. CIX., S. 459 |
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CIX.
Zwei neue Erweiterungs-
(Nachnahme-) Bohrer; von R.
Helmhacker.
Aus dem berg- und hüttenmännischen Jahrbuch der
Bergakademien zu Leoben, Pribram und Schemnitz, 1874 Bd. XXII S.
274.
Mit Abbildungen.
Helmhacker, über zwei neue Erweiterungs- (Nachnahme-)
Bohrer.
Zum Erweitern von Bohrlöchern, welche verrohrt sind, bedient man sich der
verschiedenen Erweiterungsbohrer, welche drehend (élargisseurs mus par rotation) oder stoßend (élargisseurs mus par percussion) wirken. Die schon von Degousée und Ch. Laurent (Guide du
Fig. I.–III. und V., Bd. 213, S. 460
sonder ou traité des sondages,
Paris 1861, 2. édit., tome 2, p. 367, tab. 12) angegebenen Erweiterungsbohrer, welche stoßend
Wirken, sind noch am meisten in Anwendung. Wohl sind noch einige verbesserte
Instrumente hinzugekommen, die A. Beer (Erdbohrkunde,
Prag 1858, S. 133) und A. Serlo (Leitfaden zur
Bergbaukunde, 1. Bd., Berlin 1873, S. 122) als Nachnahme-Bohrer beschreiben,
und um deren Verbesserung sich besonders Kind verdient
gemacht hat.
Bei den meisten dieser Erweiterungs-Bohrer geschieht das Oeffnen der
Nachbohrschneiden auf den verlangten Bohrlochs-Durchmesser, behufs deren
Einbringen in das Bohrloch, durch Anziehen entweder von oben aus, oder mittels eines
trockenen Hanfseiles, welches im Bohrlochwasser sich verkürzt, oder indem ein Draht,
welcher um die Schneide des Meiselblattes geht und die Nachschneiden zusammenhält,
beim Auffallen des Meisels im Bohrlochtiefsten durchgehauen wird; oder endlich durch
das Herausfallen von Holzklötzchen, welche die Nachschneiden zusammengeklappt
erhalten.
Diese Vorrichtungen bringen mancherlei Nachtheile mit sich, wenn nicht alles genau,
gehandhabt wird, wie es oft auch nicht in der Macht des Bohrenden liegt. Aus diesen
Gründen betrachtet man die angeführten Nachnahme-Bohrer als
verbesserungsfähig und ersinnt deren neue.
Der Bergingenieur J. Peithner hat, geleitet durch die
Absicht, von Zufälligkeiten bei der Handhabung der bekannten Nachnahmebohrer
unabhängiger zu werden, ein neues Nachnahm-Instrument zusammengestellt,
welches kurz beschrieben werden soll. Der Nachnahmebohrer, wie er durch Holzschn.
I-III in 1/10 der natürlichen Größe dargestellt erscheint, ist bestimmt, ein
schon verrohrtes Bohrloch unter der Röhrentour nachzunehmen, ohne aber dasselbe
weiter zu bohren. Er kann also dann mit Vortheil benützt werden, wenn ein Bohrloch,
welches nur an seiner druckhaften Stelle verrohrt ist, mit vermindertem Durchmesser
tiefer niedergebracht wurde und abermals eine druckhafte Stelle trifft, wegen deren
die Röhrentour gesenkt, und für letztere der Durchmesser des Loches erweitert werden
muß.
Zwischen zwei Platten a, a' (Holzschnitt I), von welchen in Fig. II und
III eine weggenommen ist, sind die
Nachnahmemeisel m um einen Punkt drehbar und werden
durch die Federn f, f nach auswärts gedrückt. Auf den
Nachnahmemeißeln sind kleine Walzen w, w so angebracht,
daß die Entfernung ihrer äußeren Umfänge bei einer gewissen Lage der Meißel etwas
größer ist, als die Entfernung der Schneiden der Meißel m,
m. Wenn nun der Bohrer durch die Röhrentour eingesenkt wird, wie dies Fig. III zeigt, so gleiten die Walzen w, w so an der Röhrentour, daß die Meißelschneiden m, m ungehindert durch die Verrohrung bis unter dieselbe
gelangen können, wo sie durch die Federn f, f
auseinander gedrückt, das Bohrloch nachnehmen. Die lichte Entfernung beider
Meißelschneiden kann durch die Plättchen d, d regulirt
werden. Soll der Bohrlochsdurchmesser größer sein, als es die Plättchen b, b, an welche sich die Meißel anlegen, gestatten, so
legt man unter dieselben Holzplättchen von verschiedener Dicke auf. Der Eisentheil
c dient nur zur Befestigung der Federn. In Fig. II ist der Nachnahmebohrer in der Stellung
gezeichnet, welche er unter der Röhrentour einnimmt.
Das Herausziehen des Bohrers aus dem Bohrloch geschieht ohne alle Vorsicht, gerade so
wie das Einsenken desselben. Es ist natürlich, daß statt des Eisentheiles c auch ein Meißelbohrer angewendet werden könnte, so daß
der Apparat außer zum Nachnehmen auch zum Vorbohren dienen könnte. Weil an Stellen,
die verrohrt werden müssen, die Bohrlochswände gewöhnlich nicht gar zu fest sind,
nützen sich solche Nachnahmemeißel nicht bedeutend ab. Ohne die Walzen w, w würden die Meißel, wenn die Federn sehr stark sind,
beim Hinaufholen des Bohrers möglicher Weise in die Röhrentour schneiden. Es
empfehlen sich demnach auch für Nachnahmebohrer der gewöhnlichen Art, die auf irgend
eine Art zusammengezogen eingesenkt, und frei hinaufgeholt werden, solche Walzen, um
bei kräftigen Federn das Einschneiden der stark ausgespannten Nachnahmemeißel in die
Röhrentour zu verhindern.Mit diesem Nachnahmebohrer wurde bei Fohnsdorf (Judenburg) in nicht festen
tertiären Schieferthonen ein auf 230 Meter Tiefe niedergebrachtes und bis zu
einer bedeutenden Tiefe verrohrtes, an den verrohrten Stellen 158 Millim.
weites Bohrloch mit Röhren von 136 Millim. Lichte, unter denen mit 131 3/4
Millim. nachgebohrt wurde, unter der Röhrentour wieder auf 158 Millim.
erweitert, nachdem dasselbe in der Tiefe eine weichere Schichtenzone
durchsetzte, bis zu welcher die Verrohrung niedergelassen werden mußte. Der
Bohrer selbst wurde bei der Arbeit als ganz tauglich erkannt.
Ein anderer Erweiterungsbohrer, der zugleich vorbohrt, also das Bohrloch unter der
Röhrentour mit vergrößertem Durchmesser weiter abteuft, ist durch Fig. IV bis VI
dargestellt.
Ein gewöhnlicher einfacher Meißel- oder Kreuzbohrer verlängert sich zu einer
Spindel 8, an deren oberem Theile ein leicht gehendes Schraubengewinde
eingeschnitten ist. Zur Führung dient der Meißelspindel 8 außer der Schraube noch
die Büchse, an welcher für die Nachnahmemeißel zwei oder vier Ohre 0 angebracht
sind, je nachdem der Bohrer ein einfacher oder ein Kreuzmeißel ist. Soll der Bohrer,
dessen Schneide beim wirklichen Bohren eine größere Länge besitzt als die Röhrentour
lichten Durchmesser, eingelassen werden, so wird der Meißel durch drehende Bewegung des Gestänges
vermöge seines an der Spindel S eingeschnittenen
Schraubenganges in der Schraubenbüchse B herabgelassen.
Die drehende Bewegung schiebt nur den Meißel abwärts, während die Büchse mit den
Ohren in unveränderter Stellung bleibt, indem sie eine eingedrehte Nuth besitzt, in
welche die an der Büchse B festen Schraubenbolzen s eingreifen.
Fig. IV. und VI., Bd. 213, S. 463
Beim Abwärtsschieben des Meißels bleiben die Nachnahmemeisel m, m (Fig. VI) an den Ohren 0,0 hängen und
fallen durch ihr Gewicht in eine weniger ausgespannte Lage herab, soweit es die
Führungsklötzchen f, f zulassen. Das Ganze dadurch aus
der Stellung Figur VI in die der Figur V. Da durch Drehen Schraubenbüchse B der Meißel vorgeschoben, die Erweiterungsmeißel m, m aber aus der ausgespannten Lage in eine mehr
verticale gebracht wurden, kann nun der Meißel, dessen Schneidenlänge geringer ist
als der lichte Durchmesser der Röhre, durch letztere ohne Anstand herabgelassen
werden, wie dies Figur V dargestellt ist.
Sobald der Meißel aus der Röhrentour in den unverrohrten, also erweiterten Theil des
Bohrloches gelangt ist, am besten, sobald er am Boden Bohrloches aufruht, wird
entgegengesetztes Drehen des Gestänges die Schraubenbüchse B sammt der daran hängenden Büchse mit den Ohren 0,0 und den
Erweiterungsmeißeln m, m auf der Schraubenspindel S herabgeschraubt, bis die Meißel m, m an den Führungsbolzen f, f so tief
herabgelangt sind, daß ihre Schneide eine Verlängerung der Schneide des Meißels bildet, und daß sie
sich seitlich genau an letzteren anlegen. Dadurch wird die Länge der Meißelschneide,
um die Breite der Nachschneidemeißel, bis auf den lichten Bohrlochsdurchmesser unter
der Röhrentour gebracht, und der Meißel erhält das Ansehen eines einfachen. Diese
Stellung zeigen Fig. IV und VI.
Damit die Erweiterungsmeißel nicht über die Meißelschärfe des mittleren Hauptmeißels
herabgeschoben werden, und damit sich dieselben auch nicht seitlich von demselben
entfernen können, stoßen sie mit einem Haken auf die Bolzen b, b des Hauptmeißels. Beim Heraufholen des Meißels muß das Gestänge
wieder gedreht werden, wodurch die Erweiterungsmeißel hinaufgeschoben werden. Es ist
zu beachten, daß entweder die Schraube an der Spindel 8 ein zu den Schrauben der
Gestängverbindungen entgegengesetztes Gewinde besitzen muß, was jedoch von keinem
besonderen Vortheile wäre, da ja die Schraubenbüchse B
mittels des Gestänges vor dem Bohren und vor dem Aufholen entgegengesetzt gedreht
werden muß, oder, was jedenfalls zu empfehlen ist, daß der Schraubengang in der
Schraubenbüchse sehr gut geschmiert werde und sorgfältigst hergestellt sei, damit er
sich leichter bewegen lasse als die Schraubenwindungen an den Gliedern des
Gestänges.
Dieser neue Vor- und zugleich Erweiterungsbohrer, dem sogleich die Röhrentour
nachgesenkt werden kann, wurde bisher noch nicht auf seine Verwendbarkeit
geprüft.